Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung der Angeklagten wird dahin Folge gegeben, daß die über Maria H*** verhängte Freiheitsstrafe auf 15 (fünfzehn) Jahre herabgesetzt wird.
Die Staatsanwaltschaft wird mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem einstimmigen Wahrspruch der Geschwornen beruhenden Urteil wurde die am 27.Oktober 1961 geborene Maria H*** des Verbrechens des Mordes nach dem § 75 StGB (A), des Verbrechens der Freiheitsentziehung nach dem § 99 Abs. 1 und Abs. 2 (erster bis dritter Fall) StGB (B) und des Vergehens des Quälens eines Unmündigen, Jugendlichen und Wehrlosen nach dem § 92 Abs. 1 StGB (C) schuldig erkannt.
Darnach tötete sie am 16.Feber 1984 in Reichraming - als unmittelbare Täterin im bewußt gemeinsamen Zusammenwirken mit der inzwischen verstorbenen Eva Maria P*** - vorsätzlich die zuvor durch Einflößen von Psychopharmaka und Alkohol betäubte sowie an einen entlegenen Ort verbrachte Elisabeth M*** dadurch, daß beide (Täter) ihr die Pulsadern der Hände mit einer Rasierklinge aufschnitten, sie sodann in einen Straßengraben warfen und dort verbluten ließen (A).
Schon vorher hielt sie in Paldau - als unmittelbare Täterin im bewußt gemeinsamen Zusammenwirken mit der inzwischen verstorbenen Eva Maria P*** und dem gesondert verfolgten Dr.Karl P*** - nachgenannte Personen widerrechtlich gefangen, wobei sie die Freiheitsentziehung teilweise länger als einen Monat aufrechterhielt und zum Teil auf solche Weise beging, daß sie den Festgehaltenen besondere Qualen bereitete, und unter solchen Umständen, daß sie für sie mit besonders schweren Nachteilen verbunden war, indem die Festgehaltenen den Einwirkungen empfindlicher Kälte und ihrer eigenen Exkremente ausgesetzt wurden, teilweise auch durch Anhaltung in Ketten und durch Verweigerung ausreichender Nahrung (B), nämlich
I. Elisabeth M***
1. im September oder Oktober 1983 für die Dauer von zwei Wochen durch Einsperren in den (sogenannten) Schutzraum;
2. ab dem 26.November 1983 die für die Dauer von ca einer Woche durch Einsperren in den Schutzraum und anschließend durch Einsperren in das Zimmer des Kurt P*** und in das Gästezimmer für die Dauer von zumindest vier weiteren Wochen;
3. im Feber 1984 durch Einsperren in den Schutzraum für die Dauer von zwei Wochen;
II. Kurt P*** durch Einsperren in den Schutzraum und in den Kartoffelkeller
1. in der Zeit von 1983 bis Sommer 1984 wiederholt jeweils für die Dauer eines Tages oder einer Nacht oder mehrerer Stunden,
- 2. im Dezember 1983 für die Dauer von vier Tagen,
- 3. in der Karwoche 1984 für die Dauer von vier Tagen,
- 4. in der Zeit vom 3. bis 7.Juni 1984 für die Dauer von zumindest vier Tagen,
5. am 1.Juli 1984 für die Dauer eines Tages und einer Nacht;
III. Gabriele R***
1. im Sommer 1982 durch Einsperren und Anketten im Ziegenstall für die Dauer von zumindest drei Tagen und Nächten,
2. in der Zeit vom 10.Feber 1983 bis Ende 1983 zu wiederholten Malen durch Anketten an einem Bett jeweils während der Nachtstunden;
IV. Franz P*** in der Zeit vom Sommer 1983 bis Sommer 1984 mehrmals durch Einsperren in den Schutzraum jeweils für die Dauer einer Nacht oder mehrerer Stunden.
Weiters fügte sie - als unmittelbare Täterin teils im bewußt gemeinsamen Zusammenwirken mit der inzwischen verstorbenen Eva Maria P*** sowie mit dem gesondert verfolgten Dr.Karl P***, teils aber auch allein - nachgenannten Personen, die ihrer Obhut unterstanden und das 18.Lebensjahr noch nicht vollendet hatten bzw wegen Schwachsinns und Krankheit wehrlos waren, körperliche und seelische Qualen zu (C), und zwar
I. in der Zeit von 1982 bis 1984 in laufenden Angriffen dem Franz P*** durch zahlreiche Schläge mit verschiedenen Gegenständen, wie Schaufeln und Besen, gegen den Rücken und Kopf,
II. der Jacqueline P***
1. im Jahr 1983 dadurch, daß sie das Mädchen festhielt, während Eva Maria P*** ihm mehrere Ohrfeigen versetzte und gewaltsam einen Tampon in die Scheide einführte,
2. im Sommer 1984 dadurch, daß sie mit Eva Maria P*** das Mädchen festhielt und ihm gewaltsam den Mund aufzwängte, während Dr.Karl P*** die Jacqueline P*** zwang, erbrochenes Essen wieder zu schlucken;
III. jeweils zusammen mit Eva Maria P*** der Elisabeth M***
1. am 26.Jänner 1983 durch Festhalten am Boden, Versetzen zahlreicher heftiger Schläge gegen das Gesicht und Tritte gegen den Körper sowie durch gewaltsame Verabreichung einer Ampulle Valium,
2. zwischen dem 2. und 5.Feber 1984 durch Schläge mit den Händen und mit einer Schneeschaufel.
Dieses Urteil ficht die Angeklagte mit einer auf § 345 Abs. 1 Z 6, 8 und 11 lit a bzw Z 12 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an; den Strafausspruch bekämpfen die Angeklagte und die Staatsanwaltschaft mit Berufung.
Als Verletzung von Vorschriften über die Fragestellung an die Geschwornen (§ 345 Abs. 1 Z 6 StPO) macht die Beschwerde das Unterbleiben von Eventualfragen (§ 314 Abs. 1 StPO) in Richtung einer (sonstigen) Tatbeteiligung im Sinn des § 12 (gemeint: dritter Fall) StGB zu den [den Fakten A, B, C II und C III der Anklageschrift (ident mit jenen der ebenso bezeichneten Schuldsprüche) entsprechenden] Hauptfragen I bis XII und XIV bis XVII sowie von Zusatzfragen (§ 313 StPO) nach entschuldigendem Notstand (§ 10 StGB) zu den Hauptfragen V bis XII (ident mit den Punkten B II und III der Anklageschrift und des Schuldspruchs) geltend.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß dem § 314 Abs. 1 StPO ist unter der Voraussetzung entsprechenden Tatsachenvorbringens in der Hauptverhandlung eine Eventualfrage auch dann zu stellen, wenn ein als unmittelbarer Täter (§ 12 erster Fall StGB) Angeklagter (nur) als Täter anzusehen wäre, der sonst zur Ausführung der Tat beigetragen hat (§ 12 dritter Fall StGB). Diese beiden Täterschaftsformen unterscheiden sich dadurch, daß unmittelbarer Täter (§ 12 erster Fall StGB) nur sein kann, wer selbst eine dem Tatbild gemäße Ausführungshandlung begeht oder daran unmittelbar mitwirkt, wogegen ein sonstiger Beitrag (§ 12 dritter Fall StGB) voraussetzt, daß der Täter auf andere Weise als durch unmittelbare Mitwirkung an der Ausführung (oder durch Bestimmung eines anderen: § 12 zweiter Fall StGB) einen ursächlichen Beitrag zur Ausführung der strafbaren Handlung, sei es durch physische oder psychische Unterstützung, leistet (Leukauf-Steininger 2 RN 7, 10, 11, 36, 37, 38 zu § 12 StGB uva). Beim Verbrechen des Mordes (Anklagepunkt und Schuldspruch A) wirkte die Angeklagte ihrer eigenen Darstellung nach - der Beschwerde zuwider - unmittelbar an der Tatausführung mit. Sie hob im Einverständnis mit dem Vorhaben ihrer Komplizin Eva Maria P***, Elisabeth M*** zu töten, das Tatopfer aus dem Auto, legte es auf einen neben der Straße befindlichen Schneewall, hielt es an den Schultern fest, während P*** dem Mädchen die Pulsadern aufschnitt, und rollte es sodann gemeinsam mit P*** einen Abhang hinunter (S 28-34/X). Da diese Tatschilderung auch im Obduktionsgutachten volle Deckung findet (S 159 bis 164/X), bieten die Verfahrensergebnisse nicht einmal einen Hinweis, viel weniger ein konkretes Vorbringen, das die reklamierte Eventualfrage nach (bloßer) Beitragstäterschaft indizieren könnte.
Die reklamierte Eventualfrage war deshalb nach den Verfahrensergebnissen nicht zu stellen.
Gleiches gilt im Ergebnis für die übrigen Hauptfragen. Der Umstand nämlich, daß die Angeklagte in diesen Fällen ihrem Beschwerdevorbringen nach lediglich als "Befehlsempfänger und Handlanger" der Eva Maria P*** fungiert und ihre Befehle unkritisch ausgeführt haben will, ohne selbst einen geistigen Entschluß zu den Tathandlungen gefaßt zu haben, betrifft nicht die Frage der gemäß dem § 314 StPO zu differenzierenden Tatbeteiligung, sondern jene des Vorsatzes (§ 5 Abs. 1 StGB), welcher bei allen drei Beteiligungsformen des § 12 StGB gegeben sein muß und über dessen Vorliegen die Geschwornen in Beantwortung der Hauptfragen unanfechtbar entschieden haben.
Hilfsweise im Rahmen der (noch zu behandelnden) Ausführungen zum Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs. 1 Z 11 lit a StPO reklamiert die Angeklagte die Stellung je einer Zusatzfrage (§ 313 StPO) nach entschuldigendem Notstand (§ 10 StGB) in den Fällen der Freiheitsentziehung B II 1 (Hauptfrage V) und B III (Hauptfragen X und XI):
Gemäß dem § 10 StGB ist derjenige entschuldigt, der eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um einen unmittelbar drohenden bedeutenden Nachteil von sich oder einem anderen abzuwenden, wenn der aus der Tat drohende Schaden nicht unverhältnismäßig schwerer wiegt als der Nachteil, den sie abwenden soll, und in der Lage des Täters von einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen kein anderes Verhalten zu erwarten war. Der Täter ist nicht entschuldigt, wenn er sich der Gefahr ohne einen von der Rechtsordnung anerkannten Grund bewußt ausgesetzt hat. Entschuldigender Notstand ist demnach ein Schuldausschließungsgrund unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit rechtmäßigen Verhaltens, der jedoch (gleich dem im österreichischen StGB nicht ausdrücklich geregelten, aber aus verschiedenen Normen des bürgerlichen Rechtes und des Strafrechtes erschließbaren sogenannten rechtfertigenden Notstand) stets voraussetzt, daß das Rettungsmittel - bezogen auf die obersten Prinzipien und Wertbegriffe der Rechtsordnung - nicht unangemessen ist (9 Os 86/79). Die gegenständlichen Freiheitsbeschränkungen waren schon ihrer Art nach unangemessen (sozial inadäquat) und scheiden daher für eine Beurteilung als entschuldigende Notstandshandlungen von vornherein aus. Sowohl das wiederholte Gefangenhalten Kurt P*** (B II 1 = Hauptfrage V) insbesondere in einer engen und fensterlosen, verliesartigen Kellerräumlichkeit jeweils für einen Tag oder für eine Nacht oder zumindest für mehrere Stunden, wobei das Opfer den Einwirkungen seiner eigenen Extremente ausgesetzt war und ihm Nahrung verweigert wurde (S 108 bis 110/X), als auch das Einsperren und Anketten Gabriele R*** im Ziegenstall durch zumindest drei Tage und Nächte bzw das wiederholte Anketten dieses Mädchens im Bett während der Nacht (B III = Hauptfragen X und XI) waren mit besonderen Qualen für das jeweilige, solcherart für geraume Zeit physisch und psychisch schwerstens beeinträchtigte (SSt 51/43; LSK 1985/61 ua) Opfer verbunden und standen im krassen Mißverhältnis zum (angeblich) angestrebten Sicherungs- und Erziehungszweck. Die von der Angeklagten behauptete Motivation für das während der Abwesenheit der Eheleute P*** stattgefundene Einsperren Kurt P*** (Hauptfrage V), mit dem sie "nicht zurecht gekommen" sei und der einmal den Holzstoß eines Nachbarn in Brand gesetzt haben soll (ON 296 S 35 f) und für das Anketten der Gabriele R*** während der Nacht (Hauptfrage XI), weil sie einen Selbstmordversuch verübt habe und angeblich deshalb allenfalls auch für ein anderes Kind hätte gefährlich werden können (ON 296 S 42 f), hätte sohin das inkriminierte Verhalten, selbst wenn dieses Vorbringen als erwiesen angenommen würde, nicht als Notstandshandlungen entschuldigt. Das Anketten Gabriele R*** im Ziegenstall (Hauptfrage X) war der Verantwortung der Angeklagten nach überhaupt bloß die Reaktion darauf, daß sich das Mädchen angeblich beim Essen schlecht benommen hatte (S 41, 42/X).
Den Geschwornen wurden daher die nach diesen Verfahrensergebnissen nicht indizierten Zusatzfragen nach entschuldigendem Notstand zu Recht nicht gestellt.
Eine unrichtige Rechtsbelehrung (§ 345 Abs. 1 Z 8 StPO) will die Beschwerdeführerin darin erblicken, daß die Geschwornen nicht hinreichend über die Täterschaftsformen des § 12 StGB aufgeklärt und überdies zum Tatbild des Vergehens nach dem § 92 (Abs. 1) StGB weder über die Voraussetzung eines Schutzverhältnisses zwischen Täter und Opfer (Fürsorge bzw Obhut) noch über den tatspezifischen (wenigstens bedingten) Vorsatz (§ 5 Abs. 1 StGB) ausreichend belehrt wurden. Auch diese Rüge versagt.
Die Rechtsbelehrung (Blatt 4) umschrieb in zutreffender, wenn auch knapper Weise das entscheidende Kriterium der unmittelbaren Täterschaft im Sinn des ersten Falles des § 12 StGB. Mögen die Erläuterungen über den - von der Fragestellung gar nicht erfaßten und demnach gemäß dem Gesetz (§ 321 Abs. 2 StPO) in die Rechtsbelehrung an sich nicht aufzunehmenden - sonstigen Tatbeitrag (§ 12 dritter Fall) jene über die unmittelbare Täterschaft inhaltlich überwiegen, so wurde gerade durch diese kontrastierende Darstellung verdeutlicht, daß der unmittelbare Täter (im Gegensatz zum Beitragstäter) an der Tat in der Ausführungsphase mitwirken muß. Auch von einer unrichtigen Belehrung über die Begriffe der Fürsorge und Obhut im Tatbild des § 92 StGB (LSK 1977/177) sowie über den auf sämtliche objektiven Voraussetzungen dieses Tatbestandes bezogenen (Eventual-)Vorsatz kann nicht die Rede sein, weil sich die Rechtsbelehrung an mehreren Stellen deliktsbezogen mit der subjektiven Tatseite auseinandersetzt und auch die Rechtsbegriffe der Fürsorge und Obhut rechtsrichtig und verständlich darlegt (Blatt 3, 7 und 8). Wenn die Beschwerde aber reklamiert, daß auf die konkrete Fallgestaltung (insbesondere auf die Stellung der Angeklagten zu den Opfern) näher einzugehen gewesen wäre, verkennt sie, daß die Zurückführung der in den Fragen enthaltenen Gesetzesbegriffe auf den ihnen zugrunde liegenden Sachverhalt nicht Gegenstand der - nur diese rechtlichen Merkmale
erläuternden - Rechtsbelehrung (§§ 321 Abs. 2, 323 Abs. 1 StPO) zu sein hat, sondern der vom Vorsitzenden gemäß dem § 323 Abs. 2 StPO im Anschluß an die Rechtsbelehrung mit den Geschwornen abzuhaltenden Besprechung vorzubehalten ist (Mayerhofer-Rieder 2 E 14, 15 zu § 345 Z 8 StPO ua).
Mit ihren Ausführungen, sie habe keine Beistands- oder Beaufsichtigungspflicht übernommen (vgl jedoch ihre durch andere Beweisergebnisse gestützte Verantwortung, S 7, 33/X, wonach sie "Stellvertreterin" der Eva Maria P*** im sogenannten "Projekt P***" und für die dort Untergebrachten verantwortlich war) und sie habe in den Fällen C I und III "keinesfalls die Verwirklichung des Tatbildes im Sinn des § 92 StGB in Kauf genommen", bringt die Angeklagte keinen der im § 345 Abs. 1 StPO taxativ angeführten Nichtigkeitsgründe zur Darstellung, sondern versucht in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Geschwornen in Zweifel zu ziehen. Als nichtig nach dem § 345 Abs. 1 Z 11 lit a, teils auch Z 12 StPO schließlich rügt die Angeklagte die Schuldsprüche B II bis IV sowie C I und III.
Soweit die Beschwerde in bezug auf die Schuldsprüche B II 1 und B III den Schuldausschließungsgrund des entschuldigenden Notstandes im Sinn des § 10 StGB auch unter dem erstgenannten materiellen Nichtigkeitsgrund geltend macht, wird dieser Teil der Beschwerde, weil er ein Festhalten an den im Wahrspruch festgestellten Tatsachen voraussetzt, nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt. Eine dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit b StPO vergleichbare Nichtigkeitsregelung in bezug auf Rechtfertigungs-, Schuldausschließungs-, Strafausschließungs- und Strafaufhebungsgründe und andere nichtprozessuale Verfolgungshindernisse ist nämlich für die Anfechtung von Urteilen der Geschwornengerichte nicht vorgesehen (Mayerhofer-Rieder 2 E 14 zu Z 11 lit a, E 4 zu Z 11 lit b des § 345 StPO).
Der Beschwerdevorwurf materieller Nichtigkeit nach dem § 345 Abs. 1 Z 11 lit a StPO wurde überdies in Beziehung auf die Schuldsprüche B II 2 bis 5 und IV nicht spezifiziert (und findet auch im Beschwerdeantrag keine Stütze). Die Beschwerde entbehrt daher auch in diesem Belang einer gesetzmäßigen Ausführung. Nur am Rand sei bemerkt, daß - abgesehen von der bereits behandelten Frage entschuldigenden Notstandes - die Annahme der Widerrechtlichkeit der Freiheitsbeschränkung im Sinn des § 99 StGB in sämtlichen urteilsgegenständlichen Fällen (B I bis IV) rechtsirrtumsfrei ist: Die schon erörterten, durchwegs gleichgelagerten Umstände der Dauer, Art und Weise der Durchführung der Freiheitsentziehungen, welche mit den Grundsätzen der Gesellschafts- und Rechtsordnung unvereinbar sind, begründen zugleich auch die Widerrechtlichkeit (vgl Kienapfel 2 BT I RN 22, 23 zu § 99 StGB).
Dem Schuldspruch C I (Hauptfrage XIII) zufolge mißhandelte die Angeklagte in laufenden Angriffen den Franz P*** durch zahlreiche Schläge mit verschiedenen Gegenständen (wie Schaufeln und Besen) gegen Rücken und Kopf. Elisabeth M*** wurde von der Angeklagten und ihrer Komplizin am 26.Jänner 1983 am Boden festgehalten, durch zahlreiche heftige Schläge gegen das Gesicht und Tritte gegen den Körper mißhandelt; schließlich wurde ihr gewaltsam eine Ampulle Valium injiziert (C III 1 = Hauptfrage XVI), ferner wurde sie zwischen dem 2. und 5.Feber 1984 mit den Händen und mit einer Schneeschaufel geschlagen (C III 2 = Hauptfrage XVII). Das Beschwerdevorbringen, das Versetzen von "Schlägen oder Ohrfeigen" sei nicht als Zufügung körperlicher oder seelischer Qualen zu verstehen, weicht von dem durch den Wahrspruch vorgegebenen Sachverhalt ab, sodaß die Rechtsrüge auch in diesem Punkt nicht gesetzmäßig ausgeführt ist. Der Beschwerde zuwider bedeuten die erwähnten zahlreichen und massiven Mißhandlungen der beiden geistig schwer behinderten (schwachsinnigen) Schutzbefohlenen, von denen M*** zudem durch Krankheit wehrlos war, sowohl körperliche als auch seelische, ihnen bewußt gewordene Qualen. Bei der Art und der Intensität der Mißhandlungen kann nicht ernsthaft bezweifelt werden, daß sie jeweils zu sehr erheblichen und längerdauernden Beeinträchtigungen des Wohlbefindens und zu Angstzuständen der Opfer, mithin zu körperlichen und seelischen Qualen führten (Foregger-Serini 3 Erl II; Mayerhofer-Rieder 2 Anm 3 zu § 92 StGB). Es bedarf auch keiner näheren Erläuterung, daß derartige das Tatbild des Vergehens nach dem § 92 Abs. 1 StGB begründende Verhaltensweisen - das gewaltsame Injizieren von Valium stellte nach Lage des Falles lediglich einen Teilakt der umfangreichen schweren Mißhandlungen dar - entgegen der Beschwerdeauffassung auch bei Selbst- oder Gemeingefährlichkeit von Personen, die in Krankenanstalten oder "öffentlichen Institutionen" aufgenommen wurden, sozial inadäquat und unzulässig sind. Da vom Erstgericht (auch) die von den Schuldsprüchen C I und III erfaßten Tathandlungen rechtsrichtig dem Tatbild des § 92 Abs. 1 StGB unterstellt wurden, bleibt für eine (in der Beschwerde unter dem Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs. 1 Z 12 StPO angestrebte) strafrechtliche Zurechnung unter das (mit geringerer Strafe bedrohte) Vergehen der Körperverletzung nach dem § 83 StGB kein Raum (Leukauf-Steininger 2 RN 14 zu § 92 StGB).
Aus den dargelegten Erwägungen war die Nichtigkeitsbeschwerde - im Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - zu verwerfen.
Das Geschwornengericht verhängte über Maria H*** nach den §§ 75, 28 StGB eine zwanzigjährige Freiheitsstrafe und wertete die mehrfache Begehung strafbarer Handlungen derselben und verschiedener Art und die Fortsetzung über einen längeren Zeitraum, das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen, die Ausnützung der Wehr- und Hilflosigkeit der Opfer, die zum Großteil noch minderjährig waren und im Kindesalter standen, die grausame Vorgangsweise und die verwerflichen Beweggründe (Rettung des Projekts), die zum Mord führten, als erschwerend. Dagegen wurden als mildernd berücksichtigt der Umstand, daß die Angeklagte in einem Fall noch unter 21 Jahre alt war, weiters daß der Großteil der Straftaten unter Einwirkung, teilweise auf Anordnung der Eva Maria P*** begangen wurden, und schließlich das reumütige und zur Wahrheitsfindung (Aufklärung der Straftaten) beitragende Geständnis. Die Angeklagte strebt mit ihrer Berufung die Herabsetzung der Strafe unter Anwendung des § 41 StGB an; die Staatsanwaltschaft beantragt die Verhängung einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe. Wenn das Geschwornengericht neben der wiederholten Begehung strafbarer Handlungen derselben und verschiedener Art noch die Fortsetzung durch längere Zeit und das Zusammentreffen von Verbrechen mit Vergehen als Erschwerungsumstände aufzählt, so handelt es sich hiebei im wesentlichen um einen Tatbestand (§ 33 Z 1 StGB), wogegen die Ausnützung der Hilflosigkeit der minderjährigen und behinderten Kinder sowie die grausame Vorgangsweise weitgehend tatbestandsimmanent sind, sodaß die Wertung dieser Strafzumessungsgründe insoweit einer Korrektur bedarf. Da sich aber die Staatsanwaltscahft gerade auf diese Argumente stützt, um ihren Berufungsantrag zu begründen, kann ihrem Begehren nicht nähergetreten werden.
Hingegen muß der Angeklagten doch zugutegehalten werden, daß sie die Mitarbeit im "Projekt P***" zunächst aus durchaus anerkennenswerten Motiven übernahm und in diese Straftaten, wie sich aus den Beweisergebnissen, insbesondere den Gutachten der vernommenen psychiatrischen Sachverständigen zweifelsfrei ableiten läßt, nur durch die massive Einwirkung der Eva Maria P*** (§ 34 Z 4 StGB) verstrickt wurde. Sie stand nämlich unter dem Einfluß der das Projekt dominant beherrschenden, keinen Widerspruch duldenden Persönlichkeit dieser dreizehn Jahre älteren Frau, deren Treiben auch der (gesondert verfolgte) Ehemann Dr.Karl P*** nicht Einhalt gebot. Vielmehr förderte Eva Maria P*** ein intimes Verhältnis der Berufungswerberin mit ihrem Ehemann, um die Helferin noch mehr an das Haus und die Groß-Familie zu binden. Daß Maria H*** nicht nur auf Grund ihrer Unerfahrenheit, sondern auch zufolge eigener Charakterschwächen, auf die der Sachverständige Dr.Zigeuner in der Hauptverhandlung verwies (S 171 bis 175/X), sich nicht aus eigener Kraft von den kriminellen Handlungen der Eheleute P*** zu lösen vermochte und sich schließlich sogar zur Mithilfe bei der Begehung eines Mordes verstand, ist ihr als schwere Schuld anzulasten (§ 32 StGB), ändert aber nichts daran, daß die bestimmende und dominante Rolle der Haupttäterin bei der Begehung der strafbaren Handlungen in einem erheblichen Maße schuldmindernd wirkt. Der Oberste Gerichtshof meint daher, daß das Geschwornengericht diesem von ihm an sich gewürdigten besonderen Tatumstand zu wenig Gewicht beimaß, während es die (sicher erschütternden) Tatumstände zu sehr hervorkehrte. Bei Abwägung aller dieser Strafzumessungsgründe erscheint die im Mittelbereich des Strafrahmens liegende Freiheitsstrafe von fünfzehn Jahren schuld- und tatgerecht, wohingegen eine weitere Herabsetzung oder gar die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung mangels beträchtlichen Überwiegens der Milderungsumstände nicht in Frage kam. Es war daher der Berufung der Angeklagten im eingeschränkten Ausmaß Folge zu geben und die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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