Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird. Die Klägerin hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung ON 8 und ihres Revisionsrekurses ON 11 vorläufig, die Beklagte die Kosten ihres Rekurses ON 5 und ihrer Revisionsrekursbeantwortung ON 12 endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Beide Parteien bringen Wasch- und Reinigungsmittel auf den Markt. Die Klägerin vertreibt seit März 1972 das flüssige Scheuermittel "Cif". Der Marktanteil dieses Produktes im Bereich der flüssigen Scheuermittel liegt derzeit knapp über 80 %. Seit September 1974 waren die "Cif"-Flaschen auf ihrer Rückseite auffallend und deutlich lesbar mit dem Slogan "Glanz ohne Kratzer" versehen. Dieser Slogan war bis 1982 direkt auf die Flaschen gedruckt oder geprägt worden; seit 1983 tragen die "Cif"-Flaschen auf der Rückseite ein Etikett, auf welchem der angeführte Slogan zweimal ("Für Glanz ohne Kratzer in Küche und Bad", "Cif regelmäßig angewendet, garantiert immer strahlende Sauberkeit - Glanz ohne Kratzer") zu lesen war. Während der letzten 14 Jahre wurden im Fernsehen verschiedene "Cif"-Spots mehr als 750 mal mit Einschaltkosten von rund 54 Millionen Schilling gesendet. Dabei kam der Slogan "Glanz ohne Kratzer" im Jahr 1973 nur im Text vor; seit 1974 wird er in Wort und Bild ausgestrahlt. Die Marke "Cif" wurde ferner in verschiedenen Hörfunkspots mit insgesamt 360 Einschaltungen allein in den letzten 4 Jahren beworben, wobei gleichfalls immer der Slogan "Glanz ohne Kratzer" verwendet wurde. Darüber hinaus wurden für "Cif" in den Jahren 1973 bis 1985 insgesamt 22 Preisausschreiben veranstaltet. Bei 15 von ihnen schien der Slogan "Glanz ohne Kratzer" auf den Teilnahmescheinen auf; bei zwei Preisausschreiben hieß die richtige Lösung: "Glanz ohne Kratzer". Auch die gemeinsam mit Warenproben an fast alle österreichischen Haushalte verteilten Prospekte sowie das eingesetzte Laden-Werbematerial trugen diesen Slogan. Die Beklagte bringt derzeit einen neuen "Ajax-Sanftreiniger" auf den Markt, für welchen sie gleichfalls mit dem Slogan "Glanz ohne Kratzer" wirbt (Beilage K).
Eine von der Klägerin über das INFO-Institut für Markt- und Meinungsforschung GmbH beim Dr. F*** + GfK-Institut für Marktforschung in Auftrag gegebene repräsentative Meinungsumfrage zum Bekanntheitsgrad des Slogans "Glanz ohne Kratzer" brachte folgendes Ergebnis (Beilage L, M):
a) Die Frage: "Woran denken Sie, wenn Sie die Aussage 'Glanz ohne Kratzer' hören?" wurde von 38 % der Befragten mit einer klaren Zuordnung zu "Cif" beantwortet.
b) Auf die zusätzliche Frage: "Welches Produkt (welche Marke) verwendet den Werbeslogan 'Glanz ohne Kratzer'?" ordneten weitere 19 % der Befragten diesen Slogan "Cif" zu.
c) Weitere 5 % der Befragten ordneten den Slogan "Cif" zu, als sie hierauf befragt wurden: "Welches Reinigungsmittel für den Haushalt verwendet den Werbeslogan 'Glanz ohne Kratzer'?".
d) Schließlich ordneten nochmals weitere 17 % der Befragten den angeführten Slogan "Cif" zu, als ihnen nach dem Verlesen der Namen verschiedener Produkte ("Ajax", "ATA", "Cif", "Tenn", "Vim") die Frage gestellt wurde: "Welches dieser Produkte verwendet den Slogan 'Glanz ohne Kratzer'?".
Unter Hinweis auf diese "geradezu überwältigende Verkehrsgeltung" ihres Erzeugnisses beantragt die Klägerin, zur Sicherung eines inhaltsgleichen, nicht nur auf § 9 Abs 3 UWG, sondern auch auf §§ 1 und 2 UWG gestützten Unterlassungsanspruches der Beklagten mit einstweiliger Verfügung ab sofort zu untersagen, für Reinigungsmittel, insbesondere für "Ajax" und "Ajax-Sanftreiniger", mit dem Slogan "Glanz ohne Kratzer" zu werben.
Die Beklagte hat sich gegen den Sicherungsantrag ausgesprochen. Die beiderseitigen Erzeugnisse seien in keiner Weise verwechselbar ähnlich. Der - von der Klägerin meist nur in abgewandelter Form ("Bringt Glanz ohne Kratzer", "Für Glanz ohne Kratzer" odgl.) verwendete - Slogan "Glanz ohne Kratzer" bestehe aus Wörtern der Umgangssprache und könne daher nicht als Kennzeichen eines einzelnen Mitbewerbers monopolisiert werden. Ausreichende Verkehrsgeltung sei nicht bescheinigt, zumal die Telefonbefragung des Dr. F*** + GfK-Instituts bei nur 550 befragten Personen als "nicht sehr repräsentativ" einzustufen sei und auch ihre Auswertung durch das INFO-Institut den Regeln der Meinungsforschung - welche zB eine Addition "gestützter" und "nicht gestützter" Fragen ausschlössen - nicht entspreche.
Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Auch Werbesprüche und Werbeslogans könnten als Kennzeichen eines Unternehmens in Betracht kommen und dann - bei entsprechender Verkehrsgeltung - Zeichenschutz nach § 9 Abs 3 UWG erlangen. Dem Slogan "Glanz ohne Kratzer" müsse Unterscheidungskraft zugebilligt werden; die als bescheinigt angenommenen Umfrageergebnisse reichten aus, um Verkehrsgeltung dieses Slogans annehmen zu können. Die unveränderte, buchstabengetreue Übernahme eines fremden Zeichens, wie sie hier vorliege, sei auch bei "schwachen" Zeichen grundsätzlich verboten.
Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteigt. Da der beanstandete Slogan eine rein deskriptive Aussage im Sinne einer sprachlich korrekten Produktwirkungsbeschreibung enthalte, müsse ihm mangels jeglicher Originalität die Qualifikation als Individualzeichen verwehrt bleiben. Seine Zuordnung zu "Cif" durch nur 38 % der befragten Personen - die Antworten auf die weiteren, "gestützten" Fragen seien hier nicht zu berücksichtigen - reiche im übrigen nicht aus, um die nach § 9 Abs 3 UWG erforderliche Verkehrsgeltung annehmen zu können. Auch ein Verstoß der Beklagten gegen § 1 UWG sei im vorliegenden Fall zu verneinen.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag auf Wiederherstellung der einstweiligen Verfügung der ersten Instanz.
Die Beklagte beantragt, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist berechtigt.
Wie der Oberste Gerichtshof schon in seiner Entscheidung vom 13. Dezember 1983, 4 Ob 400/83 - Das Große Aroma - ÖBl. 1984, 106 ausführlich begründet hat, können auch Werbesprüche und Werbeslogans als Kennzeichen eines Unternehmens in Betracht kommen und so - bei entsprechender Verkehrsgeltung - Zeichenschutz nach § 9 Abs 3 UWG erlangen, sofern sie nur im Geschäftsverkehr als Individualzeichen und damit als Hinweis auf ein ganz bestimmtes Unternehmen aufgefaßt werden. Diese Voraussetzung ist entgegen der Meinung des angefochtenen Beschlusses hier zu bejahen:
Daß die Wortverbindung "Glanz ohne Kratzer" insofern eine beschreibende Aussage über das von der Klägerin vertriebene flüssige Scheuermittel "Cif" enthält, als sie auf dessen
besondere - herkömmliche Scheuerpulvern (angeblich) überlegene - Reinigungswirkung hinweisen soll, bedarf keiner weiteren Begründung. Dem vom Rekursgericht daraus gezogenen Schluß, daß diesem Slogan schon "mangels jeglicher Originalität" die Qualifikation als Individualzeichen abgesprochen und demgemäß der Zeichenschutz nach § 9 Abs 3 UWG verweigert werden müsse, kann aber nicht gefolgt werden. Für die Abgrenzung zwischen absolut schutzunfähigen und solchen Bezeichnungen, die bei Verkehrsgeltung nach § 9 Abs 3 UWG geschützt werden können, müssen nach ständiger Rechtsprechung (SZ 54/1 = ÖBl. 1981, 106 u.a., zuletzt etwa ÖBl. 1985, 11 mit weiteren Nachweisen) zumindest insoweit, als es um die Bezeichnung von Waren oder Dienstleistungen geht, die gleichen Kriterien herangezogen werden, die nach § 4 Abs 1 Z 2 und 3 in Verbindung mit § 4 Abs 2 MSchG dafür entscheidend sind, in welchen Fällen bei Verkehrsgeltung eine Registrierung als Marke möglich ist. Vom Zeichenschutz absolut ausgeschlossen sind daher auch nach Wettbewerbsrecht nur solche Zeichen, die zur Bezeichnung bestimmter Gattungen von Waren oder Dienstleistungen im Verkehr allgemein gebräuchlich sind; auf sie ist nämlich der Geschäftsverkehr zur Bezeichnung der entsprechenden Ware oder Dienstleistung angewiesen, weshalb solche Wörter nicht zugunsten einer Person monopolisiert werden dürfen. Dagegen können Wörter, die zwar - für sich gesehen - keine Unterscheidungskraft haben, weil sie ausschließlich Angaben iS des § 4 Abs 1 Z 2 MSchG enthalten, bei entsprechender Verkehrsgeltung den Schutz nach § 9 Abs 3 UWG erlangen. Mit dem rein beschreibenden Charakter und dem dadurch bedingten Fehlen "jeglicher Originalität" der Wortfrage "Glanz ohne Kratzer" kann also die Verweigerung eines zeichenrechtlichen Schutzes dieses Slogans entgegen der Meinung des Rekursgerichtes nicht begründet werden. Davon abgesehen, muß ihm aber schon wegen der auf die kürzestmögliche Form gebrachten, schlagwortartigen Formulierung dieser beschreibenden Aussage doch eine gewisse, wenngleich sicher nicht allzu große, Unterscheidungskraft zugebilligt werden. Damit reichen aber die auch von den Vorinstanzen als bescheinigt angenommenen Ergebnisse der Repräsentativbefragung des Dr. F*** + GfK-Institutes jedenfalls aus, um die von § 9 Abs 3 UWG geforderte Verkehrsgeltung annehmen zu können: Auf die Frage:
"Woran denken Sie, wenn Sie die Aussage 'Glanz ohne Kratzer' hören?" haben immerhin nicht weniger als 38 % der befragten Personen diese Wortfolge dem Scheuermittel "Cif" und damit der Klägerin zugeordnet. Ob nicht auch schon dieser positive Zuordnungsgrad für sich allein die Annahme rechtfertigen könnte, der in Rede stehende Slogan "gelte innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Zeichen des Unternehmens" der Klägerin, kann aber im vorliegenden Fall auf sich beruhen. Die Meinung des angefochtenen Beschlusses, daß "unter 40 % ... für die Annahme einer Verkehrsgeltung zu wenig" seien, entbehrt jedenfalls einer gesetzlichen Grundlage und ist auch der vom Rekursgericht in diesem Zusammenhang angeführten Entscheidung ÖBl. 1986, 25 nicht zu entnehmen (siehe dazu insbesondere auch Schönherr-Kucsko, Wettbewerbs-, Marken-, Muster- und Patentrecht 2 , 61, wonach eine "beachtliche" Verkehrsgeltung schon ab etwa 25 % anzunehmen ist und bei einem Zuordnungsgrad von 35 bis 50 % schon von "starker" Verkehrsgeltung gesprochen werden kann; ähnlich die von Hodik, Der Grad der Verkehrsgeltung und seine Feststellung, ÖBl. 1983, 1 ff [4 bei und in FN 34] zitierte Arbeit von Noelle-Neumann-Schramm in GRUR 1966, 81). Auch der Oberste Gerichtshof hat zB in 4 Ob 376/76 eine Verkehrsgeltung von 38,67 % für den Schutz der Bezeichnung "Wiener Emailmanufaktur" als ausreichend angesehen. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes müssen aber im vorliegenden Fall zumindest auch jene weiteren 19 % der befragten Personen zugunsten der Klägerin berücksichtigt werden, die den in Rede stehenden Slogan auf Grund der zweiten Frage ("Welches Produkt (welche Marke) verwendet den Werbeslogan 'Glanz ohne Kratzer'?") dem Produkt "Cif" zugeordnet haben. Von einer in unzulässiger Weise "gestützten" Fragestellung kann hier umso weniger gesprochen werden, als ja in der betreffenden Frage nicht einmal die in Betracht kommende Produktgattung angeführt und mit dem Hinweis darauf, daß es sich bei der genannten Wortfolge um ein Warenzeichen handle, den befragten Personen keinerlei Hinweis auf das beworbene Produkt oder dessen Hersteller gegeben worden war. Der daraus resultierende positive Zuordnungsgrad von insgesamt 57 % reicht aber zur Annahme der Verkehrsgeltung des Slogans "Glanz ohne Kratzer" und damit zur Bejahung des zeichenrechtlichen Schutzes dieser Wortfolge nach § 9 Abs 3 UWG in jedem Fall aus. Für den gegenteiligen Rechtsstandpunkt der Beklagten wäre auch dann nichts zu gewinnen, wenn man dem Slogan der Klägerin wegen seiner doch deutlich erkennbaren beschreibenden Aussage nur verminderte Kennzeichnungskraft und demgemäß auch einen beschränkten Schutzbereich zubilligen wollte; da auch sogenannte "schwache" Zeichen grundsätzlich gegen mißbräuchliche Verwendung geschützt sind, wäre eine unveränderte, buchstabengetreue Übernahme durch einen Mitbewerber, wie sie hier vorliegt, auch bei einem solchen Zeichen unzulässig (ÖBl. 1980, 135 mit weiteren Nachweisen; ÖBl. 1984, 106 u.a.).
Dem berechtigten Revisionsrekurs der Klägerin war daher Folge zu geben und in Abänderung des angefochtenen Beschlusses die einstweilige Verfügung der ersten Instanz wiederherzustellen. Die Kostenentscheidung beruht in Ansehung der Klägerin auf § 393 Abs 1 EO, in Ansehung der Beklagten auf §§ 40, 50, 52 ZPO iVm §§ 78, 402 Abs 2 EO.
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