OGH 2Ob619/86

OGH2Ob619/8618.11.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Melber, Dr.Huber und Dr.Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und betreibenden Parteien 1.) Eva M***, Hauseigentümerin, Kurze Gasse 7, 2333 Leopoldsdorf, 2.) Christine T***, Hauseigentümerin, Felbergasse 35, 2333 Leopoldsdorf, beide vertreten durch Dr.Johann Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte und verpflichtete Partei Karl R***, Angestellter, Hasengasse 31/7, 1100 Wien, vertreten durch Dr.Johann Werth, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung, infolge Rekurses der beklagten und verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungs- und Rekursgerichtes vom 10.April 1986, GZ 41 R 95-97/86-21, womit die Berufung und die Rekurse der beklagten und verpflichteten Partei gegen das Versäumungsurteil vom 21. Juni 1985, GZ 7 C 2197/85-3, und die Beschlüsse vom 19.August 1985, GZ 7 C 2197/85-7 und vom 2.Jänner 1986, GZ 7 C 2197/85-16, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Rekurswerber hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Über das Vermögen der beklagten und verpflichteten Partei (im folgenden: Beklagter) wurde mit Beschluß vom 5.Dezember 1980 der Konkurs eröffnet. Aufgrund der am 23.April 1985 von den klagenden und betreibenden Parteien eingebrachten Klage erkannte das Erstgericht den Beklagten mit Versäumungsurteil schuldig, die Wohnung Nr. 7 im Hause Hasengasse 31, 1100 Wien, zu räumen. Mit Beschluß vom 19.August 1985 bewilligte es die zwangsweise Räumung und mit Beschluß vom 2.Jänner 1986 den neuerlichen Vollzug. Alle Zustellungen für den Beklagten erfolgten an den Masseverwalter. Im Zug des Konkursverfahrens wurde dem Beklagten mit Beschluß vom 9. September 1985 das Mietrecht an der genannten Wohnung zur freien Verfügung überlassen. Dieser Beschluß wurde am 11.September 1985 an der Amtstafel des Konkursgerichtes angeschlagen und überdies - mit einer Ausnahme - an sämtliche Konkursgläubiger zugestellt. An einen Konkursgläubiger konnte die Zustellung bisher nicht bewerkstelligt werden.

Mit einem am 5.Februar 1986 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz legte der Beklagte Rekurs gegen die Beschlüsse auf Bewilligung und neuerlichen Vollzug der Exekution sowie Berufung gegen das Versäumungsurteil ein. Außerdem stellte er einen Wiedereinsetzungsantrag. Zur Rechtzeitigkeit der Rechtsmittel führte der Beklagte aus, ab der Überlassung der Mietrechte an ihn hätte keine Zustellung mehr an den Masseverwalter erfolgen dürfen. Das Rekursgericht wies die Berufung und die Rekurse zurück. Es vertrat die Ansicht, der Gemeinschuldner sei erst mit Rechtskraft des Ausscheidungsbeschlusses hinsichtlich der ausgeschiedenen Sache verfügungsberechtigt und könne damit erst ab diesem Zeitpunkt in dieses Verfahren eintreten. Hinsichtlich der Zustellung eines Ausscheidungsbeschlusses nach § 119 Abs 5 KO sehe das Gesetz keine besondere Zustellform vor. Die Bestimmung des § 174 Abs 2 KO über die öffentliche Bekanntmachung komme daher nicht zur Anwendung, der Beschluß sei allen Gläubigern zuzustellen. Solange dies nicht geschehen sei, sei die Rechtskraft dieses Beschlusses nicht eingetreten, weshalb der Beklagte zur Erhebung der Rechtsmittel nicht legitimiert sei.

Der Beklagte bekämpft diesen Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz mit Rekurs und beantragt, dem Landesgericht für ZRS Wien die neuerliche Entscheidung über die Berufung und die Rekurse aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Der Rekurswerber verweist auf die Ausführungen von Petschek-Reimer-Schiemer (S 439) wonach der Beschluß im Sinne des § 119 Abs 5 KO sofort wirksam wird. Daraus sei nach Meinung des Rekurswerbers abzuleiten, daß der Beschluß sofort rechtskräftig werde.

Diese Meinung kann nicht geteilt werden. Gegen den Ausscheidungsbeschluß im Sinne des § 119 Abs 5 KO sind die Gläubiger rekursberechtigt (Holzhammer, Österreichisches Insolvenzrecht 95; vgl. auch 5 Ob 246/73), die Rechtskraft eines derartigen Beschlusses kann daher vor Ablauf der Rechtsmittelfrist nicht eintreten. Da eine Zustellung des Ausscheidungsbeschlusses durch öffentliche Bekanntmachung im Gesetz nicht vorgesehen ist, hat die Zustellung an alle Gläubiger zu erfolgen. Solange dies nicht geschehen ist, erwächst der Ausscheidungsbeschluß nicht in Rechtskraft. Vor Rechtskraft dieses Beschlusses kann der Gemeinschuldner aber nicht über die ausgeschiedene Sache verfügen, sodaß Zustellungen, auch soweit sie diese Sache betreffen, noch an den Masseverwalter, dem nach wie vor das Verfügungsrecht zukommt, zu erfolgen haben.

Die Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz, der Beklagte sei zur Einbringung eines Rechtsmittels nicht legitimiert, ist daher zu billigen, weshalb dem Rekurs ein Erfolg versagt bleiben mußte. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO.

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