Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen zu A) 1) sowie B) und demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruches über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Strafsache im Umfang der Aufhebung an das Kreisgericht Wels zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Der Angeklagte wird mit seiner Berufung auf die obige Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem bekämpften Urteil wurde der Angeklagte Michael Alexander S*** (zu A 1) des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127 Abs 1, 129 Z 1 und 2 StGB, (zu A 2) des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach § 229 (gemeint offenbar: § 269) Abs 1 erster Fall StGB, (zu B) des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2 StGB und (zu C 1 bis 7) des Vergehens des gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 148 (zu ergänzen: erster Fall) StGB schuldig erkannt.
Darnach liegt ihm zur Last,
(zu A) in der Nacht zum 19.Februar 1986 in Weißkirchen
1) fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in einem 5.000 S nicht übersteigenden Betrag, dem Franz S*** durch Einsteigen und Aufbrechen eines Behältnisses, nämlich eines versperrten Spielautomaten, mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht zu haben, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern;
2) einen Beamten, und zwar Gendarmeriebezirksinspektor K***, dadurch mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich seiner Anhaltung auf Festnahme, gehindert zu haben, daß er mit einem PKW auf den mit einer Taschenlampe Haltezeichen gebenden Beamten losfuhr, wobei sich dieser nur durch einen Sprung zur Seite vor dem Überfahrenwerden retten konnte;
(zu B) sich in der Zeit zwischen 3. und 21.Februar 1986 in Linz und anderen Orten Oberösterreichs ein ihm anvertrautes Gut, nämlich einen am 27.Jänner 1986 in Graz bei der Firma K*** gemieteten PKW im Wert von 120.000 S, mit dem Vorsatz zugeeignet zu haben, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, indem er beschloß, sich das Fahrzeug zu behalten und nicht mehr an die Vermieterin zurückzustellen;
(zu C) in der Zeit zwischen dem 11. und 22.Februar 1986 in Oberösterreich in insgesamt sieben Angriffen mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Gastwirte und Zimmervermieter durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch Verbergen hinter dem falschen Schein eines zahlungsfähigen und zahlungswilligen Gastes und Mieters, zur Verabreichung von Speisen und Getränken, zur Ausfolgung von Zigaretten und zur Vermietung von Fremdenzimmern, sohin zu Handlungen verleitet zu haben, die diese Personen an ihrem Vermögen in einem 5.000 S nicht übersteigenden Betrag schädigten, wobei er die Betrügereien gewerbsmäßig beging.
Der Angeklagte bekämpft die Schuldsprüche zu den Punkten A) 1) und 2) sowie B) mit einer auf die Z 5, 9 lit a, lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und den Strafausspruch mit Berufung; den Schuldspruch zu C läßt er hingegen unbekämpft.
Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt nur teilweise Berechtigung zu. Nicht berechtigt ist dieses Rechtsmittel in Ansehung des Urteilsfaktums A) 2).
Die Behauptung von Begründungs- und Feststellungsmängeln in den die diesbezüglich relevierten Nichtigkeitsgründe der Z 5 und Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO mit einander vermengenden Beschwerdeausführungen nehmen allein auf die Aussage des Zeugen K*** Bezug, aus denen der Beschwerdeführer ableiten will, daß er diesen weder als Gendarmeriebeamten habe erkennen, noch dessen Haltezeichen habe wahrnehmen können. Damit werden jedoch keine - eine rechtliche Beurteilung hindernden - Feststellungsmängel im Sinn der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO geltend gemacht, sondern allein Begründungsmängel im Sinne der Z 5 dieser Gesetzesstelle. Dies jedoch zu Unrecht.
Rechtliche Beurteilung
Bei der Bezugnahme auf die Aussage des Zeugen K*** übergeht der Beschwerdeführer vorerst einen wesentlichen Teil von dessen Aussage, nämlich jenen, wonach dieser Zeuge nicht nur - wie der Beschwerdeführer betont - die Taschenlampe (zum Zweck eines Haltezeichens) auf Rot schaltete, als der vom Angeklagten gelenkte PKW nach rückwärts fuhr, sondern daß er - daraufhin überdies - auf den Gendarmeriebeamten (im Vorwärtsgang) losfuhr (S 133; vgl auch S 127 und 128). Im Hinblick auf die weiteren Bekundungen des Zeugen K***, wonach er trotz der ungewöhnlichen Fellmütze als Gendarm erkennbar war (S 132) und bei sonst völliger Stille laut "Halt Gendarmerie" gerufen hatte (S 134), konnte das Schöffengericht im Sinn einer gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) mit dem Hinweis auf diese relevanten Passagen aus der Aussage des Zeugen K***, der es folgte (US 12), die Verantwortung des Angeklagten als "abschwächende Schutzbehauptung", somit als unglaubwürdig ablehnen, ohne daß ihm dabei ein Begründungsmangel im Sinn der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO unterlief. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die, wie erwähnt, zum Urteilsfaktum A) 2) einen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund in Wahrheit nicht geltend macht, war somit insoweit sofort bei der nichtöffentlichen Beratung als offenbar unbegründet zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO).
Im übrigen kann jedoch diesem Rechtsmittel Berechtigung nicht abgesprochen werden.
Im Ergebnis zutreffend zeigt der Beschwerdeführer zum Punkt A) 1) einen Begründungsmangel (Z 5) auf.
Zwar ist die Feststellung des Schöffengerichtes, daß der Angeklagte ein Aufbrechen des im Vorhaus des Zeugen S*** stehenden Spielautomaten wegen Aussichtslosigkeit seines Vorhabens und wegen der Befürchtung einer Betretung am Tatort aufgab, nicht aktenwidrig; eine Aktenwidrigkeit läge nur vor, wenn in den Entscheidungsgründen als Inhalt einer Urkunde oder einer Aussage etwas angeführt wird, das nicht deren Inhalt bildet, wenn also der Inhalt einer Aussage oder eines anderen Beweismittels im Urteil unrichtig wiedergegeben wird (Mayerhofer/Rieder, StPO 2 E 185 zu § 281 Abs 1 Z 5 ua). Der Beschwerdeführer macht jedoch der Sache nach eine offenbar unzureichende Begründung geltend, indem er behauptet, aus den Aussagen der Zeugen S*** und K*** lasse sich die Annahme nicht ableiten, daß er aus bloßer Furcht vor drohender Entdeckung oder "zufolge eines technischen Hindernisses" vom Vorhaben, den Spielautomaten aufzubrechen, Abstand genommen habe. In der Tat bieten die Aussagen der beiden genannten Zeugen für sich keine Anhaltspunkte dafür, daß der Angeklagte - wie das Schöffengericht feststellte (US 7 f) - "wegen Aussichtslosigkeit seines Vorhabens und weil er eine Betretung am Tatort befürchtete", vom Aufbrechen des Spielautomaten abgestanden wäre, berichtet doch der Zeuge K***, daß er verborgen hinter einer Tür Vorpaß gehalten und lediglich ein kratzendes Geräusch gehört habe, wonach Stille eintrat und daß bei der darauf folgenden Nachschau der Angeklagte nicht mehr vorgefunden wurde (S 132 f); der Zeuge S*** vermag hiezu überhaupt keine Details anzugeben (S 137). Angesichts dieser Bekundungen genügt eine pauschale Bezugnahme auf diese Zeugenaussagen nicht, um - wie es das Schöffengericht tat - die Verantwortung des Angeklagten, er habe gedacht, es habe keinen Sinn, schon wieder einen Einbruch zu verüben und deshalb die Tatausführungen unterlassen (S 122), als widerlegt zu erachten. Schon wegen dieses Begründungsmangels war der gegen den Pkt A) 1) des Schuldspruches gerichteten Nichtigkeitsbeschwerde Folge zu geben.
Zum Urteilsfaktum B) kann dem Beschwerdevorbringen des Angeklagten, soweit ein Begründungsmangel (Z 5) geltend gemacht wird, Berechtigung ebenfalls nicht versagt werden, wenngleich ein behaupteter Feststellungsmangel angesichts der Konstatierung des Schöffengerichtes, daß der Angeklagte in "Bereicherungsabsicht" handelte (US 7), an sich nicht gegeben ist.
Zu Recht reklamiert jedoch der Angeklagte, daß das Schöffengericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung überhaupt nicht auf die Verantwortung des Angeklagten einging, wonach er das gemietete Fahrzeug über den durch die Anzahlung gedeckten Zeitraum hinaus nur noch zu einer Arbeitssuche weiterbenützen und nach Ausgehen des Benzins den Fahrzeugschlüssel samt Zulassungsschein an die Vermieterin hätte zurücksenden wollen (S 123). Aus welchen Erwägungen das Schöffengericht über diesen Teil der Verantwortung des Beschuldigten hinwegkam, läßt sich - worauf in der Mängelrüge zutreffend verwiesen wird - dem erstgerichtlichen Urteil nicht entnehmen. Dieser Begründungsmangel nötigt daher gleichfalls ohne Eingehen auf die weiteren Beschwerdeausführungen zu diesem Punkt zu einer kassatorischen Entscheidung. Es war daher in Ansehung der Fakten A 1) und B) sogleich bei der nichtöffentlichen Beratung mit einer Aufhebung der betreffenden Schuldsprüche vorzugehen (§ 285 e StPO).
Dies zieht auch die Aufhebung des Ausspruches über die Strafe (einschließlich jenes darauf beruhenden über die Vorhaftanrechnung) nach sich. Mit seiner - dadurch gegenstandslos gewordenen - Berufung war der Angeklagte demgemäß darauf zu verweisen.
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