Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Beklagte hatte zu 48 C 795/83 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien gegen den nunmehrigen Kläger eine auf § 30 Abs. 2 Z 4 MRG gestützte Aufkündigung eingebracht und behauptet, das Bestandobjekt sei zur Gänze untervermietet, zum Teil an den Verwaltungsverein für den VERBAND DER Ö*** R*** (Röhrenverband)
und die Ö*** V*** DER SANITÄR- UND H***.
Der damals beklagte Verein hatte eingewendet, eine Untervermietung an den in der Kündigung genannten Verwaltungsverein liege nicht vor, weil dieser der Rechtsnachfolger des Mieters sei, der seinerseits in diesen Verwaltungsverein aufgegangen sei. Während das Erstgericht die Aufkündigung für rechtswirksam erklärte, hob das Berufungsgericht diese Entscheidung unter Rechtskraftvorbehalt auf. Der Oberste Gerichtshof stellte mit Urteil vom 30. Juli 1985, 7 Ob 607/85-19, die Entscheidung des Erstgerichtes wieder her. Hiebei gingen sämtliche Instanzen von der Feststellung aus, daß es sich bei dem gekündigten Verein und dem von ihm genannen Verwaltungsverein um zwei eingetragene Vereine, also zwei verschiedene Rechtspersönlichkeiten handelt, die nach wie vor eine eigene Tätigkeit entfalten. Ebenso wie das Erstgericht vertrat der Oberste Gerichtshof die Rechtsansicht, bei Vorhandensein zweier Rechtspersonen, die nach wie vor eine statutenmäßige Tätigkeit entfalten, könne von einer Veräußerung des Unternehmens im Sinne des Mietrechtsgesetzes keine Rede sein. Der herangezogene Kündigungsgrund wäre zwar auch dann nicht gegeben, wenn der Bestandnehmer an dem im Bestandobjekt geführten Unternehmen wirtschaftlich beteiligt bleibt, doch sei dies hier nicht gegeben. Darüber hinaus führte der Oberste Gerichtshof aus, eine Prüfung der Frage, ob die Klägerin seinerzeit der Untervermietung an zwei andere Untermieter zugestimmt habe oder nicht, komme keine Bedeutung zu, weil diese Zustimmung lediglich einen Verzicht auf eine Teilkündigung wegen dieser Untervermietungen begründen hätte können. Daß aber eine stillschweigende Zustimmung der Klägerin zu einer Weitergabe an den Verwaltungsverein nicht angenommen werden könne, habe das Erstgericht zutreffend ausgeführt, wobei auf die zutreffenden Argumente des Erstgerichtes verwiesen werden könne. Mit der vorliegenden Klage begehrt der seinerzeit beklagte und nunmehr klagende Verein die Wiederaufnahme des Verfahrens mit der Begründung, sein Geschäftsführer habe sich nach Erhalt der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes am 7. Oktober 1985 mit dem Rechtsanwalt Dr. Borodajkewycz in Verbindung gesetzt und von diesem erfahren, daß er am 27. Juni 1985 mit dem seinerzeitigen Verantwortlichen der Beklagten Hubert F*** ein Gespräch geführt hat, aus dem er entnommen habe, daß F*** zumindest schlüssig zu erkennen gegeben habe, daß die "Weitergabehandlungen" der Klägerin akzeptiert würden. Hätte der Kläger im Vorprozeß von diesem Umstand Kenntnis gehabt, hätte er sich auf den Zeugen F*** berufen und damit einen Kündigungsverzicht beweisen können.
Das Erstgericht hat die Wiederaufnahmsklage als zur Bestimmung einer Tagsatzung für die mündliche Verhandlung ungeeignet zurückgewiesen und hiebei ausgeführt, mangels eines entsprechenden Sachvorbringens wäre der Zeuge F*** im Vorverfahren auch dann nicht vernommen worden, wenn sich der nunmehr klagende Verein auf ihn berufen hätte.
Das Rekursgericht hat den erstgerichtlichen Beschluß aufgehoben und dem Erstgericht eine Entscheidung über die Wiederaufnahmsklage aufgetragen. Hiebei hat es ausgesprochen, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteigt. Rechtlich führte das Rekursgericht aus, wären die vom klagenden Verein nunmehr behaupteten Umstände im Vorverfahren bekannt gewesen, hätte dies zu einer anderen Entscheidung führen können.
Rechtliche Beurteilung
Der von der Beklagten gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist nicht gerechtfertigt.
Ohne dies ausdrücklich auszuführen, macht der klagende Verein den Wiederaufnahmsgrund nach § 530 Abs. 1 Z 7 ZPO geltend. Sinn und Zweck der Wiederaufnahmsklage nach dieser Bestimmung ist es, eine unrichtige Tatsachengrundlage des mit der Wiederaufnahmsklage angefochtenen Urteiles zu beseitigen, nicht aber Fehler der Partei bei der Führung des Vorprozesses zu korrigieren (RdW 1986, 145, JBl. 1961, 429 ua.).
Richtig führt das Erstgericht aus, daß der nunmehr klagende Verein vor Schluß der Verhandlung im Vorverfahren weder eine ausdrückliche noch eine stillschweigende Zustimmung zu einer Untervermietung an den Verwaltungsverein eingewendet hat. Derartiges wurde erstmals in der Berufung angedeutet. Damals hat der klagende Verein jedoch die angeblich stillschweigende Zustimmung nur auf den Umstand der Benennung des Verwaltungsvereines auf den Zinszahlungsbelegen und in Zinsvorschreibungen gestützt. In der erwähnten Entscheidung vom 30. Juli 1985, 7 Ob 607/85-19, hat der Oberste Gerichtshof ausgeführt, daß unter den sonst festgestellten Umständen diese Tatsachen, wären sie auch im Verfahren erster Instanz eingewendet worden, keine schlüssige Zustimmung zu einer Untervermietung begründet hätten. Sollte sich jedoch herausstellen, daß die Nennung des Verwaltungsvereines in Zinsvorschreibungen in dem Bewußtsein der Verschiedenheit dieses Rechtssubjektes vom Mieter mit der Absicht erfolgte, eine Weitergabe an den Verwaltungsverein zu genehmigen, so könnte dies zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen. Gerade derartiges wird aber in der Wiederaufnahmsklage behauptet, weshalb ihr grundsätzlich die Eignung, ein für die klagenden Partei günstigeres Ergebnis zu erwirken, nicht von vorneherein abgesprochen werden kann. Demnach erhebt sich lediglich die Frage, ob mittels einer Wiederaufnahmsklage eine im Vorverfahren nicht rechtzeitig erhobene Einwendung als Wiederaufnahmsgrund nach § 530 Abs. 1 Z 7 ZPO herangezogen werden kann. Der Oberste Gerichtshof hat zwar in der in RdW 1986, 145 (ähnlich auch 4 Ob 554/80) veröffentlichten Entscheidung ausgesprochen, daß die Änderung eines im Vorprozeß eingenommenen Prozeßstandpunktes keinen Wiederaufnahmsgrund im Sinne der genannten Bestimmung bildet, doch handelte es sich dort um eine Wiederaufnahmsklage des ursprünglichen Klägers. Ob der gleiche Grundsatz auch für Einwendungen des ursprünglich Beklagten gilt, wurde damals ausdrücklich offen gelassen (unter Verweis auf Fasching III, 720, SZ 52/151). Tatsächlich besteht zwischen den beiden Fällen ein entscheidender Unterschied. Durch das Wiederaufnahmsverfahren soll kein Prozeß auf einer gänzlich neuen Grundlage geführt werden. Strebt der Kläger derartiges an, so hat er die Möglichkeit, einen neuen Rechtsgrund, gestützt auf neue Tatsachen, mittels einer weiteren Klage geltend zu machen. Der Beklagte hat diese Möglichkeit nicht. Seine Einwendungen ändern den Prozeßgegenstand nicht, sondern haben lediglich das Ziel, den auf einen bestimmten Sachverhalt gestützten Klagsanspruch zu widerlegen. Aus diesem Grunde ist dem Beklagten im allgemeinen (sieht man von der im Kündigungsverfahren nicht mehr geltenden Eventualmaxime ab) das Erheben weiterer Einwendungen nicht verwehrt. Solche Einwendungen werden in der Regel auf behaupteten Tatsachen beruhen. Würde man die beklagte Partei zwingen, ohne entsprechende Tatsachenkenntnisse leere Einwendungen zu erheben, so würde dies zu einer sinnlosen Belastung des Prozesses führen. Aus diesem Grunde hat der Beklagte, dem bestimmte Einwendungen begründende Tatsachen nicht bekannt sind, nach Bekanntwerden dieser Tatsachen nach Abschluß des Vorprozesses keine andere Möglichkeit, sie geltend zu machen, als mittels der Wiederaufnahmsklage. § 530 Abs. 1 Z 7 ZPO sieht als Wiederaufnahmsgrund auch das Auftauchen neuer Tatsachen vor. Im Gegensatz zum Kläger ist daher der Beklagte grundsätzlich bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen für eine Wiederaufnahmsklage berechtigt, bei Hervorkommen neuer Tatsachen die sie begründenden Einwendungen mittels einer Wiederaufnahmsklage geltend zu machen.
Das Erstgericht wird daher einerseits die sonstigen Voraussetzungen für eine Wiederaufnahmsklage und andererseits die konkrete Eignung des neuen Beweismittels zur Dartuung der behaupteten neuen Tatsache zu prüfen haben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40 und 50 ZPO.
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