OGH 8Ob622/86 (8Ob623/86)

OGH8Ob622/86 (8Ob623/86)9.10.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden und widerbeklagten Partei Hilde W***, Angestellte, Eisenstadt, Terrassenwohnpark Neusiedler Straße, vertreten durch Dr. Ulrich Rapp, Rechtsanwalt in Eisenstadt, wider die beklagte und widerklagende Partei Otto W***, Amtsrat, Eisenstadt, Waschstattgasse 4, vertreten durch Dr. Kurt Lux, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ehescheidung infolge Revision der beklagten und widerklagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 21. April 1986, GZ 14 R 23/86-50, womit infolge Berufung der beklagten und widerklagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 13. November 1985, GZ 2 Cg 504/84-85, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 3.397,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Umsatzsteuer von S 308,85) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin und Widerbeklagte begehrte die Scheidung ihrer Ehe aus dem Alleinverschulden des beklagten und widerklagenden Ehegatten. Sie brachte vor, es sei in den letzten Jahren häufig zu Streitereien gekommen. Der Beklagte habe monatelang nichts mit ihr geredet und sei wiederholt seiner Unterhaltspflicht ihr und den gemeinsamen Kindern gegenüber nicht nachgekommen. Der Beklagte habe am 2.4.1983 ein von der Klägerin gekochtes Gulasch über den Ofen geschüttet, habe am 6.4.1983 rohe Eier auf den Boden geworfen und die Wand verschmutzt, habe Solettis auf dem Boden zerstreut und sei darauf herumgetrampelt. Er habe dabei die Klägerin mit den Worten "Dreckiges Schwein, Rindvieh, primitiver Hund" und am 15.4.1984 mit den Worten "Du bis ein Vieh" beschimpft. Als ihn die Klägerin am 7.4.1983 um Geld für die Haushaltsführung gebeten habe, habe der Beklagte erklärt: "Die Verbrecherin gehört umgebracht". Der Beklagte habe an diesem Tag die von der Klägerin aus Angst versperrte Schlafzimmertür um 23 Uhr eingetreten. Am 5.1.1984 habe der Beklagte die Klägerin nach ihrer Rückkehr von einem Schiurlaub attackiert und verletzt. Am 2.2.1984 habe der Beklagte der Klägerin den Eintritt in die eheliche Wohnung durch Steckenlassen des Haustorschlüssels längere Zeit hindurch verwehrt und ihr die Tür mit dem Bemerken geöffnet "Die Hure kommt schon". Der Beklagte verdächtigte die Klägerin in Gegenwart fremder Männer, zu diesen ehewidrige Beziehungen zu unterhalten. Am 7.9.1984 habe der Beklagte die Tür des Badezimmers, in dem sie sich aufgehalten habe, eingetreten. Bei Zustellung einer Unterhaltsklage am 5.12.1984 habe ihr der Beklagte mit vorgehaltenem Brotmesser erklärt, er werde ausgenützt, wenn er zahlen müsse, dann gehen alle mit, es werde etwas passieren. Aufgrund dieses Vorfalles habe die Klägerin die Ehewohnung verlassen. Der Beklagte habe seit mehreren Jahren die Wohnung absichtlich verunreinigt, er habe die Nachtruhe der Klägerin durch Singen, Schreien und Türenzuschlagen gestört. Er habe das Telefon versperrt gehalten und die Post der Klägerin weggeworfen. Der Beklagte erhob im Zuge des Scheidungsverfahrens eine Widerklage, mit der er die Scheidung der Ehe aus dem Alleinverschulden der Klägerin begehrte. Er bestritt die ihm vorgeworfenen Eheverfehlungen. Zu den Konflikten sei es durch die Äußerung der Klägerin gekommen, wonach sie ihn nur wegen der bestehenden Schwangerschaft geheiratet habe und an ihm ohnedies nichts finde. Sie hätte ein schöneres Leben führen können, wenn sie jemanden anderen aus ihrem Freundeskreis geheiratet hätte. Die Klägerin sei seinen Versöhnungsversuchen ablehnend gegenübergestanden. Sie habe es abgelehnt, die Freizeit gemeinsam mit ihm zu verbringen. Sie habe ihn im Krankheitsfall vernachlässigt, nicht für die Familie gekocht, habe den Haushalt verschlampen lassen und halte sich am Wochenende stets bei ihren Eltern auf. Sie sei manchmal erst spät abends nach Hause gekommen und habe seine Nachtruhe gestört. Sie verbringe ihre Urlaube allein. Die Klägerin empfange seit 1981 in Abwesenheit des Beklagten Männerbesuche in der Ehewohnung. Sie habe mit mehreren dieser Männer ein ehebrecherisches Verhältnis begonnen, so mit Herrn T*** und Prof. S***; sie sei nicht bereit, diese Verhältnisse zu beenden. Die Klägerin habe stets die Möglichkeit gehabt, vom gemeinsamen Konto Geldbeträge für die Haushaltsführung und den Unterhalt abzuheben und habe dies auch durch Jahre hindurch getan. Darüberhinaus habe der Beklagte der Klägerin auch Geldbeträge angeboten, die von ihr jedoch nicht angenommen wurden. Die Klägerin habe die eheliche Wohnung gegen seinen Willen grundlos verlassen und dabei den größten Teil des Inventars mitgenommen. Sie habe ihn mit einer Gaspistole bedroht. Sie beschimpfe und beleidige ihn vor fremden Leuten. Er habe sich im Juli 1984 mit der Klägerin versöhnt, diese sei aber trotzdem in der Folge aus der Ehewohnung ausgezogen. Richtig sei, daß er am 7.5.1984 die Badezimmertüre eingetreten habe, jedoch nur, um sich dort befindliche Wäsche zu holen. Er habe nicht gewußt, daß sich die Klägerin im Badezimmer aufhalte. Richtig sei, daß er das Telefon abgesperrt habe, um die Klägerin am Telefonieren zu hindern, weil sie nicht den ihrer Gesprächszeit entsprechenden Anteil an den Gebühren trage.

Das Erstgericht schied die Ehe der Streitteile aus dem überwiegenden Verschulden des Beklagten. Es stellte im wesentlichen folgendes fest:

Die wegen der Schwangerschaft der Klägerin geschlossene Ehe litt von Anfang an an den beengten finanziellen Verhältnissen. Dennoch erbauten die Parteien ein Haus, was zu Schulden führte, die erst im Oktober 1982 zurückbezahlt waren. In der Ehe kam es bald zu Streitigkeiten, nach denen die Streitteile öfter monatelang nichts miteinander sprachen. Ein häufiger Grund für die Auseinandersetzungen waren die finanziellen Differenzen. Der Beklagte warf nämlich der Klägerin vor, sie sei "ein Parasit und lasse sich von ihm erhalten". Auch die Tätigkeit der Klägerin bei der Firma Fleck von 1970 bis 1983 als Buchhalterin änderte an dieser Einstellung nichts.

Der Beklagte ist herrschsüchtig, eine Eigenschaft, die immer mehr hervortrat und zuletzt seine Familie zerstörte. Als er erkennen und sich eingestehen mußte, daß er nicht nur den Ehewillen seiner Frau, sondern auch die Liebe seiner Kinder zu ihm untergraben hatte, begann er "sie zu sekkieren", wie noch im einzelnen festzuhalten ist:

Der Beklagte war zunächst als Finanzbeamter beschäftigt, arbeitete von 1965 bis 1968 wegen besserer Verdienstmöglichkeiten bei einem Steuerberater in Neusiedl/See und trat anschließend in den Dienst der Burgenländischen Landesregierung ein. Das Gehalt des Beklagten wurde auf ein Konto überwiesen, über das auch die Klägerin bis 1984 verfügungsberechtigt war. Nach Streitigkeiten kam es darauf an, wer zuerst bei der Bank war, um noch Geldbeträge vorzufinden. Hatte die Klägerin kein Geld, um den Haushalt zu besorgen, so erhielt sie dieses von ihren Eltern, die sie mit Naturalien versorgten. Es kam wiederholt vor, daß sich der Beklagte weigerte, für seine beiden Söhne und seine Frau Unterhalt zu zahlen. Er hob dann sämtliche auf dem für den Unterhalt eingerichteten Konto liegenden Mittel ab. Schließlich wurde der Beklagte im Oktober 1982 mit Beschluß des Bezirksgerichtes Eisenstadt, GZ P 149/82, zur Unterhaltszahlung für den mj. Dieter verpflichtet. Zwei Jahre später "mußte der ältere Sohn Helmut seinen Vater auf Bezahlung seines Studentenwechsels in der Höhe von monatlich S 3.000,- klagen". Der Klagsanspruch wurde vom Beklagten anerkannt. Der Beklagte hatte demnach auch ein schlechtes Verhältnis zu seinen beiden Söhnen. Er warf seinem älteren Sohn, der in Wien an der Universität für Bodenkultur studierte, vor, nichts zu arbeiten. Helmut W*** lebte daher bereits seit dem Jahre 1982 bei seinen Großeltern mütterlicherseits in Zemendorf.

Das Verhältnis zwischen den Streitteilen wurde seit dem Jahre 1981 zunehmend schlechter. Sie gingen in ihrer Freizeit getrennte Wege. Der Beklagte spielte fast täglich Tennis, die Klägerin verbrachte die Wochenenden mit den beiden Söhnen bei ihren Eltern. Langjährige Bekannte der Familie trafen sich nun nur noch mit der Klägerin. Da sie schon seit drei Jahren das familieneigene Auto nicht mehr benutzen durfte, holte sie einer der Bekannten, nämlich der Zeuge Schuh, öfters ab, um größere Einkäufe zu besorgen, bzw. borgte ihr mit Einverständnis seiner Frau den PKW. Die Kinder beider Familien sind gut miteinander befreundet und betreiben gemeinsam den Reitsport. Ehewidrige Beziehungen zwischen der Klägerin und dem Zeugen Dipl.Ing. Johann S*** bestehen oder bestanden nicht.

Eine mehr als zwanzigjährige Bekanntschaft besteht zwischen der Familie der Parteien und der Familie T***. Im Winter 1983/84 verbrachte die Klägerin mit den beiden Söhnen wieder einmal einen 14tägigen Schiurlaub in Wagrain, und zwar gemeinsam mit der Familie T***. Der Beklagte fuhr in diesem Winter nicht mehr mit seiner Familie auf Urlaub. Als die Klägerin am 5.1.1984 vom Schiurlaub zurückkehrte, kam es mit dem Beklagten zu einer Auseinandersetzung, bei der sie der Beklagte zu Boden stieß und sie sich durch den Sturz am rechten Knie eine größere Blutunterlaufung zuzog. Wegen dieses Vorfalles verbrachte die Klägerin die folgenden zwei Nächte bei ihren Eltern.

Als die Klägerin am 2.2.1984 spät abends nach Hause kam, konnte sie das Haus nicht betreten, weil der Schlüssel von innen steckte und der Beklagte trotz Läuten und Pochen erst nach einer halben Stunde die Tür öffnete. In der Folge fielen immer öfter beleidigende Äußerungen wie "Hure, die Verbrecherin gehört umgebracht" und dergleichen, wobei der Grund für diese Beleidigungen meist finanzielle Differenzen waren. Auch verdächtigte der Beklagte seine Frau, ehewidrige Beziehungen zu Johann B*** zu unterhalten. Der Beklagte beantwortete im Jahre 1984 Annoncen von Frauen, die Männer als Partner suchten.

Nachdem die Streitteile nach der mündlichen Streitverhandlung vom 30.4.1984 das Einvernehmen über die Scheidung der Ehe gemäß § 55 a Abs 1 bzw. eine Einigung im Sinne des § 55 a Abs 2 erzielt hatten, faßte das Bezirksgericht Eisenstadt am 26.7.1984 zu Sch 25/84 den Scheidungsbeschluß. In vermögensrechtlicher Hinsicht war in diesem Beschluß festgehalten, daß die Klägerin den dem Beklagten gehörigen Hälfteanteil der Liegenschaft, in der Natur ein Einfamilienhaus, um den vereinbarten Kaufpreis von S 1,210.000,-

kaufte. Innerhalb offener Rechtsmittelfrist zog der Beklagte jedoch seinen Antrag auf Ehescheidung zurück. Ausschlaggebend dafür war, daß er nicht bereit war, den in seinem Eigentum befindlichen Hälfteanteil an seine Frau zu übergeben und das Haus seiner Familie zu überlassen.

Am 7.9.1984 trat der Beklagte die Tür zum Badezimmer ein. Er glaubte, dort Bettwäsche vorzufinden, nachdem er von einem Kuraufenthalt zurückgekehrt war. Außerdem störte er vorsätzlich die Nachtruhe seiner Frau durch Singen, Schreien und Türzuschlagen und sperrte am 21.9.1984 mit der Begründung den Telefonapparat ein, die Klägerin führe zu viele Telefongespräche, ohne sich an den Kosten zu beteiligen.

Während der Verhandlung über die vermögensrechtliche Auseinandersetzung anläßlich der bevorstehenden Scheidung wurde von beiden Parteien erwogen, daß einer das im gemeinsamen Eigentum stehende Wohnhaus behalten und "den anderen zur Anschaffung einer Wohnung aushalten sollte". Als der Beklagte nicht bereit war, trotz des "exorbitanten" und nur durch die Unterstützung der wohlhabenden Eltern der Klägerin möglichen Ablösebetrag von S 1,2 Mill. das Haus seiner Frau und den Kindern zu überlassen, kaufte die Klägerin im September oder Oktober 1984 eine Eigentumswohnung, in die sie im Dezember mit den Kindern unter Mitnahme entsprechender Einrichtungsgegenstände aus der ehelichen Wohnung übersiedelte. Seither wohnt der Beklagte allein in der ehelichen Wohnung. Der Beklagte bedrohte seine Frau im Zuge einer Auseinandersetzung anläßlich der Zustellung der Unterhaltsklage seines älteren Sohnes im November 1984 mit den Worten: "Ich werde ausgenützt: Wenn ich zahlen muß, gehen alle mit", wobei er das Brotmesser drohend gegen die Klägerin hielt und erklärte, daß etwas passieren werde.

Die Ehe der Parteien ist unheilbar zerrüttet.

Rechtlich folgerte das Erstgericht, daß sich der Beklagte einer Reihe von schweren Eheverfehlungen gegenüber der Klägerin zuschulden habe kommen lassen. Er habe über Jahre hindurch deren Ehewillen untergraben, habe sich ihr und seinen Kindern gegenüber entfremdet und letztlich die Klägerin gezwungen, die eheliche Gemeinschaft aufzuheben. Die Ehe der Streitteile sei daher unheilbar zerrüttet. Da es aber die Klägerin vorgezogen habe, ihrem herrschsüchtigen und in seinem Verhalten manchmal unangenehmen Ehegatten auszuweichen und an den Wochenenden stets bei ihren Eltern auf Besuch war, obwohl sie gewußt habe, daß der Beklagte sie dorthin nur ungern begleitete, treffe auch sie ein geringer Verschuldensanteil. Darüber hinaus habe sie nichts unternommen, um den Verdacht des Beklagten, sie unterhalte ehewidrige Beziehungen, zu zerstreuen. Das überwiegende Verschulden am Scheitern der Ehe treffe aber den Beklagten. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten, mit der dieser anstrebte, das erstgerichtliche Verfahren aufzuheben oder die Ehe aus dem überwiegenden Verschulden der Klägerin zu scheiden, nicht Folge. Das Gericht zweiter Instanz verwies darauf, daß der Beklagte einerseits zu den bereits erhobenen Einwendungen bisher noch nicht namhaft gemachte Zeugen beantragte und andererseits die neue Tatsachenbehauptung aufstellte, daß die Klägerin selbst ehebrecherische Beziehungen zu Rudolf T*** zugestanden habe. Zufolge Artikel X Z 4 des Bundesgesetzes vom 11.11.1983 über die Änderung des Personen-Ehe-Kindschaftsrechtes (BGBl. Nr. 1983/566) gelte das im § 482 ZPO normierte Neuerungsverbot im Berufungsverfahren nunmehr auch für Scheidungsverfahren, bei denen die mündliche Streitverhandlung erster Instanz nach dem 31.12.1983 geschlossen wurde. Das Erstgericht habe die mündliche Streitverhandlung am 7.10.1985 geschlossen. Die wiedergegebene Berufungsbehauptung sowie die vom Berufungswerber gestellten Beweisanträge könnten auch nicht dem § 482 Abs 2 ZPO subsumiert werden, weil sie nicht der Darlegung von Berufungsgründen dienten, sondern die erstgerichtliche Beweiswürdigung durch neue Tatsachenbehauptungen und völlig neue Beweismittel zu erschüttern versuchen. Der Berufungswerber werfe dem Erstgericht weder einen Verfahrensverstoß, noch die unterlassene Einvernahme von im erstgerichtlichen Verfahren beantragten Zeugen vor. Auch würden im Rechtsmittel keine Gründe dargelegt, warum die Würdigung der aufgenommenen Beweise durch das Erstgericht unrichtig oder mangelhaft sein sollte. Die Berufung enthalte weder eine tauglich ausgeführte Mängel- noch Beweisrüge. Das Berufungsgericht übernehme daher die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer zutreffenden Beweiswürdigung. Da sich die Rechtsrüge nur auf mit den erstgerichtlichen Feststellungen im Widerspruch stehende Tatsachenbehauptungen stützt, sei sie nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt, sodaß die im übrigen zutreffende rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes der Berufungsentscheidung zugrunde zu legen war.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision des Beklagten aus den Anfechtungsgründen des § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das überwiegende Verschulden der Klägerin, zumindest aber ein gleichteiliges Verschulden festgestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Beklagte stellt sich in seinem Rechtsmittel auf den Standpunkt, daß er die Einvernahme neuer Zeugen zu einem bereits erstatteten Vorbringen beantragt habe, welche das Berufungsgericht auf alle Fälle hätte hören müssen. Schon das Berufungsgericht verwies ihn jedoch auf Art. X Z 4 des Bundesgesetzes BGBl. 1983/566, wonach nunmehr auch im Ehescheidungsverfahren das Neuerungsverbot des § 482 ZPO gilt (Fasching, Zivilprozeßrecht, Rdz 1732). Gegenstand des Neuerungsverbotes sind aber nicht nur die Geltendmachung neuer Ansprüche und neuer Einreden, sondern auch das Vorbringen von neuen Tatsachen und Beweismitteln. Ausgenommen sind gemäß § 482 Abs 2 ZPO bloß Tatsachen und Beweismittel zur Dartuung oder Widerlegung der geltend gemachten Rechtsmittelgründe (Fasching, Zivilprozeßrecht Rdz 1730). Diese Ausnahmsvorschrift wiederum ermöglicht aber keine Neuerungen zur Stützung oder Widerlegung des Sachantrages, sondern nur solches Vorbringen, das den konkreten Rechtsmittelgrund selbst betrifft (Fasching aaO, 6 Ob 545,546/86 ua). Wenn der Beklagte daher in der Berufung vorbrachte, daß er nunmehr weitere Zeugen zu den bereits dargestellten Beweisthemen anbiete und außerdem in der Lage sei nachzuweisen, daß die Klägerin mit dem Geschäftsmann Rudolf T*** ehewidrige Beziehungen unterhielt, so diente dies allein der Stützung seines Sachantrages auf Scheidung der Ehe aus dem überwiegenden Verschulden der Klägerin. Zutreffend nahm demnach das Berufungsgericht an, daß der Beklagte dem Neuerungsverbot des § 482 Abs 1 und 2 ZPO zuwider neue Sachgrundlagen zur Durchsetzung des Anspruches heranzuziehen suchte und ging daher mit Recht auf diese Berufungsausführungen nicht weiter ein.

Soweit der Beklagte darauf verweist, daß er in der Berufung unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht habe, was ausgereicht hätte, daß das Berufungsgericht von sich aus sich mit allen Weiterungen und Reaktionen auf das böswillige Verlassen der Ehewohnung durch die Klägerin befassen hätte müssen, ist ihm abschließend zu erwidern:

Voraussetzung einer relevanten Rechtsrüge ist ihre gesetzmäßige Ausführung; der Beklagte suchte jedoch in der Berufung auf der Grundlage eines von ihm gewünschten, von den Vorinstanzen aber nicht als erwiesen angenommenen Sachverhaltes eine andere rechtliche Beurteilung des Rechtsfalles zu erreichen. Zutreffend nahm das Gericht zweiter Instanz daher an, daß eine gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge des Beklagten nicht vorlag. Auf der Grundlage der vom Erstgericht getroffenen Feststellungen erachtete das Gericht zweiter Instanz jedoch die von diesem vorgenommene rechtliche Beurteilung als richtig. Mit dem bloßen Hinweis darauf, daß viele seiner Verstöße als bloße Reaktion anzusehen seien, vermag der Rechtsmittelwerber keine für ihn günstigere Sachbeurteilung zu erlangen.

Der Revision war der Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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