OGH 2Ob586/86

OGH2Ob586/8614.10.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rudolf K*** jun., Angestellter, Sinnhub 50, 5541 Altenmarkt, vertreten durch Dr. Günther Stanonik, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Johann T***, Gast- und Landwirt, 5541 Altenmarkt 86, vertreten durch Dr. Wolf-Dietrich Jetzelsberger, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Feststellung, Unterlassung und Entfernung (Streitwert S 600.000,-), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 17. Dezember 1985, GZ. 4 R 207/85-14, womit das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 5. Juni 1985, GZ. 9 Cg 421/84-8, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind gleich weiteren Verfahrenskosten erster Instanz zu behandeln.

Text

Begründung

Rudolf K*** sen., der Vater des Klägers, verpflichtete sich mit gerichtlichem Vergleich vom 23.1.1984, dem beklagten und dessen Gattin die Grundstücke 516/1 Weide, 516/2 Wald und 517 Wiese der KG Eben im Pongau in der Weise zu übereignen, daß die Grundstücke vom Gutsbestand der EZ 274 KG Eben im Pongau ab- und der EZ 38 der KG Eben im Pongau zugeschrieben werden. Die Übergabe sollte binnen drei Monaten erfolgen; für den südlichen Teil des Grundstückes 517 wurde aber eine Übergabsfrist bis 31.12.1985 festgesetzt. Am 24.4.1985, also unmittelbar nach Ablauf der vertraglich festgelegten Übergabsfrist, erwirkte Rudolf K*** sen. die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung der Liegenschaft EZ 274. Am 22.5.1984 schenkte er die Grundstücke dem Kläger, der die Schenkung annahm und die bücherliche Einverleibung seines Eigentumsrechtes erwirkte. Der Beklagte und seine Ehegattin begehren in dem zu 5 Cg 299/84 des Erstgerichtes anhängigen Verfahren vom nunmehrigen Kläger die Übergabe der Grundstücke.

Im vorliegenden Verfahren begehrt der Kläger

1. festzustellen, daß dem Beklagten kein Recht zustehe, auf den Grundstücken 516/1 Weide, 516/2 Wald und 517 Wiese der KG Eben im Pongau Materialien abzulagern, ablagern zu lassen und Erdbewegungsarbeiten durchzuführen oder durchführen zu lassen;

2. den Beklagten schuldig zu erkennen, in Zukunft Materialablagerungen und Erdbewegungsarbeiten auf den Grundstücken sowie weitere derartige Störungen zu unterlassen, und

3. ihn schuldig zu erkennen, von jenem Teil des Grundstückes 517 KG Eben im Pongau, der östlich der Tauernautobahn und südlich der gedachten west-östlichen Verlängerung der Südgrenze des Grundstückes 511 KG Eben im Pongau liegt, die an den Rändern der vom Rechtsvorgänger des Klägers aufgeschütteten Schotterfläche abgelagerten Materialien, insbesondere Abbruchmaterial, Schifabrikationsabfall und Schotter, zu entfernen.

Der Beklagte wendete ua ein, der Schenkungsvertrag sei eine Vereitelungshandlung gewesen. Der Kläger habe die Liegenschaft bösgläubig erworben, es müsse ihm schuldhafte "Rechtsbeugung" sowie schuldhaftes Handeln, mit aller Wahrscheinlichkeit Vorsatz und Arglist, vorgeworfen werden, da er sich durch seine rechtswidrige Handlungsweise in den Besitz der Liegenschaft gesetzt und hiedurch die Vergleichsdurchsetzung vereitelt habe. Hiebei sei mit großer Wahrscheinlichkeit "Tateinheit" mit seinem Vater gegeben. Es werde die Unterbrechung des Verfahrens bis zur Beendigung des Prozesses 5 Cg 299/84 begehrt.

Der Kläger erwiderte, er habe von dem von seinem Vater abgeschlossenen Vergleich nichts gewußt und habe davon auch nichts wissen müssen.

Das Erstgericht wies den Unterbrechungsantrag ab und erkannte im Sinne des Klagebegehrens. Es vertrat die Ansicht, der Kläger als Eigentümer könne jeden anderen von der Benützung der Liegenschaft ausschließen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und hob das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es erachtete zwar die Ansicht des Beklagten, er sei außerbücherlicher Eigentümer und könne daraus Nutzungsrechte ableiten, ebenso wie verschiedene andere Einwände des Beklagten als unzutreffend, gelangte jedoch zu dem Ergebnis, daß der Einwand des Beklagten berechtigt sei, dem Klagebegehren hätte nie stattgegeben werden dürfen, ohne das dem Kläger vorgeworfene arglistige Verhalten geprüft zu haben. Der Beklagte habe nämlich sowohl in diesem Verfahren als auch im Schadenersatzprozeß um die Herausgabe der Grundstücke vorgebracht, daß der Kläger mit seinem Vater bösgläubig zusammengespielt habe, um den vertraglich zugesicherten Übereignungsanspruch zu vereiteln. Falls sich diese einigermaßen wahrscheinliche Version bewahrheiten sollte, wäre die Durchsetzung der Eigentümerbefugnisse gegenüber dem, der vom Kläger betrügerisch um sein Eigentum gebracht wurde, rechtsmißbräuchlich. Man würde den Beklagten einer rechtlich mißbilligten, schikanösen Rechtsausübung (§ 1295 Abs. 2 ABGB) aussetzen, könnte ihm der Kläger den redlich erworbenen Besitz der Grundstücke streitig machen. Im Fall arglistigen Zusammenspiels des Klägers mit seinem Vater werde daher das Klagebegehren abzuweisen sein, weil der arglistig Handelnde nicht schutzwürdig sei. Bislang fehlten alle Beweisaufnahmen zu dem als entscheidungswesentlich erkannten Thema der Arglist, weshalb ein Verfahrensmangel im Sinne des § 496 Abs. 1 Z 3 ZPO vorliege, der zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Verfahrensergänzung zwinge. Der Beklagte bekämpft diesen Beschluß des Berufungsgerichtes mit Rekurs und beantragt Abänderung im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens, hilfsweise Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Der Kläger beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist die Frage der schikanösen Rechtsausübung nicht von Amts wegen aufzugreifen, Schikane muß eingewendet werden, doch genügt die Unterbreitung des erforderlichen sachlichen Substrates unter Hinweis auf den Rechtsmißbrauch (SZ 52/23). Mit dem Einwand, der Kläger habe die Liegenschaft bösgläubig erworben, es sei ihm schuldhafte "Rechtsbeugung" vorzuwerfen, er habe sich durch rechtswidrige Handlungsweise in den Besitz der Liegenschaft gesetzt und hiedurch die Vergleichsdurchsetzung vereitelt, macht der Beklagte dem Kläger eindeutig den Vorwurf eines sittenwidrigen Handelns, durch welches der Beklagte um sein Recht auf Übereignung der Liegenschaft gebracht werden soll (§ 1295 Abs. 2 ABGB). Die Ausführungen im Rekurs, wonach der Beklagte einen derartigen Einwand nicht erhoben habe, sind daher nicht berechtigt.

Daß dann, wenn der Schenkungsvertrag geschlossen wurde, um den Erwerb der Eigentumsrechte des Beklagten zu verhindern und ihn damit zu schädigen, ein Verstoß gegen die guten Sitten vorliegt, kann nicht zweifelhaft sein (EvBl. 1960/46; vgl. auch Aicher in Rummel, ABGB, Rdz 14 zu § 1053). Einer derartigen Sittenwidrigkeit kommt auch außerhalb des Schadenersatzrechtes Relevanz zu, sofern es um die Schadensvermeidung geht (Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 63 zu § 1295; vgl. auch SZ 27/78), zumal die sittenwidrige Ausübung eines Rechtes nur Scheinrechtsausübung ist (Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 59 zu § 1295 mwN). Aus § 1295 Abs. 2 ABGB läßt sich im Zusammenhang mit den §§ 879 und 7 ABGB der Grundsatz ableiten, daß ein Klagebegehren, auch wenn es sich auf ein dem Kläger grundsätzlich zustehendes Recht stützt, wegen sitttenwidriger und mißbräuchlicher Rechtsausübung abzuweisen ist (JBl. 1969, 89). Bei Richtigkeit des Vorbringens des Beklagten, der Kläger habe den Vertrag geschlossen, um den Eigentumserwerb des Beklagten zu verhindern, könnte dem Klagebegehren daher kein Erfolg beschieden sein. Der Beklagte könnte nicht nur aus dem Titel des Schadenersatzes vom Kläger Übereignung der Liegenschaft fordern (Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rdz 11 zu § 431; Koziol, Die Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte, 126; JBl. 1977, 257 ua), was er im Verfahren 5 Cg 299/84 des Erstgerichtes anstrebt, sondern könnte auch einem auf das Eigentumsrecht des Klägers gestützten Begehren die Sittenwidrigkeit entgegenhalten.

Aus diesen Gründen bedarf es der vom Berufungsgericht angeordneten Verfahrensergänzung, weshalb dem Rekurs ein Erfolg zu versagen war.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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