Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Der Berufung des Angeklagten Walter O*** wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß die über ihn verhängte Freiheitsstrafe auf 2 1/2 (zweieinhalb) Jahre herabesetzt wird.
Im übrigen wird seiner Berufung nicht Folge gegeben. Der Berufung der Angeklagten Margot O*** wird dahin Folge gegeben, daß die über sie verhängte Freiheitsstrafe auf 2 (zwei) Jahre herabgesetzt und gleichzeitig gemäß § 43 Abs 2 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wird. Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Eheleute Walter (geboren 17. Dezember 1951) und Margot (geboren 15.Juli 1957) O*** des Verbrechens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs 1 und 2 (zweiter Fall) StGB, der Erstangeklagte als Beteiligter nach dem zweiten Fall des § 12 StGB, schuldig erkannt. Inhaltlich des Schuldspruchs haben in der Zeit von Jänner 1981 bis September 1985 in Waidhofen an der Ybbs A/ Walter O*** seine Ehefrau Margot O*** dadurch, daß er sie zu wiederholten Malen mit Bereicherungsvorsatz aufforderte, für ihn durch die zu B/ angeführte Straftat Bargeld zu beschaffen, dazu bestimmt, ein Gut, nämlich 3,143.200 S Bargeld, zu veruntreuen; B/ Margot O*** als Kassierin der V***
Y***-E***, Geschäftsstelle Waidhofen an der Ybbs, ein ihr anvertrautes Gut, nämlich Bargeld im Gesamtbetrag von 3,143.200 S, durch Barentnahmen aus der Kasse ihrem Ehemann Walter O*** mit dem Vorsatz, ihn unrechtmäßig zu bereichern, in wiederholten Angriffen zugeeignet.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpfen die beiden Angeklagten mit getrennt ausgeführten, jeweils auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden, denen Berechtigung nicht zukommt.
In den Mängelrügen wenden sich die Beschwerdeführer im wesentlichen übereinstimmend gegen die vom Erstgericht zur Schadensgutmachung getroffenen Feststellungen. Sie machen geltend, daß im Urteil entgegen den Beweisergebnissen keine volle, sondern nur eine teilweise Schadensgutmachung angenommen worden sei; der "Verzicht" der geschädigten V*** auf den Restschaden von 1,600.000 S berühre nicht nur das zivilrechtliche Verhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem; auch für den strafrechtlichen Bereich sei von der vom Geschädigten in der Hauptverhandlung bestätigten vollen Schadensgutmachung auszugehen.
Wie die Beschwerdeführer am Rande selbst einräumen, ist das Ausmaß der Schadensgutmachung nach Lage des Falles jedoch nur für die Strafzumessung von Bedeutung, weil die Voraussetzungen tätiger Reue im Sinn des § 167 StGB keineswegs vorliegen und auch gar nicht behauptet werden. Da der Umfang der von den Beschwerdeführern geleisteten Schadensgutmachung somit keine entscheidende Tatsache im Sinn des relevierten Nichtigkeitsgrundes betrifft, wird darauf erst in der Entscheidung über die Berufung einzugehen sein. In Ausführung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z. 10 StPO vertreten die Beschwerdeführer (der Erstangeklagte verweist hier lediglich auf die Ausführungen im Rechtsmittel der Zweitangeklagten) die Auffassung, die in erster Instanz als Veruntreuung beurteilte Tat stelle in Wahrheit einen Betrug dar, weil der Gewahrsamsübergang erst durch tatverschleiernde Täuschungshandlungen bewirkt worden sei. Zufolge der Kontrollen und fallweisen Revision des Kassenbestandes habe die Zweitangeklagte nicht (gemeint wohl: alleinigen) Gewahrsam daran besessen; sie sei als bloße Besitzdienerin anzusprechen.
Die Rechtsrügen vernachlässigen die durch die Urteilsfeststellungen gegebene Entscheidungsgrundlage. Wohl ist es richtig, daß es Betrug - und nicht Veruntreuung - begründet, wenn der Täter die Übergabe des Gutes mit Schädigungsvorsatz durch Täuschung über Tatsachen erwirkt. Davon kann vorliegend aber keine Rede sein. Nach den eindeutigen (und im Einklang mit den Beweisergebnissen, insbesondere auch der Verantwortung in S. 41, 262
stehenden) Urteilsfeststellungen eignete sich die Beschwerdeführerin in allen Fällen das Geld durch Zugriff in die ihr als Kassierin anvertraute Kasse der Zweigstelle der V*** an (S. 275). Dabei macht es keinen Unterschied, ob sie dieses Bargeld sodann dem Erstangeklagten bar übergab oder auf dessen Konto überwies. Die im Urteil erörterten anschließenden Täuschungshandlungen dienten lediglich der Verschleierung der schon eingetretenen Verringerung des Kassenbestandes (siehe dazu zutreffend S. 284, 285). Das Beschwerdevorbringen, es habe am Alleingewahrsam der Zweitangeklagten gefehlt, sie sei bloße Besitzdienerin gewesen, würde bei Zutreffen zur Beurteilung der Taten nicht als Betrug, sondern als Diebstahl führen. Eine solche Wertung (die den Angeklagten nicht zum Vorteil gereichen könnte) wird in der Beschwerde gar nicht angestrebt, weshalb nur der Vollständigkeit halber darauf zu verweisen bleibt, daß im Sinn ständiger Rechtsprechung Kassieren im Hinblick auf die relative Selbständigkeit ihrer Tätigkeit in der Regel Alleingewahrsam am anvertrauten Kassenbestand zugebilligt wird (vgl. Kienapfel BT II, RN 109 zu § 133, RN 91, 94, 217 zu § 127 mit den dort angeführten Beispielen aus der Judikatur; Leukauf-Steininger, StGB 2 , RN 33, 34 zu § 133, RN 58 zu § 127; Bertel im WK, RN 3 zu § 133; jüngst 12 Os 76/86 mit Judikaturhinweisen).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher - wie die Generalprokuratur zutreffend darlegte - zu verwerfen. Das Schöffengericht verhängte nach der 2. Strafstufe des § 133 Abs 2 StGB über den Angeklagten Walter O*** eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten und über die Angeklagte Margot O*** eine solche von zwei Jahren und zwei Monaten. Es wertete bei der Strafbemessung den langen Deliktszeitraum und den hohen Schadensbetrag, bei Walter O*** überdies die Tatsache, daß er seine Ehefrau zu den einzelnen Straftaten veranlaßt hatte, als erschwerend, hingegen das umfassende und reumütige Geständnis, den bisherigen ordentlichen Lebenswandel und die teilweise Schadensgutmachung, im Fall der Zweitangeklagten auch die "Bestimmung durch ihren Gatten", als mildernd.
Die beiden Angeklagten streben mit ihren Berufungen die Herabsetzung der über sie verhängten Freiheitsstrafen und die Gewährung der bedingten Strafnachsicht an.
Die Berufungen sind - im Fall des Angeklagten Walter O*** nur teilweise - berechtigt.
Auf der Grundlage der hinsichtlich des eben genannten Angeklagten zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründe erachtet der Oberste Gerichtshof eine Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren für angemessen. In diesem Umfang wurde der Berufung ein Erfolg zuerkannt. Das Strafausmaß von zweieinhalb Jahren verbietet jedoch die Gewährung der bedingten Strafnachsicht.
Der Meinung des Berufungswerbers Walter O*** zuwider liegt nur eine teilweise Schadensgutmachung vor. Der Verzicht der geschädigten Genossenschaft auf den Ersatz eines Teiles des zugefügten Vermögensschadens erfüllt nämlich nicht den Begriff der (Schadens-) Gutmachung.
Das gilt auch für die - gleichfalls den Milderungsumstand der vollen Schadensgutmachung reklamierende - Angeklagte Margot O***. Der dieser Angeklagten zukommende Milderungsgrund des § 34 Z. 4, erster Fall, StGB ist allerdings sehr gewichtig, hatte sie doch die vom Schuldspruch erfaßten Taten unter der andauernden Einwirkung ihres Ehegatten begangen. Von diesen Strafzumessungsgründen ausgehend, erweist sich für Margot O*** eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren als angemessen, weshalb der Berufung dieser Angeklagten zunächst in diesem Sinn Folge zu geben war.
Hier liegen aber auch alle Voraussetzungen des § 43 Abs 2 StGB vor. sodaß die über diese (weiterhin) sozial integrierte Berufungswerberin verhängte Freiheitsstrafe unter Setzung einer entsprechenden Probezeit bedingt nachgesehen werden konnte: Der Oberste Gerichtshof maß im gegebenen Zusammenhang insbesondere der Unbescholtenheit, der teilweisen Schadensgutmachung sowie nach Lage des Falles (vor allem) der Anstiftung durch den Ehemann besondere Bedeutung bei.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Urteilsspruch zitierte Gesetzesstelle.
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