OGH 7Ob647/86 (7Ob648/86)

OGH7Ob647/86 (7Ob648/86)2.10.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 21. Dezember 1982 verstorbenen Dr. Viktor Franz P***, infolge der Revisionsrekurse der Christa K***, Geschäftsführerin, Wien 1., Schellinggasse 5, vertreten durch Dr. Lenhart Binder, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Beschlüsse des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 27. Februar und 24. Juni 1986, GZ. 43 R 11, 12/86-594 und 43 R 326/86-652, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 14. Oktober 1985, GZ. 7 A 927/82-552 und 553, teilweise bestätigt, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Mantelbeschluß vom 14.10.1985 (ON 552) nahm das Erstgericht das korrigierte Nachlaßinventar mit Nachlaßaktiven von S 4,069.175,14 an und sprach aus, daß von der Aufnahme der Passiven gemäß § 195 AußStrG Abstand genommen werde (Punkt 1 des erstgerichtlichen Beschlusses). Das Erstgericht bestimmte die Gebühr des Gerichtskommissärs (Punkt 2 lit.a) und zweier Sachverständiger (Punkt 2 lit.b und c). Es ermächtigte den Verlassenschaftskurator zur Anmietung eines Safes zur Verwahrung von Nachlaßgegenständen (Punkt 3) und enthob den Verlassenschaftskurator mit Rechtskraft des Mantelbeschlusses (Punkt 4). Es bestimmte die Gebühren des für ein besonderes Verfahren bestellten Kurators und ermächtigte den Verlassenschaftskurator zur Auszahlung dieser Gebühr (Punkt 5). Das Erstgericht erklärte ferner das Verlassenschaftsverfahren mit Rechtskraft der Einantwortung für beendet (Punkt 6) und verfügte die Übermittlung des Aktes an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern (Punkt 7). Es sprach aus, daß der Testamentserfüllungsausweis als erbracht angesehen werde (Punkt 8), wies die erbserklärten Erben an, binnen 3 Monaten geeignete Anträge zur Freigabe der Nachlaßwerte zu stellen (Punkt 9) und verwies die erbserklärte Erbin Christa K*** mit ihren Anträgen auf diese Entscheidung (Punkt 10). Mit Einantwortungsurkunde vom gleichen Tag verfügte das Erstgericht die Einantwortung des Nachlasses an die bedingt erbserklärten Erben Univ.Doz. Dr. Robert P*** und Christa K***, an Letztere mit der Beschränkung der zugunsten des Ersteren angeordneten fideikommissarischen Substitution (ON 553). Sowohl gegen den Mantelbeschluß als auch gegen die Einantwortung erhob Christa K*** rechtzeitig Rekurse. Der Rekurs gegen den Mantelbeschluß wurde jedoch irrtümlich dem Akt entnommen und dem Rekursgericht lediglich der Rekurs gegen die Einantwortung vorgelegt. Das Rekursgericht, das von der Anfechtung des Mantelbeschlusses keine Kenntnis haben konnte, gab mit Entscheidung vom 27.2.1986 dem Rekurs gegen die Einantwortung Folge, hob die Einantwortung und wegen des Sachzusammenhanges damit auch die Punkte 3, 4, 6, 7, 9 und 10 des Mantelbeschlusses auf und trug dem Erstgericht im Umfang der Aufhebung nach Verfahrensergänzung eine neue Entscheidung auf (ON 594).

Nach Vorlage auch des Rekurses gegen den Mantelbeschluß gab das Rekursgericht mit Entscheidung vom 24.6.1986 diesem Rekurs teilweise Folge. Das Rekursgericht bestätigte den Mantelbeschluß in seinen Punkten 1 und 8, hob den Punkt 2 lit.a zur Verfahrensergänzung auf und verwies hinsichtlich der Punkte 4, 6, 9 und 10 auf seine frühere Rekursentscheidung ON 594 (ON 652).

Rechtliche Beurteilung

Gegen beide Rekursentscheidungen erhebt Christa K*** Revisionsrekurse; beide Revisionsrekurse sind unzulässig. Mit ihrem gegen die Entscheidung vom 27.2.1986 (ON 594) gerichteten und noch vor der Rekursentscheidung vom 24.6.1986 eingebrachten Revisionsrekurs beschwert sich die Rechtsmittelwerberin lediglich dagegen, daß ihr Rekurs gegen den Mantelbeschluß bisher dem Rekursgericht nicht vorgelegt und über diesen Rekurs vom Rekursgericht nicht entschieden worden sei. Infolge der zwischenzeitig ergangenen Entscheidung des Rekursgerichtes fehlt es hier der Rechtsmittelwerberin an einer Beschwer, die Zulässigkeitsvoraussetzung des Rechtsmittels ist und auch im Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel noch gegeben sein muß (RZ 1974/21; JBl. 1978, 155 uva).

Mit dem auf den Anfechtungsgrund der Aktenwidrigkeit gestützten Revisionsrekurs gegen die Entscheidung der zweiten Instanz vom 24.6.1986 beantragt die Rechtsmittelwerberin eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahin, daß in die Nachlaßaktiven gemäß Punkt 1 des Mantelbeschlusses auch die Versicherungssumme der Unfallversicherungspolizze von 1,4 Mill.S einbezogen werde. Hilfsweise beantragt sie eine Aufhebung der rekursgerichtlichen Entscheidung in dem die Punkte 1 und 8 des erstgerichtlichen Beschlusses bestätigenden Teil zur Verfahrensergänzung und neuen Entscheidung. Eine Aktenwidrigkeit erblickt die Rechtsmittelwerberin in den Behauptungen des Rekursgerichtes, sie habe selbst die gerichtliche Annahme des ergänzten Inventars und die Verminderung der Aktiven um die Versicherungssumme beantragt.

Richtig ist, daß die Ausscheidung der Versicherungssumme aus den Nachlaßaktiven nicht von der Rechtsmittelwerberin, sondern vom gesetzlichen Erben beantragt wurde (ON 516) und die Rechtsmittelwerberin gegen diesen Antrag war (ON 548). Die Versicherungssumme ist überdies im Nachlaßinventar, dessen Annahme beantragt wurde (ON 547) noch enthalten. Der Anfechtungsgrund der Aktenwidrigkeit liegt jedoch nur dann vor, wenn die Aktenwidrigkeit wesentlich ist, also Bestandteil des rechtserzeugenden Sachverhaltes oder zumindest von unmittelbarem Einfluß auf die Richtigkeit der Entscheidung ist (Fasching LB Rdz 1771; MGA ZPO 13 § 503 Z 3/2). Das ist hier nicht der Fall. Die zugunsten des gesetzlichen Erben bestimmte Versicherungssumme gehört nicht in den Nachlaß und ist auch nicht in das Inventar aufzunehmen (JBl. 1932, 315; NZ 1928, 26). Aus den vorliegenden Urkunden ergibt sich, daß der Erblasser in seinem Antrag vom 21.9.1976 den gesetzlichen Erben im Ablebensfall als Bezugsberechtigten bezeichnete. Nach dem Antrag vom 16.5.1978, aufgrund dessen die Versicherungssumme neuerlich erhöht und die Laufzeit verlängert wurde, ist der Bezugsberechtigte mit "wie bisher" angegeben, sodaß jedenfalls für den Versicherer, gleich ob es sich bloß um eine Änderung der Versicherung unter Wahrung der Identität des Versicherungsverhältnisses oder um die Begründung eines neuen Versicherungsverhältnisses handelte, die Benennung des Bezugsberechtigten nicht zweifelhaft sein konnte. Dem Umstand, daß in der Versicherungspolizze vom 26.6.1978 (Beilage E in ON 548) die Klausel "100" durchgestrichen ist, kommt entgegen der Meinung der Rechtsmittelwerberin, deshalb keine Bedeutung zu, weil es sich bei dem Recht des Versicherungsnehmers zur Bestimmung eines Bezugsberechtigten um ein Gestaltungsrecht handelt, von dem zwar dem Versicherer gegenüber Gebrauch zu machen ist (VersR 1981, 692), das aber keiner Annahme bedarf. Die Entscheidung zu Punkt 8 des Mantelbeschlusses ist von der behaupteten Aktenwidrigkeit überhaupt nicht betroffen, andere Beschwerdegründe hiezu werden nicht einmal ansatzweise geltend gemacht.

Demgemäß sind die Revisionsrekurse zurückzuweisen.

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