OGH 8Ob625/86

OGH8Ob625/8618.9.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Vogel, Dr.Kropfitsch und Dr.Zehetner als Richter in der Pflegschaftssache der mj.Parsia K***, geboren am 25.Mai 1976, infolge Revisionsrekurses des Vaters Mohammad K***, Angestellter, Storkgasse 15/13, 1050 Wien, vertreten durch Dr.Helmut Grubmüller, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 27.Juni 1986, GZ.47 R 484,494/86-81, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 16.Mai 1986, GZ.2 P 18/85-73, behoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern der am 25.5.1976 geborenen Parsia K*** wurde am 27.2.1985 geschieden (ON 8). Anläßlich der Scheidung der Ehe schlossen die Eltern einen Vergleich, mit dem sie unter anderem vereinbarten, daß das Recht, das Kind zu pflegen und zu erziehen, sein Vermögen zu verwalten und es zu vertreten, nur der Mutter zustehe. Dem Vater wurde ein zeitlich bestimmtes Besuchsrecht eingeräumt (ON 7). Dieser Vergleich wurde in Ansehung des Kindes pflegschaftsbehördlich genehmigt (ON 10). Dem Vater wurde bisher die Ausübung seines Besuchsrechtes durch die Mutter verweigert; dies wurde mit Angst des Kindes vor dem Vater begründet. Die Mutter hat sich wieder verehelicht; ihr nunmehriger Ehegatte ist Staatsangehöriger der CSSR und hat auch dort seinen ständigen Aufenthalt. Der Vater stellte zunächst für den Fall der Übersiedlung des Kindes in die CSSR den Antrag, der Mutter die Elternrechte zu entziehen und sie ihm zuzuweisen (ON 25); später stellte er diesen Antrag unbedingt mit der Behauptung, die Mutter sei bereits mit dem Kind in die CSSR übersiedelt (ON 35).

Mit Beschluß vom 16.5.1986 (ON 73) ordnete das Erstgericht eine mehrwöchige Unterbringung des Kindes in der Heilpädagogischen Station der Universitätskinderklinik des Allgemeinen Krankenhauses an (Punkt 1 des Beschlusses), trug der Mutter auf, das Kind binnen drei Wochen dorthin zu bringen und das Gericht 3 Tage vorher davon zu verständigen (Punkt 2 des Beschlusses) und entzog der Mutter für die Dauer des Aufenthaltes des Kindes in der Universitätskinderklinik das Recht auf Pflege und Erziehung (Punkt 3 des Beschlusses).

Das Erstgericht begründete diese Anordnung im wesentlichen damit, daß die Beurteilung der Frage der Elternrechte und der Durchsetzung des Besuchsrechtes des Vaters durch das Verhalten der Mutter derart schwierig geworden sei, daß eine Abklärung in einer ambulanten Begutachtung nicht mehr möglich sei; im übrigen habe die Mutter das Kind bisher auch einer solchen ambulanten Begutachtung entzogen. Es sei daher die Unterbringung des Kindes in der Universitätskinderklinik anzuordnen. Diese habe neben der möglichen Begutachtung für das Kind überdies den Vorteil, daß es dort auch Unterricht erhalte; es sei aktenkundig, daß das Kind seit Monaten keine Schule besuche. Die Eltern könnten das Kind dort besuchen. Für die Dauer des Anstaltsaufenthaltes des Kindes sei der Mutter das Recht auf Pflege und Erziehung zu entziehen, damit sie nicht vor Ablauf der Beobachtungsphase das Kind wieder aus der Klinik herausnehme. Die Dauer des Anstaltsaufenthaltes des Kindes könne noch nicht genau abgeschätzt werden; sie werde sich voraussichtlich zwischen 3 und 6 Wochen bewegen. Für den Fall des angeordneten stationären Krankenhausaufenthaltes des Kindes sei seine Begutachtung durch einen zu bestellenden Sachverständigen beabsichtigt. Die angeordnete Maßnahme diene dem Wohl des Kindes, das derzeit, insbesondere durch das Verhalten seiner Mutter, gefährdet erscheine. Man könne von einer mehrwöchigen Beobachtung des Kindes ein wesentlich aussagekräftigeres Gutachten erwarten, als dies durch eine kurze ambulante Untersuchung überhaupt möglich sei. Mit dem angefochtenen Beschluß des Rekursgerichtes wurde (unter anderem) dieser Beschluß des Erstgerichtes ersatzlos behoben. Das Rekursgericht begründete diese Entscheidung damit, daß es - abgesehen davon, daß das Erstgericht die Maximaldauer des angeordneten stationären Aufenthaltes des Kindes nicht bestimmt habe und daß die Entziehung des Rechtes auf Pflege und Erziehung für die Dauer dieses stationären Aufenthaltes völlig unbegründet sei - im vorliegenden Fall einer derart schwerwiegenden und das Wohl des Kindes möglicherweise beeinträchtigenden Maßnahme noch nicht bedürfe. Das Erstgericht habe bereits einen Sachverständigen bestellt und diesem den Auftrag erteilt, ein Gutachten darüber zu erstatten, ob das Besuchsrecht des Vaters ohne Gefährdung des Kindeswohles ausgeübt werden könne und ob das Wohl des Kindes durch eine allfällige Übersiedlung mit der Mutter in die CSSR gefährdet wäre. Diese Begutachtung habe bisher nicht stattgefunden. Der Akt werde nunmehr erneut dem Sachverständigen zu übermitteln sein, damit dieser die Mutter, das Kind und gegebenenfalls den Vater zur Befundaufnahme vorlade. Sollte sich ergeben, daß die Mutter die Ladungen des Sachverständigen ignoriere, seien entsprechende Zwangsmaßnahmen anzuordnen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit dem (erkennbaren) Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionrekurs ist nicht berechtigt.

Gemäß § 2 Abs.2 Z 5 AußStrG hat das Gericht im außerstreitigen Verfahren alle Umstände und Verhältnisse, die auf die zu treffende Entscheidung Einfluß haben, von Amts wegen zu untersuchen. Bei den vom Erstgericht getroffenen Anordnungen handelte es sich nicht etwa um Maßnahmen im Sinne des § 176 ABGB, sondern um solche, die das Erstgericht im Sinne des § 2 Abs.2 Z 5 AußStrG für erforderlich erachtete, um für die von ihm zu treffenden Sachentscheidungen die erforderlichen tatsächlichen Entscheidungsgrundlagen zu erhalten. Wenn das Rekursgericht zur Gewinnung dieser Entscheidungsgrundlagen die vom Erstgericht getroffenen Anordnungen nicht für erforderlich hielt und andere Maßnahmen für genügend erachtete, kann dem der OGH, der auch im außerstreitigen Verfahren nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz ist (EFSlg.28.371, 28.372, 44.569, 47.129 uva.), nicht entgegentreten. Auf die Zulässigkeit und Zweckmäßigkeit der vom Erstgericht für erforderlich gehaltenen Maßnahmen ist unter diesen Umständen nicht weiter einzugehen.

Dem Revisionsrekurs des Vaters mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

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