OGH 6Ob617/86 (6Ob618/86)

OGH6Ob617/86 (6Ob618/86)28.8.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Jensik, Dr. Schobel und Mag. Engelmaier als Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und gefährdeten Partei Martha K*** geb. K***, Hausfrau, 6200 Jenbach, Tratzbergstraße 22, vertreten durch Dr. Harald Meder und Dr. Max Ellinger, Rechtsanwälte in Kufstein, wider die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei Rosa T*** geb. K***, Hausfrau, 6200 Jenbach, Tratzbergstraße 22 a, vertreten durch Dr. Heinz Bauer und Dr. Harald E. Hummel, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Einräumung des grundbücherlichen Eigentumsrechtes, infolge Revisionsrekurses der Gegnerin der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 12. Mai 1986, GZ 6 R 149, 163/86- 12, womit die Beschlüsse des Landesgerichtes Innsbruck vom 18. März 1986, GZ 15 Cg 450/85-8 und 15 Cg 51/86-5, abgeändert wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß, der im übrigen unberührt bleibt, wird dahin abgeändert, daß er in seinem Absatz 3 zu lauten hat:

"Die einstweilige Verfügung wird für die Dauer der inzwischen verbundenen Rechtsstreite 15 Cg 450/85 und 15 Cg 51/86 des Landesgerichtes Innsbruck, längstens jedoch bis 31. 12. 1987 bewilligt".

Die Gegnerin der gefährdeten Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Die gefährdete Partei hat die Kosten der Beantwortung des Revisionsrekurses vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit der beim Erstgericht zu 15 Cg 450/85 eingebrachten Klage stellte die Klägerin das Begehren, die Beklagte sei schuldig, in die Teilung der Grundparzelle 369/1 der Liegenschaft EZ 498 II KG Jenbach in sich und in die neue Grundparzelle 369/8 im Ausmaß von 1160 m 2 gemäß der Planurkunde des Dipl.Ing. Ernst H***

GZl. 596/85 A, in die lastenfreie Abschreibung dieser Grundparzelle vom Gutsbestand der Liegenschaft EZ 498 II KG Jenbach, in die Eröffnung einer neuen Grundbuchseinlage für die Grundparzelle 369/8 und in die Einverleibung des Eigentumsrechtes hierauf für die Klägerin einzuwilligen. Die Klägerin behauptete, die erwähnte Grundfläche sei ihr von Maria K*** mit Schenkungsvertrag vom 16. August 1976 überlassen worden, doch sei die Geschenkgeberin noch vor Ausstellung einer Aufsandungserklärung verstorben. Die Beklagte sei als Alleinerbin nach Maria K*** nunmehr bücherliche Eigentümerin der Liegenschaft EZ 498 II KG Jenbach und verweigere die Unterfertigung der zur Verbücherung notwendigen Urkunden.

Mit der weiteren zu 15 Cg 51/86 eingebrachten Klage stellte die Klägerin das Begehren, die Beklagte sei schuldig, in die Teilung der Grundparzelle 369/1 der EZ 498 II KG Jenbach in sich und die neue Grundparzelle 369/7 im Ausmaß von 580 m 2 gemäß der Planurkunde des Dipl.Ing. Ernst H*** GZl 596/85 A, in die lastenfreie Abschreibung dieser Grundparzelle vom Gutsbestand der Liegenschaft EZ 498 II KG Jenbach, in die Eröffnung einer neuen Grundbuchseinlage für die Grundparzelle 369/7 und in die Einverleibung des Eigentumsrechtes für die Klägerin einzuwilligen. Die Klägerin brachte vor, Maria K*** habe mit Vertrag vom 12. März 1976 ihr diese Grundfläche überlassen. Die Beklagte habe trotz der Verpflichtung, hierüber eine verbücherungsfähige Urkunde zu unterfertigen, dies nicht getan. Zur Sicherung der in beiden Rechtsstreitigkeiten erhobenen Begehren beantragte die Klägerin die Erlassung einstweiliger Verfügungen durch ein Veräußerungs- und Belastungsverbot im Sinne des § 382 Z 6 EO. Zur Gefährdung brachte sie vor, daß die Beklagte und deren Tochter Evi T*** gegenüber dem Gatten der Klägerin erklärt hätten, daß Evi T*** bereits "außerbücherliche Eigentümerin" der Liegenschaft EZ 498 II KG Jenbach sei. Durch eine grundbücherliche Übertragung des Eigentumsrechtes an Evi T***

würde die gerichtliche Durchsetzung der Klagsansprüche vereitelt werden.

Die Beklagte sprach sich gegen den Sicherungsantrag aus und wendete ein, von einer Gefährdung könne nicht gesprochen werden. Ernsthafte Äußerungen über eine bücherliche Übertragung der Liegenschaften an die Tochter der Beklagten seien nie gefallen, überdies wäre eine Eigentumsübertragung an Evi T*** anfechtbar. Das Erstgericht wies in beiden Rechtsstreitigkeiten mit wörtlich gleichlautenden Beschlüssen die Provisorialanträge ab. Es nahm folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:

Mit Vertrag vom 16. August 1976 übertrug Maria K*** der Klägerin aus der Grundparzelle 369/1 in EZ 498 II KG Jenbach ein Teilstück im Ausmaß von 1160 m 2 . Dieser Sachverhalt wurde von der Beklagten im Berufungsverfahren um die Pflichtteilsansprüche der Klägerin vor dem Oberlandesgericht Innsbruck zu 2 R 315/84 nicht bestritten. Anläßlich der mündlichen Berufungsverhandlung anerkannte die Beklagte am 21. Februar 1985, daß die mit Vorvertrag vom 12. März 1976 an die Klägerin übertragenen 580 m 2 aus der Grundparzelle 369/1 im Eigentum der Klägerin stehen, und verpflichtete sich, hierüber eine verbücherungsfähige Urkunde binnen drei Monaten zu unterfertigen. Eine dem Beklagtenvertreter mit Schreiben vom 18. November 1985 übermittelte Urkunde dieses Inhaltes wurde von der Beklagten trotz Fristsetzung bis zum 26. Jänner 1985 nicht unterfertigt. In einer von der Beklagten gegen Dr. Richard K***, den Gatten der Klägerin, beim Bezirksgericht Schwaz eingebrachten Klage wegen Unterlassung wurde im Zuge von Vergleichsgesprächen erörtert, ob sich Dr. Richard K*** verpflichten würde, die Grundparzelle 369/1 der EZ 498 II KG Jenbach bis zum Abschluß der vor dem Landesgericht Innsbruck anhängigen Verfahren nicht mehr zu betreten. Eine solche generelle Verpflichtung wurde von Dr. Richard K*** unter Hinweis darauf, daß seine Gattin außerbücherliche Eigentümerin von Teilflächen der Grundparzelle 369/1, nämlich der Grundparzellen 369/7 und 369/8 sei, abgelehnt. Daraufhin wurde sowohl von der Beklagten als auch von ihrer Tochter Evi T*** erklärt, daß Evi T*** bereits außerbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft EZ 498 II KG Jenbach sei.

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, es fehle an der Bescheinigung einer konkreten Gefährdung. Der Erklärung der Beklagten und ihrer Tochter, letztere sei "außerbücherliche" Eigentümerin der Liegenschaft EZ 498 II KG Jenbach, könne keine Gefährdung des Anspruches der Klägerin entnommen werden. Die Klägerin habe nicht bescheinigt, daß ernsthaft eine Äußerung gefallen sei, wonach die Beklagte die Absicht habe, das bücherliche Eigentum an der streitgegenständlichen Grundfläche an ihre Tochter zu übergeben. Da die Tochter der Beklagten bei den Vergleichsverhandlungen anwesend gewesen sei, müßten ihr auch die Ansprüche der Klägerin auf die beiden Teilflächen bekannt sein, so daß ihr deshalb ein gutgläubiger Erwerb im Vertrauen auf den Buchstand gar nicht möglich wäre und der Klägerin die Anfechtung offenstünde.

Das Rekursgericht gab den Rekursen der Klägerin teilweise Folge und erließ das beantragte Veräußerungsverbot hinsichtlich der beiden in der beigeschlossenen Planurkunde des Dipl.Ing. Ernst H*** und des Dipl.Ing Edmund W*** GZl 596/85 A, ersichtlichen und als Grundparzellen 369/7 und 369/8 bezeichneten Teilflächen der Grundparzelle 369/1 der Liegenschaft EZ 498 II KG Jenbach und ordnete an, daß das Bezirksgericht Schwaz als Grundbuchsgericht dieses Verbot in EZ 498 II KG Jenbach anzumerken hat. Es sprach ferner aus, daß die einstweilige Verfügung für die Zeit, bis die gefährdete Partei ihren Anspruch durch Zwangsvollstreckung geltend machen kann, bewilligt wird. Das weitere Sicherungsbegehren, auch ein Belastungsverbot zu verfügen, wies es (rechtskräftig) ab. Das Rekursgericht sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Gegenstandes S 300.000,-- übersteigt. Es ging davon aus, daß die Äußerungen der Beklagten und ihrer Tochter über das außerbücherliche Eigentum Letzterer ernst gemeint gewesen seien und damit eine konkrete Gefährdung des Anspruches der Klägerin bescheinigt sei. Eine Erschwerung der Verwirklichung des von der Klägerin verfochtenen Anspruches läge allein schon in der im Falle einer bücherlichen Eigentumsübertragung an Evi T*** notwendigen Außereinandersetzung mit dieser, der gegenüber die Klägerin außerdem nur im Falle einer Schädigungsabsicht bzw. einer arglistigen Kollusion oder bei Verletzung eines der Genannten deutlich erkennbaren, durch Besitz verstärkten Forderungsrechtes, also unter besonders erschwerten beweismäßigen Bedingungen durchdringen könnte. Auch der Anspruch der Klägerin sei auf Grund des festgestellten Sachverhaltes bescheinigt, zumal gemäß Punkt IV. des Vertrages vom 16. August 1976 auch eine bereits erfolgte wirkliche Übergabe der geschenkten Liegenschaft bestätigt worden sei. Da jedoch kein Hinweis auf eine beabsichtigte Belastung des Grundstückes vorliege, sei nur ein Veräußerungs- nicht aber auch ein Belastungsverbot gerechtfertigt.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit den Anträgen, den Sicherungsantrag zur Gänze abzuweisen oder den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß die einstweilige Verfügung längstens bis 31. Dezember 1987 bewilligt werde. Die Klägerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nur teilweise berechtigt.

Soweit die Beklagte meint, eine Gefährdung des Anspruches sei schon deshalb nicht gegeben, weil an der Ernsthaftigkeit der Äußerungen über das "außerbücherliche" Eigentum ihrer Tochter gezweifelt werden müsse, geht sie nicht vom bescheinigten Sachverhalt aus. Der Rechtsmittelwerberin kann nicht beigepflichtet werden, wenn sie meint, auch im Falle einer Eigentumsübertragung an ihre Tochter wäre die Durchsetzung des Anspruches der Klägerin nicht erheblich erschwert, weil die Tochter die Liegenschaft nicht gutgläubig erwerben könne und daher eine Anfechtung der Übertragung für die Klägerin leicht und ohne Beweisschwierigkeiten durchzuführen wäre. Schon allein der Umstand, daß die Klägerin gezwungen wäre, sich auch mit der Tochter der Beklagten auseinanderzusetzen und allenfalls gegen diese ein weiteres gerichtliches Verfahren anzustrengen, würde - auch ungeachtet möglicher Beweisschwierigkeiten - bereits eine erhebliche Erschwerung der Verfolgung des Anspruches bedeuten. Das Rekursgericht hat daher mit Recht den Sicherungsanträgen stattgegeben.

Der Revisionsrekurs ist jedoch berechtigt, soweit er sich gegen die vom Rekursgericht - abweichend vom Antrag - bestimmte Dauer der einstweiligen Verfügung wendet.

Die Klägerin hat die Erlassung der einstweiligen Verfügung für die Dauer der Rechtsstreite, längstens bis 31. Dezember 1987 beantragt. Das Rekursgericht hat sie für die Zeit, bis die Klägerin ihren Anspruch durch Zwangsvollstreckung geltend machen kann, bewilligt.

Die Frage, ob das Gericht auch über die von der gefährdeten Partei beantragte Frist hinausgehen kann, wird in Lehre und Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. Während Heller-Berger-Stix (Komm.z.EO 4 III 2803) und die Entscheidung ÖBl. 1955, 3, dies unter Hinweis darauf bejahen, daß die Zeit vom Gericht von Amts wegen festzusetzen sei, wurde dies in der Entscheidung ÖBl. 1965, 105, verneint. Die Entscheidung 4 Ob 512/85

ließ diese Frage ausdrücklich offen, während die Entscheidung 5 Ob 504/81 = MietSlg. 33.776 aussprach, daß die amtswegige Zeitbestimmung über die Absicht des Antragstellers hinausgehen und damit den Antrag überschreiten könnte.

Der erkennende Senat schließt sich der in ÖBl. 1965, 105 vertretenen Ansicht an. Die Richtigkeit der dort vertretenen Meinung ergibt sich aus der allgemeinen Erwägung, daß zwar bei Erlassung von einstweiligen Verfügungen die Wahl der Maßnahmen zur Erreichung des Zweckes der einstweiligen Verfügung dem freien Ermessen des Gerichtes überlassen ist, sich diese Maßnahmen aber immer im Rahmen des Antrages halten müssen (SZ 27/329 ua.). Da § 389 Abs 1 EO der gefährdeten Partei unter anderem auch aufträgt, die Zeit zu bezeichnen, für welche die einstweilige Verfügung in Antrag gebracht wird, ist das Gericht nicht berechtigt, über diesen Antrag hinauszugehen.

In teilweiser Stattgebung des Revisionsrekurses war daher die Zeit, für welche die einstweilige Verfügung bewilligt wurde, dem Antrag der Klägerin anzupassen.

Da die Beklagte nur mit einem unbedeutenden Teil ihres Rechtsmittels durchgedrungen ist, war in sinngemäßer Anwendung der Grundsätze des § 43 Abs 2 ZPO gemäß den §§ 78, 402 Abs 2 EO, 40

und 50 ZPO auszusprechen, daß sie die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen hat. Der Ausspruch über die Kosten der Beantwortung des Revisionsrekurses gründet sich auf § 393 Abs 1 EO.

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