OGH 1Ob633/86

OGH1Ob633/861.10.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Gamerith, Dr.Hofmann und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Erlagssache des Erlegers L*** O***, vertreten durch W.Hofrat Dr.Otto G***, Linz, Klosterstraße 7/II/378, wider die Erlagsgegner

1) Prof.Ernst S***, Linz, Kudlichstraße 13, 2) Konrad K***, Ingolstadt, Ludwigstraße 11/1/3, Bundesrepublik Deutschland,

3) L***, Anstalt des öffentlichen Rechtes,

Bonn-Bad Godesberg, Wielandstraße 4, Bundesrepublik Deutschland, und

4) B*** V*** Aktiengesellschaft, München,

Bundesrepublik Deutschland, wegen Erlages gemäß § 1425 ABGB infolge Revisionsrekurses des Erlegers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 18. Feber 1986, GZ.13 R 50/86-44, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 9. Dezember 1985, GZ.2 Nc 933/85-13, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Am 4.12.1985 beantragte das L*** O***, den

gleichzeitig hinterlegten Betrag von S 23.977,-- als rechtmäßigen Erlag im Sinne des § 1425 ABGB und hilfsweise auch im Sinne der Bestimmungen des § 307 Abs.1 EO zu Gericht anzunehmen. Der Ersterlagsgegner stehe zum Erleger als Oberspielleiter am Landestheater Linz in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis. Seine Entgeltsforderung sei von dem Zweiterlagsgegner als betreibendem Gläubiger gepfändet worden, während die Dritt- und die Vierterlagsgegnerin auf Grund von Abtretungen Ansprüche auf sie erhöben; angesichts der Mehrheit von Forderungsprätendenten sei der Gerichtserlag im Sinne der genannten Gesetzesstellen gerechtfertigt. Die Erklärung der Dritterlagsgegnerin, sie habe mit dem Ersterlagsgegner eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen, sei bloß eine einseitige Erklärung, zu der sich der Ersterlagsgegner noch nicht geäußert habe, sodaß der Erleger noch nicht prüfen habe können, ob durch diese Vereinbarung seine Rechtsstellung berührt werde. Überdies bestehe für den Erleger insofern eine unklare Rechtslage, als er dem Ersterlagsgegner das Entgelt in inländischer Währung schulde und ihm vom Gericht keine Anweisung wegen Umrechnung der in deutscher Währung ausgedrückten Forderungen der übrigen Erlagsgegner erteilt worden sei; so treffe ihn das Kursrisiko, zu dessen Tragung er sich jedoch nicht verpflichtet habe. Das Erstgericht wies den Antrag ab. Die Dritt- und die Vierterlagsgegnerin machten keine Ansprüche (mehr) auf den erlegten Betrag geltend; der Erst- und der Zweiterlagsgegner hätten sich dagegen geeinigt, sodaß kein Erlagsgrund vorhanden sei. Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß mit der Maßgabe, daß die Worte "in Verbindung mit § 307 Abs.1 EO" zu entfallen hätten. Es genüge zwar, daß der Erleger einen tauglichen Erlagsgrund behaupte; dessen Richtigkeit habe das Erlagsgericht nicht zu prüfen. Nach § 1425 ABGB sei der Schuldner zum Erlag nur berechtigt, wenn der Gläubiger unbekannt, abwesend oder in Annahmeverzug sei oder andere wichtige Gründe vorlägen, die dem Gläubiger zuzurechnen seien. Der Erlag ohne zureichenden Grund befreie den Schuldner nicht. Als anderer wichtiger Grund sei zwar auch die unklare Rechtslage anzusehen, doch müsse diese Unklarheit den Schuldner an der Leistung des Erfüllungsgegenstandes an den Gläubiger hindern. Das treffe dann zu, wenn unklar sei, wer zur Geltendmachung der Forderung berechtigt sei, oder wenn mehrere Personen Ansprüche auf diese Sache erhöben. Der Erleger behaupte weder eine Mehrheit von Forderungsprätendeten noch eine unklare Rechtslage. Seine Ausführungen zum Kursrisiko seien schon deshalb unzutreffend, weil selbst nach seinem Vorbringen von den im Exekutionsverfahren zuständigen Gerichten keine Aufträge erteilt worden seien, wie er bei der Umrechnung zu verfahren habe. Die Vierterlagsgegnerin spreche die Forderung nicht mehr an, weil sie ihre Ansprüche an die Dritterlagsgegnerin einschließlich aller Sicherungsrechte abgetreten habe. Diese wiederum habe mit dem Ersterlagsgegner ein Ratenübereinkommen getroffen und mache daher bis auf weiteres keine Ansprüche auf die Forderungen des Ersterlagsgegners gegen den Erleger geltend. Somit trete lediglich der Zweiterlagsgegner als betreibender Gläubiger auf; andere Erlagsgründe könnten den Antragsbehauptungen nicht entnommen werden. Soweit sich der Erleger auch auf § 307 Abs.1 EO berufe, hätte das Erstgericht bei Verneinung eines Erlagsgrundes nach § 1425 ABGB einen Beschluß gemäß § 40 a JN fassen müssen. Diese Unterlassung habe der Erleger jedoch nicht gerügt. Überdies sei auch ein solcher Erlagsgrund zu verneinen, weil § 307 Abs.1 EO voraussetze, daß die überwiesene Forderung entweder von mehreren betreibenden Gläubigern oder von anderen Gläubigern in Anspruch genommen werde. Es müßten demnach das Exekutionsobjekt und die Tatsache, daß von mehreren Personen darauf gegriffen werde, feststehen. Nur dann sei der Forderungsbetrag bei Gericht zu erlegen. Sei aber strittig, ob überhaupt ein Exekutionsobjekt vorhanden sei, ob also die Forderung zum Vermögen des Verpflichteten oder eines Dritten gehöre, liege ein Erlagsfall des § 1425 ABGB vor. Bestünde keine Ratenvereinbarung zwischen dem Ersterlagsgegner und der Dritterlagsgegnerin, wäre im Zusammenhang mit der Abtretung der dienstvertraglichen Ansprüche des Ersterlagsgegners an letztere, die der Pfändung durch den Zweiterlagsgegner zeitlich vorausgehe, ein Fall des § 1425 ABGB und nicht ein solcher des § 307 EO anzunehmen. Aus diesen Erwägungen erfolge die Maßgabebestätigung.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Erlegers ist nicht zulässig. Vorauszuschicken ist, daß der Erleger seinen Antrag auf § 1425 ABGB und hilfsweise (AS 42) auch auf § 307 Abs.1 EO stützt. Da über Anträge gemäß § 1425 ABGB das Erlagsgericht im Verfahren außer Streitsachen, über solche nach § 307 Abs.1 EO hingegen das Exekutionsgericht im Exekutionsverfahren zu entscheiden hat (EvBl.1972/231 u.a.; Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 15 zu § 1425;

Mayerhofer in Ehrenzweig, Schuldrecht, Allgemeiner Teil 3 , 585;

Heller-Berger-Stix 2198 ff.), der wesentliche Unterschied zwischen diesen beiden Erlagsarten darin besteht, daß der Außerstreitrichter keine Verteilung vorzunehmen hat (Heller-Berger-Stix 2199) und über solche Anträge daher nicht gemeinsam in einem einheitlichen Verfahren entschieden werden kann, ist die Antragstellung des Erlegers - schon ihrem Wortlaut nach - so aufzufassen, daß das Erlagsgericht zunächst über den Hauptantrag (gemäß § 1425 ABGB) zu entscheiden habe und nur für den Fall, daß dieser Antrag rechtskräftig abgewiesen werden sollte, die Einleitung des Verfahrens gemäß § 307 Abs.1 EO beim Exekutionsgericht begehrt wird. Das bringt der Erleger im übrigen im Revisionsrekurs mit dem Hinweis (AS 243), er habe sich erst in zweiter Linie auf den Erlagsgrund des § 307 Abs.1 EO berufen, klar zum Ausdruck. In diesem Sinn ist auch die Entscheidung des Rekursgerichtes zu verstehen: Im vorliegenden Verfahren könne nur der Erlagsantrag gemäß § 1425 ABGB erledigt werden, sodaß der Hinweis des Erstgerichtes auf den auf § 307 Abs.1 EO gestützten Hilfsantrag zu entfallen habe. Gegenstand des Revisionsrekurses kann demnach nur die Verweigerung der Annahme des Erlags nach § 1425 ABGB sein. In diesem Umfang liegen gleichlautende Entscheidungen der Vorinstanzen vor, sodaß das Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshofes nur auf die in § 16 Abs.1 AußStrG genannten Anfechtungsgründe gestützt werden kann. Als offenbare Gesetzwidrigkeit rügt der Erleger, das Rekursgericht habe zwar richtigerweise den Standpunkt vertreten, daß der Erleger nur einen tauglichen Erlagsgrund behaupten müsse und das Erlagsgericht nicht die Rechtmäßigkeit des Erlages zu prüfen habe, dem Erlagsgericht aber dennoch gegen die ständige Rechtsprechung die Zuständigkeit zuerkannt zu prüfen, ob der behauptete Erlagsgrund auch vorliege. Dem ist entgegenzuhalten, daß das Gericht zweiter Instanz ohnehin nur die Behauptung des Erlegers, der von ihm vorgebrachte Sachverhalt sei als unklare Rechtslage zu verstehen, weil ihm mehrere Forderungsansprecher gegenüberstünden und er nicht zur Tragung des Kostenrisikos bei Umrechnung von deutscher (vollstreckbare Forderung) in inländischer Währung (Erlagsforderung) gehalten sei, als tauchlichen Erlagsgrund geprüft und verneint hat. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit, die mit unrichtiger rechtlicher Beurteilung nicht gleichzusetzen (EFSlg.47.209 u.v.a.) ist, ist nur in jenen Fällen anzunehmen, in welchen ein Fall im Gesetz selbst ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß über die Absicht des Gesetzgebers kein Zweifel aufkommen kann und dennoch eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde (EFSlg.47.208 u. v.a.). Das kann nicht gesagt werden, wenn schon nach unbedenklichen im Akt erliegenden Erklärungen früherer Forderungsprätendenten nur mehr der Zweiterlagsgegner Ansprüche auf die Forderung des Ersterlagsgegners gegen den Erleger erhebt und letzterer auch nicht dargelegt hat, inwieweit ihn bei Befriedigung des Zweiterlagsgegners als betreibenden Gläubigers ein Kursrisiko überhaupt treffen könnte. Soweit der Erleger in seinem Rechtsmittel Neuerungen - vor allem keinesfalls zu berücksichtigende Tatsachen aus der Zeit nach der erstinstanzlichen Beschlußfassung - vorbringt, genügt der Hinweis, daß solche in einem nach § 16 Abs.1 AußStrG zu beurteilenden Rechtsmittel unzulässig sind (EFSlg.47.205 u.v.a.). Als aktenwidrig rügt der Erleger die rekursgerichtliche Ausführung, aus seiner Behauptung ergebe sich keinesfalls eine Mehrheit von Forderungsprätendenten. Es ist aber aus dem Zusammenhang klar erkennbar (AS 191), daß das Rekursgericht nur zum Ausdruck bringen wollte, der Erlagsgrund sei schon nach dem Akteninhalt zu verneinen; nur auf diese Erwägung ist auch seine Entscheidung gegründet. Eine erhebliche Aktenwidrigkeit zeigt der Revisionsrekurswerber somit nicht auf.

Der Revisionsrekurs ist deshalb zurückzuweisen. Die Frage, ob das Rechtsmittel rechtzeitig erhoben wurde (es langte erst am 16.Tag nach der Zustellung der angefochtenen Entscheidung beim Erstgericht ein, ohne daß feststeht, ob es dort überreicht oder früher zur Post gegeben wurde), muß dann nicht geprüft werden.

Das Erstgericht wird nun den hilfsweise auch auf § 307 Abs.1 EO gestützten Erlagsantrag zu behandeln haben.

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