OGH 3Ob621/86

OGH3Ob621/8619.11.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Mag.Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei F***-B***-Werke AG, 4020 Linz,

Rainerstraße 17, vertreten durch Dr.Wolfgang Lirk, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei R*** Realitätenverwaltungs- und Verwertungsgesellschaft m.b.H.& Co KG, 4020 Linz, Weißenwolffstraße 1, vertreten durch Dr.Erich Wöhrle, Dr.Winfried Sattlegger, Rechtsanwälte in Linz, wegen Widerrufes des Abrufes von Bankgarantien und Erlassung einer einstweiligen Verfügung durch Drittverbot infolge Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 25.August 1986, GZ.3 R 211/86-11, womit der Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 18.Juli 1986, GZ.6 Cg 227/86-2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende und gefährdete Partei ist schuldig, der beklagten Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei binnen 14 Tagen die mit 10.766,25 S bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin 978,75 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Begründung

Die klagende Partei errichtete für die beklagte Partei als Generalunternehmerin Reihenhäuser. Es war vereinbart, daß die beklagte Partei 5 % der Rechnungssumme als Haftrücklaß einbehalten könne oder nur gegen Beibringung einer Bankgarantie der klagenden Partei auszahle (Schlußbrief Blg E). Die Streitteile wählten die zweitgenannte Möglichkeit. Die klagende Partei stellte der beklagten Partei zwei Bankgarantien über 53.823,38 S und 451.350,-- S, gültig jeweils bis 14.7.1986, zur Verfügung. In der Folge behauptete die beklagte Partei Mängel, welche die klagende Partei nicht als von ihr vertretbare anerkannte, und kündigte den Abruf der beiden Bankgarantien an.

Die klagende Partei vertritt in der vorliegenden Klage den Standpunkt, die beklagte Partei sei nicht berechtigt, die beiden Bankgarantien abzurufen, und begehrt den Widerruf des schon erklärten Abrufes. Sie macht geltend, es sei zwischen den Streitteilen am 25.6.1986 vereinbart worden, daß die beiden Bankgarantien gegen eine neue Bankgarantie über eine dem Umfang der Mängelbehebungskosten entsprechende Summe von 225.000 S ausgetauscht würde. Nachdem die beklagte Partei dann diese Vereinbarung in Abrede gestellt habe, habe die klagende Partei eine Verlängerung der beiden ursprünglichen Bankgarantien bis zum 31.12.1986 vorgenommen, sodaß ohnedies eine volle Sicherheit der beklagten Partei bestehe. Weil es damit an einem Rechtsschutzbedürfnis zum Abruf der Garantie fehle und noch gar nicht feststehe, ob die klagende Partei überhaupt für Mängel einzustehen habe, liege eine rechtsmißbräuchliche Inanspruchnahme der Bankgarantien vor.

Gleichzeitig beantragte die klagende Partei die Erlassung einer einstweiligen Verfügung in der Weise, daß der garantierenden Bank verboten werde, auf Grund der beiden Bankgarantien Zahlungen an die beklagte Partei zu erbringen. Zur Gefährdung brachte die klagenden Partei nur vor, daß die Gefahr eines Vermögensschadens drohe, der (aus nicht angegebenen Gründen) uneinbringlich sein könne. Das Erstgericht bewilligte die einstweilige Verfügung gegen Erlag einer Sicherheit von 300.000 S.

Es nahm das Vorbringen der klagenden Partei als bescheinigt an und war der Auffassung, daß damit sowohl der zu sichernde Anspruch als auch die Gefährdung glaubhaft gemacht worden seien. Das Gericht zweiter Instanz änderte diesen Beschluß dahin ab, daß der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abgewiesen wurde. Es sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes 300.000 S übersteige.

Im Gegensatz zum Erstgericht verneinte das Gericht zweiter Instanz sowohl die Berechtigung des geltend gemachten Anspruches der klagenden Partei als auch das Vorliegen einer konkreten Gefährdung. Gegen den Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wendet sich der Revisionsrekurs der klagenden und gefährdeten Partei mit dem Antrag, ihn im Sinne einer Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes abzuändern oder ihn aufzuheben.

Die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht begründet.

Soweit die klagende Partei in ihrem Revisionsrekurs den Standpunkt vertritt, die Garantie könne erst in Anspruch genommen werden, wenn feststehe, daß der Garantiefall eingetreten sei, wird das Wesen einer Bankgarantie, welche anstelle eines sonst vereinbarten Haftrücklasses gegeben wird, völlig verkannt. Sinn einer solchen Garantie ist es gerade nicht, dem Begünstigten nur eine Sicherheit zu geben, sondern der Begünstigte soll so gestellt werden, wie wenn er schon Bargeld in Händen hätte, oder genauer gesagt, wie wenn er die fragliche Summe (5 % des der klagenden Partei zustehenden Entgelts) noch gar nicht aus der Hand gegeben hätte. Die Bankgarantie soll also dem Begünstigten schon dann Zahlung verschaffen, wenn er den Garantiefall nur einfach behauptet, gleichgültig, ob er gegeben ist oder nicht (SZ 50/66, SZ 54/189 ua.). Von einer rechtsmißbräuchlichen Inanspruchnahme der Garantie kann nach dem von der klagenden Partei vorgetragenen Sachverhalt keine Rede sein. Daß die beklagte Partei die beiden Garantien erst in Anspruch nehmen könne, wenn sie schon konkrete Forderungen erhoben habe, ist dem Text der beiden Bankgarantien (Blg K und L) nicht zu entnehmen. Ein Verzicht auf eine Inanspruchnahme der Garantien ist in der Vereinbarung vom 25.6.1986, soweit sie im vorgelegten Aktenvermerk Blg B wiedergegeben ist, nicht enthalten. Daß die beklagte Partei die laut dieser Vereinbarung ausgestellte neue Bankgarantie über 225.000 S vorübergehend in Händen hatte, kann nicht als ein sozusagen konkludenter Verzicht gewertet werden, weil sie diese neue Bankgarantie relativ bald an die klagende Partei zurückstellte und damit gerade zum Ausdruck brachte, daß sie sich nicht mit dieser kleineren Summe begnügen wolle. Und die vorgenommene Verlängerung der Gültigkeitsdauer der beiden Garantien hinderte selbstverständlich die beklagte Partei nicht, diese Garantien auch schon vorher in Anspruch zu nehmen; denn der Endtermin einer Bankgarantie bedeutet ja nicht, daß der Begünstigte die Garantiesumme erst nach Ablauf oder allenfalls nur kurz vorher anfordern kann.

Zwischen den Streitteilen herrscht also nach wie vor ein Streit, ob der Garantiefall eingetreten ist, aber auch, in welcher Höhe die beklagte Partei den Haftrücklaß allenfalls weiter einbehalten kann. Und gerade für diesen Fall wurden die beiden Bankgarantien hingegeben. Es ist also nicht sozusagen schon jetzt eindeutig und liquid bewiesen, daß die klagende Partei für keine Mängel einzustehen habe. Nur dann könnte der von der klagenden Partei geltend gemachte Rechtsmißbrauch vorliegen (vgl Koziol, Garantievertrag,63). Sondern im vorliegenden Fall ist selbst nach dem Vorbringen der klagenden Partei davon auszugehen, daß diese Frage eben gerade nicht bewiesen sondern strittig ist (Beweissicherungsverfahren usw).

Auf die Frage, in welchen Fällen es Sinn und Zweck einer Bankgarantie überhaupt gestatten, der garantierenden Bank mittels einstweiliger Verfügung zu verbieten, Zahlungen auf Grund der Garantie zu leisten (Koziol aaO 65, Canaris in Großk HGB III/2 3 Anm 524 im Anhang nach § 357 HGB, vgl auch Entsch.wie SZ 54/189 und JBl 1985,425) muß daher nicht eingegangen werden. Sondern der von der klagenden Partei behauptete Anspruch besteht überhaupt nicht zu Recht. Dieses völlige Fehlen einer Anspruchsbescheinigung kann nicht durch eine Sicherheitsleistung nach § 390 Abs 1 EO ersetzt werden (Heller-Berger-Stix 2837, MietSlg 34.884 ua.).

Nur der Vollständigkeit halber sei angefügt, daß es auch an der Bescheinigung einer konkreten Gefährdung mangelt. Die nur als abstrakt möglich behauptete Gefährdung reicht nicht aus (SZ 49/11 ua.).

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 402, 78 EO, 50, 41 ZPO.

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