Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 9.November 1977, 9 Cg 175/77-13, bestätigt mit Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 18. Dezember 1978, 4 R 154/78-24, und des Obersten Gerichtshofes vom 3. Juli 1979, 5 Ob 610/79, wurde festgestellt, daß zwischen den Streitteilen mit Wirksamkeit 1.Oktober 1976 auf unbestimmte Zeit ein Pachtvertrag über das Transportunternehmen (gewerbsmäßige Beförderung von Lasten mit Kraftfahrzeugen) des Beklagten im Standort Traun, Weidfeldstraße 23, abgeschlossen worden war. Dieser Pachtvertrag wurde mit Schreiben des Beklagten vom 19.Oktober 1979 mit Wirksamkeit 31.Dezember 1979 gekündigt.
Die klagende Partei begehrt zuletzt mit dem Hauptbegehren den Zuspruch des Betrages von 277.960 S samt Anhang, der Beklagte sei weiters schuldig, bei der Bezirkshauptmannschaft Linz die Beendigung des von ihm in der Folge mit Franz S*** eingegangenen Pachtverhältnisses anzuzeigen und zugleich um die Genehmigung der Verpachtung seines Gewerbebetriebes an die klagende Partei anzusuchen. Für den Fall der Abweisung des letzteren Teiles des Begehrens wegen tatsächlicher zwischenzeitiger Zurücklegung der Konzession durch den Beklagten stellte die klagende Partei das Eventualbegehren auf Zuspruch des Betrages von 250.000 S. Der mit dem Hauptbegehren geltend gemachte Betrag von 277.960 S setzte sich unter anderem zusammen aus dem Betrag von 100.000 S für 60 Tage Standgeld im März und April 1977; erst dann habe die klagende Partei zur Vermeidung eines noch größeren Verdienstentganges mit der Firma Raimund L*** eine Ersatzvereinbarung geschlossen, wodurch der klagenden Partei aber für die Zeit vom Mai 1977 bis Dezember 1979 Mehrauslagen in der Höhe von 155.760 S entstanden seien. Mit dem Eventualbegehren von 250.000 S machte die klagende Partei das "Interesse bzw. den Wertersatz" geltend, weil der Beklagte seiner Leistungsverpflichtung nicht nachgekommen sei.
Der Beklagte bestritt vor allem sein Verschulden und den Schadenseintritt.
Das Erstgericht wies den Teil des Hauptbegehrens, mit dem der Beklagte zu verschiedenen Anzeigen und Ansuchen bei der Gewerbebehörde verpflichtet werden sollte, rechtskräftig ab. Dem Zahlungsbegehren des Hauptbegehrens gab es mit dem Betrag von 166.209 S samt Anhang, dem Eventualbegehren zur Gänze statt, das Mehrbegehren auf Zahlung von 111.751 S samt Anhang wies es ab. Es stellte fest, im Jänner 1977 sei der Kläger an die Firma Raimund L*** nicht nur wegen Ankaufes von LKW-Zügen herangetreten, er habe auch gleichzeitig um die Verpachtung der unbeschränkten Konzession für das Transportgewerbe ersucht, falls er sie nicht auf Grund des mit dem Beklagten abgeschlossenen Vertrages erhalten sollte. Darauf habe Raimund L*** in die Verpachtung der Konzession eingewilligt. Das finanzielle Interesse an der Pachtung betrage für die klagende Partei zwischen 300 S und 342,80 S pro Tag.
Dieser Betrag setze sich zusammen aus einem drei- bis vierprozentigen Anteil am Tagesumsatz von 4.286 S als Unternehmerlohn und einem vierprozentigen Anteil am Tagesumsatz als Wagniszuschlag. Nach dem Parteiwillen sollte die Konzession des Beklagten zuerst nur an die klagende Partei verpachtet werden, was lediglich die Übertragung der Ausübung der Konzession an den Pächter bedeutet habe, der Verpächter wäre hingegen Konzessionsinhaber verblieben.
Beide Teile erhoben Berufung. In dem in zwei Rechtsgängen abgewickelten Berufungsverfahren wurde insgesamt der Berufung der klagenden Partei nicht, der des Beklagten aber teilweise Folge gegeben. Die Aussprüche über die Zahlungsbegehren wurden dahin abgeändert, daß dem Hauptbegehren mit 130.114,53 S samt Anhang, dem Eventualbegehren aber nur mit 20.000 S samt Anhang stattgegeben wurde. Die Mehrbegehren von 147.845,47 S samt Anhang bzw. 230.000 S samt Anhang wurden abgewiesen. Ein Standgeld stünde der klagenden Partei nicht zu; selbst wenn sich der Beklagte vertragstreu verhalten hätte, wäre die gewerbebehördliche Genehmigung nicht vor Ende März 1977 erteilt worden. Im April 1977 hätte die klagende Partei aber schon auf Grund des abgeschlossenen Ersatzvertrages die gekauften LKW-Züge einsetzen können. Vom Hauptbegehren seien daher nur die Mehrkosten des abgeschlossenen Deckungsgeschäftes ersatzfähig. Hätte der Beklagte die Konzession zugunsten der klagenden Partei zurückgelegt, hätte diese auf Grund des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Vertrages nach Beendigung des Pachtvertrages durch Kündigung von der klagenden Partei wieder zugunsten des Beklagten zurückgelegt werden müssen. Schadenersatz im Rahmen des gestellten Eventualbegehrens sei daher gleichfalls nur für den Zeitraum bis Dezember 1979 möglich. Das Eventualbegehren wäre zwar ziffernmäßig durch die auf Grund des eingeholten Sachverständigengutachtens durch das Erstgericht getroffenen Feststellungen gedeckt. Die klagende Partei habe aber mit Ausnahme der Monate November und Dezember 1979 ohnedies auf Grund des Ersatzgeschäftes von Raimund L*** die Konzession zur Verfügung gehabt und den durch die Ersatzpachtung entstandenen Schaden im Rahmen des Hauptbegehrens ersetzt erhalten. Nur für die Monate November und Dezember 1979 könne der klagenden Partei daher der unter Heranziehung des § 273 ZPO ausgemittelte monatliche Betrag von je 10.000 S zugesprochen werden.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der klagenden Partei, die sich nur gegen die Abweisung des mit Eventualbegehren geltend gemachten Betrages von 230.000 S wendet, ist nicht berechtigt.
Die klagende Partei begehrt gemäß § 920 ABGB vom Beklagten wegen schuldhafter rechtswidriger Nichterfüllung des abgeschlossenen Pachtvertrages das positive Interesse (den Nichterfüllungsschaden). Sie hat damit Anspruch darauf, so gestellt zu werden, als hätte der Beklagte den Vertrag ordnungsgemäß erfüllt (JBl 1986, 371; JBl 1985, 746; SZ 57/129; SZ 55/185 ua; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht 2 I 34 f; Gschnitzer, Schuldrecht Allgemeiner Teil 2 127; Koziol-Welser 7 I 386). Dieser dem vertragstreuen Teil zustehende Differenzanspruch kann entweder konkret oder abstrakt berechnet werden (HS 10.799; 6 Ob 797/80; Bydlinski in Klang 2 IV/2, 533). Im Falle der konkreten Schadensberechnung ergibt sich der zu ersetzende Schaden aus den Mehrkosten des abgeschlossenen Deckungsgeschäftes (JBl 1986, 371; JBl 1985, 746; SZ 57/129; SZ 55/185 ua; Koziol-Welser aaO 223; Gschnitzer aaO 128) oder in dem konkreten Ausfall, der dadurch entstand, daß der vertragstreue Teil die Leistung nicht erhalten hatte (HS 10.799; Emmerich in Münchener Kommentar 2 Rz 56 zu § 325 BGB); bei der abstrakten Berechnung des bei Handelsgeschäften gemäß Art. 8 Abs 2 EVHGB auf jeden Fall zu ersetzenden Interesses wird davon ausgegangen, daß der Gläubiger aus dem nicht durchgeführten Vertrag den in seiner Branche üblichen Gewinn erzielt hätte (Heinrichs in Palandt 45 390). Der Geschädigte kann aber nicht die Summe der sich aus beiden Berechnungsarten ergebenden Differenzbeträge begehren. Berechnete er auf Grund des abgeschlossenen Ersatzgeschäftes seinen in den Mehraufwendungen für dieses Geschäft liegenden Schaden konkret, kann er nicht zusätzlich den branchenüblichen Gewinn ersetzt erhalten, der ihm ohne den Abschluß des Deckungsgeschäftes entgangen wäre. Durch den Abschluß des Deckungsgeschäftes war er in die Lage versetzt, jenen Gewinn zu erzielen, den er bei Vertragseinhaltung durch den Beklagten erzielt hätte. Der vertragstreue Teil hat demnach, sieht man von einem allfälligen Mitverschulden wegen Verletzung der Schadensminderungspflicht durch Nichtabschluß eines Deckungsgeschäftes ab, nur ein Wahlrecht, ob er seinen Schaden konkret oder abstrakt berechnet. Ein einheitlicher Schaden kann nicht durch Kombination beider Berechnungsmethoden ermittelt werden (Heinrichs aaO 390; Emmerich aaO Rz 44; BGHZ 2, 310, 313). Die klagende Partei behauptete nicht, daß das Deckungsgeschäft nicht dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Pachtvertrag gleichwertig gewesen wäre, sodaß ungeachtet des Abschlusses des Ersatzpachtvertrages nur ein geringerer Gewinn als bei vertragstreuem Verhalten des Beklagten hätte erzielt werden können. Soweit in der Revision nunmehr behauptet wird, der Beklagte hätte an die klagende Partei eine unbeschränkte Konzession übertragen sollen, von Raimund L*** habe die klagende Partei aber nur eine Konzession für drei LKWs erhalten, geht sie damit ebensowenig von den getroffenen Feststellungen aus wie mit der Behauptung, der Beklagte sollte die Konzession auf Dauer, d.h. über den Zeitpunkt des abgeschlossenen Pachtvertrages hinaus zugunsten der klagenden Partei zurücklegen. Das Erstgericht stellte vielmehr fest, Raimund L*** habe der klagenden Partei eine unbeschränkte Konzession verpachtet, nach dem Parteiwillen sollte die Konzession des Beklagten an den Kläger nur verpachtet werden.
Soweit die Revision die Heranziehung des § 273 ZPO durch das Berufungsgericht rügt, sind ihre Ausführungen nicht recht verständlich. Wenn das Berufungsgericht den branchenmäßig zu erwartenden Gewinn für die Zeit von Mai 1977 bis Oktober 1979 nicht zusprach, ging es von der zutreffenden Rechtsansicht aus, daß konkret und abstrakt berechneter Schaden grundsätzlich nicht kumulativ zugesprochen werden können. Was aber die Monate November und Dezember 1979 betrifft, für welchen Zeitraum das Deckungsgeschäft schon beendet war, betrug dieser entgangene Gewinn nach den Feststellungen des Erstgerichtes zwischen 9.000 S und 10.284 S monatlich. Nahm das Berufungsgericht gemäß § 273 ZPO den für diesen Zeitraum abstrakt berechneten Schaden mit 10.000 S monatlich an, kann sich die klagende Partei dadurch nicht beschwert erachten. Es liegt daher auch die gerügte Mangelhaftigkeit nicht vor.
Der Revision ist der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.
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