Spruch:
Den Nichtigkeitsbeschwerden wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch der beiden Angeklagten zu A/1 des Urteilssatzes sowie im Ausspruch über die gewerbsmäßige Begehung der schweren Betrügereien nach § 148 zweiter Fall StGB, demgemäß auch im Strafausspruch über die Angeklagten (einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen. Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil - das auch Teilfreisprüche enthält - wurden die miteinander verheirateten Angeklagten, der am 18. Februar 1961 geborene Vertreter Franz S*** jun. und die am 15. August 1955 geborene Angestellte Sonja S***, des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen (richtig: gewerbsmäßig schweren) Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Beiden Angeklagten liegen neun gemeinsam begangene schwere Betrügereien (Fakten A/1 bis 9) mit einem Gesamtschaden von 1,820.535 S zur Last, dem Angeklagten Franz S*** jun. darüber hinaus drei weitere schwere Betrügereien (Fakten B/1 bis 3) mit einem Gesamtschaden von 127.596 S und der Angeklagten Sonja S*** schwere Betrügereien in 4 Fällen (Fakten C/1 bis 4), bei denen sie allein einen Gesamtschaden von 424.482 S herbeigeführt hatte. Nach den Urteilsannahmen haben sie die Taten jeweils in der Absicht begangen, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.
Rechtliche Beurteilung
Nur den Schuldspruch zu A/1 sowie den Ausspruch über die gewerbsmäßige Begehung der schweren Betrügereien bekämpfen die beiden Angeklagten mit gemeinsam ausgeführten, auf die Gründe der Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden, die begründet sind.
Nach dem Inhalt dieses Schuldspruches haben sie in drei Angriffen im bewußten und gewollten Zusammenwirken (als Mittäter) in Tulln mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der T*** V*** durch Täuschung über die Tatsache, rückzahlungsfähige und rückzahlungswillige Darlehensnehmer zu sein, zur Gewährung folgender Darlehen verleitet, wodurch das genannte Kreditinstitut am Vermögen um den Betrag von insgesamt 897.946 S geschädigt wurde, und zwar (vgl. US 10) durch das
1. Darlehen vom 21.Juli 1982 über 350.000 S 2. Darlehen vom 17.November 1982 über 350.000 S 3. Darlehen vom 30.März 1983 über 250.000 S.
Mit Recht wenden die Beschwerdeführer dagegen ein, das Erstgericht habe sich bei Begründung des Schädigungsvorsatzes mit der Frage der tauglichen Besicherung der drei Darlehen nicht in zureichendem Maße auseinandergesetzt (Z 5) und entscheidende Feststellungen hiezu nicht getroffen, obwohl die Verfahrensergebnisse auf deren Wesentlichkeit hingedeutet haben (Z 9 lit. a).
Nach den in der Hauptverhandlung verlesenen Krediturkunden in Verbindung mit der Aussage des informierten Vertreters der T*** V***, der Zeugin Bertholde D***, wurden die Tilgungsraten zum 1. Darlehen (vom 21.Juli 1982), das vorerst noch nicht durch dritte Personen vertraglich abgesichert war, zunächst (bis einschließlich Februar 1983) pünktlich bezahlt (S 433 f/I, 406/II iVm 96/II). Dem Vertrag über das 2. Darlehen (vom 17. November 1982), mit dessen Rückzahlung erst ab März 1983 begonnen werden sollte, traten die Eltern des Erstangeklagten, Franz S*** sen. und Erika S*** als Bürgen bei (S 439/I). Am 29. Dezember 1982 bestellten die Eheleute S*** sen. überdies zur Sicherung aller Forderungen der T*** V*** ua auch aus den Kreditverträgen vom 21.Juli 1982 (1. Darlehen) und 17. November 1982 (2. Darlehen) ein Liegenschaftspfand bis zum Höchstbetrag von 1,508.000 S (Pfandbestellungsurkunde S 171 ff/II). Diese Pfandbestellung wurde unter einem zum integrierenden Bestandteil der Kreditverträge vom 21.Juli 1982 und 17.November 1982 erhoben (S 427/I). Schließlich traten die Eheleute S*** sen. auch dem Vertrag über das 3. Darlehen (vom 30.März 1983) als Bürgen "im Rahmen der hinterlegten, jederzeit einverleibungsfähigen Pfandbestellungsurkunde" bei (S 445/I).
Nach diesen Verfahrensergebnissen waren somit alle drei in Rede stehenden Darlehen der Angeklagten, noch bevor diese mit deren Rückzahlung in Verzug geraten waren, von den Eltern des Erstangeklagten durch Stellung eines Liegenschaftspfandes, das zweite und dritte Darlehen überdies durch deren Bürgschaftserklärung sichergestellt worden.
Mit diesen, der Annahme eines Schädigungsvorsatzes allenfalls widerstreitenden Verfahrensergebnissen hat sich das Erstgericht nicht einläßlich auseinandergesetzt. Die auf diese Tatsache bezugnehmende, floskelhaft begründete Urteilsannahme (US 17), die Sicherstellung des Rückforderungsanspruches der T*** V*** durch Bürgschaftsbeitritt und Pfandbestellung ändere nichts am Schadenseintritt in deren Vermögen, weil "auch hier die ursprünglich befristete Rückzahlung in eine durchaus ungewisse Zukunft verschoben wird, welche durch das Verhalten der Angeklagten - zumindest mit bedingtem Vorsatz - bewirkt wurde", läßt nämlich die augenscheinlich damit in Widerspruch stehende Tatsache völlig unberücksichtigt, daß die T*** V*** auf Grund der gegebenen Sicherheiten rechtlich in der Lage war, bei Verzug der Angeklagten sogleich an die Eheleute S*** sen. mit der Aufforderung zur Schadloshaltung heranzutreten und ihre Forderung solcherart sofort zu realisieren. Der Umstand, daß sie davon aus im Urteil nicht angeführten Gründen Abstand nahm (vgl. S 191/I) und (mit den Bürgen) ein Übereinkommen über eine spätere Aufnahme der Tilgungszahlungen getroffen hat (S 406/II unten), ändert mithin an der Erörterungsbedürftigkeit der Angabe der Angeklagten nichts, sie hätten eine Schädigung der V*** wegen der bestehenden Besicherung deren Forderung selbst bei einer Einstellung der Zahlungen durch sie für ausgeschlossen gehalten.
Die aufgezeigten Verfahrensergebnisse haben - was die Beschwerdeführer ebenfalls zutreffend rügen - außerdem detaillierte Feststellungen über die Art der Mittel zur Sicherstellung der drei Darlehen und über deren Tauglichkeit hiezu indiziert, die zu treffen das Erstgericht aus dem erwähnten Rechtsirrtum unterlassen hat, ohne die aber über das Vorliegen eines Schädigungsvorsatzes der Angeklagten nicht abgesprochen werden kann.
Es erweist sich somit der angefochtene Schuldspruch als mangelhaft begründet (Z 5) und mit Feststellungsmängeln (Z 9 lit. a) behaftet, weshalb er zu kassieren war.
Die Beschwerde ist aber auch insofern im Recht, als sie darüber hinaus in Ansehung des Ausspruchs über die gewerbsmäßige Begehung der schweren Betrügereien das Fehlen jeglicher Begründung (Z 5) rügt. Die Urteilspassagen (US 10), wonach die Angeklagten "nun beschlossen, durch Begehung von Betrugshandlungen großen Ausmaßes ihre (zuvor dargestellte - US 9) finanzielle Situation zu verbessern, um sich einen Lebensstandard zu verschaffen, den sie sich sonst nicht hätten leisten können", beinhalten lediglich die Konstatierung der Absicht der Angeklagten im Sinn der §§ 70, 148 StGB. Eine darin gleichzeitig enthaltene Begründung für diese Feststellung läßt sich jedoch aus diesen Ausführungen nicht herauslesen. Auf das (Teil-)Geständnis der Angeklagten und die Aussagen der einvernommenen Zeugen hinwieder kann sich das Gericht deshalb nicht berufen (US 16), weil darin auf die Frage der Gewerbsmäßigkeit nicht unmittelbar Bezug genommen wird. Auch im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führt das Erstgericht schließlich bloß aus, daß die Qualifikation nach dem zweiten Fall des § 148 StGB deshalb verwirklicht sei, weil "beide (Angeklagten) in der Absicht handelten, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Betrugsfakten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen" (US 18). Solcherart begründet es aber eben nur die sich aus den festgestellten Tatsachen ergebende rechtliche Konsequenz, gibt jedoch auch damit nicht - wozu es gemäß § 270 Abs. 2 Z 5 StPO bei sonstiger Nichtigkeit (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO) verpflichtet ist - die Gründe an, aus welchen es diese entscheidenden Tatsachen ihrerseits als erwiesen angenommen hat.
Es zeigt sich somit, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, weshalb schon bei der nichtöffentlichen Beratung über die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten diesen sofort Folge zu geben, das bekämpfte Urteil im Umfang der Anfechtung, demgemäß auch im Strafausspruch aufzuheben und insoweit die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen war (§ 285 e StPO).
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