Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben und darüber hinaus gemäß § 290 Abs. 1 StPO das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt,
A/ im Schuldspruch des Angeklagten Karl W*** wegen des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG (aF) und § 15 StGB (Punkt I/ des Urteilssatzes) und in dem auf §§ 28 StGB, 12 Abs. 1 SGG (aF) gestützten Strafausspruch sowie B/ weiters insoweit, als im Urteil ein Ausspruch über die Verhängung einer Wertersatz-(Verfallsersatz-)Strafe unterblieben ist, aufgehoben.
Im Umfang der zu A/ bezeichneten Aufhebung wird gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Karl W*** ist schuldig, er hat vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge auszuführen versucht und in Verkehr gesetzt, indem er
1. Ende Mai bis Anfang Juni 1983 in Salzburg ca. 250 Gramm Haschisch an mehrere unbekannte Personen entgeltlich oder unentgeltlich überließ,
2. am 10.Juni 1983 in Arnheim/Holland 250 Gramm Haschisch aus Holland auszuführen versuchte.
Er hat hiedurch das teils vollendete, teils versuchte Verbrechen nach § 12 Abs. 1 SGG nF und § 15 StGB begangen und wird hiefür sowie für die ihm nach den unberührt gebliebenen Teilen des Schuldspruchs weiterhin zur Last fallenden strafbaren Handlungen, nämlich das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB (Punkt II/) und das Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB (Punkt III/), nach §§ 28 StGB, 12 Abs. 1 SGG nF zu einer Freiheitsstrafe von 15 (fünfzehn) Monaten verurteilt. Im übrigen, nämlich im Umfang der Urteilsaufhebung laut B/, wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf die vorstehende Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 44-jährige Karl W*** (zu I/) des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG (aF) und § 15 StGB, (zu II/) des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und (zu III/) des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach §§ 229 Abs. 1 StGB schuldig erkannt und zu 15 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Laut Punkt I/ des Schuldspruchs liegt ihm zur Last, vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer solchen Menge auszuführen versucht und in Verkehr gesetzt zu haben, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen kann, indem er
1. Ende Mai bis Anfang Juni 1983 in Salzburg ca. 250 Gramm Haschisch an mehrere unbekannte Personen entgeltlich oder unentgeltlich überließ,
2. am 10.Juni 1983 in Arnheim (Holland) 250 Gramm Haschisch aus Holland auszuführen versuchte.
Die auf die Z 5 und 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft richtet sich (nur) gegen das Unterbleiben der Verhängung einer Wertersatz-(Verfallsersatz-)Strafe gemäß § 12 Abs. 4 SGG aF in bezug auf die von Punkt I/1 des Schuldspruchs erfaßte Suchtgiftmenge.
Rechtliche Beurteilung
Aus Anlaß der Beschwerde ist zunächst gemäß § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen, daß Punkt I/ des Schuldspruchs insoweit mit einer nicht geltend gemachten Nichtigkeit gemäß der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO zum Nachteil des Angeklagten Karl W*** behaftet ist, als das ihm angelastete bezügliche Tatverhalten nicht dem § 12 Abs. 1 SGG in der Fassung der Suchtgiftnovelle 1985, BGBl. Nr. 184/1985, sondern der genannten Gesetzesstelle in der vor dem 1.September 1985 geltenden Fassung unterstellt worden ist: Bei der Prüfung der Frage, ob das zur Tatzeit in Geltung gestandene oder das zur Zeit der Urteilsfällung geltende Recht günstiger ist (§ 61 StGB), kommt es auf die Gesamtwirkungen an, die den Täter nach dem alten und nach dem neuen Recht treffen. Im vorliegenden Fall ergibt eine Gegenüberstellung alten und neuen Rechts, daß das festgestellte Tatverhalten des Angeklagten sowohl nach den bisherigen, als auch nach den neuen strafgesetzlichen Bestimmungen strafbar wäre, weil die beiden bezüglichen Tathandlungen (insgesamt) 500 Gramm Haschisch betroffen haben, mithin Suchtgift jedenfalls in einer so großen Menge, daß deren Weitergabe geeignet wäre, in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen (§ 12 Abs. 1 zweiter Satz SGG nF). Entscheidendes Beurteilungskriterium bei dem (mangels besonderer Übergangsbestimmungen der Suchtgiftnovelle 1985) nach Maßgabe des § 61 StGB vorzunehmenden Günstigkeitsvergleich sind daher die gesetzlichen Strafsätze. Darnach ist die Tat des Angeklagten nach der alten Fassung des § 12 Abs. 1 SGG mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, nach der korrespondierenden Bestimmung des SGG nF hingegen nur mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren (ohne Untergrenze) bedroht, weil keiner der mit strengeren Strafdrohungen verbundenen Qualifikationsgründe der Abs. 2 bis 4 des § 12 SGG nF in Betracht kommt. Ein Vergleich der Sanktionen beider Fassungen zeigt demnach, daß das Suchtgiftgesetz in der Fassung der Suchtgiftnovelle 1985 - unbeschadet der Verschärfung im Tatbestand, für den es nunmehr ohne Bedeutung ist, auf welche Weise das Suchtgift gegebenenfalls weitergegeben wird, oder werden soll, und der auch subjektiv (bedingten) Vorsatz dahin genügen läßt, daß die Suchtgiftmenge als groß anzusehen ist (vgl. Leukauf-Steininger, Nebengesetze 2 2.ErgH 1985 Anm. B 1, 2 und 5 zu § 12 SGG) - schon im Hinblick auf die mildere Strafdrohung des § 12 Abs. 1 SGG nF als das in seiner Gesamtauswirkung für den Angeklagten günstigere Strafgesetz anzusehen ist (ÖJZ-LSK 1986/85 = 9 Os 53/86; 12 Os 48/86; 10 Os 12/86).
Im übrigen erweist sich die zum Nachteil des Angeklagten ergriffene Beschwerde der Staatsanwaltschaft als berechtigt: Nach Ansicht des Erstgerichtes hatte der Ausspruch einer Wertersatz-(Verfallsersatz-)Strafe zu unterbleiben, weil einerseits das Suchtgift, welches der Angeklagte aus Holland auszuführen versuchte, von den holländischen Behörden sichergestellt werden konnte, und andererseits dem abgesondert verurteilten Johann S*** bereits die gesamte Wertersatz-(Verfallsersatz-)Strafe für die von ihm nach Österreich eingeführte Haschischmenge von 750 Gramm, aus der der Angeklagte in der Folge ca. 250 Gramm in Verkehr gesetzt hat, auferlegt wurde. Der Anklagebehörde ist jedoch beizupflichten, daß die Begrenzung der Summe der mehreren Beteiligten aufzuerlegenden Wertersatz-(vormals Verfallsersatz-)Strafen durch den Erlös bzw., soweit dieser nicht festgestellt werden kann und die Weitergabe unentgeltlich erfolgt, durch den Wert des nicht ergriffenen Suchtgiftes dann nicht Platz greift, wenn mehrere selbständige, dieselbe Suchtgiftmenge betreffende Straftaten vorliegen; wird dieselbe Suchtgiftmenge oder ein Teil davon seitens des jeweiligen Käufers weitergegeben, so ist in der Regel keine Beteiligung mehrerer an ein und derselben Straftat, sondern eine Reihe nacheinander verübter selbständiger strafbaren Handlungen anzunehmen und daher für jeden Täter der jeweils aus seiner Straftat erzielte Erlös für verfallen zu erklären oder, falls der Erlös nicht mehr greifbar ist, in dieser Höhe eine Wertersatzstrafe zu verhängen (vgl. SSt. 48/59 = ÖJZ-LSK 1977/339; 12 Os 54/84, 12 Os 33/85 ua; Kodek, Suchtgiftgesetz, 64 oben). Nach den Urteilsfeststellungen hat sich der Angeklagte Karl W*** gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten Johann S*** nach Holland begeben. Anläßlich dieses Hollandaufenthaltes hat dann Johann S*** 750 Gramm Haschisch erworben und nach Österreich eingeführt, wovon er in Salzburg dem Angeklagten um 7.000 S 250 Gramm verkaufte, welche dieser am Salzburger Drogenmarkt absetzte. Die zu Punkt I/1/ des Schuldspruchs getroffenen Konstatierungen lassen demnach offen, ob der Erwerb des Suchtgifts in Holland zwischen Johann S*** und dem ihn begleitenden Angeklagten abgesprochen war und der Verkauf der von Johann S*** sodann nach Österreich eingeführten Suchtgiftmenge tatplangemäß unter Beteiligung des Angeklagten (arbeitsteilig) erfolgen sollte oder ob die Weitergabe der 250 Gramm Haschisch an den Angeklagten durch S*** und das Inverkehrsetzen dieser Suchtgiftmenge durch ersteren als auf gesonderten Willensentschlüssen beruhende, von einander unabhängige Deliktshandlungen anzusehen sind. Demgemäß haften dem Ausspruch des Gerichtes über das Unterbleiben der Verhängung einer Verfallsersatz-(nunmehr Wertersatz-)Strafe Feststellungsmängel im Sinne der Z 11 des § 281 Abs. 1 (§ 288 Abs. 2 Z 3) StPO an, die insoweit zur Anordnung der Erneuerung des Verfahrens in erster Instanz nötigen.
Im Fall der Annahme nacheinander verübter selbständiger Taten wären im fortgesetzten Verfahren zudem die für die Bemessung der Wertersatzstrafe gemäß § 13 Abs. 2 SGG nF erforderlichen Feststellungen über die Höhe des beim Suchtgiftverkauf erzielten Erlöses bzw., soweit dieser nicht ermittelt werden kann oder Suchtgift unentgeltlich weitergegeben wurde, des Verkehrswerts des Suchtgifts zu treffen. Ferner wäre bei Ausspruch einer Wertersatzstrafe nach § 13 Abs. 2 SGG nF im zweiten Rechtsgang laut dem dritten Satz dieser Bestimmung die Härteklausel des § 12 Abs. 5 SGG nF zu beachten, wonach (auch) von einer solchen Geldstrafe abzusehen ist, soweit diese die Eingliederung eines dem Mißbrauch von Suchtgift ergebenen Verurteilten gefährden würde (vgl. hiezu Leukauf-Steininger aaO Anm. C zu § 13 SGG iVm Anm. C 5 zu § 12 SGG). Es war demnach einerseits der Nichtigkeitsbeschwerde des öffentlichen Anklägers Folge zu geben, andererseits gemäß § 290 Abs. 1 StPO wie aus dem Spruche ersichtlich zu erkennen. Bei der durch die getroffene Sachentscheidung erforderlichen Neubemessung der verwirkten Strafe, die nach § 12 Abs. 1 SGG nF unter Anwendung des § 28 StGB zu erfolgen hatte, konnte der Oberste Gerichtshof im wesentlichen von den bereits vom Schöffengericht festgestellten besonderen Strafzumessungsgründen ausgehen. Darnach ist dem Angeklagten als erschwerend anzulasten, daß er (mehrfach) einschlägig (nämlich in bezug auf das Vergehen der Körperverletzung) vorbestraft ist, insgesamt vier Personen verletzt hat und ihm mehrere strafbare Handlungen verschiedener Art zur Last fallen, während ihm als mildernd zugute zu halten ist, daß er überwiegend geständig war, ein Teil des Suchtgifts sichergestellt werden konnte und das Verbrechen nach § 12 Abs. 1 SGG in einem Fall beim Versuch geblieben ist.
Wenngleich der Angeklagte, wie seine Vorstrafen wegen Körperverletzungsdelikten zeigen, die körperliche Integrität seiner Mitmenschen ersichtlich gering achtet, weil er immer wieder gegen andere Personen gewalttätig wird, und ihm das Verbrechen nach § 12 Abs. 1 SGG in zwei verschiedenen Erscheinungsformen (versuchte Einfuhr von Suchtgift; Inverkehrsetzen von Suchtgift) zur Last fällt, wobei allerdings die Suchtgiftmenge nicht allzu groß ist, erscheint (auch) dem Obersten Gerichtshof eine Strafe in der Dauer von 15 Monaten als (noch) tatschuldangemessen. Die Freiheitsstrafe war daher - so wie schon in erster Instanz - in dieser Höhe zu bemessen.
Mit ihrer Berufung war die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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