Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Ein Zuspruch von Rekurskosten findet nicht statt.
Text
Begründung
Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Betrages von S 5,401.550,70 s.A. In einem am 22.8.1984 beim Erstgericht eingebrachten Schriftsatz erklärte Margarethe W*** ihren Beitritt als Nebenintervenientin auf Seiten der Klägerin. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 30.10.1984 beantragte die Beklagte die Zurückweisung der Nebenintervenientin. Der Erstrichter verkündete in dieser Tagsatzung in Anwesenheit der Vertreter der Parteien und der Nebenintervenientin den Beschluß auf Zulassung der NebeninterventiON Die Beklagte ersuchte um Beschlußausfertigung. Das in dieser Rechtssache ergangene klagsabweisende Urteil vom 25.9.1985 wurde dem Beklagtenvertreter am 15.10.1985 zugestellt, die Ausfertigung des in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 30.10.1984 verkündeten Beschlusses auf Zulassung der Nebenintervention erst am 24.1.1986.
Mit einem am 6.2.1986 zur Post gegebenen Rekurs bekämpfte die Beklagte diesen Beschluß des Erstgerichtes mit dem Antrag, ihn im Sinne der Zurückweisung der Nebenintervenientin abzuändern. Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Rekursgericht dieses Rechtsmittel als verspätet zurück. Es begründete diese Entscheidung im wesentlichen damit, daß gemäß § 18 Abs4 ZPO die Entscheidung, durch welche die Nebenintervention für zulässig erklärt wird, nicht durch ein abgesondertes Rechtsmittel angefochten werden könne; sie könne aber gemäß § 515 ZPO mit einem mit dem nächsten zulässigen Rechtsmittel verbundenen Rekurs bekämpft werden. Nach der Bestimmung des § 426 Abs 1 ZPO seien die während der Streitverhandlung gefaßten und verkündeten Beschlüsse den bei der Verkündung anwesenden Parteien in schriftlicher Ausfertigung nur dann zuzustellen, wenn der Partei ein (abgesondertes) Rechtsmittel gegen den Beschluß oder das Recht zur sofortigen Exekutionsführung auf Grund des Beschlusses zustehe. Wenn die Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung nicht zu erfolgen habe, begründe die mündliche Verkündung die Wirkung der Zustellung (§ 426 Abs3 ZPO). § 79 Abs4 GOG gebe zwar den Parteien auch bei in ihrer Anwesenheit mündlich verkündeten Beschlüssen, gegen die ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zustehe und die auch nicht das Recht zur sofortigen Exekutionsführung begründeten, das Recht, die Zustellung einer schriftlichen Beschlußausfertigung zu verlangen, doch werde die sich aus § 426 Abs3 ZPO ergebende Wirksamkeit solcher Beschlüsse durch eine gemäß § 79 Abs4 GOG durchgeführte Zustellung nicht berührt.
Daraus ergebe sich, daß der in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 30.10.1984 gefaßte und verkündete Beschluß über die Zulassung der Margarethe W*** als Nebenintervenientin auf Seiten der Klägerin bereits mit seiner Verkündung wirksam geworden sei und nicht erst mit der gemäß § 79 Abs4 GOG beantragten Zustellung einer Beschlußausfertigung. Dies habe zur Folge, daß die Rechtsmittelfrist zur Bekämpfung dieser Entscheidung mit der am 15.10.1985 durchgeführten Zustellung der Sachentscheidung - nämlich des Urteiles vom 25.9.1985 - zu laufen begonnen habe und zum Zeitpunkt der Rekurserhebung (Postaufgabe 6.2.1986) längst abgelaufen gewesen sei.
Der Rekurs sei daher als verspätet zurückzuweisen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben "und dem OLG Innsbruck die Entscheidung in der Sache selbst aufzutragen, gegebenenfalls selbst eine Sachentscheidung zu fällen".
Rechtliche Beurteilung
Dieses Rechtsmittel ist zulässig, sachlich aber nicht berechtigt. Die Beklagte bestreitet nicht die Richtigkeit der zutreffenden Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß der in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 30.10.1984 verkündete Beschluß des Erstgerichtes über die Zulassung der Nebenintervention den Parteien nicht nach der Vorschrift des § 426 Abs 1 ZPO, sondern nur nach der des § 79 Abs4 GOG zuzustellen war (siehe dazu Fasching, Kommentar III 830 f), daß im Sinne des § 426 Abs3 ZPO die mündliche Verkündung dieses Beschlusses die Wirkungen der Zustellung begründete und daß im Sinne der Vorschrift des § 18 Abs4 ZPO diese Entscheidung des Erstgerichtes nicht durch ein abgesondertes Rechtsmittel angefochten werden konnte, sondern gemäß der Bestimmung des § 515 ZPO mit dem gegen die nächstfolgende anfechtbare Entscheidung eingebrachten Rechtsmittel zu bekämpfen war. Sie macht aber geltend, daß sie deswegen nicht in der Lage gewesen sei, die Zulassung der Nebenintervention durch das Erstgericht zusammen mit einem Rechtsmittel gegen das Urteil zu bekämpfen, weil mit diesem Urteil das Klagebegehren abgewiesen worden sei und diese Entscheidung daher die Beklagte nicht beschwert habe. Unter diesen Umständen könne für sie die Rechtsmittelfrist erst mit der Zustellung der Ausfertigung des in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 30.10.1984 verkündeten Beschlusses in Lauf gesetzt worden sein.
Dem kann nicht gefolgt werden.
Der Oberste Gerichtshof hat bereits in seiner in JBl1957,561 veröffentlichten Entscheidung ausgesprochen, daß für eine Partei, die in der Sache selbst obsiegt hat, die Frist zur Erhebung des Rekurses gegen einen früheren, abgesondert nicht anfechtbaren Beschluß auf Zulassung einer Nebenintervention spätestens mit der Urteilszustellung zu laufen beginnt. Begründet wurde diese Rechtsansicht im wesentlichen damit, daß die Vorschrift des § 515 ZPO bei grundsätzlichem Bestehenbleiben der Anfechtungsmöglichkeit eine Prozeßverzögerung dadurch verhüten soll, daß der Rekurs erst erhoben werden darf, wenn eine weitere Entscheidung zulässigerweise angefochten wird. Mit dem Sonderfall, daß die durch den Beschluß beschwerte Partei gegen das als nächste Entscheidung folgende Urteil mangels Beschwer kein Rechtsmittel erheben kann, beschäftigt sich das Gesetz nicht. Seine Lösung ergibt sich daraus, daß ein bis zur nächstfolgenden anfechtbaren Entscheidung aufgeschobener Rekurs auch selbständig überreicht werden kann, wenn infolge Abschlusses der Hauptsache eine weitere anfechtbare Entscheidung nicht mehr erfließen kann. Der Fall, daß die Beklagte, weil sie in erster Instanz obsiegt hat, gegen das Urteil kein Rechtsmittel hat, liegt für sie nicht anders als jener, in dem eine anfechtbare Entscheidung überhaupt nicht mehr ergehen wird. Daraus folgt, daß die Frist für den aufgeschobenen Rekurs mit der Zustellung des Urteiles beginnt. Dieses Ergebnis ist auch sachgemäß, weil durch den nunmehr zu erhebenden Rekurs das Verfahren nicht mehr verzögert werden kann. Darüber hinaus ist aber dann die Rekurserhebung, wenn sie überhaupt geschehen soll, auch notwendig, weil spätestens bei der Überprüfung des Urteiles auch diejenigen Beschlüsse überprüft werden müssen, welche in dem dem Urteil vorausgegangenen Verfahren erlassen wurden (§ 462 Abs2 ZPO). Auch der erkennende Senat vertritt diese Rechtsansicht, die auch in der Lehre Zustimmung gefunden hat (Fasching Kommentar IV 393 und Zivilprozeßrecht Rdz.1973). Die gemäß § 79 Abs4 GOG erfolgte Zustellung einer Ausfertigung des in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 30.10.1984 verkündeten Beschlusses auf Zulassung der Nebenintervention ist entgegen der von der Beklagten vertretenen Meinung für den Beginn der Rechtsmittelfrist ohne Belang. Die Wirkungen der Zustellung dieses Beschlusses wurden im Sinne des § 426 Abs3 ZPO durch seine mündliche Verkündung begründet; seine Anfechtbarkeit richtet sich nach der Vorschrift des § 515 ZPO, für die die allfällige Zustellung einer Beschlußausfertigung nach der Vorschrift des § 79 Abs4 GOG ohne jede Bedeutung ist.
Dem Rekurs der Beklagten mußte daher ein Erfolg versagt bleiben. Gemäß den §§ 40, 50 ZPO hat die Beklagte die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
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