OGH 7Ob669/86

OGH7Ob669/8623.10.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Norbert W***, Angestellter, Klagenfurt, Peter-Rosegger-Straße 29, vertreten durch Dr. Franz Zimmermann, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei R*** K***-M*** W*** G*** M.B.H.,

Reifnitz, vertreten durch Dr. Karl Safron und Dr. Franz Großmann, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen S 1,218.217,50 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 1. Juli 1986, GZ. 1 R 98/86-34, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 20. Jänner 1986, GZ. 18 Cg 240/83-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit S 17.656,70 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.605,20 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Liegenschaften EZ 1 und EZ 277 KG Keutschach wurden dem Kläger am 25.6.1980 im Wege der Zwangsversteigerung (9 E 33/78 des Bezirksgerichtes Klagenfurt) um ein Meistbot von S 3,960.000,-

zugeschlagen. Da der Kläger die Meistbotsraten nicht erlegte, kam es zu einer Wiederversteigerung und zum Zuschlag an die protokollierte F*** H***. Infolge eines Überbotes von S 2,800.000,- war schließlich Anton M*** Ersteher der Liegenschaften. Der Ausfall am Meistbot betrug S 1,160.000,-. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 16.2.1982 9 E 33/78 wurde der Ausfall am Meistbot einschließlich der Kosten der Wiederversteigerung mit S 1,218.127,50 festgestellt und auf Grund dieses Beschlusses der betreibenden Partei Johann K*** zugunsten der Verteilungsmasse im Zwangsversteigerungsverfahren 9 E 33/78 des Bezirksgerichtes Klagenfurt gegen den Kläger zur Hereinbringung des Ausfalles am Meistbot von S 1,203.890,- und an Kosten des Exekutionsantrages Fahrnis- und Gehaltsexekution bewilligt.

Der Kläger begehrt den Zuspruch von S 1,218.127,50 s.A. mit der Behauptung, er habe sich zu der Erstellung des Meistbotes von S 3,960.000,- nur bereitgefunden, weil ihm die Beklagte zugesagt habe, das Meistbot im Kreditwege zu bezahlen. Diese Zusage habe die Beklagte nicht eingehalten.

Die Vorinstanzen haben das Klagebegehren abgewiesen, wobei das Erstgericht feststellte, daß kein Funktionär der Beklagten dem Kläger eine Zusage über eine Kreditgewährung gemacht hat. Das Berufungsgericht bezweifelte zwar die Feststellung des Erstgerichtes über das Fehlen jeglicher Erklärungen von Funktionären der Beklagten gegenüber dem Kläger bezüglich eines Kredites, übernahm jedoch die Feststellungen dahin, daß eine bestimmte Kreditzusage nicht gemacht worden ist. Erst nach Erteilung des Zuschlages habe der Kläger überhaupt ein Kreditansuchen gestellt. Die Zusage auf Gewährung eines Kredites zu bestimmten Bedingungen sei nicht erfolgt.

Rechtlich vertraten die Vorinstanzen die Ansicht, der Kläger habe keinen Schadenersatzanspruch wegen Nichterfüllung der Zusage auf Gewährung eines Kredites, weil eine solche Zusage nie erfolgt sei. Darüber hinaus führte das Berufungsgericht aus, der Kläger könne seinen Anspruch auch nicht auf die Verletzung vorvertraglicher Verpflichtungen durch die Beklagte stützen, weil er aus allfälligen, völlig unverbindlichen und unkonkretisierten Äußerungen einzelner Funktionäre der Beklagten keinesfalls schließen habe können, daß die Beklagte ihm einen ungesicherten Kredit in der Höhe des Meistbotes gewähren werde.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Kläger gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wegen § 503 Abs. 1 Z 4 ZPO erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt.

Daß es zum Abschluß eines Kreditvertrages zwischen den Streitteilen nicht gekommen ist, ist nicht mehr strittig. Aus einer Vertragsverletzung durch die Beklagte kann der Kläger sohin seinen Anspruch nicht ableiten. Grundsätzlich führen auch Vertragsverhandlungen nicht zur Verpflichtung zum Abschluß eines Vertrages. Für den Abbruch der Vertragsverhandlungen wird grundsätzlich nur bei Schikane gehaftet (Reischauer in Rummel Rdz 17 vor §§ 918 ff, SZ 49/94 u.a.). Im übrigen kann im vorliegenden Fall nicht einmal von Vertragsverhandlungen gesprochen werden. Fest steht lediglich, daß sich der Kläger für einen Kredit interessiert hat, ohne daß es jedoch zu Verhandlungen über die konkreten Bedingungen einer Kreditgewährung gekommen wäre.

Richtig ist, daß mit Eintritt in Vertragsverhandlungen Schutz- und Sorgfaltspflichten gegenüber Rechtsgütern des anderen Teiles entstehen können (culpa in contrahendo). Diese können ausnahmsweise auch vom Oblaten durch Nichtabschluß verletzt werden (Rummel Rdz 3 zu § 861). Warn- und Aufklärungspflichten können entstehen, wenn erkennbar ist, daß sich der Verhandlungspartner im Vertrauen auf eine abgegebene Erklärung anschickt, selbst Verbindlichkeiten einzugehen (SZ 52/90 u.a.). Das Feststehen des Vertragsinhaltes ist jedoch neben dem in Sicherheitwiegen unabdingbare Mindestvoraussetzung, weil vorher nicht auf Abschluß vertraut werden darf (Reischauer in Rummel, Rdz 17 vor §§ 918 ff). Selbst nach dem Vorbringen des Klägers kann höchstens davon ausgegangen werden, daß einzelne Funktionäre der Beklagten fallweise durchblicken haben lassen, daß sie dem Kläger den Erwerb der Liegenschaften durch Kreditgewährung erleichtern wollen. Der Inhalt eines allfälligen Kreditvertrages stand nicht einmal andeutungsweise fest. Insbesondere bieten die getroffenen Feststellungen keine Grundlage für die Annahme, Funktionäre der Beklagten hätten gegenüber dem Kläger erkennen lassen, die Beklagte werde dem Kläger einen Kredit in der Höhe eines erst in Zukunft zu erwartenden Meistbotes gewähren, und zwar unabhängig von den Sicherheiten die der Kläger dafür bieten kann. Auch das Berufungsgericht hat eine diesbezügliche verbindliche Erklärung durch den Obmann der Beklagten nicht festgestellt sondern nur ausgeführt, daß der klägerische Anspruch selbst bei Feststellung einer entsprechenden Erklärung des Obmannes der Beklagten nicht gerechtfertigt wäre. Hiebei handelt es sich jedoch um Rechtsausführungen auf bloß hypothetischer Basis, die der Erwiderung einer Argumentation des Klägers dienten und die keine Feststellung in dem vom Kläger angestrebten Sinn ersetzen sollen. Im übrigen ist es schwer ersichtlich, wie jemand, noch dazu mit der beruflichen Erfahrung des Klägers, vor der Zusage eines bestimmten Kredites darauf vertrauen kann, daß ihm ein Kredit in bestimmter Höhe gewährt wird.

Es erweist sich sohin, daß die Revisionsausführungen an der Sache vorbeigehen, weil sie von einer Kreditzusage bzw. von einem Verhalten von Funktionären der Beklagten, die einer solchen Kreditzusage gleichkommen, ausgehen. Derartige Feststellungen wurden nicht getroffen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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