OGH 3Ob86/86 (3Ob87/86)

OGH3Ob86/86 (3Ob87/86)22.10.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei F*** H*** N*** KG, Nieros, D 8172 Lenggries, Sylvensteinstraße 60, vertreten durch Dr. Walter Brandt, Dr. Karl Wagner, Rechtsanwälte in Schärding, wider die verpflichtete Partei Maximiliane H*** (auch: H***-K***), Inhaberin der F*** K. K***-W*** (auch: F*** "W***-K***" Maximiliane H***-K***), 4775 Taufkirchen/Pram, Kolling 32, vertreten durch Dr. Wolfgang Jeannüe, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 439.803,21 s.A. infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Rekursgerichtes vom 10. Juni 1986, GZ. R 163,166/86-11, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Raab vom 2. April 1986, GZ. E 614/86-1, abgeändert und ein Rekurs gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Raab vom 5. Mai 1986, GZ. E 614/86-6, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird hinsichtlich der Entscheidung über die Exekutionsbewilligung (Punkt 1 des Beschlusses zweiter Instanz) nicht Folge gegeben.

Hinsichtlich der Bekämpfung des Beschlusses auf Zurückweisung eines Kostenrekurses (Punkt 2 des Beschlusses zweiter Instanz) wird der Revisionsrekurs zurückgewiesen.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 13.6.1985, 4 R 233/84-131, wurde in teilweiser Abänderung des Urteiles des Kreisgerichtes Ried i.I. vom 25.5.1984, 1 Cg 358/83-123, die verpflichtete Partei unter anderem schuldig erkannt, der betreibenden Partei S 439.803,21 Zug um Zug gegen im Urteil näher angeführte Leistungen, die von der betreibenden Partei innerhalb von zwei Monaten nach Rechtskraft dieses Urteiles zu erbringen seien, zu zahlen.

In ihrem unter Vorlage des genannten Exekutionstitels beim Exekutionsgericht eingebrachten Exekutionsantrag behauptete die betreibende Partei, alle diese Leistungen erbracht zu haben, ohne über die Erbringung dieser Leistungen einen Nachweis vorzulegen, und begehrte zur Hereinbringung von S 439.803,21 Fahrnisexekution. Das Erstgericht bewilligte mit Beschluß vom 2.4.1986, ON 1, die Fahrnisexekution.

Mit Beschluß vom 5.5.1986, ON 6, bestimmte das Erstgericht die Kosten der Intervention der betreibenden Partei beim Vollzug der Fahrnisexekution nicht wie verzeichnet mit S 6.330,80 sondern nur mit S 1.677,20.

Gegen den Exekutionsbewilligungsbeschluß ON 1 erhob die verpflichtete Partei einen Rekurs. Gegen den Kostenbestimmungsbeschluß ON 6 erhob die betreibende Partei einen Kostenrekurs.

Das Gericht zweiter Instanz änderte den Beschluß des Erstgerichtes über die Bewilligung der Exekution dahin ab, daß der Exekutionsantrag abgewiesen wurde (Punkt 1 des Beschlusses des Gerichtes zweiter Instanz) und wies den Kostenrekurs der betreibenden Partei zurück (Punkt 2 des Beschlusses des Gerichtes zweiter Instanz).

Das Gericht zweiter Instanz war im Gegensatz zum Erstgericht der Auffassung, wegen der im Titel vorkommenden Leistungsfrist für die von der betreibenden Partei zu erbringenden Gegenleistungen sei nicht § 8 EO anzuwenden, sondern es liege ein Fall nach § 7 Abs. 2 EO vor. Allfällige Zweifel des Exekutionstitels gingen hier zu Lasten der betreibenden Partei. - Die Zurückweisung des Kostenrekurses begründete das Gericht zweiter Instanz mit dem wegen der negativen Entscheidung in der Hauptsache weggefallenen Rechtsschutzinteresse der betreibenden Partei.

Gegen den Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wendet sich der Revisionsrekurs der betreibenden Partei mit dem Antrag, ihn in seinem Punkte 1 im Sinne einer Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes ON 1 abzuändern und ihn in seinem Punkte 2 dahin abzuändern, daß die vollen verzeichneten Interventionskosten zugesprochen werden, oder ihn zum Zwecke der neuerlichen Entscheidung über den Kostenrekurs durch die zweite Instanz aufzuheben.

Die betreibende Partei vertritt den Standpunkt, es liege eine Zug-um-Zug-Verpflichtung nach § 8 EO vor. Wenn man aber von einer Vorausleistungspflicht der betreibenden Partei ausgehen wolle, dann hätte zuerst ein Verbesserungsverfahren stattfinden müssen. Unter einem legte die betreibende Partei mit dem Revisionsrekurs eine eidesstättige Erklärung des Rechtsfreundes der betreibenden Partei über die Erbringung der strittigen Vorleistungen vor. Nach Ablauf der Rechtsmittelfrist legte die betreibende Partei weiters eine Notariatsurkunde über eine ähnliche Erklärung an Eidesstatt durch zwei Zeugen vor.

Rechtliche Beurteilung

Soweit die betreibende Partei den Zurückweisungsbeschluß bekämpft, ist ihr Rechtsmittel gemäß §§ 78 EO, 528 Abs. 1 Z 2 ZPO unzulässig. Darnach steht gegen eine Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz über den Kostenpunkt kein Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu. Eine Entscheidung "über den Kostenpunkt" liegt nicht nur vor, wenn materiell über eine Kostenersatzpflicht entschieden wird, sondern der Rechtsmittelausschluß des § 528 Abs. 1 Z 2 ZPO gilt auch für rein formale Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz, wie Zurückweisungsbeschlüsse (MietSlg. 36.818 u.a.). Im übrigen kommt dem Revisionsrekurs keine Berechtigung zu. Ob die Formulierung des Exekutionstitels im vorliegenden Fall für eine Zug-um-Zug-Verpflichtung im Sinne des § 8 EO oder für eine Vorausleistungspflicht der betreibenden Partei im Sinn des § 7 Abs. 2 EO spricht, ist sicher nicht auf den ersten Blick erkennbar. Einerseits erwähnt nämlich der Exekutionstitel bei der Formulierung des Zurechtbestehens der Klagsforderung (dreigliedriger Spruch), daß die strittige Forderung der betreibenden Partei nur "bedingt" gegen gewisse Zug-um-Zug-Leistungen der betreibenden Partei zu Recht bestehe, und es wird der betreibenden Partei nicht etwa freigestellt, diese Zug-um-Zug-Leistungen erst dann zu erbringen, wenn die verpflichtete Partei freiwillig bezahlt oder wenn im Rahmen eines Exekutionsvollzuges die Durchsetzung des betriebenen Anspruches ansteht, sondern die betreibende Partei muß die genannten Leistungen davon unabhängig innerhalb einer bestimmten Frist erbringen. Diese beiden Punkte sprechen daher für eine Vorausleistungspflicht. Andererseits wird aber genau der im § 8 EO vorkommende Ausdruck verwendet, was wiederum für eine echte Zug um Zug zu gewährende Gegenleistung sprechen könnte.

Die Art der von der betreibenden Partei zu erbringenden Leistungen spricht indes eher für eine Vorausleistungspflicht, weil es sich um nicht sofort in einem Augenblick durchzuführende Arbeiten handelt, die wie eine Warenleistung beim Anbot der Zahlung sofort bereitstünden. Weiters fällt auf, daß der verpflichteten Partei keine Leistungsfrist zugestanden wird. Sobald die betreibende Partei die genannten Leistungen erbringt, muß die verpflichtete Partei sofort ihre Leistung erbringen. Die Worte "Zug um Zug" können daher auch nur bedeuten, daß der verpflichteten Partei nach Erfüllung der Vorausleistungspflicht keine weitere Zahlungsfrist mehr zusteht, daß sie also die Klagssumme sofort bereithalten muß und diese sofort (Zug um Zug) nach Erbringung der Leistungen durch die betreibende Partei schuldet.

Es liegt daher eine echte Bedingung im Sinne des § 7 Abs. 2 EO vor. Zum selben Ergebnis kommt man übrigens auch im Zweifel über die Bedeutung der einzelnen Worte im Exekutionstitel, weil jede Unklarheit hier zu Lasten der betreibenden Partei ginge (Heller-Berger-Stix 197).

Damit mußte aber die betreibende Partei die Tatsache, von der der betriebene Anspruch gemäß dem Exekutionstitel abhängig war, nämlich die vorangegangene Leistung der betreibenden Partei, nicht nur behaupten sondern mittels öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde beweisen.

Einen solchen Beweis hat die betreibende Partei in ihrem Exekutionsantrag nicht angetreten. Ein Verbesserungsverfahren nach §§ 78 EO, 84 ZPO hatte nicht stattzufinden. Der Fall des § 84 Abs. 1 ZPO liegt nicht vor, weil es sich nicht nur um ein Formgebrechen handelt. Der Fall des § 84 Abs. 3 ZPO ist nicht gegeben, weil bei Überreichung des Exekutionsantrages keine Frist einzuhalten war. Gemäß § 55 Abs. 2 EO kommt eine Aufforderung zur Beibringung nötiger Urkunden oder anderer Beweise gerade beim Antrag auf Bewilligung der Exekution nicht in Frage. Das Fehlen eines Grundbuchsauszuges bei einem Antrag auf Bewilligung der Zwangsversteigerung einer Liegenschaft oder einer besonderen Vollstreckbarkeitsbestätigung nach bestimmten Vollstreckungsabkommen läßt sich mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 78 EO, 50, 40 ZPO.

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