OGH 1Ob678/86

OGH1Ob678/8617.11.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann H***, Angestellter, Wr. Neustadt, Kinnergasse 2/1/4, vertreten durch Dr. Ernst Schilcher, Rechtsanwalt in Wr. Neustadt, wider die beklagte Partei Erna Waltraude H***, ohne Beschäftigung, Pottschach, Listgasse 7, vertreten durch Dr. Wolfgang Weinwurm, Rechtsanwalt in Neunkirchen, wegen S 50.680 s.A. infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wr. Neustadt als Berufungsgerichtes vom 14. Mai 1986, GZ. R 85/86-54, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Neunkirchen vom 12. Dezember 1985, GZ. C 378/82 -49, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Ehe der Streitteile wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Neunkirchen vom 14. Oktober 1981 gemäß § 55 a Abs. 1 EheG rechtskräftig geschieden. Der von den Parteien gemäß § 55 a Abs. 2 EheG am selben Tag abgeschlossene Vergleich über die Scheidungsfolgen hat nachstehenden Wortlaut:

"1. Die Ehegatten Johann und Erna H*** verzichten

wechselseitig auf Unterhalt, und zwar auch für den Fall der Not, geänderter Verhältnisse und geänderter Gesetzeslage.

2. Die Ehewohnung in Pottschach, Listgasse 7, verbleibt Frau Erna H***.

3. Herr Johann H*** verpflichtet sich, die Ehewohnung mit seiner persönlichen Fahrhabe bis längstens 30. November 1981 zu verlassen, und verzichtet auf jedweden Räumungsaufschub auch nach Artikel 6 der Schutzverordnung. Er ist berechtigt, bei seinem Auszug die Tiefkühltruhe und das Handwerkszeug mitzunehmen. Sämtlicher übriger Hausrat verbleibt Frau Erna H***.

4. Festgestellt wird, daß keine gemeinsamen Sparguthaben vorhanden sind.

5. Der PKW Talbot, Kennzeichen N 75.027, und Anhänger verbleibt im Alleineigentum des Herrn Johann H***.

6. Der PKW Mini, Kennzeichen N 845.483, verbleibt im Alleineigentum der Frau Erna H***.

7. Die Ehegatten Johann und Erna H*** sind

Hälfteeigentümer der EZ 1864 KG Pottschach mit dem Grundstück 913/1 Wiese.

Herr Johann H***, geboren 8. März 1941, überträgt hiemit seinen Hälfteanteil an der EZ 1864 KG Pottschach an Erna H***, geboren 1. August 1941, und erteilt seine Einwilligung, daß aufgrund dieses Vergleiches ob der ihm gehörenden Hälfte das Eigentumsrecht für Frau Erna H***, geboren 1. August 1941, einverleibt werden kann; jedoch nur unter der Bedingung, daß gleichzeitig ob der genannten Liegenschaft zugunsten der Kinder mj. Christian H***, geboren 4. Oktober 1965, und Elisabeth H***, geboren 19. Februar 1972, gemäß § 364 c ABGB ein Belastungs- und Veräußerungsverbot einverleibt wird. Besitz, Last und Gefahr an der übertragenen Liegenschaftshälfte gehen auf Frau Erna H*** mit Wirkung vom 1. Jänner 1982 über.

.....

Die Beteiligten nehmen zur Kenntnis, daß sie für die Vergebührung und grundbücherliche Durchführung dieses Vergleiches selbst Sorge tragen müssen.

8. Im Zusammenhang mit der Errichtung des Einfamilienhauses bestehen zu Lasten beider Antragsteller Kreditverbindlichkeiten bei der Girozentrale und Bank der Österr. Sparkassen sowie bei der Sparkasse Neunkirchen-Gloggnitz-Ternitz, wofür im Lastenblatt der EZ 1864 KG Pottschach Pfandrechte unter COZ 1 per S 130.000,-- COZ 2 per S 139.346 und COZ 4 per S 87.000,- jeweils s.A. einverleibt sind. Mit Stichtag 1. Jänner 1982 übernehmen die Antragsteller diese Ausleihungen je zur Hälfte zur Rückzahlung und werden einander insoweit vollkommen schad- und klaglos halten.

Bis auf weiteres belaufen sich die monatlichen Rückzahlungen auf insgesamt ca S 5.000,- monatlich, wovon demnach ab 1. Jänner 1982 auf Herrn Johann H*** ca S 2.500,-- monatlich entfallen.

9. Sämtlichen Verfahrensaufwand sowie alle Kosten, Steuern und Gebühren, welche mit der Durchführung dieses Vergleiches verbunden sind, übernimmt Herr Johann H*** zu einem Drittel und Frau Erna H*** zu zwei Dritteln.

Damit sind alle wechselseitigen Ansprüche aus Anlaß der Ehescheidung geregelt, weshalb auf eine weitere Antragstellung nach den §§ 81 ff EheG ausdrücklich verzichtet wird."

Im zweiten Rechtsgang begehrte der Kläger von der Beklagten zuletzt die Zahlung von S 50.680,- samt 4 % Zinsen seit 1. August 1985. Er habe an die im Vergleich erwähnten Kreditunternehmungen vom 1. Jänner 1982 bis 31. Juli 1985 Rückzahlungen von insgesamt S 101.380,- geleistet und sei aufgrund des Vergleichs berechtigt, die Hälfte hievon, mithin S 50.680,-

(richtig: S 50.690), von der Beklagten ersetzt zu verlangen. Die Beklagte wendete - soweit dies für das Rekursverfahren bedeutsam ist - ein, der Vergleich über die Scheidungsfolgen leide an einer erheblichen Äquivalenzstörung, durch welche sie in wirtschaftliche Not geraten sei. Der Kläger könne gegen sie nur für jene Rückzahlungen Rückgriff nehmen, für welche sie den Darlehensgebern als Mitschuldnerin hafte.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte fest, die Streitteile hätten während ihrer Ehe auf der ihnen je zur Hälfte gehörigen Liegenschaft EZ 1864 KG Pottschach ein Einfamilienhaus errichtet, wofür sie bei der Sparkasse Neunkirchen-Gloggnitz-Ternitz und bei der Bausparkasse der Österreichischen Sparkassen Kredit in Anspruch genommen hätten. Die zugezählten Darlehen seien auf der Liegenschaft sichergestellt worden. Diese Darlehen seien "im Zusammenhang mit dem Hausbau und der Hauseinrichtung" aufgenommen worden. Das unter C OZ 1 sichergestellte Darlehen der Sparkasse Neunkirchen-Gloggnitz-Ternitz im Betrag von S 130.000,- sei bis September 1985 in monatlichen Raten von S 1.500,--, seither in solchen von S 3.000,- abgestattet worden, die unter C OZ 4 einverleibte Darlehensforderung derselben Sparkasse sei in monatlichen Beträgen von S 1.185,- zurückgezahlt und im Juli 1985 zur Gänze getilgt worden. Das im Jahre 1973 zugezählte Darlehen der Bausparkasse der Österreichischen Sparkassen im Betrag von S 139.346,--, das unter C OZ 2 sichergestellt sei, sei ab 1. Jänner 1974 in monatlichen Raten von S 945,- zurückzuzahlen. Das Land Niederösterreich habe hiezu für die Dauer von 10 Jahren einen vierteljährlichen Zinsenzuschuß von 1.446,- S gewährt, sodaß sich die monatliche Rückzahlung bis 31. Jänner 1984 auf S 463,- ermäßigt habe. Sämtliche Rückzahlungen auf diese Darlehen habe der Kläger bis jetzt allein geleistet. Im Zuge der Scheidungsgespräche habe der Kläger der Beklagten aus Kostengründen die einvernehmliche Scheidung vorgeschlagen. Dabei sei auch ein wechselseitiger Unterhaltsverzicht zur Sprache gebracht worden, weil die Beklagte ohnedies eine Beschäftigung aufnehmen habe wollen und es ihr vor allem darum gegangen sei, daß sie das Haus, das im Scheidungszeitpunkt einen Schätzwert von 1,6 Mill. S gehabt habe, bekomme, der Kläger aber nur bei Unterhaltsverzicht zur Übereignung seiner Liegenschaftshälfte bereit gewesen sei. Anfang Oktober 1981 sei es zu einer zweieinhalb Stunden langen Besprechung bei Rechtsanwalt Dr. Werner Posch gekommen. Dabei seien die einzelnen Vergleichspunkte mit den Parteien ausführlich erörtert worden. Den Streitteilen sei klar gewesen, worum es dabei gegangen sei. Vor allem habe man erörtert, daß der Kläger die Kredite bis Ende 1981 allein zurückzahlen werde; von da an sollten sie die Streitteile je zur Hälfte abstatten. Damit sei auch die Beklagte einverstanden gewesen. Auch über die Unterhaltsfrage hätten die Streitteile Einigung erzielt. Dr. Werner Posch habe den Parteien die Gesetzeslage erläutert und erklärt, daß die Unterhaltspflicht vom Verschuldensausspruch abhänge; daher könne theoretisch auch die Beklagte unterhaltspflichtig werden. Die Streitteile hätten einander ehewidrige Beziehungen vorgeworfen, hätten jedoch keine Namen oder konkrete Vorfälle genannt. Dr. Werner Posch habe ihnen daraufhin mitgeteilt, sollte keine Einigung erzielt werden, müsse einer von ihnen die Klage einbringen. Die Streitteile hätten sodann die Erfolgschancen einer solchen Klage abgewogen und sich schließlich auf den Unterhaltsverzicht, dessen Bedeutung und Folgen ihnen Dr. Werner Posch auseinandergesetzt habe, geeinigt. Beide hätten bekundet, sie wollten einen Scheidungsstreit vermeiden und deshalb eine einvernehmliche Scheidung bei wechselseitigem Unterhaltsverzicht erwirken. In diesem Zusammenhang habe die Beklagte erklärt, der Unterhalt sei für sie überhaupt nur für jene Zeit, in welcher sie eine voraussichtlich geringere Pension als der Kläger beziehen werde, aktuell. Sie stellte es dabei - insbesondere im Hinblick auf die Vorsprache bei einem Nationalratsabgeordneten - als gewiß hin, daß sie in einigen Wochen eine Beschäftigung aufnehmen werde. Der Entwurf des Scheidungsvergleichs sei den Streitteilen von Dr. Werner Posch am 8. Oktober 1981 zugemittelt worden. Gegen diesen Entwurf habe auch die Beklagte keinerlei Einwände erhoben. Bei der Scheidungstagsatzung habe der Verhandlungsrichter die Streitteile ausdrücklich gefragt, ob der Entwurf ihrem wahren Willen entspreche. Das hätten beide bejaht. Für den Richter habe kein Zweifel bestanden, daß sich auch die Beklagte der Tragweite des Scheidungsfolgenvergleichs bewußt gewesen sei. Die Beklagte habe in der Folge auch fallweise gearbeitet. So sei sie vom 8. April 1982 bis 30. September 1983 bei der Firma Helmut W*** zunächst halbtags gegen einen monatlichen Bezug von S 3.900,- netto und sodann ganztags bei einem Monatsgehalt von S 6.400,-- beschäftigt gewesen. Vom 15. April 1985 bis 31. Juni 1985 habe sie im Konsum gearbeitet und dabei monatlich S 7.400,-- netto verdient. In der Zwischenzeit habe sie Arbeitslosengeld und Notstandshilfe bezogen. Nach ihrer Scheidung habe die Beklagte freundschaftliche, später auch intime Beziehungen zu Helmut G*** aufgenommen, dem sie fallweise das Essen reiche. Dieser unterstütze sie finanziell durch Geldzuwendungen, die eine monatliche durchschnittliche Höhe von S 4.000,- bis S 6.000,- erreichten. Insgesamt habe ihr Helmut G*** bisher bereits etwa S 240.000,--, vor allem zur Bestreitung der Kosten für Hausinstandsetzungsarbeiten, zugewendet, bedenke diese Beträge aber nur für den Fall zurückzufordern, daß der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit Beträge zuerkannt werden sollten oder sie eine Beschäftigung aufnehmen sollte.

In rechtlicher Hinsicht schloß das Erstgericht aus diesem Sachverhalt, daß der Vergleich jedweder Anfechtung widerstehe und die Beklagte danach zur Erstattung der halben Rückzahlungsbeträge an die Klägerin verpflichtet sei.

Das Gericht zweiter Instanz hob das Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Nach der im ersten Rechtsgang ergangenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 20. März 1985 (= RZ 1986/19) erstrecke sich die Rückzahlungsverpflichtung der Streitteile je zur Hälfte nur auf jene Verbindlichkeiten, die mit der Errichtung des Einfamilienhauses in Zusammenhang stehen und grundbücherlich sichergestellt sind. Das Erstgericht habe jedoch insoweit einander widersprechende Feststellungen getroffen; einerseits habe es festgestellt, daß die Kredite im Zusammenhang mit dem Hausbau und der Hauseinrichtung aufgenommen worden seien (AS 237), an anderer Stelle habe es dagegen ausgesprochen, daß sie nur im Zusammenhang mit der Errichtung des Einfamilienhauses eingegangen worden seien (AS 245). Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht eindeutige Feststellungen zu treffen haben. Ob eine Äquivalenzstörung im Sinne des § 879 Abs. 2 Z 4 ABGB vorliege, könne nach der erwähnten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes nur beurteilt werden, wenn man die im Vergleich erworbenen und aufgegebenen Rechte einander gegenüberstelle. Die Beklagte habe die andere Liegenschaftshälfte hinzuerworben, ferner seien ihr die Ehewohnung (im nunmehr ihr allein gehörigen Haus) und der gesamte Hausrat zugewiesen worden. Neben dem Kostenersatzanspruch kämen ihr außerdem die (allfällige) Differenz zwischen den anteiligen Kreditsummen, die sie im Innenverhältnis als Mitschuldnerin und somit nicht bloß als Bürgin zurückzuzahlen gehabt hätte, und jenen Kreditsummen, die sie nunmehr nach dem Vergleich (im Innenverhältnis) zur Hälfte abzutragen habe, zugute. Dagegen habe sie auf Unterhalt verzichtet und hinnehmen müssen, daß auch ihre bisher frei verfügbare Liegenschaftshälfte mit einem Veräußerungs- und Belastungsverbot zugunsten der gemeinsamen Kinder belastet wurde; außerdem treffe sie die allfällige Differenz zwischen den Kreditsummen, die sie nach dem Vergleich zur Hälfte abzustatten habe und jenen Summen, die sie als Mitschuldnerin ohne diesen Vergleich mitzutragen habe. Bei der Bewertung der hinzuerworbenen Liegenschaftshälfte müsse auf das Veräußerungs- und Belastungsverbot Bedacht genommen werden; außerdem müsse berücksichtigt werden, daß die Beklagte die Ehewohnung im Falle eines Aufteilungsverfahrens nach den §§ 81 ff EheG voraussichtlich weiterbenützen hätte dürfen. Somit sei ihr vorerst durch den Vergleich ein Vermögenswert nur insoweit zugekommen, als sie sich das Benützungsentgelt an den anderen Miteigentümer erspare; dieser Wert sei durch Kapitalisierung des ersparten Benützungsentgelts aufgrund der statistischen Lebenserwartung der Beklagten zu ermitteln. Die Fahrnisse seien zum Verkehrswert im Vergleichszeitpunkt zu schätzen. Bei der Bewertung des Unterhaltsverzichts sei davon auszugehen, daß die Ehe der Streitteile tatsächlich geschieden worden sei, der Kläger jedoch nie Eheverfehlungen der Beklagten behauptet habe. Das Erstgericht werde deshalb Feststellungen treffen müssen, auf deren Grundlage der fiktive Unterhaltsanspruch der Beklagten gemäß § 66 EheG bemessen werden könne. Dieser werde auf die vorhin beschriebene Weise zu kapitalisieren sein; mit dem so ermittelten Betrag werde sodann der Unterhaltsverzicht anzusetzen sein. Zur Bewertung der Belastung der Liegenschaftshälfte der Beklagten mit dem erwähnten Veräußerungs- und Belastungsverbot werde der Wert der unbelasteten Liegenschaftshälfte mit jenem nach Begründung dieses Verbots zu vergleichen sein. Der Differenzbetrag entspreche jenem Vermögenswert, den die Beklagte im Vergleich aufgegeben habe; im Hinblick auf das Verbot werde der Ertragswertschätzung besondere Bedeutung beizumessen sein. Liege nach dieser Gegenüberstellung eine erhebliche Äquivalenzstörung vor, müsse geprüft werden, ob für den Kläger erkennbar gewesen sei, daß dadurch die wirtschaftliche Existenz der Beklagten bedroht sein würde. Diese Beurteilung müsse auf den Vergleichszeitpunkt abstellen. Der Kläger habe wohl davon ausgehen dürfen, daß die Beklagte in einiger Zeit ein Arbeitseinkommen erzielen werde, doch müsse noch geprüft werden, welches Einkommen der Kläger realistischerweise erwarten hätte dürfen. Der Vergleich habe sich für die Beklagte in der Folge tatsächlich existenzgefährdend ausgewirkt; das ergebe sich schon aus der festgestellten Einkommensentwicklung, bei deren Berücksichtigung der Beklagten keinerlei Kreditrückzahlungen zugemutet werden könnten, ohne ihre wirtschaftliche Existenz aufs Spiel zu setzen. Die freiwilligen Zuwendungen des Helmut G*** dürften bei dieser Beurteilung nicht in Anschlag gebracht werden.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Kläger erhobene Rekurs ist im Ergebnis nicht berechtigt. Gegenstand des Rekursverfahrens ist nur mehr die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine erhebliche Äquivalenzstörung im Sinne des § 879 Abs. 2 Z 4 ABGB anzunehmen sei und ob der Kläger im Vergleichszeitpunkt erkennen hätte müssen, daß die Erfüllung des Vergleichs die wirtschaftliche Existenz der Beklagten gefährde. Der erkennende Senat hat in seiner Entscheidung im ersten Rechtsgang hiezu ausgesprochen, bei Vorliegen einer Äquivalenzstörung im Sinne des § 879 Abs. 2 Z 4 ABGB sei Sittenwidrigkeit gemäß § 879 Abs. 1 ABGB anzunehmen, wenn ein gleichwertiges zusätzliches Element der Sittenwidrigkeit hinzutrete. Ein solches könne bei einer Vereinbarung nach § 55 a Abs. 2 EheG darin gelegen sein, daß ein Ehegatte durch einen Vergleich - für den anderen

erkennbar - Verpflichtungen übernommen habe, durch die seine wirtschaftliche Existenz bedroht werde. Dabei hat die Beurteilung der Frage, ob eine solche Entwicklung für den Kläger erkennbar war, auf den Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses abzustellen; auf unvorhergesehene Änderungen in der wirtschaftlichen Lage der Beklagten kann demnach nicht Bedacht genommen werden. Für die Frage, ob dem Vergleich eine Äquivalenzstörung innewohne, ist der wechselseitige Unterhaltsverzicht der Streitteile von besonderer Bedeutung, weil der Kläger bei Abschluß des Vergleiches in gut dotierter Stellung stand, während die Beklagte den Haushalt versorgte und ohne Einkommen war. Das Berufungsgericht vertritt die Auffassung, die Tatsache, daß die Ehe geschieden wurde, der Kläger aber nie Eheverfehlungen der Beklagten behauptet habe, rechtfertige die Bewertung des Unterhaltsverzichts anhand eines (fiktiven) Unterhaltsanspruchs der Beklagten nach § 66 EheG durch dessen Kapitalisierung aufgrund der statistischen Lebenserwartung. Dem ist zunächst entgegenzuhalten, daß eine solche Bewertung Feststellungen voraussetzte, die den Schluß zuließen, die Ehe wäre im Falle eines Scheidungsstreits aus dem (zumindest überwiegenden) Verschulden des Klägers geschieden worden. Die Beklagte hat aber als Eheverfehlungen lediglich das ehebrecherische Verhältnis des Klägers zu seiner derzeitigen Frau und seine Drohung, er werde das Mobiliar zertrümmern, wenn sie nicht in die Scheidung willige, behauptet; beides haben die Vorinstanzen jedoch nicht als erwiesen angenommen. Darüber hinaus setzt der Unterhaltsanspruch nach § 66 EheG voraus, daß der unterhaltsberechtigte Ehegatte seinen Unterhalt nicht durch zumutbare Erwerbstätigkeit selbst decken kann (EFSlg. 41.300 uva; Pichler in Rummel, ABGB, Rdz 1 zu § 66 EheG). Die Beklagte hat im Zuge der Besprechungen über die Scheidung und den Scheidungsfolgenvergleich die Aufnahme einer Beschäftigung als gewiß und die Unterhaltsfrage damit nicht als aktuell hingestellt und in diesem Zusammenhang die Vorsprache bei einem Nationalratsabgeordneten erwähnt; der Kläger durfte daher mit Recht annehmen und diese Annahme dem Vergleichsabschluß zugrundelegen, daß die Beklagte auf seine Unterhaltsleistungen nicht angewiesen war, sondern es ihr in erster Linie um die Erhaltung von Haus, Wohnung und Hausrat ging.

Dazu kommt, daß das Gericht in dem im Anschluß an einen Scheidungsstreit abgeführten Aufteilungsverfahren gemäß den §§ 81 ff EheG, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, aller Wahrscheinlichkeit nach an der Ehewohnung ein Mietverhältnis zugunsten der Beklagten, der auch die elterlichen Rechte ihren beiden (damals) minderjährigen Kindern gegenüber übertragen worden war, angeordnet (§ 87 Abs. 1 EheG) und die Beklagte deshalb zur Zahlung eines angemessenen Mietzinses an den Kläger verhalten hätte. Nun macht der Kläger für die Zeit vom 1. Jänner 1982 bis 31. Juli 1982 monatliche Rückzahlungsbeträge von S 1.574,-, vom 1. August 1982 bis 31. Jänner 1984 solche von S 981,50, und für die Zeit vom 1. Februar 1984 bis 31. Juli 1985 monatliche Beträge von S 1.222,50 gegen die Beklagte geltend. Selbst wenn man in Rechnung stellte, daß die Beklagte nicht alle Kredite im Innenverhältnis zur Hälfte zu tragen gehabt hätte, weil sie zum Teil nur Bürgin ist, so wäre sie doch durch einen angemessenen Mietzins gewiß nicht wesentlich anders belastet wie durch die auch sie nach dem Vergleich treffende Rückzahlungspflicht.

Spielt aber der Unterhaltsverzicht für die Lösung der Frage, ob eine Äquivalenzstörung im Sinne des § 879 Abs. 2 Z 4 ABGB vorliege, keine Rolle, war angesichts der laufenden finanziellen Verpflichtungen, die die Beklagte auch ohne Vergleich getroffen hätten, ein auffallendes Mißverhältnis zwischen erworbenen und aufgegebenen Rechten nicht gegeben; der Vergleich hält damit der einredeweisen Anfechtung durch die Beklagte stand.

Ist somit von der Wirksamkeit des Scheidungsfolgenvergleiches auszugehen, wird das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren entsprechend dem berufungsgerichtlichen Auftrag nur mehr eindeutige Feststellungen darüber zu treffen haben, ob die Kreditmittel lediglich zur Errichtung des Hauses oder aber auch zu dessen Einrichtung Verwendung fanden; soweit die Kreditmittel der Einrichtung zugeführt wurden, trifft die Rückzahlungspflicht nach der Entscheidung des erkennenden Senates im ersten Rechtsgang (AS 176) den Kläger allein.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs. 1 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte