OGH 4Ob369/86

OGH4Ob369/8629.9.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl, Dr. Resch, Dr. Kuderna und Dr. Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei prot. Firma Bernd W***, Wien 3., Landstrasser Hauptstraße 93, vertreten durch Dr. Hellmuth Boller und Dr. Günter Langhammer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei H*** Mode-Kaufhaus Gesellschaft m.b.H., Salzburg, Europastraße 150, vertreten durch Dr. Peter Raits, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Rekursstreitwert S 100.000,-) infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 16. Mai 1986, GZ 3 R 134/86-7, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 24.März 1986, GZ 4 Cg 88/86-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rekurses ON 5 selbst zu tragen; sie ist schuldig, der Beklagten die mit S 4.243,80 (darin S 385,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses ON 9 binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Die beklagte GmbH besitzt neben mehreren Filialen in den österreichischen Bundesländern eine große Verkaufsniederlassung im Wiener Einkaufsmarkt "Donauzentrum"; sie befaßt sich (u.a.) mit dem Vertrieb von Sportarikeln, darunter von Skiern samt Zubehör. Am 16.2.1986 veröffentlichte die Beklagte in der "Neuen Kronen-Zeitung" ein halbseitiges Inserat, in welchem sie unter der Überschrift:

"Schnell zu H***! Die Skipreise sind total im Tal!" den Abverkauf "vieler Auslaufmodelle (Einzelpaare) bis zu 40 % reduziert!" anbot. Dabei wurde u.a. das Modell "B*** 'Professional'

Auslaufmodell 85/86" mit der Preisangabe "statt 3.990,-- 2.690,-- + 198,-- Versicherung" namentlich genannt.

Als Bernd W*** am 18.2.1986 im Wiener Geschäftslokal der Beklagten nach diesem Modell fragte, erklärte ihm ein Verkäufer, daß dieses Sondermodell nie S 3.990,-- gekostet habe, vielmehr jetzt auf S 1.690,-- reduziert sei; die gegenteilige Ankündigung in der Zeitung müsse falsch sein.

Tatsächlich hatte das Skimodell "B*** Professional" bis zum 10.2.1986 S 2.550,-- gekostet. Dieser Preis wurde dann auf S 1.690,-- herabgesetzt und mit 20.2.1986 nochmals, und zwar auf nunmehr S 1.390,-- reduziert. Bei dem Inserat in der "Neuen Kronen-Zeitung" vom 16.2.1986 war es insofern zu einer Verwechslung gekommen, als anstelle des Modells "B*** Thermo-Olympic RS" das Modell "B*** Professional" um "2.690,-- statt 3.990,--" angeboten wurde.

Mit der Behauptung, daß die beanstandete Ankündigung zur Irreführung des Käuferpublikums über den Umfang der tatsächlichen Preissenkung geeignet gewesen sei (§ 2 UWG) beantragt die klagende Mitbewerberin, zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches der Beklagten mit einstweiliger Verfügung "unter Angabe eines statt-Preises als ehemaligen H***-Verkaufspreises für Skier, obwohl diese Skier von der Beklagten nicht zu diesem ehemaligen Verkaufspreis früher angeboten wurden, insbesondere die Ankündigung eines 'B*** Professional, Auslaufmodell 85/86' zu einem verbilligten Preis unter Angabe eines statt-Preises von S 3.990,--, obwohl dieser Ski von der Beklagten auch schon früher zu einem deutlich unter S 3.000,-- liegenden Preis verkauft wurde", zu untersagen.

Die Beklagte hat einen Verstoß gegen § 2 UWG unter Hinweis darauf bestritten, daß das beanstandete Inserat nicht geeignet gewesen sei, allfällige Kaufinteressenten über ihre Preisgestaltung in Irrtum zu führen.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag aus rechtlichen Erwägungen ab. Trotz der objektiv unrichtigen Preisangabe sei eine Täuschung der Verbraucher nicht zu befürchten gewesen, weil der angebotene Ski tatsächlich zu einem noch wesentlich günstigeren Preis verkauft worden sei. Da der Preis des Modells "B*** Professional" tatsächlich von S 2.550,-- auf S 1.690,-- und damit um 33 % herabgesetzt worden sei, während die in der "Neuen Kronen-Zeitung" angekündigte Verbilligung von S 3.990,-- auf S 2.690,-- nur einer Preisreduktion von 32 % entsprochen habe, könne nicht gesagt werden, daß die dabei unterlaufene Verwechslung beim Publikum Erwartungen hervorgerufen hätte, die in der Folge nicht erfüllt werden konnten.

Das Rekursgericht erließ die einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteigt und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Die - unstreitig wahrheitswidrige - Preisangabe in der "Neuen

Kronen-Zeitung" sei entgegen der Meinung des Erstgerichtes auch zur

Täuschung der Letztverbraucher geeignet gewesen: Wer sich für

qualitativ hochwertige Skier interessiert und deshalb auf Grund des

beanstandeten Inserates das Geschäftslokal der Beklagten aufgesucht

habe, sei erst dort darüber aufgeklärt worden, daß gerade das

angekündigte Modell "B*** Professinal" diesen Vorstellungen

nicht entsprach, weil es ursprünglich um weit weniger als

S 3.990,--, nämlich um nur S 2.550,-- verkauft worden war und jetzt

sogar nur noch S 1.690,-- kostete; damit sei aber der betroffene

Interessent über die tatsächliche Qualität dieses Skimodells, welche

sich für einen Durchschnittskunden vor allem im Preis ausdrücke,

irregeführt worden. Das beanstandete Inserat habe aber auch insofern

falsche Vorstellungen über das Angebot der Beklagten erweckt, als in

der "Neuen-Kronen-Zeitung" eine Ersparnis von

(S 3.990,-- - S 2.690,-- =) S 1.300,-- angekündigt wurde, während

sie tatsächlich nur (S 2.550,-- - S 1.690,-- =) S 860,-- betragen

habe. Da sich die Beklagte gegenüber der von jedem Verschulden unabhängigen Unterlassungsklage auch nicht mit Erfolg auf den bei der Einschaltung des Inserates unterlaufenen Irrtum berufen könne, habe sie einen Verstoß gegen § 2 UWG zu verantworten. Gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Rekurs (richtig: Revisionsrekurs) der Beklagten mit dem Antrag, die abweisende Entscheidung der 1.Instanz wiederherzustellen. Die Klägerin beantragt, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 502 Abs4 Z.1 ZPO in Verbindung mit § 528 Abs 2 ZPO zulässig, weil die hier zu beantwortende Frage nach den Auswirkungen einer objektiv unrichtigen Preisankündigung auf den Kaufentschluß des angesprochenen Publikums über den Einzelfall hinaus von erheblicher Bedeutung für die Rechtseinheit und Rechtssicherheit ist; er ist aber auch berechtigt. Bei der rechtlichen Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts ist von dem als bescheinigt angenommenen Umstand auszugehen, daß bei dem Inserat vom 16.2.1986 insofern eine Verwechslung unterlaufen war, als anstelle des tatsächlich gemeinten Modells "B*** Thermo-Olympic RS" das - in Wahrheit viel billigere - Modell "B*** Professional" mit der Preisangabe "statt 3.990,-- 2.690,--" angeboten wurde. Daß diese Preisankündigung objektiv unrichtig war, ist unbestritten; sie konnte aber entgegen der Meinung des angefochtenen Beschlusses das angesprochene Publikum weder über die Qualität des angebotenen Modells noch über den Umfang der in Aussicht gestellten Preisherabsetzung irreführen:

Wie der Oberste Gerichtshof im Zusammenhang mit § 2 UWG schon mehrfach ausgesprochen hat, muß der durch die Ankündigung hervorgerufene unrichtige Eindruck geeignet sein, den Entschluß des angesprochenen Interessenten, sich mit dem Angebot näher zu befassen, irgendwie zugunsten dieses Angebotes zu beeinflussen, mit anderen Worten: Zwischen dem Umstand, daß die durch die Wettbewerbshandlung bei ihm hervorgerufene Vorstellung nicht den Tatsachen entspricht, und dem Entschluß, sich mit dem Angebot zu befassen, muß ein Zusammenhang bestehen (SZ 54/97 = ÖBl.1982, 37 = GRURInt. 1982, 465; ÖBl.1977, 92; ÖBl.1979, 94; ÖBl.1979, 100; ÖBl.1979, 101; ÖBl.1979, 126; ÖBl.1982, 96). Eine Angabe verstößt infolgedessen nur dann gegen § 2 UWG, wenn sie der Geschäftsverkehr - ob zu Recht oder zu Unrecht - als wesentlich ansieht und die durch sie erweckte, mit dem tatsächlichen Sachverhalt nicht übereinstimmende Erwartung mit dem Entschluß des Interessenten zusammenhängt, sich mit dem Angebot zu befassen, insbesondere die angebotene Ware zu kaufen; gerade der unrichtige Eindruck muß die Kauflust eines nicht ganz unbeträchtlichen Teiles des angesprochenen Publikums irgendwie beeinflussen (ÖBl.1977, 39; ÖBl.1977, 167 u.a.). An dieser notwendigen Voraussetzung eines Verstoßes gegen § 2 UWG fehlt es aber gerade im vorliegenden Fall:

Wer das Modell "B*** Professional" bereits kennt und demzufolge weiß, daß es sich hier um Skier der Preisklasse um S 2.500,-- handelt, wird durch die - unter diesen Umständen kaum verständliche, jedenfalls aber äußerst ungünstige - Preisangabe "statt 3.990,-- 2.690,--" gewiß nicht veranlaßt werden, sich mit dem Angebot der Beklagten näher zu beschäftigen und einen Kauf dieses "verbilligten Auslaufmodells" ins Auge zu fassen. Alle anderen Interessenten aber, denen die Namen der verschiedenen Skimodelle wenig oder gar nichts sagen, werden nicht durch die ihnen unbekannte Modellbezeichnung "B*** Professional", sondern nur durch die Aussicht, qualitativ hochwertige Skier der Preisklasse um S 4.000,-- um nur S 2.690,-- kaufen zu können, bewogen werden, die Beklagte aufzusuchen und dort nach dem angekündigten Sonderangebot zu fragen. Daß diese - bei der Beklagten tatsächlich um S 2.690,-- und damit um S 1.300,-- verbilligt erhältlichen - Skier in Wahrheit eine andere Modellbezeichnung führen, wird von diesen Personen als unwesentlich angesehen werden und deshalb ihren Entschluß, sich mit dem Angebot näher zu befassen, überhaupt nicht beeinflussen.

Fehlt es damit aber an der Eignung des beanstandeten Inserates, die angesprochenen Kaufinteressenten über die Preisgestaltung der Beklagten irrezuführen und bei ihnen Erwartungen hervorzurufen, die sich dann nicht erfüllen, dann kann von einem Verstoß gegen § 2 UWG keine Rede sein. Dem berechtigten Revisionsrekurs der Beklagten war somit Folge zu geben und die angefochtene Rekursentscheidung im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des Rekurses ON 5 - zu welchem die Beklagte keine Rekursbeantwortung erstattet hat - auf §§ 40, 50, 52 ZPO, hinsichtlich des Revisionsrekursverfahrens auf §§ 41, 50, 52 ZPO, jeweils in Verbindung mit §§ 78, 402 Abs 2 EO.

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