Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 20. Jänner 1947 geborene Botschaftsangestellte Hanna L*** des Verbrechens der versuchten Erpressung nach den §§ 15, 144 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, am 19. und 25. März 1985 in Wien den Kurt M*** durch die Äußerung, wenn er oder über sein Betreiben die Firma MC D*** ihm nicht einen Betrag von 80.000 S bezahle, werde er den Verkauf eines Gebäcks, in welchem sich eine Maus befunden habe, der Presse bekanntmachen und in Österreich, Amerika und Deutschland veröffentlichen lassen, mithin durch gefährliche Drohung mit einer Verletzung am Vermögen zur Bezahlung von 80.000 S, also zu einer Handlung zu nötigen versucht zu haben, welche Kurt M*** am Vermögen schädigen sollte, wobei er mit dem Vorsatz handelte, sich durch das Verhalten des Genötigten unrechtmäßig zu bereichern. Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Der Beschwerdeführer rügt als Verfahrensmangel im Sinn des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes die Abweisung des von seinem Verteidiger gestellten Antrags auf zeugenschaftliche Vernehmung des Mag. Al Maled W*** zum Beweis dafür, daß er von Kurt M*** anläßlich eines Besuches in seiner Wohnung am 16. März 1985 - also vor den inkriminierten Telefongesprächen am 19. und 25. März 1985 - Schadensgutmachung wegen des Vorfalls mit der eingebackenen Maus verlangt habe (vgl. S 137, 187 d.A.). Damit sollte dargetan werden, daß er auch bei den Folgeverhandlungen lediglich eine nach seiner Ansicht berechtigte Schadenersatzforderung für seine Tochter durchsetzen und sich nicht unrechtmäßig bereichern wollte. Laut abweislichem Zwischenerkenntnis schloß das Erstgericht indes keineswegs aus, daß bei dem von Al Maled W*** angeblich mitgehörten Gespräch zwischen dem Angeklagten und Kurt M*** von Schadensgutmachung die Rede war. Es hielt diesen Umstand jedoch für nicht geeignet, die Annahme zu widerlegen, der Angeklagte habe bei den späteren Telefongesprächen unter Androhung von Presseveröffentlichungen die Summe von 80.000 S nicht als Abgeltung einer Schadenersatzforderung, sondern zur Ermöglichung einer Kreditrückzahlung verlangt (vgl. S 140 iVm S 154 f d.A.). Zudem behauptete der Angeklagte selbst bei keiner seiner Vernehmungen, daß er am 16. März 1985 (und am 18. März 1985 bei einem gemeinsamen Heurigenbesuch) an Kurt M*** ein bestimmtes Schadenersatzbegehren stellte; M*** habe sich vielmehr (ohne Nennung eines bestimmten Betrages) von sich aus bereit erklärt, den Angeklagten zu entschädigen, um Aufsehen in der Öffentlichkeit zu vermeiden (vgl. S 84, 122 d.A.). Durch das Unterbleiben der beantragten Zeugenvernehmung wurden daher Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht verletzt.
Zu Unrecht vermißt die Beschwerde eine zureichende und schlüssige Begründung des (Urteils-)Ausspruchs, der Angeklagte habe mit dem Vorsatz gehandelt, sich unrechtmäßig zu bereichern: Die Konstatierungen, daß der Angeklagte bei den Telefongesprächen am 19. und 25. März 1985 (von Kurt M***) die 80.000 S nicht als Schadenersatz für seine Tochter, sondern zum Zweck einer Kreditrückzahlung verlangte, stützte das Erstgericht auf die Zeugenaussagen des Kurt M***, der Anna Maria M*** und des Dr. Leopold W***, sowie auf Tonbandaufzeichnungen über die bezüglichen Telefonate (vgl. S 152 d.A.). Hiebei wurde auch in Erwägung gezogen, daß der Angeklagte bei keinem der Gespräche mit Kurt M*** erwähnte, seine Tochter sei seit dem Vorfall psychisch oder physisch geschädigt, deshalb auch niemals einen Arzt aufsuchte und seinen eigenen Angaben zufolge auch aus diesem Titel keine Entschädigung verlangte, sondern diese Version erst nach Kontaktierung seines Rechtsanwaltes gab (vgl. S 70, 87, 151 ff d. A.). Auf Grund dieser Verfahrensergebnisse konnte das Erstgericht zwanglos zur Überzeugung gelangen, daß die exorbitante, zu möglichen gesundheitlichen Folgen für seine Tochter in krassem Mißverhältnis stehende Geldforderung - ungeachtet der grundsätzlichen Bereitschaft des Kurt M***, die Familie des Angeklagten für die erlittene Unbill angemessen zu entschädigen - nicht auf eine Durchsetzung tatsächlich bestehender oder vermeintlicher Schadenersatzansprüche abzielte, sondern eine unrechtmäßige Bereicherung bezweckte.
Daß der Angeklagte an sich berechtigt gewesen wäre, gegenüber Kurt M*** als gesetzlicher Vertreter seiner 7jährigen Tochter rechtsgeschäftlich aufzutreten und eine Forderung des Kindes zu betreiben, bedurfte - unabhängig davon, daß er einem anderen Kultur- und Gesellschaftskreis entstammt - keiner näheren Erörterung. Soweit der Beschwerdeführer daher darzulegen sucht, das Schöffengericht hätte bei Berücksichtigung aller spezifischen Persönlichkeitskomponenten zu gegenteiligen Folgerungen gelangen müssen, unternimmt er einen unzulässigen und daher unbeachtlichen Angriff auf die schlüssige Beweiswürdigung, ohne formelle Begründungsmängel im Sinn der Z 5 (oder gar Feststellungsmängel gemäß der Z 9 lit. a) des § 281 Abs. 1 StPO aufzuzeigen. Sachlich aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO reklamiert der Beschwerdeführer den Rechtfertigungsgrund des § 144 Abs. 2 StGB.
Rechtliche Beurteilung
Der Ansicht, daß sein festgestelltes Tatverhalten nicht rechtswidrig sei, weil die Androhung, den Vorfall der Presse bekanntzumachen und in Österreich, Amerika und Deutschland veröffentlichen zu lassen - woraus für den Bedrohten eine schwere berufliche Störung zu befürchten gewesen wäre -, als Mittel zum angestrebten Zweck nicht den guten Sitten widerspreche, kann jedoch nicht beigepflichtet werden.
Nach den Urteilsfeststellungen bediente sich der Angeklagte der
an sich strafrechtlich nicht verpönten Drohung mit
Presseveröffentlichungen nach Lage dieses Falls nicht zur
Realisierung eines mit dem verfahrensgegenständlichen Backwarenkauf
in Zusammenhang stehenden berechtigten oder vermeintlich
berechtigten Schadenersatzanspruchs; Hanna L*** versuchte vielmehr
nach den erstgerichtlichen Konstatierungen, unter Ausnützung der bei
dem Gebäcklieferanten Kurt M*** und der Firma MC D*** durch die
angedrohte übernationale Publikation des festgestellten Verkaufs
eines infolge Einbackens einer Maus ekelerregenden Gebäcks erweckten
Sorge um gesellschaftliche und geschäftliche Wertschätzung eine
unrechtmäßige Bereicherung in Form der Zurverfügungstellung und
Übernahme einer Geldsumme zwecks Rückzahlung eines - auch zu einem
allfälligen Schadenersatzanspruch betragsmäßig außerhalb jeglicher
vertretbaren Relation und mit dem konkreten Vorfall in keinem Konnex
stehenden - Kredits von 80.000 S herbeizuführen. Eine derartige
Verknüpfung von Mittel und Zweck verstößt aber nach dem spezifischen
Rechtswidrigkeitsregulativ des § 144 Abs. 2 StGB unter
Zugrundelegung eines streng objektiven Maßstabes als sozial
unerträglich gegen die guten Sitten (vgl. Leukauf-Steininger 2
§ 144 StGB RN 15; Kienapfel BT 2 , RN 86; Zipf im WK RZ 27 und 28 zu
§ 144 StGB; Foregger-Serini 3 § 144 StGB, Anm. V).
Die Voraussetzungen des § 144 Abs. 2 StGB wurden darum vom Erstgericht - im Ergebnis - zutreffend verneint.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
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