OGH 8Ob637/86

OGH8Ob637/869.10.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Erlagssache des Erlegers W*** S*** W*** V***,

Schottenring 30, 1010 Wien, wider die Erlagsgegner 1) Anton P***, Kaufmann, Schüttelstraße 33, 1020 Wien, vertreten durch Dr. Heinz-Eckard Lackner, Rechtsanwalt in Wien, 2) Ö*** L*** Ges.m.b.H., Wiedner Hauptstraße 56, 1040 Wien, vertreten durch Dr. Karl F. Engelhart, Rechtsanwalt in Wien, 3) E*** Ö*** S***-C***, Graben 21, 1011 Wien, vertreten durch Dr. Andreas Theiss, Rechtsanwalt in Wien, 4) Ö***

L*** AG, Am Hof 2, 1010 Wien, 5) R*** Ges.m.b.H.,

Hietzinger Kai 169, 1130 Wien, vertreten durch Dr. Skender Fani, Rechtsanwalt in Wien, 6) Rainer R***, Kaufmann, Börseplatz 6, 1010 Wien, vertreten durch Dr. Gertrud Frohn, Rechtsanwalt in Wien, und 7) R*** Ö*** (Finanzamt für den 2., 20., 21. und 22. Bezirk, Aspernbrückengasse 2, 1021 Wien), wegen Erlages eines Betrages von S 302.140,-, infolge Revisionsrekurses des Erst- und des Sechsterlagsgegners, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 24. April 1986, GZ 43 R 152/86-96, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 29. Oktober 1985, GZ 9 Nc 64/82-81, ersatzlos behoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Den Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Erlegerin hinterlegte unter Berufung auf § 1425 ABGB einen Betrag von S 302.140,- zu Gunsten der 7 Erlagsgegner bei Gericht. Das Erstgericht nahm mit Beschluß vom 7. September 1982 diesen Erlag an und ordnete an, daß die Ausfolgung des erlegten Betrages über einverständlichen schriftlichen Antrag der Erlagsgegner oder auf Grund einer im Prozeßverfahren zu erwirkenden rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung zu erfolgen habe (ON 8). Der Ersterlagsgegner beantragte unter Vorlage von Erklärungen der übrigen Erlagsgegner, aus denen sich deren Einverständnis zur Ausfolgung des Erlages an ihn ergab, die Ausfolgung des Erlagsbetrages an ihn zu Handen seines Rechtsanwaltes Dr. Lackner auf dessen Konto bei der CA-BV (ON 32).

Mit Beschluß vom 13. Dezember 1984 ordnete das Erstgericht die Ausfolgung des Erlagsbetrages an den Ersterlagsgegner zu Handen seines Vertreters Dr. Lackner auf dessen Konto bei der CA-BV nach Rechtskraft dieses Beschlusses an (ON 52).

Am 9. Jänner 1985 langte ein Exekutionsbewilligungsbeschluß des Exekutionsgerichtes Wien vom 7. Jänner 1985 beim Erstgericht ein, mit dem der Zweiterlagsgegnerin als betreibender Partei wider den Ersterlagsgegner als verpflichteter Partei zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung von S 253.968,32 s.A. die Exekution durch Pfändung und Überweisung des dem Ersterlagsgegner gegen das Erstgericht als Verwahrschaftsgericht zustehenden Anspruches auf Ausfolgung des Erlagsbetrages bewilligt wurde (ON 53). Mit Beschluß vom 23. Jänner 1985 (ON 54) nahm das Erstgericht diese Exekutionsbewilligung zur Kenntnis (Punkt 1), wies die Verwahrungsabteilung an, das Ausfolgeverbot vorzumerken (Punkt 2) und widerrief den im Beschluß vom 13. Dezember 1984 (ON 52) erteilten Ausfolgeauftrag (Punkt 3).

Am 23. Jänner 1985 langte ein Bescheid des Finanzamtes für den

2. und 20. Bezirk vom 15. Jänner 1985 beim Erstgericht ein, mit dem zugunsten einer Abgabenforderung von S 37.674,50 die Pfändung und Überweisung des dem Ersterlagsgegner zustehenden Anspruches auf Ausfolgung des Erlagsbetrages angeordnet wurde (ON 55). Das Erstgericht nahm mit Beschluß vom 19. Februar 1985 auch diese Pfändung und Überweisung zur Kenntnis und ordnete auch diesbezüglich die Vormerkung des Ausfolgeverbotes durch die Verwahrungsabteilung an (ON 62).

Mit Beschluß vom 31. Juli 1985 (ON 72) wies das Rekursgericht Rekurse der Erst-, Dritt- und Sechsterlagsgegner, soweit sie sich gegen die Punkte 1 und 2 des Beschlusses des Erstgerichtes vom 23. Jänner 1985 (ON 54) richteten und Rekurse der Erst- und Dritterlagsgegner gegen den Beschluß des Erstgerichtes vom 19. Februar 1985 (ON 62) zurück. Hingegen gab es den Rekursen der Erst-, Dritt- und Sechsterlagsgegner, soweit sie sich gegen Punkt 3 des Beschlusses vom 23. Jänner 1985 (ON 54) richteten, dahin Folge, daß es diesen Teil des erstgerichtlichen Beschlusses (Widerruf des Ausfolgungsauftrages ON 52) ersatzlos behob. Diesen letztgenannten Teil seiner Entscheidung begründete das Rekursgericht damit, daß der Beschluß des Erstgerichtes ON 52, mit dem die Ausfolgung des erlegten Betrages an den Ersterlagsgegner verfügt wurde, von keinem Beteiligten angefochten und daher in Rechtskraft erwachsen sei. Eine Aufhebung dieses Beschlusses durch das Erstgericht sei daher nicht mehr möglich.

Dieser Beschluß des Rekursgerichtes wurde nicht mehr angefochten. Daraufhin erteilte das Erstgericht mit Beschluß vom 29. Oktober 1985 (ON 81) der Verwahrungsabteilung den Auftrag, nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Erlagsbetrag ungeachtet der bestehenden Vormerkungen an den Ersterlagsgegner zu Handen dessen Vertreters Dr. Lackner auf dessen Konto bei der CA-BV zu überweisen. Dieser Beschluß wurde von der Zweit- und Siebenterlagsgegnerin mit Rekurs bekämpft.

Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Rekursgericht diesen Rechtsmitteln Folge und behob den Beschluß des Erstgerichtes ersatzlos. Es führte im wesentlichen aus, das Erstgericht verkenne offenbar in seinem neuerlichen Auftrag, den erlegten Betrag an den Ersterlagsgegner auszufolgen, daß einerseits der seinerzeitige Erfolglassungsbeschluß ON 52 erst den Anlaß für die beiden folgenden Exekutionen dargestellt habe und daß andererseits der folgende Exekutionsbewilligungsbeschluß zugunsten der Zweiterlagsgegnerin und der Pfändungsbescheid zugunsten der Siebenterlagsgegnerin sehr wohl einer Ausfolgung des Erlagsbetrages an den Ersterlagsgegner im Wege stünden.

Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionsrekurse des Ersterlagsgegners und des Sechsterlagsgegners. Der Ersterlagsgegner begehrt die Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahin, "daß der Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Wien aufgetragen wird, den Betrag von S 302.140,-, erliegend zu Massezeichen IV HMB 587/82, unverzüglich auf das Konto des Auszahlungsberechtigten Rechtsanwalt Dr. Heinz-Eckard Lackner bei der Creditanstalt-Bankverein, Konto Nr. 0025-01492/00, zur Überweisung zu bringen"; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag. Der Sechsterlagsgegner beantragt die Abänderung der Entscheidung des Rekursgerichtes dahin, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt werde.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionsrekurse sind nicht berechtigt.

Zu Unrecht macht der Ersterlagsgegner in seinem Revisionsrekurs eine angebliche Nichtigkeit des Verfahrens geltend. Wenn im Kopf einer Entscheidung versehentlich ein Erlagsgegner nicht genannt wurde, handelt es sich um ein offenkundiges Versehen, das ebenso wie andere offenbare Unrichtigkeiten jederzeit berichtigt werden kann. Bezüglich des Beschlusses ON 52 erliegen im Akt die Rückscheine über die Zustellung an alle Erlagsgegner; ein Rückschein über die Zustellung dieses Beschlusses an die Erlegerin befindet sich nicht im Akt. Dieser Beschluß wurde jedenfalls bisher nicht beseitigt. Eine Nichtigkeit des Verfahrens liegt entgegen den Rechtsmittelausführungen des Ersterlagsgegners nicht vor. Soweit im übrigen beide Revisionsrekurswerber sinngemäß darauf verweisen, daß der Ersterlagsgegner sich aller Rechte am Erlag begeben hätte und der Erlag an seinen Vertreter auszufolgen sei, ist ihnen zu entgegnen, daß mit dem Beschluß des Erstgerichtes ON 52 die Ausfolgung des Erlages an den Ersterlagsgegner angeordnet wurde, wobei Dr. Lackner nur als sein empfangsberechtigter Machthaber (§ 317 Abs.1 Geo.) bezeichnet wurde. Auf Grund dieses Ausfolgungsbeschlusses hat nicht der Vertreter des Ersterlagsgegners einen Ausfolgungsanspruch gegen das Verwahrschaftsgericht im eigenen Namen, sondern nur der Ersterlagsgegner selbst.

Wenn nun dieser Ausfolgungsanspruch von Gläubigern des Ersterlagsgegners gepfändet wurde, so wurde im Sinne des § 294 Abs.3 EO diese Pfändung mit der Zustellung der Zahlungsverbote an das Verwahrschaftsgericht bewirkt. Diese exekutiven Pfändungen stehen der vom Erstgericht neuerlich angeordneten Ausfolgung des Erlagsbetrages an den Ersterlagsgegner (zu Handen seines Rechtsanwaltes) entgegen. Wenn das Verwahrschaftsgericht als Drittschuldner davon benachrichtigt wird, daß ein bei ihm erliegender Betrag zugunsten eines Überweisungsgläubigers gepfändet und überwiesen wurde, hat es vor Beschlußfassung über die Ausfolgung die Wirksamkeit der Pfändung nur insoweit zu prüfen, als ihm diese Prüfung im Rahmen seiner Stellung als Drittschuldner obliegt (SZ 49/108 mit weiteren Nachweisen). Der Umstand, daß die Zweit- und Siebenterlagsgegnerin ursprünglich der Ausfolgung des Erlages an den Ersterlagsgegner zustimmten und nach dessen Anordnung auf den Ausfolgungsanspruch des Ersterlagsgegners Exekution führten, mag allenfalls geeignet sein, Einwendungen im Sinne der §§ 35, 36 EO (bzw. §§ 12, 13 AbgEO) zu begründen; derartige Einwendungen sind aber in dem dafür vorgesehenen Verfahren geltend zu machen, nicht jedoch im Verfahren über die Ausfolgung des Gerichtserlages zu prüfen (ähnlich 3 Ob 50/76).

Mit Recht hat unter diesen Umständen nach dem derzeitigen Sachstand das Rekursgericht den Beschluß des Erstgerichtes, mit dem die Ausfolgung des Erlagsbetrages an den Ersterlagsgegner (zu Handen seines Vertreters) angeordnet wurde, behoben.

Den Revisionsrekursen des Erst- und des Sechsterlagsgegners mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

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