OGH 3Ob622/85

OGH3Ob622/8517.9.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Hule, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*** U*** AG für elektrische Industrie, Penzingerstraße 76, 1140 Wien, vertreten durch Dr. Werner Masser, Dr. Ernst Grossmann und Dr. Eduard Klingsbigl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei S*** O***/INN,

4982 Obernberg am Inn, vertreten durch Dr. Walter Hasibeder, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wegen Anfechtung von Rechtshandlungen des Schuldners (Streitwert S 480.000,--) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 22.Mai 1985, GZ 2 R 26/85-29, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 19.November 1984, GZ 3 Cg 350/83-20, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 20.107,-- (darin S 1.391,50 Umsatzsteuer und S 4.800,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Johann und Gertraud H*** hatten den Rahmen des ihnen von der beklagten Sparkasse eingeräumten Kontokorrentkredites bis 1982 um rund S 350.000,-- überzogen. Zur Besicherung hatte der Stiefgroßvater der Schuldnerin Gertraud H*** Josef D*** die Bürgschaft übernommen. Zwei weitere Kontokorrent- und Abstattungskredite der Eheleute bei der Beklagten waren unbesichert. Helmut P*** der Beklagten bearbeitete diese Kreditgeschäfte. Er besprach mit der Schuldnerin im Sommer 1982 die Notwendigkeit der Pfandrechtsbegründung an der der Schuldnerin und dem Bürgen je zur Hälfte gehörenden Liegenschaft EZ 48 KG Obernberg, weil der Bürge zur Ausweitung seiner Bürgschaft nicht bereit war. Diese bücherliche Sicherung der Forderungen der Beklagten aus gewährtem Kredit scheiterte vorerst wenn nicht an der Einwilligung des Bürgen und Hälfteeigentümers so doch an seinem damals schon sehr schlechtem Gesundheitszustand. Die Schuldnerin deutete an, Josef D*** werde seine Liegenschaftshälfte auf sie übertragen. Der Vorstandsdirektorstellvertreter Helmut P*** der Beklagten wollte die weitere Entwicklung abwarten und teilte mit, eine weitere Kreditüberziehung werde nicht genehmigt. Am 27.September 1982 starb Josef D***. Er hatte letztwillig die Schuldnerin als Alleinerbin eingesetzt.

Die Schuldnerin Gertraud H*** betrieb unter der Bezeichnung "Elektro-H***" in Obernberg am Inn den Handel mit Elektrogeräten. Sie war von der klagenden Elektroindustrieunternehmung zu AZ 29 Cg 793/82 beim Handelsgericht Wien auf Zahlung des Kaufpreises für gelieferte Waren geklagt worden und hatte sich am 26. November 1982 mit gerichtlichem Vergleich zur Zahlung von S 560.000,-- und S 20.000,-- Prozeßkosten bis 1.März 1983 an die Klägerin verpflichtet; sie sollte sich nach Inhalt des Vergleiches von dieser Verbindlichkeit durch Zahlung von je S 206.000,-- bis 31. Jänner 1983 und 28.Feber 1983 befreien können.

Am 16.Dezember 1982 bewilligte der Vorstand der beklagten Sparkasse auf Ansuchen der Schuldnerin und ihres Ehemannes zur Abdeckung der bestehenden Überziehungen und Zahlungsrückstände die Krediteinräumung. Den Kreditantrag und die schriftliche Zusage zur Gewährung eines Hypothekarkredites von S 600.000,-- auf 20 Jahre Laufzeit bei monatlichen Tilgungsraten von S 6.500,-- ab 1. April 1983 unterfertigte nur die Schuldnerin Gertraud H***. Die von der Beklagten vorbereitete Pfandbestellungsurkunde wurde noch am 16. Dezember 1982 mit einem Vormerkblatt dem Notar Dr.Anzenberger überbracht, der am selben Tag von der Beklagten den Auftrag erhielt, nach Abschluß des Verlassenschaftsverfahrens nach Josef D*** die Einverleibung des Pfandrechts für die Darlehensforderung der Beklagten auf der ganzen Liegenschaft EZ 48 KG Obernberg zu erwirken. Der Notar Dr.Anzenberger war als Gerichtskommissär mit der Abhandlung der Verlassenschaft nach Josef D*** betraut. Das schriftliche Testament mit der Erbseinsetzung der Schuldnerin wurde am 23.Dezember 1982 kundgemacht.

Noch vor Ende Jänner 1983 versuchte die Schuldnerin, unter Vorlage einer Vergleichsausfertigung vom 26.November 1982 von der beklagten Sparkasse eine weitere Überziehung ihres Kreditrahmens zu erreichen, um die erste Rate an die Klägerin leisten zu können und sich die Begünstigung des Schuldnachlasses zu erhalten. Die Beklagte lehnte das Ansinnen ab. Die Beklagte wußte nun, daß die Forderung der Klägerin gegen die Schuldnerin von S 560.000,-- und S 20.000,-- an Kosten am 1.März 1983 fällig und vollstreckbar werde. Ihr Helmut P*** kam mit dem Notar Dr.Anzenberger telefonisch überein, daß bis zur möglichen Verbücherung des Vertragspfandrechtes zugunsten der Beklagten auf der ganzen Liegenschaft eine Grundbuchssperre durch die Einverleibung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes erwirkt werden müsse, weil infolge der der Beklagten bekannten Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin damit zu rechnen war, daß die Klägerin auf Grund des gerichtlichen Vergleiches Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung betreiben werde, sobald die Vollstreckbarkeit eingetreten war.

Am 10.März 1983 belehrte der Notariatskandidat Dr.Raab im Auftrag des Notars Dr.Anzenberger die Schuldnerin und dann auch deren Ehemann, es sei erforderlich, daß ein Veräußerungs- und Belastungsverbot zugunsten des Ehemannes auf der Liegenschaftshälfte der Schuldnerin einverleibt werde, weil sonst eine vorrangige zwangsweise Pfandrechtsbegründung auf dieser Hälfte zugunsten der Klägerin drohe. Man könne sich nämlich die Zahlung der zweifachen Eintragungsgebühr ersparen, wenn mit der Einverleibung des Vertragspfandrechtes zugunsten der Beklagten zugewartet werde, bis die Einverleibung auch auf dem im Erbwege auf die Schuldnerin übergegangenen zweiten Hälfteanteil erfolgen könne. Die Ehegatten waren mit der ihnen vom Notariatskandidaten vorgeschlagenen Regelung einverstanden und wußten, daß dadurch kostensparend das Vertragspfandrecht zugunsten der Beklagten vor einem exekutiven Pfandrecht zugunsten der Klägerin begründet werden sollte. Der Beklagten ging es nur darum, für ihre Forderungen einen Pfandrang vor dem für die Klägerin zu erwartenden Zwangspfandrecht zu erlangen. Nach Rückstellung des Verlassenschaftsaktes an das Verlassenschaftsgericht errichtete der Notar am 15.März 1983 eine Urkunde über eine Vereinbarung der Eheleute, daß zugunsten des Mannes auf der Liegenschaftshälfte der Frau das Veräußerungs- und Belastungsverbot vereinbart werde. Mündlich war aber bereits abgesprochen, daß die Einverleibung des Vertragspfandrechtes zugunsten der Beklagten dadurch nicht behindert werde. Auf Grund dieser Urkunde wurde auf der Hälfte der Schuldnerin an der Liegenschaft EZ 48 KG Obernberg das Veräußerungs- und Belastungsverbot zugunsten des Ehemannes der Schuldnerin im Rang COZ 34 einverleibt und daher der von der Klägerin am 28.März 1983 eingebrachte Antrag auf Bewilligung der Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung mit Beschluß des Bezirksgerichtes Obernberg vom 4.Mai 1983, GZ E 597/83-2, unter Bewilligung der Fahrnisexekution zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung der Klägerin von S 460.000,-- s.A. abgewiesen.

Die Schuldnerin und die Beklagten waren seit spätestens 10. März 1983 darüber einig, daß die Schuldnerin ihre Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin nicht erfüllen konnte und daher eine Grundbuchssperre durch Einverleibung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes erfolgen sollte. Die Schuldnerin ließ durch ihren Rechtsvertreter vom 7.März 1983 bis 22. März 1983 Gespräche mit der Klägerin führen, um die zwangsweise Pfandrechtsbegründung zu verhindern. Die Schuldnerin unterbreitete durch ihren Vertreter wiederholt Zahlungszusagen oder Zahlungsvorschläge, hielt aber alle Versprechen nicht ein. Am 25.April 1983 erhob die Klägerin zum AZ 2 Cg 113/83 des Kreisgerichtes Ried im Innkreis gegen den Ehemann der Schuldnerin die Anfechtungsklage. Sie erwirkte zu COZ 36 in der EZ 48 KG Obernberg die Anmerkung dieser Klage, der mit dem Versäumungsurteil vom 23.Juni 1983 stattgegeben wurde. Der Ehemann der Schuldnerin wurde schuldig erkannt, die Exekutionsführung der Klägerin durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung und Zwangsversteigerung der Hälfte der Liegenschaft EZ 48 KG Obernberg für die vollstreckbare Forderung von S 460.000,-- und S 20.000,-- Prozeßkosten zu dulden und in die Löschung des zu COZ 34 einverleibten Veräußerungs- und Belastungsverbotes einzuwilligen. Inzwischen war auf Grund der am 2.Mai 1983 vom Notar Dr.Anzenberger überreichten Grundbuchsgesuche ob dem Hälfteanteil des Josef D*** auf Grund der Einantwortungsurkunde vom 20. April 1983 zu BOZ 15 das Eigentumsrecht der Schuldnerin und auf Grund der Pfandbestellungsurkunde vom 29.März 1983 und der Zustimmungs- und Vorrangeinräumungserklärung vom 28.März 1983 das Pfandrecht für den Kredithöchstbetrag von S 720.000,-- in COZ 37 zugunsten der Beklagten auf der ganzen Liegenschaft einverleibt worden.

In COZ 38 wurde auf der im Erbwege auf die Schuldnerin übergegangenen Liegenschaftshälfte mit Beschluß des Bezirksgerichtes Obernberg vom 16.Mai 1983 zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung der Klägerin von restlich S 460.000,-- und der Kosten von S 20.000,--, S 5.271,-- und S 10.388,44 die Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung vollzogen.

Am 6.September 1983 bewilligte das Bezirksgericht Obernberg die Einverleibung der Löschung des zu COZ 34 einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbotes zugunsten des Ehemannes der Schuldnerin und die Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung zur Hereinbringung der restlichen Forderung von S 460.000,-- und der Kosten auf der zweiten Hälfte der Liegenschaft EZ 48 KG Obernberg, deren Gesamtwert S 674.000,-- beträgt. Bei Abzug einer Wertminderung von 15 % beträgt der Schätzwert einer Liegenschaftshälfte S 286.450,--. Die Liegenschaft war zu COZ 30 mit einem Höchstbetragspfandrecht zugunsten der Volksbank registrierte Genossenschaft m.b.H. Altheim von S 216.000,--, zu COZ 31 mit dem Höchstbetragspfandrecht zugunsten der Raiffeisenkasse Geinberg registrierte Genossenschaft mit unbeschränkter Haftung von S 84.000,--, die Hälfte der Schuldnerin zu COZ 32 mit dem Pfandrecht für die vollstreckbare Forderung der AVA-Bank Gesellschaft m.b.H. von S 41.432,-- samt Anhang, und die ganze Liegenschaft zu COZ 33 mit dem Pfandrecht zugunsten der Darlehensforderung des Landes Oberösterreich von S 72.000,-- samt Anhang belastet.

Am 27.März 1984 eröffnete das Kreisgericht Ried im Innkreis auf Antrag der Schuldnerin über ihr Vermögen das Ausgleichsverfahren. Die Klägerin meldete ihre restliche Forderung an Kapital von S 460.000,-- samt Anhang an. Der Ausgleichsverwalter hat die angemeldete Forderung bis auf die Zinsen anerkannt. Der zwischen der Schuldnerin und ihren Gläubigern am 20.Juni 1984 mit der Verpflichtung zur Zahlung einer Quote von 50 % an die nicht bevorrechteten Gläubiger in 20 Monatsraten ab dem 6.September 1984 abgeschlossene Ausgleich wurde mit Beschluß des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 25.Juli 1984, GZ Sa 5/84-14 bestätigt. Am 5.September 1983 erhob die Klägerin gegen die Beklagte die Anfechtungsklage. Sie begehrt die Feststellung, daß die zwischen der Schuldnerin und ihrem Ehemann einerseits und der Beklagten andererseits abgeschlossene Zustimmung und Vorrangeinräumungserklärung und der zwischen der Schuldnerin und der Beklagten am 29.März 1983 geschlossene Pfandbestellungsvertrag sowie das in COZ 37 auf der Liegenschaftshälfte der Schuldnerin einverleibte Pfandrecht der Klägerin gegenüber unwirksam sind, und weiters die Duldung und Zustimmung zur Führung der Realexekution zur Hereinbringung der Forderung der Klägerin von S 460.000,-- samt Anhang auf Grund des Vergleiches des Handelsgerichtes Wien vom 26. November 1982, GZ 29 Cg 793/82-4, und des Versäumungsurteiles des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 23.Mai 1983, GZ 2 Cg 113/83-2, sowie des Beschlusses des Bezirksgerichtes Obernberg am Inn vom 4.Mai 1983, GZ E 597/83-2, im Range vor dem zugunsten der Beklagten einverleibten Pfandrecht in COZ 37 der EZ 48 KG Obernberg. Die Schuldnerin habe auf ihre im gerichtlichen Vergleich vom 26.November 1982 festgestellte Schuld nur am 3. Feber 1983 eine Teilzahlung von S 100.000,-- geleistet. Sie habe während der Verzögerung der Exekutionsführung durch haltlose Zahlungsversprechen das Veräußerungs- und Belastungsverbot vereinbart, das zur Abweisung des am 28.März 1983 nach Erteilung der Vollstreckbarkeitsbestätigung am 7.März 1983 gestellten Exekutionsantrages der Klägerin führte. Der Ehemann der Schuldnerin habe in Kenntnis der Verschuldung seiner Frau zugunsten der Beklagten am 28.März 1983 und 2.Mai 1983 seine Zustimmungsund Vorrangeinräumungserklärung abgegeben, wodurch es der Beklagten möglich wurde, in einem Rang vor COZ 34 pfandrechtliche Sicherstellung für ihre Kreditforderungen durch ein Höchstbetragspfandrecht von S 720.000,-- zu erlangen. Die Klägerin sei im Zusammenwirken der Eheleute Gertraud und Johann H*** und der Beklagten insoferne benachteiligt worden, als ihr durch das Vorgehen der Beklagten eine pfandrechtliche Sicherstellung in einem befriedigungstauglichen Rang genommen wurde. Der Beklagten habe die Verschuldung der Gertraud H***, aber auch ihre und ihres Ehemannes Benachteiligungsabsicht bekannt sein müssen. Die Beklagte trat dem Anfechtungsbegehren entgegen. Das Erstgericht gab dem Leistungsbegehren statt und lehnte eine Erledigung des Feststellungsbegehrens unter Hinweis auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung (SZ 44/19) ab, weil es sich dabei um keinen selbständigen Klagsanspruch handle. Das Erstgericht sah die Voraussetzungen für die Anfechtung nach § 2 Z 2 AnfO als gegeben an, weil die Schuldnerin wegen des drohenden Zugriffs der Klägerin auf ihre Liegenschaftshälfte ihrem Ehemann das Belastungs- und Veräußerungsverbot einräumte, um der Beklagten einen Pfandrang vor dem der Klägerin zu sichern. Zu der der Beklagten bekannten Benachteiligungsabsicht trete der Umstand, daß das Vorgehen besonderen fraudolosen Charakter zeige. Die Schuldnerin habe die Grundbuchssperre auf Grund der Belehrung durch die Beklagte, daß dies zur Sicherung ihres Pfandranges erforderlich sei, vorgenommen. Daß dies geschah, um ihr die zweimalige Entrichtung der Eintragungsgebühr zu ersparen, schließe die Benachteiligungsabsicht ebensowenig aus, wie die Tatsache, daß die Beklagte ihrerseits auf Sicherstellung in der Zeit und in der Art Anspruch gehabt habe. Die Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung sei gegeben. Die Frist sei eingehalten. Der Anfechtungsanspruch werde auch durch den gerichtlich bestätigten Ausgleich der Schuldnerin nicht berührt. Das Berufungsgericht änderte dieses stattgebende Urteil des Erstgerichtes infolge der Berufung der Beklagten dahin ab, daß es das Begehren abwies. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 300.000,-- übersteigt.

Auch das Berufungsgericht legte seiner Entscheidung den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt zugrunde. Es kam aber zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung dieser Tatsachen. Das Erstgericht habe in Übereinstimmung mit der Entscheidung SZ 18/21 erkannt, daß außerhalb eines Konkurses eine Benachteiligung eines Gläubigers nicht schon dann vorliegt, wenn die ältere richtige Forderung gesichert wird und dadurch die jüngere Forderung nicht zum Zug kommt. Daß besondere Umstände hinzuträten, aus denen die Benachteiligungsabsicht erkennbar werde, stimme nicht. Die Forderungen der Beklagten seien schon vor dem 16.Dezember 1982 bestehend und besicherungsfähig gewesen. Die Forderung der Klägerin sei erst seit dem 1.März 1983 fällig. Der Beklagten sei es auch dann, wenn sie um die Verbindlichkeiten der Schuldnerin bei der Klägerin gewußt hätte, was unbewiesen sei, zugestanden, ab dem 16. Dezember 1982 ihren Pfandrang auf der damals schon im Eigentum der Schuldnerin gestandenen Liegenschaftshälfte vor der erst später fällig werdenden Forderung der Klägerin zu sichern. Sie habe dem Notar auch den Verbücherungsauftrag erteilt. Daß nicht sogleich die beglaubigte Unterfertigung der Pfandbestellungsurkunde, zu der die Schuldnerin zweifellos bereit gewesen wäre, erfolgte, sei auf den Rat des Notars oder des für ihn tätigen Kandidaten zurückzuführen, zur Einsparung von Gerichtsgebühren zuzuwarten, bis auch die zweite der Schuldnerin vererbte Liegenschaftshälfte in ihr Eigentum gelangt war und dann die Einverleibung des Vertragspfandrechtes im Sinne der getroffenen Vereinbarung unter einem auf der ganzen Liegenschaft erfolgen konnte. Daß die Schuldnerin und ihr Ehemann dem Rat des rechtskundigen Notariatskandidaten folgten und sich darauf einließen, zunächst ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zu vereinbaren und einverleiben zu lassen, bis die Verlassenschaft nach dem Eigentümer der zweiten Hälfte der Liegenschaft mit der Einantwortung des Nachlasses an die Schuldnerin beendet sei, könne nicht auf ihre Benachteiligungsabsicht schließen lassen, weil nach ihrer Vorstellungswelt jedenfalls der beklagten Sparkasse der bessere Rang zukommen mußte. Wie dies gesichert wurde, konnten sie dem rechtskundigen Berater überlassen. Liege gar keine Benachteiligungsabsicht vor, könne auch der Beklagten nicht vorgeworfen werden, sie habe von dieser Benachteiligungsabsicht Kenntnis gehabt oder Kenntnis haben müssen. Daß die Schuldnerin schon bei Abschluß des gerichtlichen Vergleiches am 26.November 1982 die Absicht verfolgte, den Fälligkeitstermin der Forderung der Klägerin hinauszuschieben, um Zeit zu gewinnen, der Beklagten für ihre damals (ebenfalls) schon bestehenden Kreditforderungen den bevorzugten Pfandrang zu sichern, sei nicht bewiesen und schon gar nicht, daß diese Absicht der Beklagten bekannt sein mußte. Der Schuldnerin sei es nur darauf angekommen, zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin möglichst viel Zeit zu gewinnen. Daß die Schuldnerin nach Eintritt der Fälligkeit und Vollstreckbarkeit der Forderung der Klägerin durch ihren Rechtsanwalt die Klägerin mit nicht erfüllbaren Zahlungszusagen hinhielt, könne eine nach § 2 AnfO verpönte Rechtshandlung darstellen, wenn sie damit das Ziel verfolgte, die Klägerin von der Einbringung des Exekutionsantrages abzuhalten. Darauf sei aber die Anfechtungsklage nicht gestützt. Auch sei nicht erwiesen, daß die Beklagte von einer listigen Einwirkung der Schuldnerin auf die Klägerin Kenntnis haben konnte, womit sie die Exekutionsführung hinausschob. Das Gericht sei an den geltend gemachten Anfechtungsgrund gebunden, der aber nicht vorliege. Gegen dieses abändernde Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer nach § 502 Abs 4 Z.2 ZPO zulässigen Revision. Sie macht die Revisionsgründe nach dem § 503 Abs 1 Z.2 und Z.4 ZPO geltend und beantragt, das Berufungsurteil dahin abzuändern, daß das Urteil des Erstgerichtes wieder hergestellt wird. Hilfsweise fügt die Klägerin dem Antrag bei, das Berufungsurteil aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht oder das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt, der Revision der Gegnerin nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der behauptete Verfahrensmangel liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO), weil sich aus den Entscheidungsgründen des erstrichterlichen Urteils mit aller Deutlichkeit ergibt, daß der Umweg durch Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes statt der sofortigen Einverleibung des Vertragspfandrechtes auf der schon seit 1975 im Eigentum der Schuldnerin gestandenen Liegenschaftshälfte nicht auf Betreiben der Beklagten sondern des mit der Verbücherung des vereinbarten Höchstbetragspfandrechtes zur Besicherung schon bestehender Verbindlichkeiten der Schuldnerin betrauten Notars oder des für ihn tätigen Notariatskandidaten erfolgte, der solcherart der Schuldnerin die Entrichtung der doppelten Eintragungsgebühr ersparen wollte. Das Berufungsgericht ist daher von dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt nicht in unzulässiger Weise und ohne eigene Beweisaufnahme abgegangen, wenn es die Unschärfe in der rechtlichen Beurteilung durch das Erstgericht aufgriff und darauf hingewiesen hat, daß diese Vorgangsweise auf den Rat des rechtskundigen Notars oder seines Gehilfen nicht aber auf einen Wunsch der Beklagten zurückzuführen war. Ob der Rechtsanwalt der Schuldnerin die Klägerin vom 7. März 1983, als die Vergleichsausfertigung mit der Vollstreckbarkeitsklausel versehen wurde, bis zum 28.März 1983, als die Klägerin ihren Exekutionsantrag einbrachte, durch unerfüllbare Zahlungsversprechen hinhielt, ist deshalb nicht von entscheidungserheblicher Bedeutung, weil darauf und auf ein Kennenmüssen dieser benachteiligenden Rechtshandlung die Anfechtungsklage nicht gegründet ist.

Auch die Rechtsrüge versagt. Es ist nicht einzusehen, weshalb die Schuldnerin die von ihr eingegangenen Verbindlichkeiten bei der beklagten Sparkasse nicht durch Einräumung des vertraglichen Pfandrechtes besichern durfte, auch wenn sie wissen mußte, daß sie weitere bedeutende unbesicherte Verbindlichkeiten etwa gegenüber der Klägerin aber wohl auch einer Reihe weiterer Gläubiger hatte, wie sich aus den Forderungsanmeldungen im später durchgeführten Ausgleichsverfahren ergibt, in denen auch andere in das Jahr 1982 zurückreichende Verbindlichkeiten aufscheinen. Es wäre daher im Sinne des § 2 AnfO unbedenklich gewesen, wenn im Sinne der Übereinkunft vom 16.Dezember 1982 zwischen der Schuldnerin und der Beklagten zur Sicherstellung ihrer durch Kreditüberziehung entstandenen Forderungen das Vertragspfandrecht zunächst durch die Einverleibung auf die eine Hälfte der Liegenschaft EZ 48 KG Obernberg, der kein Hindernis im Wege stand, und nach Einantwortung und bücherlicher Einverleibung des dadurch herbeigeführten Eigentumsüberganges auf die Schuldnerin an der zweiten Liegenschaftshälfte durch die Einverleibung auf diese Hälfte begründet worden wäre. Die Klägerin hatte auf Grund der Vereinbarung des Fälligkeitstermines mit 1.März 1983 vor diesem Zeitpunkt keine Möglichkeit, durch Exekution einen früheren Rang zu erlangen, und hätte, wenn es nicht zur Beendigung des Rechtsstreites mittels des gerichtlichen Vergleiches vom 26.November 1982 gekommen wäre, auch kaum früher ein vollstreckbares Urteil erlangt. Sie mußte damit rechnen, daß andere Gläubiger der Schuldnerin vor ihr auf das Vermögen greifen oder sich Sicherheiten verschaffen könnten. Wie die Vorinstanzen richtig erkannten, decken sich die anfechtbaren Tatbestände bei der Einzelanfechtung zum großen Teil mit denen des Konkursrechtes (§ 2 AnfO - § 28 KO; Bartsch-Heil, Insolvenzrecht 4 Rz 386), so daß der Anfechtende die Benachteiligungsabsicht des Schuldners zu beweisen hat und weiters, daß der Gegner diese Absicht kennen mußte; doch müssen besondere Umstände hinzutreten, daß von einer Benachteiligungsabsicht gesprochen werden kann, wenn der Schuldner außerhalb des Konkurses eine ältere richtige Forderung bezahlt oder auch besichert und dadurch ein anderer Gläubiger in seiner Befriedigung verletzt wird (SZ 18/21 und auch OGH 26. Juni 1964 1 Ob 64/64). Daß sich die Schuldnerin veranlaßt sah, nach erheblicher Überziehung des ihr eingeräumten Kreditrahmens und Wegfall der Sicherheit durch die Bürgschaft dem Verlangen der Beklagten nach Hypothekarbesicherung nachzukommen und zur Sicherstellung ihrer schon längst aufgelaufenen Verbindlichkeiten ein Pfandrecht auf der zur Hälfte schon seit 1975 zur anderen Hälfte auf Grund des Erbganges nach dem Personalbürgen an sie fallenden Liegenschaft zu gewähren, zeigt eine Absicht, damit ihre anderen Gläubiger zu benachteiligen, nicht mit der erforderlichen Sicherheit auf. Daß dann nicht sogleich die Einverleibung des Höchstbetragspfandrechtes auf der einen Hälfte veranlaßt sondern, weil der mit der Abwicklung betraute Notar, der zugleich Gerichtskommissär im Verlassenschaftsverfahren war, dessen Beendigung abwarten und die Verbücherung des Pfandrechtes auf der ganzen Liegenschaft vornehmen lassen wollte, obwohl er durch seinen Rat für einen Ausfall an Sicherheit der Beklagten gehaftet hätte, wenn dadurch ein anderer Gläubiger der Schuldnerin zuvorgekommen wäre, und daß sich die Schuldnerin auf sein Anraten dazu verstand, daß nicht sogleich das Pfandrecht auf der einen Liegenschaftshälfte einverleibt sondern diese nur dem Zugriff durch Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes entzogen wurde, kann ihr in Anbetracht der ihr gegebenen Begründung, daß sonst zweimal die Eintragungsgebühr anfalle, was bei der angespannten Finanzlage der Schuldnerin gewiß ins Gewicht fiel, nicht als Benachteiligungsabsicht gegenüber der Klägerin ausgelegt werden, weil diese dadurch nicht schlechter gestellt war, als wäre sogleich der Pfandrang für die Beklagte gewahrt worden. Es nützt der Klägerin daher nicht, daß Voraussetzung für die Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäftes nicht der Umstand ist, daß die angefochtene Handlung allein in der Absicht erfolgte, den Anfechtenden zu benachteiligen, sondern auch diese Nebenabsicht oder dolus eventualis genügen soll (EvBl 1978/158 ua.), weil die Benachteiligungsabsicht der Schuldnerin in der von der Klägerin als Anfechtungsgrund herangezogenen Vorgangsweise nicht erblickt werden kann. Daß die Vereinbarung und bücherliche Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes nur dazu dienen sollte, den der Beklagten zugesagten früheren Sicherungsrang zu verschaffen, ist festgestellt, so daß die auch angefochtene Zustimmungs- und Vorrangeinräumungserklärung selbst nur in Zuhaltung der vertraglichen Vereinbarungen erfolgte.

Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsirrtum die Voraussetzungen des Einzelanfechtungsanspruches, wie ihn die Klägerin erhoben hat, als nicht vorliegend angesehen, weil es schon am Nachweis der Benachteiligungsabsicht der Schuldnerin fehlt und damit der Frage des Bekanntseinmüssens einer solchen Absicht (§ 2 Z 2 AnfO) keine Bedeutung zukommen kann.

Der Revision der Klägerin ist nicht stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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