Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes mit folgendem Wortlaut wiederhergestellt wird:
"Der Beklagten wird bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieses Verfahrens verboten, das vom Kläger 1966 hergestellte Farb-Lichtbild Kennzeichen-Nummer L 10-A/96, Format 13 x 18 cm, darstellend den Hopfensee bei Füssen mit Blick zum Säuling, ohne entsprechende Werknutzungsbewilligung zu vervielfältigen oder zu verbreiten."
Der Kläger hat die Kosten seiner Rekursbeantwortung und seines Revisionsrekurses vorläufig selbst zu tragen; der Antrag der Beklagten auf Zuspruch von Kosten für den Rekurs und die Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.
Text
Begründung
Der klagende Berufsfotograf hat im Jahr 1966 ein Farbdia im Format 13 x 18 cm, Kennzeichen-Nummer L 10-A/96, darstellend den Hopfensee bei Füssen mit Blick zum Säuling, aufgenommen. Das Bild wurde auf Grund einer Werknutzungsbewilligung zur Herstellung von Bildtapeten verwendet.
Die beklagte Gesellschaft befaßt sich ua mit der gewerbsmäßigen Herstellung von Fotografien für die Werbewirtschaft. Ihr Geschäftsführer, Christian S***, kaufte im Jahr 1979 eine solche Bildtapete bei einer Münchner Firma; er sagte dabei ausdrücklich, daß er die Tapete - welche keinen Hinweis auf Schutzrechte dritter Personen, insbesondere auch nicht auf solche des Klägers, enthielt - in seinem Betrieb zur Gestaltung von Werbeaufnahmen benützen werde. In der Folge verwendete die Beklagte die gekaufte Bildtapete tatsächlich als Hintergrund einer Werbeaufnahme für Markisen. Dieses Werbefoto wurde sodann im Katalog der R***-Werke GmbH in Rettenbach/Günzburg - einer Markisenherstellerin - veröffentlicht.
Mit der Behauptung, daß die Beklagte das urheberrechtlich geschützte Lichtbild ohne seine Zustimmung reproduziert und dann widerrechtlich an die R***-Werke zur Veröffentlichung als Hintergrundmotiv weitergegeben habe, begehrt der Kläger, zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches der Beklagten mit einstweiliger Verfügung die Veröffentlichung, Verbreitung und Reproduktion von Aufnahmen, an denen dem Kläger das Urheberrecht zusteht, ohne entsprechende Werknutzungsbewilligung zu untersagen.
Die Beklagte hat sich gegen diesen Sicherungsantrag ausgesprochen. In der Werbefotografie würden zur Gestaltung von Hintergründen branchenüblich auch Bildtapeten verwendet, wie sie in einschlägigen Fachgeschäften zu kaufen seien. Die Beklagte habe die nach dem Farbdia des Klägers hergestellte Bildtapete in einem Münchner Fachgeschäft erworben und dabei ausdrücklich auf die beabsichtigte Verwendung hingewiesen. Die gekaufte Tapete habe keinen Hinweis darauf enthalten, daß ihr ein Foto des Klägers zugrunde liegt; auch beim Kauf sei keinerlei Einschränkung in der Richtung gemacht worden, daß sie nicht auf anderen Fotografien aufscheinen dürfte. Da die Beklagte zur Herstellung ihres Werbefotos nicht das Dia des Klägers, sondern die gekaufte Bildtapete und damit einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens bestimmungsgemäß verwendet habe, könne von einer Vervielfältigung oder Verbreitung eines Lichtbildes überhaupt nicht gesprochen werden. Davon abgesehen, fehle es auch an einem Verschulden der Beklagten, welche beim Kauf der Bildtapete die branchenübliche Sorgfalt angewendet habe.
Das Erstgericht verbot der Beklagten die Veröffentlichung, Verbreitung und Reproduktion von Lichtbildern, Format 13 x 18 cm, mit der Kennzeichen-Nummer L 10-A/96, darstellend den Hopfensee bei Füssen mit Blick zum Säuling, an denen dem Kläger das Urheberrecht zusteht, ohne Einholung einer Werknutzungsbewilligung. Die - wenngleich auch nur ausschnittsweise - Verwendung der Bildtapete zur Gestaltung des Hintergrundes einer Werbefotografie sei eine Bearbeitung des ursprünglichen Werkes, deren Verwertung, insbesondere durch Vervielfältigung und Verbreitung, der Zustimmung des Urhebers des Originalwerkes bedürfe; eine solche Zustimmung des Klägers sei aber von der Beklagten nicht einmal behauptet worden. Auf die Branchenüblichkeit ihres Verhaltens könne sich die Beklagte schon deshalb nicht mit Erfolg berufen, weil der Unterlassungsanspruch nach § 81 UrhG kein Verschulden voraussetze. Auch die Wiederholungsgefahr sei bescheinigt, so daß die einstweilige Verfügung antragsgemäß habe erlassen werden müssen. Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteigt und der Revisionsrekurs zulässig sei. Da die von der Beklagten erworbene Bildtapete nicht auf die nach § 12 UrhG erforderliche Art gekennzeichnet war, sei die Vermutung der Herstellerschaft des Klägers nicht begründet worden; gemäß § 13 UrhG gelte vielmehr bei solchen Lichtbildern auch der Verbreiter als mit der Verwaltung der Verwertungsrechte betrauter Bevollmächtigter des Herstellers. Daß die Beklagte die Bildtapete nicht bei jenem Unternehmer bzw. bei jenem Verleger erworben hätte, der auf Grund einer Werknutzungsbewilligung das Farbdia des Klägers zur Gestaltung dieser Tapete verwendet hatte, sei vom Kläger nicht vorgebracht worden; ebensowenig habe er behauptet, daß sie die gekaufte Bildtapete ohne Zustimmung dieses Verlegers verwertet hätte. Die gemäß § 13 UrhG zu vermutende Bevollmächtigung könne nach außenhin nicht beschränkt werden; sie umfasse gemäß § 1029 ABGB alles, was die Verwaltung selbst erfordere und gewöhnlich damit verbunden sei. Da die Beklagte beim Kauf ausdrücklich darauf hingewiesen habe, daß die Bildtapete zur Gestaltung von Werbeaufnahmen verwendet werde, ein Hinweis auf die Herstellung des Dias durch den Kläger jedoch gefehlt habe, habe die Beklagte Ansprüche des Klägers nicht verletzen können. Bei einem gewerbsmäßig hergestellten Lichtbild, wie es hier vorliege, könnte im übrigen gemäß § 74 Abs 1, letzter Satz, UrhG nur der Hersteller des Bildes, also in der Regel der Drucker oder der Verleger, als Schutzberechtigter angesehen werden. Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Wiederherstellung des Beschlusses der ersten Instanz abzuändern.
Die Beklagte beantragt, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die mit der gewerbsmäßigen Verwertung einer Bildtapete, welche keinen Hinweis auf den Hersteller des ihr zugrunde liegenden Lichtbildes trägt, zusammenhängenden Rechtsfragen bisher noch nicht an den Obersten Gerichtshof herangetragen worden sind; ihre Klärung ist über den konkreten Fall hinaus von erheblicher Bedeutung für die Rechtseinheit, Rechtssicherheit und Rechtsentwicklung (§ 502 Abs4 Z 1, § 528 Abs 2 ZPO). Das Rechtsmittel ist aber auch begründet:
Der Kläger leitet sein Unterlassungsbegehren - ebenso wie die übrigen, auf Zahlung eines "Reproduktionshonorars" und eines "Abstandshonorars", aber auch auf Urteilsveröffentlichung gerichteten Urteilsanträge - primär aus seinen "Urheberrechten" an dem zur Herstellung der beanstandeten Werbefotos verwendeten Farbdia ab. Sein Sach- und Beweisvorbringen in der Klage läßt jedoch keinen Zweifel daran, daß er sich nicht auf diesen konkreten Rechtsgrund beschränken, sondern zumindest hilfsweise auch die dem Lichtbildhersteller als solchem nach § 74 UrhG eingeräumten Leistungsschutzrechte in Anspruch nehmen wollte. Auch die Beschränkung des Unterlassungebegehrens auf "Aufnahmen,..... an denen dem Kläger das Urheberrecht zusteht" kann in diesem Zusammenhang nur als Bezugnahme auf seine Eigenschaft als Hersteller des Lichtbildes verstanden werden. Ob das vom Kläger angefertigte Farbdia ein "Werk der Lichtbildkunst" ("Lichtbildwerk") im Sinne des § 3 Abs 1 UrhG ist, braucht schon deshalb nicht näher geprüft zu werden, weil alle hier in Betracht kommenden Bestimmungen des 1. Hauptstückes des Urheberrechtsgesetzes - insbesondere jene der §§ 5, 9, 12, 13, 15 Abs 1 und § 16 - gemäß § 74 Abs7 UrhG auch für die Leistungsschutzrechte des Lichtbildherstellers nach § 74 UrhG entsprechend gelten.
Bei der rechtlichen Beurteilung des von den Vorinstanzen als bescheinigt angenommenen Sachverhalts ist mit dem Erstgericht zunächst davon auszugehen, daß die Benützung der von der Beklagten gekauften Bildtapete zur Gestaltung des Hintergrundes einer Werbefotografie als "Bearbeitung" (§ 5 Abs 1 UrhG) jenes Farbdias anzusehen ist, mit dessen Hilfe die Tapete angefertigt worden war (siehe dazu auch Peter, Das österreichische Urheberrecht 46 f § 5 UrhG Anm.1). Nicht nur die Herstellung eines solchen Werbefotos (als "Vervielfältigung" im Sinne des § 15 Abs 1 UrhG), sondern auch dessen Weitergabe zur Aufnahme in einen Werbekatalog (als "Verbreitung" eines Werkstücks im Sinne des § 16 Abs 1 UrhG) hätte demnach der Zustimmung des Klägers - als Urheber (Hersteller) des Originalwerks (des Original-Lichtbildes) - bedurft. Daß sich der Kläger mit einer solchen Verwertung seines Farbdias einverstanden erklärt hätte, behauptet jedoch auch die Beklagte nicht. Mangels einer solchen - zumindest schlüssig (§ 863 ABGB)
erteilten - Zustimmung des Klägers kann aber die Vorgangsweise der Beklagten weder mit der (angeblichen) Branchenüblichkeit eines derartigen Verhaltens noch mit dem Hinweis darauf gerechtfertigt werden, daß es sich bei der gekauften Bildtapete um einen "Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens" gehandelt habe. Entgegen der Meinung des Rekursgerichtes kann sich die Beklagte auch nicht mit Erfolg auf § 13 UrhG berufen: Nach dem ersten Satz dieser Bestimmung gilt, solange der Urheber (§ 10 Abs 1) eines erschienenen Werkes nicht auf eine Art bezeichnet worden ist, die nach § 12 die Vermutung der Urheberschaft begründet, der Herausgeber oder, wenn ein solcher auf den Werkstücken nicht angegeben ist, der Verleger als mit der Verwaltung des Urheberrechtes betrauter Bevollmächtigter des Urhebers. Unbestritten ist, daß das von der Beklagten erworbene "Werkstück" - die Bildtapete - nicht auf eine solche Art bezeichnet war, daß dadurch die Vermutung der Urheberschaft (Herstellerschaft) des Klägers im Sinne des § 12 Abs 1 UrhG begründet worden wäre. Ob nun über den Wortlaut des § 13 Abs 1 UrhG hinaus neben dem "Herausgeber" und dem "Verleger" auch ein bloßer "Verbreiter" eines Lichtbildes - wie es das Münchner Fachgeschäft, in welchem die Beklagte die Bildtapete erworben hat, offensichtlich war - als Bevollmächtigter des Urhebers (Herstellers) gelten könnte (so ÖBl.1970, 130), braucht hier nicht weiter erörtert zu werden, weil die Vollmachtsvermutung des § 13 Abs 1 UrhG im vorliegenden Fall schon aus anderen Gründen nicht zum Tragen kommt:
Ganz abgesehen davon nämlich, daß die Beklagte in ihrer Äußerung zum Sicherungsantrag des Klägers (ON 3) die Einräumung einer entsprechenden Werknutzungsbewilligung durch den Verkäufer der Bildtapete nicht einmal behauptet hat - sein bloßes Schweigen auf ihren Hinweis, daß der Kaufgegenstand zur Gestaltung des Hintergrundes einer Werbefotografie verwendet werde, könnte eine solche Zustimmung keineswegs ersetzen - , wird die Vollmachtsvermutung des § 13 Abs 1 UrhG nach dem klaren Wortlaut dieser Gesetzesstelle nur dann begründet, wenn es sich um ein "erschienenes" Werk im Sinne des § 9 Abs 1 UrhG handelt; daß aber das Farbdia des Klägers schon damals "mit Einwilligung des Klägers der Öffentlichkeit dadurch zugänglich gemacht worden" wäre, daß "Werkstücke in genügender Anzahl feilgehalten oder in Verkehr gebracht worden sind" (zu diesen Voraussetzungen siehe insbesondere Peter aaO 52 § 9 UrhG Anm.2 bis 7), hat die Beklagte in erster Instanz gleichfalls mit keinem Wort behauptet.
Kann sich somit aber die Beklagte auf keine - sei es persönlich, sei es durch einen Bevollmächtigten (§ 13 Abs 1 UrhG) erteilte - Zustimmung des Klägers zur Bearbeitung, Vervielfältigung und Verbreitung seines Farbdias berufen, dann besteht der dem Sicherungsverfahren zugrunde liegende, verschuldensunabhängige Unterlassungsanspruch des Klägers (§ 81 UrhG) zu Recht. Seinem begründeten Revisionsrekurs war deshalb Folge zu geben und die - schon vom Erstgericht ohne Widerspruch des Klägers auf das konkrete Farbdia eingeschränkte - einstweilige Verfügung der ersten Instanz mit der Maßgabe wiederherzustellen, daß dem Unterlassungsgebot eine dem Gesetz entsprechende, präzisere Fassung gegeben wurde.
Die Entscheidung über die Kosten zweiter und dritter Instanz beruht in Ansehung des Klägers auf § 393 Abs 1 EO, in Ansehung des Beklagten auf §§ 40, 50, 52 ZPO iVm §§ 78, 402 Abs 2 EO.
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