Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wegen Strafe wird nicht Folge gegeben. Der Berufung gegen die Entscheidung über die privatrechtlichen Ansprüche wird Folge gegeben, dieser Ausspruch aufgehoben und die Franz K*** GesmbH mit ihren Ansprüchen gemäß § 366 Abs.2 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem bekämpften Urteil wurde der Angeklagte Heinz Peter F*** des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs.1, Abs.2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Darnach liegt ihm zur Last, von Juni 1982 bis einschließlich Februar 1984 (in Wien) die ihm durch Rechtsgeschäfte eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, dadurch wissentlich mißbraucht zu haben, daß er als eigenverantwortlicher Leiter der Filiale Rennweg der Franz K*** GesmbH überhöhte Kassenentnahmen (zu Eigenzwecken) tätigte und dadurch der genannten Gesellschaft einen Schaden in der Höhe von 162.872,11 S zufügte.
Nach den Urteilsfeststellungen übernahm der Angeklagte auf Grund einer vor dem 24.Mai 1982 geschlossenen Vereinbarung mit Franz K*** die Leitung der Filiale Rennweg der hauptsächlich mit der Vermietung von Kraftfahrzeugen befaßten Franz K*** GesmbH. Sein Aufgabenbereich umfaßte vereinbarungsgemäß die normalen geschäftlichen Dispositionen über den dieser Filiale zugeteilten Fuhrpark (einschließlich der Veranlassung von Reparaturen und der Anschaffung von Ersatzteilen), die Instandhaltung der ihm überlassenen Räume, sowie das Personalwesen (Aufnahme und Kündigung von Dienstnehmern) dieser Filiale und deren Geldgebarung. In Ansehung der vereinnahmten Geldbeträge (mit Ausnahme der sogenannten "Interunfall-Gelder") stand dem Angeklagten nach Maßgabe der wirtschaftlichen Unternehmensinteressen mit der Einschränkung, daß er den einen Kassastand von etwa 200.000 S übersteigenden Mehrbetrag täglich an die Unternehmenszentrale abzuführen hatte, grundsätzlich freie Disposition zu. Für seine Tätigkeit war ihm vertraglich die Entnahme eines monatlichen Entgelts von 13 % des jeweiligen Umsatzes gestattet, von dem er jedoch sämtliche in der Filiale Rennweg anfallenden Personalkosten zu bestreiten hatte. Nach Ausweitung des anfänglich auf die Vermietung von Lastkraftwagen und von Schulfahrzeugen beschränkt gewesenen Geschäftsbereiches der Filiale auch auf die Vermietung von Personenkraftwagen und auf das sogenannte "Unfallservice" wurden dem Angeklagten dementsprechend von der Franz K*** GesmbH im Rahmen der Abrechnung seiner "Provision" auch die aus den letztgenannten Tätigkeiten erwachsenen Personalkosten angelastet. Hinsichtlich der auf die Dienstnehmer Andreas L*** (Mechaniker), Eva H*** (Schulfahrzeuge), Hermann K***, Brigitte A*** und Getrude S***
(Unfallservice) entfallenden Lohnkosten stellte er sich allerdings vereinbarungswidrig auf den Standpunkt, daß diese von seiner Leistungspflicht nicht umfaßt seien. Unter Negierung der von der Franz K*** GesmbH erstellten Abrechnungen mißbrauchte der Angeklagte ab Oktober 1982 seine im Innenverhältnis mit der Höhe der vereinbarungsgemäßen Ansprüche limitierte Befugnis zur Entnahme von Bargeld aus der Kasse der Filiale wissentlich; durch diese überhöhten Entnahmen fügte er dem Unternehmen bis Februar 1984 mit zumindest bedingtem Vorsatz einen Vermögensnachteil zu, dessen Höhe vom Erstgericht im mündlich verkündeten Urteil (und dementsprechend auch im Tenor der schriftlichen Ausfertigung) mit 162.872,11 S angenommen wurde. (Bei der Ausfertigung der Entscheidungsgründe vermeinte der Vorsitzende allerdings, der Schaden sei in Wahrheit um 10.000 S geringer, doch ist dem Sachverständigen insoweit, S 93/II, nicht ein bei diese Annahme unterstellter Additionsfehler unterlaufen, sondern bloß ein - die rechnerische Richtigkeit der Endsumme nicht beeinträchtigender - augenscheinlicher Tippfehler in Ansehung eines Summanden.)
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 5, 9 lit.a und 10 des § 281 Abs.1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt. Soweit der Beschwerdeführer ein Eingehen des Schöffengerichtes auf Einzelheiten der Aussagen der Zeugen S***, und K*** vermißt, in denen er eine Bestätigung seiner Verantwortung erblickt, wonach er eine bloß eingeschränkte Pflicht zur Entlohnung der in der Filiale Rennweg beschäftigten Dienstnehmer gehabt habe, geht die Mängelrüge (Z 5) fehl.
Das Erstgericht hat nämlich die Aussagen der Zeugen K*** und S*** durchaus eingehend gewürdigt und ohne Verstoß gegen die Denkgesetze oder gegen allgemeine Lebenserfahrung dargetan, warum es den Bekundungen des Zeugen K*** in der Hauptverhandlung vom 12. November 1985 (S 58 ff/II) in jenen Punkten, in denen sie den Deponierungen des Zeugen K*** entgegenstehen, nicht folgte, (US 11 bis 12); auch der Zeugin S*** versagte es (unter Hinweis auf deren erkennbare Tendenz zur Aufwertung ihrer Tätigkeit sowie auf entgegenstehende Angaben der Zeugen K*** und K***) mit ausführlicher Begründung den Glauben (US 13 bis 15). Einer Erörterung der relevierten Aussagen in allen Details bedurfte es im Interesse einer gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs.2 Z 5 StPO) nicht.
Mit seinen Gegenargumenten, mit denen der Angeklagte unter Berufung auf jene Passagen in den Aussagen dieser Zeugen, die seine Verantwortung stützen, für ihn günstigere Ergebnisse zu erzielen sucht, unternimmt er nur eine im Rechtsmittelverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile nicht vorgesehene und daher unbeachtliche Bekämpfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung. Insbesondere mit der Deposition des Zeugen K***, der Angeklagte habe ihm gegenüber mehrmals bekundet, er sei die (spätere) Übernahme der Personalkosten für die Sparte "Unfallservice" nicht anzuerkennen gewillt (S 65/II), mußte sich das Erstgericht als entscheidungsunwesentlich nicht auseinandersetzen, weil dieser Zeuge ausdrücklich erklärt hat, daß er bei den darauf bezogenen "diversen Besprechungen zwischen K*** und F***" überhaupt nicht dabei war (S 60/II).
Die weiteren Einwände mit Bezug auf jene Bekundungen der Zeugen K*** und S*** aber, wodurch das Unfallservice ein Verlustgeschäft und dem Angeklagten das sicherlich bekannt gewesen sei (S 54 und 65/II), laufen wieder der Sache nach auf den unzulässigen Versuch der Bekämpfung erstgerichtlicher Beweiswürdigung hinaus, derzufolge die Übernahme einer möglicherweise verlustträchtigen Sparte durch ihn sehr wohl mit seiner (schon bei früheren Gelegenheiten manifest gewordenen) Neigung zu geschäftlichen Fehldispositionen erklärbar ist (US 20, 21 ff).
Mit dem auf die Z 9 lit.a des § 281 Abs.1 StPO gestützten Ausführungen der Rechtsrüge trachtet der Beschwerdeführer unter Berufung auf - vom Erstgericht hinsichtlich ihrer Beweiskraft abgelehnte - Beweisergebnisse und die (nur im Zweifel heranzuziehende) Auslegungsregel der §§ 914 ff ABGB seiner Verantwortung zum Durchbruch zu verhelfen, er sei der Überzeugung gewesen, im Rahmen der getroffenen Vereinbarung zu agieren. Damit wird aber eine Rechtsrüge nicht gesetzmäßig zur Darstellung gebracht. Denn dies würde ein Festhalten an dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt und den Vergleich dieses, nicht aber eines anderen, dem Beschwerdeführer genehmeren Sachverhaltes, mit dem Gesetz erfordern.
Mit der weiteren, auf die Z 10 des § 281 Abs.1 StPO gestützten Rechtsrüge strebt der Angeklagte eine Unterstellung der Tat unter die Bestimmung des § 133 StGB an, weil es sich dabei nicht um ungetreue Verwaltung, sondern um die Ausnützung einer faktischen Verfügungsmacht gehandelt habe. Insoweit ist der Rechtsrüge ungeachtet der angesichts des Schadensbetrages gleichartigen Strafdrohungen des § 133 Abs.2 zweiter Fall StGB und des § 153 Abs.2 zweiter Fall StGB zwar zulässig (Mayerhofer/Rieder, StPO 2 , E 24 zu § 282), jedoch unbegründet.
Die dem Angeklagten bei der Führung der Filiale Rennweg eingeräumten Befugnisse umfaßten nämlich nach den Urteilsfeststellungen nicht nur den größten Teil der im Rahmen des Geschäftsbetriebes anfallenden dispositiven Maßnahmen in bezug auf den Fuhrpark, die Instandhaltung der Räume und das Personalwesen, sondern vor allem auch im wesentlichen die gesamte Geldgebarung. Diese Position bot somit keineswegs bloß eine faktische Verfügungsmöglichkeit über die Kasse, sondern gab dem Angeklagten eine - wenngleich im Innenverhältnis eingeschänkte - selbständige rechtliche Dispositionsbefugnis im Sinne des § 153 StGB (gleich einem Handlungsbevollmächtigten); davon, daß ihm solcherart lediglich "Vermögensbestandteile...anvertraut" (§ 133 StGB), also ausschließlich zur Verwahrung oder - wie etwa die eingangs erwähnten "Interunfall-Gelder" (vgl.10 Os 179/84) - zu einer (keinen Ermessensspielraum offen lassenden) bestimmten Verwendung übergeben worden wären, kann demnach keine Rede sein.
Dem angefochtenen Urteil haftet daher auch kein Subsumtionsirrtum an.
Aus den angeführten Gründen war daher die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 153 Abs.2 "höherer" (zweiter) Strafsatz StGB unter Bedachtnahme gemäß § 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 7. August 1984, GZ 3 b Vr 2703/84-47, (mit dem der Angeklagte - im Strafausspruch nach Maßgabe des Urteils des Obersten Gerichtshofes vom 25.Juni 1985, GZ 10 Os 179/84-10 - zu 15 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden war) zu einer Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten. Dabei wertete es das Zusammentreffen mit (der Straftat aus) dem "Bedachtnahmeurteil" und die Wiederholungen der Tathandlungen als erschwerend, den ursprünglich untadeligen Wandel des Angeklagten dagegen als mildernd.
Der Berufung des Angeklagten kommt, soweit sie sich gegen das Strafausmaß und die Versagung bedingter Strafnachsicht wendet, keine Berechtigung zu.
Daß der Angeklagte (nachträglich) hartnäckig gegen die von ihm übernommene Verpflichtung remonstrierte, stellt keinen Milderungsgrund dar, ist vielmehr ein Ausfluß des vom Erstgericht zu Recht herangezogenen Erschwerungsgrundes der Tatwiederholung. Desgleichen kann ihm eine "subjektive Überzeugung" auf ein "Anrecht" nicht als mildernd zugute gehalten werden; der Berufungswerber übersieht insoweit das Gebot des § 295 Abs.1 StPO, wonach bei der Entscheidung über die Berufung der Ausspruch über die Schuld des Angeklagten - auch zur subjektiven Tatseite - zugrunde zu legen ist.
"Desolate Buchhaltungsverhältnisse" bei der Franz K*** GesmbH, auf die der Berufungswerber verweist, sind gleichfalls kein ins Gewicht fallender Milderungsgrund. Abgesehen davon, daß die Aufbuchungen keineswegs "desolat" waren, sondern darin nur zeitliche Rückstände zu verzeichnen waren, nützte der Angeklagte gerade diese Rückstände zur wiederkehrenden Tatbegehung aus.
Im Hinblick darauf, daß der Angeklagte einerseits eine Veruntreuung mit einem Schadensbetrag von 198.071 S verübte und ihm vorliegend Untreue mit einem Schadensbetrag von 162.872,11 S zur Last fällt, daß er nach den Urteilsfeststellungen auch früher schon in seinen geschäftlichen Dispositionen Schiffbruch erlitten hatte, woraus erhebliche finanzielle Verpflichtungen resultierten, und daß er das Vertragsverhältnis mit der Franz K*** GesmbH alsbald in verschiedener Richtung zu kriminellen Handlungen mißbrauchte, kann nicht angenommen werden, daß eine bloße Androhung der Vollziehung der Freiheitsstrafe genügen werde, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten.
Der Berufung wegen Strafe war daher ein Erfolg zu versagen. Der Berufung des Angeklagten gegen das Adhäsionserkenntnis kommt allerdings Berechtigung zu.
Der Angeklagte wurde zwar - entgegen dem Vorbringen in der Berufung - zu den Ansprüchen der Privatbeteiligten gehört; nach dem Inhalt des Protokolles über die Hauptverhandlung vom 12. November 1985 gab er hiezu die Erklärung ab, er habe nicht zu viel entnommen und "habe außer den in diesem Verfahren genannten keine Gegenansprüche, auch nicht aus der Kündigung" (S 67/II). Dennoch war die Privatbeteiligte auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.
Abgesehen davon, daß der Vertreter der Privatbeteiligten überhaupt nur einen Zuspruch von 100.000 S begehrt hatte (S 217/II), ergab die Einsicht in den vom Obersten Gerichtshof beigeschafften Akt AZ.14 Cg 78/86 des Handelsgerichtes Wien, daß dort vom Angeklagten auch Forderungen gegen die Privatbeteiligte - mithin Gegenforderungen zu dem aus dem Delikt resultierenden Schadensbetrag - geltend gemacht wurden, die nach ihrer Beschaffenheit nicht unmittelbar mit der strafbaren Handlung des Angeklagten in Zusammenhang stehen. Zudem ist die äußerst kursorische Stellungnahme des Angeklagten (S 67/II) insoferne unklar, als daraus nicht erkennbar ist, ob er sich dabei auf das Verfahren vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien oder auf jenes vor dem Handelsgericht Wien bezieht.
Angesicht dieser Umstände reichen die Ergebnisse des Strafverfahrens nicht aus, um - unter Bedachtnahme auf allfällige bestehende Gegenforderungen - über die Ersatzansprüche verläßlich urteilen zu können.
Der Berufung des Angeklagten gegen das Adhäsionserkenntnis war daher Folge zu geben, dieses aufzuheben und die Privatbeteiligte auf den Zivilrechtsweg zu verweisen (§ 366 Abs.2 StPO).
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