OGH 5Ob157/86

OGH5Ob157/8621.10.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Grundbuchssache des Walter M. D***, Bauunternehmer, Mariahilferstraße 200, 1150 Wien, vertreten durch Dr. Manfred Merlicek, Rechtsanwalt in Wien, und der Charlotte D***, Mariahilferstraße 200, 1150 Wien, wegen Pfandrechtslöschung im Grundbuch der EZ 187 KG Grundholling, TZ 1540/82, infolge Revisionsrekurses der B*** F*** & Co KG Abwicklungsgesellschaft, Neulerchenfelderstraße 32, 1160 Wien, vertreten durch Dr. H. Peter Nickl, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Ried i.I. als Rekursgerichtes vom 15. Juli 1986, GZ. R 156/86-13, womit der Rekurs der B*** F*** & Co. KG Abwicklungsgesellschaft gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Braunau am Inn vom 9. November 1982, GZ. TZ 1540/82, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß des Rekursgerichtes wird aufgehoben. Dem Rekursgericht wird die neue Entscheidung über den Rekurs der B*** F*** & Co. KG Abwicklungsgesellschaft unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung

Am 9. November 1982 beantragten die Eheleute Walter und Charlotte D*** aufgrund der Löschungsbewilligung der B*** F*** & Co. KG vom 18. Oktober 1972 mit der die der Charlotte D*** gehörige Hälfte der Liegenschaft EZ 187 KG Grundholling, die (ebenso wie die zweite Liegenschaftshälfte) für einen von der B*** F*** & Co. KG ua. dem Walter D*** eingeräumten Kredit zum Pfand bestellt worden war, aus der Pfandhaftung entlassen und die ausdrückliche Einwilligung zur Einverleibung der Löschung des Höchstbetragspfandrechtes auf der der Charlotte D*** gehörigen Häflte der genannten Liegenschaft erklärt wurde, die Löschung des Pfandrechtes COZ 15 der B*** F*** & Co. KG von 300.000 S. Diesem Antrag wurde vom Erstgericht hinsichtlich der gesamten Liegenschaft stattgegeben.

Das Gericht zweiter Instanz wies den von der "B***

F*** & Co. KG Abwicklungsgesellschaft" dagegen erhobenen Rekurs

als unzulässig zurück.

Das Gericht zweiter Instanz ging bei seiner Entscheidung davon aus, daß der Beschluß des Grundbuchsgerichtes nicht der B*** F*** & Co. KG, deren Firma am 16. August 1977 erloschen sei, sondern der mit selbem Datum unter derselben Anschrift registrierten B*** F*** & Co. Aktiengesellschaft zugestellt wurde. Die Auflösung im Sinne des § 131 HGB bedeute nicht den Untergang der Gesellschaft, sondern eine Tatsache, die den Vorgang der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses einleite. Nach der Auflösung der Gesellschaft erfolge die Liquidation, sofern nicht Konkurs vorliege oder die Gesellschafter eine andere Art der Auseinandersetzung angeordnet hätten. Sehe der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vor, so sei die Liquidation nach der gemäß § 161 Abs. 5 HGB auch für die Kommanditgesellschaft geltende Bestimmung des § 149 HGB dadurch durchzuführes, daß die laufenden Geschäfte beendet, die Forderungen eingezogen und die übrigen Vermögensgegenstände versilbert würden. Die Gesellschaft ende erst mit dem Abschluß der Abwicklungstätigkeit. Erst wenn das Betriebsvermögen veräußert sei und die nach Abzug der Geschäftsschulden verbleibenden Barbeträge an die Gesellschafter verteilt seien, sei die Abwicklung beendet. Während der Abwicklung bestehe die Gesellschaft fort. Durch den Gesellschaftsvertrag oder einen Gesellschafterbeschluß ad hoc könne die Liquidation einzelnen Gesellschaftern unter Ausschluß anderer oder Dritten übertragen werden, und zwar auch einer juristischen Person oder einer Personenhandelsgesellschaft, die ja auch Gesellschafter sein könnten. Die Liquidatoren verträten die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. Im vorliegenden Fall sei das Rechtsmittel von der B*** F*** & Co. KG Abwicklungsgesellschaft eingebracht worden. Eine derartige Gesellschaft scheine im Handelsregister nicht auf. Da sich die Frage erhoben habe, ob auch im vorliegenden Fall durch Gesellschaftsvertrag oder Gesellschafterbeschluß die Liquidation der B*** F*** & Co KG. Abwicklungsgesellschaft als juristische Person übertragen worden sei, sei die Rekurswerberin gemäß § 6 Abs. 2 ZPO beauftragt worden, einen Nachweis ihrer Partei- und Prozeßfähigkeit zu erbringen. Die Rekurswerberin habe bloß die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 6 Ob 682/82 und einen Beschluß des Bezirksgerichtes Braunau am Inn vom 28. Mai 1986, E 4015/86, vorgelegt, damit jedoch nicht den Nachweis erbracht, daß sie durch Gesellschaftsvertrag oder Gesellschafterbeschluß die Liquidation übertragen erhalten habe. Mangels eines Nachweises der Legitimation zum Einschreiten sei daher der Rekurs als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Schließlich verwies das Rekursgericht noch darauf, daß sich der Verfasser des Rechtsmittels auf eine (ihm von) der B*** F*** & Co. KG Abwicklungsgesellschaft erteilte Vollmacht gemäß § 30 Abs. 2 ZPO beruft. Unabhängig von der nicht einhellig beantworteten Frage der Anwendung des § 30 Abs. 2 ZPO im Grundbuchsverfahren (vgl. NZ 1985/50 und 56 mit ablehnender Besprechung von Hofmeister, RZ 1985/86 ua.) sei darauf zu verweisen, daß zur Zeit des Bestandes der B*** F*** & Co. KG als Rechtsperson die Berufung auf eine erteilte Vollmacht überhaupt noch nicht zulässig gewesen sei, sodaß die Rekurswerberin, wenn sie Identität mit der gelöschten Kommanditgesellschaft hätte behaupten wollen, die Vollmachtsurkunde hätte vorlegen können. Das habe sie aber nicht getan, weshalb davon auszugehen sei, daß die Rekurswerberin eine andere Rechtsperson sei.

Gegen diesen Zurückweisungsbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der B*** F*** & Co. KG Abwicklungsgesellschaft, der zulässig und im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages auch berechtigt ist.

Rechtliche Beurteilung

Das Rekursgericht hat zutreffend erkannt, daß die Auflösung einer Personenhandelsgesellschaft und die Löschung ihrer Firma im Handelsregister so lange ihre Partei- und Prozeßfähigkeit nicht beeinträchtigt, als ihre Rechtsverhältnisse gegenüber Dritten noch nicht abgewickelt sind (RZ 1978/84; GesRZ 1985, 194 ua.), die Gesellschaft somit über die Löschung ihrer Firma und ihre Auflösung hinaus (außer im Fall des Konkurses) bis zur Vollbeendigung durch die Liquidation oder die sonst vereinbarte Auseinandersetzung (§ 145 HGB) besteht (SZ 44/107 ua.). Eine im Liquidationsstadium befindliche Personenhandelsgesellschaft hat die zur Liquidation gehörigen Aufgaben, wozu auch die Abwehr von Eingriffen in ihre Rechtssphäre zählt, unter ihrem Firmennamen als Abwicklungsfirma vorzunehmen (vgl. SZ 29/39 und SZ 44/107 hinsichtlich der Führung von Prozessen). Daß die Anfechtung eines Grundbuchsbeschlusses, der die grundbücherlichen Rechte der Gesellschaft in Liquidation beeinträchtigt, eine Aufgabe der Liquidation darstellt, kann nicht in Zweifel gezogen werden. Wenn daher Dr. H. Peter N*** namens der B*** F*** & Co. KG Abwicklungsgesellschaft den Rekurs gegen den erstgerichtlichen Grundbuchsbeschluß erhob, so schritt er für die in Liquidation befindliche B*** F*** & Co. KG ein, denn die der bisherigen Firma der Kommanditgesellschaft beigefügte Bezeichnung "Abwicklungsgesellschaft" bringt - wie sich schon aus der klaren Bedeutung des Wortes selbst ergibt - bloß zum Ausdruck, daß sich die Kommanditgesellschaft im Stadium der Abwicklung (Liquidation) befindet. Die vom Rekursgericht angestellten Überlegungen, die Liquidation könnte einer Personenhandelsgesellschaft, die ja auch Gesellschafter sein könnte, übertragen worden sein, die einschreitende B***

F*** & Co. KG Abwicklungsgesellschaft hätte jedoch den Nachweis ihrer Einschreiterlegitimation nicht erbracht, beruhen auf einer durch die Aktenlage, wonach eine solche Gesellschaft im Handelsregister gar nicht eingetragen ist, nicht gedeckten Vermutung und gehen damit am Kern der hier zu lösenden Frage der Rechtsmittellegitimation vorbei. Eines Nachweises der "Prozeßfähigkeit bzw. der Rechtsnachfolge" der Rekurswerberin im Sinne des § 6 Abs. 2 ZPO bedurfte es somit nicht. Daß die Einschreiterin dem ihr diesbezüglich erteilten Auftrag nur dadurch entsprochen hat, daß sie gerichtliche Entscheidungen vorlegte, in welchen die B*** F*** & Co. KG als klagende bzw. betreibende Partei auftrat, rechtfertigt somit nicht die Annahme der mangelnden Rekurslegitimation der Einschreiterin und damit die Zurückweisung ihres Rekurses. Sollte das Rekursgericht Zweifel an der Bevollmächtigung des einschreitenden Rechtsanwaltes haben, so könnte es ihm die Vorlage der ihm erteilten Einschreitervollmacht im Sinne der auch in Grundbuchssachen geltenden Vorschrift des § 37 ZPO auftragen. Der Umstand der Löschung der Firma der B*** F*** & Co. KG im Handelsregister steht einer Berufung des für die genannte KG in Liquidation einschreitenden Rechtsanwaltes auf die ihm erteilte Vollmacht nicht entgegen, weil die in Abwicklung befindliche Gesellschaft - wie das Rekursgericht in anderem Zusammenhang auch richtig erkannte - durch die Liquidatoren gerichtlich und außergerichtlich vertreten wird (§§ 146, 149 in Verbindung mit § 161 HGB). In Ermangelung eines auf § 37 ZPO gestützten Auftrages an die Rekurswerberin kann das Rekursgericht der Einschreiterin die Unterlassung der Vorlage der Vollmachtsurkunde selbst nicht zum Vorwurf machen.

Die Zurückweisung des Rekurses der F*** & Co. KG Abwicklungsgesellschaft ist somit durch die Aktenlage nicht gedeckt. Es mußte daher dem Revisionsrekurs Folge gegeben, der angefochtene Beschluß des Rekursgerichtes aufgehoben und diesem die neue Entscheidung über den Rekurs aufgetragen werden.

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