Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens wird dem Endurteil vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 6. Februar 1981 ereignete sich auf der Köstendorfer Landesstraße im Freilandgebiet auf Höhe des Wohnhauses Köstendorf 124 ein Verkehrsunfall, an dem die Klägerin als Fußgängerin und der Erstbeklagte als Lenker des vom Zweitbeklagten gehaltenen und bei der Drittbeklagten haftpflichtversicherten PKW Fiat 128 mit dem polizeilichen Kennzeichen S 14.266 beteiligt waren. Dabei wurde die Klägerin verletzt. Wegen dieses Unfalles wurde der Erstbeklagte mit Urteil des Bezirksgerichtes Neumarkt am Wallersee vom 21. März 1983, U 104/81-34, wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 und 4, 1. Fall StGB rechtskräftig verurteilt, weil er bei schneeglatter Fahrbahn und infolge Dunkelheit und starken Schneefalls schlechter Sicht mit einer für die Fahrbahn- und Witterungsverhältnisse überhöhten Geschwindigkeit gefahren ist und dadurch die am rechten Fahrbahnrand befindliche Klägerin niedergestoßen und schwer verletzt hat. Die der Klägerin aus diesem Unfall zustehenden Ansprüche auf Schmerzengeld, auf Ersatz von Arztkosten und des ihr entstandenen Kleiderschadens betragen der Höhe nach jeweils mindestens einen Schilling. Mit der am 2. Feber 1984 erhobenen Klage begehrte die Klägerin von den Beklagten - nach der Einschränkung des Klagebegehrens um ein ihr im Strafverfahren rechtskräftig zugesprochenes Teilschmerzengeld von S 10.000,-- - die Bezahlung von S 1,051.282,28 sA (Schmerzengeld S 690.000,--, Besuchskosten S 114.830,--, Kleiderschaden S 7.500,--, Kosten der Hilfskräfte S 261.800,--, Arztkosten S 2.312,28 und S 900,--, abzüglich eines Unterstützungsbetrages der Sozialhilfe von S 26.100,--) samt 4 % Zinsen seit 14. Dezember 1983; außerdem begehrte sie die Feststellung der Haftung der Beklagten für alle ihre zukünftigen Ansprüche aus dem Unfall, die Haftung der Drittbeklagten jedoch beschränkt mit dem Betrag des bestehenden Haftpflichtversicherungsvertrages. Der Erstbeklagte habe den Unfall alleine verschuldet; er sei mit einer für die Straßen- und Sichtverhältnisse wesentlich überhöhten Geschwindigkeit gefahren und habe die am rechten Fahrbahnrand stehende Klägerin übersehen. Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und wendeten im wesentlichen ein, daß das weitaus überwiegende Verschulden die Klägerin selbst treffe. Diese sei, als das Fahrzeug des Erstbeklagten nur noch etwa 20 bis 30 m entfernt gewesen sei, ohne auf den Verkehr zu achten und trotz erkennbarer Annäherung des Beklagtenfahrzeuges in langsamem Tempo über die Fahrbahn gegangen; die Scheinwerfer des Fahrzeuges seien sichtbar gewesen. Der Klägerin sei es nicht gelungen, die Straße vor dem Anstoß voll zu überqueren. Der Erstbeklagte sei etwa 40 cm vom Schneewall rechts entfernt gefahren. Der Antoß sei am PKW dort erfolgt, wo sich im Inneren der Verteiler befinde; die Klägerin sei gegen die Mitte der Windschutzscheibe geschleudert worden. Dem Erstbeklagten sei trotz eines sofortigen Bremsmanövers ein Anhalten nicht mehr möglich gewesen.
Das Erstgericht sprach in dem auf den Grund des Anspruches eingeschränkten Verfahren aus, daß die Ansprüche der Klägerin auf Zahlung von Schmerzengeld, Arzt- und Behandlungskosten sowie Ersatz des Kleiderschadens anläßlich des Verkehrsunfalles vom 6. Februar 1981 dem Grunde nach zu Recht bestehen. Es traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen noch folgende Feststellungen:
Im Unfallsbereich bestand eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 km/h. Die Straße wies keine Beleuchtung auf; zur Unfallszeit gegen 17,45 Uhr war es dunkel. Die Straße war vereist, nicht gestreut und schneebedeckt. Durch den zur Unfallszeit herrschenden starken Schneefall war die Sicht zusätzlich beeinträchtigt. Der Erstbeklagte lenkte den mit M- und S-Reifen ausgerüsteten PKW mit einer Geschwindigkeit von zumindest 45 km/h von Köstendorf in Richtung Neumarkt; die Fahrbahn wies in seiner Fahrtrichtung ein leichtes Gefälle von etwa 3 % auf. Am Fahrzeug war das Abblendlicht eingeschaltet; die "theoretische Reichweite" dieses Lichtes betrug etwa 40 m. Wegen des starken Schneetreibens zur Unfallszeit war die Sichtweite jedoch weiter eingeschränkt.
Die Breite der Fahrbahn betrug im Bereich der Unfallstelle etwa 5,7 m; die Fahrbahn war jedoch zur Unfallszeit durch Schneewälle an beiden Seiten eingeschränkt. Die genaue Breite der Schneewälle ist nicht festzustellen. Kurz vor dem Unfall war die Klägerin von Otto S*** sen., einem Verwandten, in dessen PKW mitgenommen worden. S*** hatte den PKW so angehalten, daß es der Klägerin möglich gewesen wäre, bei im wesentlichen gerader Überquerung der Fahrbahn jene Stelle des Schneewalles zu erreichen, an der zur Unfallszeit eine Lücke im Schneewall geschaufelt war, um den Zutritt zum Einfahrtstor in der Gartenmauer des Hauses Köstendorf 124 zu ermöglichen. Der Schneewall am Fahrbahnrand zum Haus Köstendorf 124, also am rechten Fahrbahnrand in Fahrtrichtung des Erstbeklagten, war außerhalb der ausgeschaufelten Lücke so hoch, daß er für ein Begehen durch Fußgänger nicht geeignet war. Die Klägerin stieg gegenüber ihrem Wohnhaus Köstendorf 124 aus und überquerte die Fahrbahn, um zu ihrem Wohnhaus zu gehen. Der Erstbeklagte nahm die Klägerin so spät wahr, daß ihm eine Abwehrhandlung vor der Kollision nicht mehr möglich war. Der Anstoß des PKW erfolgte seitlich von rechts gegen die Hüfte der Klägerin. Schließlich brachte das Erstgericht noch zum Ausdruck, daß nicht festgestellt werden konnte, ob die Klägerin beim Zusammenstoß in Bewegung war oder still stand und sich auch nicht mehr klären ließ, welchen Seitenabstand der Erstbeklagte mit dem Fahrzeug vor der Kollision zum rechten Straßenrand bzw. zum rechts befindlichen Schneewall einhielt. Ebensowenig konnte das Erstgericht klären, an welcher Stelle genau sich der Unfall ereignete und welchen Abstand die Klägerin vor dem Unfall zum rechten Straßenrand in Fahrtrichtung des Erstbeklagten einhielt bzw. wie nahe sie sich am Schneewall befand und ob der Unfall sich an jener Stelle ereignete, an der die Lücke im Schneewall ihr einen Durchgang zum Gartentor des Wohnhauses ermöglicht hätte.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, daß das Verschulden des Erstbeklagten durch die strafrechtliche Verurteilung feststehe. Den Beklagten sei der Beweis eines Mitverschuldens der Klägerin nicht gelungen; diese habe als Fußgängerin am Rand des Schneewalls gehen und stehen dürfen, da kein Straßenbankett vorhanden gewesen sei. Der Schneewall sei für ein Begehen durch die Klägerin zu hoch gewesen. Da das Schmerzengeld, die Arztkosten und der Kleiderschaden der Klägerin der Höhe nach mit zumindest je einem Schilling außer Streit gestellt seien, habe über diese Teilansprüche ein Zwischenurteil gefällt werden können.
Das Gericht zweiter Instanz gab der von den Beklagten erhobenen Berufung nicht Folge. Es erachtete die in der Berufung erhobene Beweis- und Tatsachenrüge als unberechtigt und übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich.
Ausgehend von dieser Sachverhaltsgrundlage erkannte das Berufungsgericht auch der Rechtsrüge der Berufungswerber keine Berechtigung zu. Insoweit die Beklagten auch unter dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung die vom Berufungsgericht bereits unter dem Berufungsgrund der unrichtigen Beweiswürdigung überprüfte Beweiswürdigung des Erstgerichtes bekämpften, sei die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt. Da der Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung im übrigen gesetzmäßig zur Darstellung gebracht worden sei, erachtete sich das Berufungsgericht verpflichtet, die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes ohne Beschränkung auf die von den Rechtsmittelwerbern verwendeten Argumente auf der Grundlage der gerichtlichen Feststellungen nach allen Richtungen hin zu prüfen. Es ging dabei davon aus, daß Fußgänger nach § 76 Abs. 5 StPO die Fahrbahn in angemessener Eile zu überqueren und außerhalb von Schutzwegen den kürzesten Weg zu wählen haben; dabei dürften sie den Fahrzeugverkehr nicht behindern. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung könne der Klägerin nicht vorgeworfen werden, weil sie die Fahrbahn bereits überquert und sich am äußersten linken Fahrbahnrand neben dem Schneewall in ihrer Gehrichtung befunden haben könne, als sie vom Fahrzeug des Erstbeklagten angefahren worden sei. Sie könne nach den Feststellungen auch dadurch niedergestoßen worden sein, daß der Erstbeklagte mit dem PKW zum rechten Fahrbahnrand (Schneewall) einen so geringen Abstand einhielt, daß die Klägerin trotz Benützung des äußersten Fahrbahnrandes (neben dem Schneewall) angefahren worden sei.
Das Verschulden des Erstbeklagten stehe durch seine strafrechtliche Verurteilung fest (Verstoß gegen § 20 StVO). Im Zivilverfahren sei daher nur noch zu überprüfen, ob auch der Klägerin ein Mitverschulden angelastet werden könne. Für dieses Mitverschulden treffe die Beklagten die Behauptungs- und Beweispflicht. Angesichts der nicht aufgeklärten Ungewißheiten über Einzelheiten des Unfallablaufes, die zulasten der beweispflichtigen Beklagten gingen, könne nicht gesagt werden, daß sie einen Sachverhalt bewiesen hätten, der die Annahme eines anspruchsverkürzenden Mitverschuldens der Klägerin rechtfertigen würde.
Fußgänger hätten nach § 76 Abs. 1 StVO, wenn Gehsteige oder Gehwege nicht vorhanden sind und ein Straßenbankett fehlt, auf Freilandstraßen den äußerst linken Fahrbahnrand zu benützen. Im gegenständlichen Fall könne die Klägerin beim Anstoß am äußersten linken Fahrbahnrand neben dem Schneewall in ihrer Gehrichtung gewesen seien; ein Verstoß gegen § 76 Abs. 1 StVO könne ihr daher nicht angelastet werden. Ebensowenig könne ihr vorgeworfen werden, daß sie sich überhaupt unvorsichtig verhalten habe, da sie den PKW auf große Entfernung sehen hätte können und ihr ein rechtzeitiges Verlassen der Fahrbahn leicht möglich gewesen wäre. Die Klägerin könne sich beim Anstoß unmittelbar neben dem hohen Schneewall befunden haben; in diesen habe sie weder ausweichen müssen noch können. Es könne ihr nicht zum Vorwurf gemacht werden, daß sie nicht rechtzeitig in die Lücke im Schneewall auf Höhe des Gartentores ausgewichen sei, da aufgrund des ungeklärten Sachverhaltes nicht feststehe, ob es ihr überhaupt möglich gewesen wäre, nachdem sie im Beklagtenfahrzeug eine Gefahr habe erkennen müssen, diese Lücke im Schneewall noch zu erreichen.
Vom Erstgericht sei daher richtig erkannt worden, daß den Beklagten der Beweis eines Mitverschuldens der Klägerin nicht gelungen sei. Diese hätten als Lenker, Halter und Haftpflichtversicherer dem Grunde nach der Klägerin ein Schmerzengeld zu bezahlen und die Arztkosten sowie den Kleiderschaden zu ersetzen; diese Ansprüche der Klägerin seien auch der Höhe nach mit je einem Schilling außer Streit gestellt worden. Das Erstgericht habe daher mit einem Teilzwischenurteil aussprechen dürfen, daß die Ansprüche der Klägerin auf Schmerzengeld sowie auf Ersatz der Arztkosten und des Kleiderschadens dem Grunde nach zu Recht bestehen. Schließlich sprach das Berufungsgericht aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, 300.000 S übersteigt.
Gegen dieses Urteil des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die auf die Anfechtungsgründe des § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO gestützte Revision der Beklagten mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß das Klagebegehren, insoweit es dem Grunde nach zu mehr als einem Drittel als zu Recht bestehend festgestellt werde, abgewiesen werde; hilfsweise wird in diesem Umfang ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Hinblick auf den Wert des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.
Unter den gemeinsam ausgeführten Anfechtungsgründen der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens vertreten die Revisionswerber vorerst die Ansicht, mangels Zulässigkeit der Bekämpfung der vom Berufungsgericht vorgenommenen Beweiswürdigung nur die Möglichkeit zu haben, das Urteil im Rahmen des Revisionsgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung zu bekämpfen, und zwar nur "mit der Argumentation", daß "unrichtige Schlußfolgerungen aus einem Sachverhalt gezogen worden seien, das Urteil sohin gegen Denkgesetze und Beweisprinzipien verstoße". Sie meinen damit vermutlich, mit dem Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO "tatsächliche Feststellungen" der Vorinstanzen insoweit anfechten zu können, als sie auf Schlußfolgerungen beruhen, die gegen Gesetze des Denkens und der Erfahrung verstoßen (Fasching, Lehrbuch, Rz 1929; 8 Ob 302/82; JBl. 1985, 616 ua). Sie übersehen dabei aber, daß es für diesen Revisionsgrund nicht ausreicht, eine nach den Denkgesetzen und Erfahrungen einwandfreie Schlußfolgerung des Berufungsgerichtes durch eine andere ebenfalls als möglich anzuerkennende ersetzen zu können (RZ 1967, 105; 8 Ob 302/82; 8 Ob 53/85 ua). Darauf laufen aber die weitwendigen Ausführungen der Revisionswerber hinaus, wenn sie unter Hinweis auf die Aussagen von Zeugen und Ausführungen der Sachverständigen im Zusammenhalt mit Angaben der Klägerin und des Erstbeklagten als Partei und unter Bedachtnahme auf verschiedene, nach der Sachlage wohl möglichen - von den Vorinstanzen aber nicht als erwiesen erachteten - Annahmen darzulegen versuchen, daß der von ihnen im Verfahren behauptete Unfallshergang durch die Verfahrensergebnisse doch gedeckt erscheine und damit die Annahme der Vorinstanzen unhaltbar sei, es habe nicht geklärt werden können, welchen Seitenabstand der Erstbeklagte mit dem PKW vor dem Unfall zu dem rechts befindlichen Schneewall eingehalten habe, an welcher Stelle sich der Unfall tatsächlich ereignet habe, wie weit die Klägerin im Zeitpunkt des Unfalles vom Schneewall entfernt gewesen sei und welchen Weg sie tatsächlich genommen habe. Da die Beklagten nicht in der Lage sind, einen dem Berufungsgericht bei Behandlung der von ihnen in der Berufung erhobenen Beweis- und Rechtsrüge unterlaufenen Verstoß gegen die Denkgesetze aufzuzeigen und es zu der der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogenen Beweiswürdigung gehört, ob aus bestimmten Beweisergebnissen bestimmte Feststellungen getroffen werden können oder nicht, stellen sich diese Ausführungen der Revisionswerber in Wahrheit bloß als Versuch einer im Revisionsverfahren unzulässigen Bekämpfung der eine Tatsachenfeststellung darstellenden (JBl 1981, 206; ZVR 1982/16 ua) Annahme der Vorinstanzen dar, die hier bekämpften Feststellungen könnten nicht getroffen werden. Wenn die Revisionswerber bei ihren Überlegungen ua den Standpunkt vertreten, das den Erstbeklagten verurteilende Straferkenntnis binde den Zivilrichter nur soweit, als dort festgestellt worden sei, daß der Erstbeklagte für die Sicht- und Straßenverhältnisse zu schnell gefahren sei, so könnte darin - wie der Vollständigkeit halber festgehalten sei - eine Ausführung des geltend gemachten Revisionsgrundes des § 503 Abs 1 Z 2 ZPO erblickt werden, weil eine unrichtige Anwendung der Bestimmung des § 268 ZPO unter diesem Anfechtungsgrund bekämpft werden könnte. Ein solcher Verfahrensmangels liegt aber schon deshalb nicht vor, weil nach dem Straferkenntnis - wie die Vorinstanzen auch zutreffend annahmen - darüber hinaus auch bindend feststeht, daß der Erstbeklagte durch seine Fahrweise die "am rechten Fahrbahnrand befindliche" Klägerin niedergestoßen hat. Mit ihren der Rechtsrüge zuzuzählenden Ausführungen bekämpfen die Beklagten die Ansicht der Vorinstanzen, der Klägerin könne kein Verstoß gegen § 76 StVO zum Vorwurf und ihr damit auch kein Mitverschulden angelastet werden. Den Beklagten kann auch hier nicht gefolgt werden.
Die Vorinstanzen sind bei Prüfung der Frage eines Mitverschuldens der Klägerin an dem gegenständlichen Verkehrsunfall mit Recht davon ausgegangen, daß die Beklagten die Behauptungs- und Beweislast für ein allfälliges Mitverschulden der Klägerin trifft (ZVR 1977/251; ZVR 1984/337; ZVR 1985/32 uva) und diesbezügliche Unklarheiten im erhobenen Sachverhalt zu ihren Lasten gehen (ZVR 1977/251; ZVR 1983/255; ZVR 1984/109 uva), und das Mitverschulden nur im Rahmen des der Klägerin diesbezüglich in tatsächlicher Hinsicht gemachten Schuldvorwurfes zu prüfen ist (ZVR 1985/32; JBl 1985, 551 ua). Da die Beklagten ihren Mitverschuldenseinwand auf die Behauptung gestützt haben, die Klägerin sei auf eine Entfernung von 20 bis 30 m ohne auf den Verkehr zu achten trotz erkennbarer Annäherung des PKWs in langsamem Tempo über die Fahrbahn gegangen, ihnen der Beweis für die Richtigkeit dieser Behauptung aber nicht gelungen ist, haben die Vorinstanzen es ohne Rechtsirrtum abgelehnt, der Klägerin ein Mitverschulden anzulasten. Die von anderen, als den festgestellten Sachverhaltsgrundlagen - nämlich von der Möglichkeit anderer Unfallsabläufe - ausgehenden Revisionsausführungen bringen die erhobene Rechtsrüge nicht zur gesetzmäßigen Darstellung und sind daher unbeachtlich.
Zu Unrecht wenden sich die Beklagten schließlich in Bekämpfung der Ablehnung der Annahme eines Verstoßes der Klägerin gegen die Bestimmung des § 76 Abs 1 StVO durch die Vorinstanzen gegen die von diesen übereinstimmend vertretene Ansicht, die Klägerin wäre - falls sie am Fahrbahnrand neben dem Schneewall gegangen oder gestanden wäre - nicht verpflichtet gewesen, in den Schneewall hinein auszuweichen. Es entspricht nämlich der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß einerseits ein Fußgänger Anspruch darauf hat, einen Teil der Fahrbahn zu benutzen, wenn ein Gehweg, ein Gehsteig oder ein Bankett nicht vorhanden ist (ZVR 1970/26; ZVR 1980/251 ua) und anderseits das Gehen auf einem schneebedeckten Bankett von einem Fußgänger nicht verlangt werden kann (ZVR 1971/78; 2 Ob 148/76). Was für die Benützung des Gehsteiges, des Gehweges und des Straßenbankettes gilt, muß aber auch für den Fahrbahnrand gelten (vgl ZVR 1982/57; 8 Ob 81/84). Nach den Feststellungen der Vorinstanzen war der Schneewall am Fahrbahnrand zum Haus Köstendorf 124 - außerhalb der dem Zugang zum Haus dienenden Lücke - so hoch, daß er für ein Begehen durch Fußgänger nicht geeignet war. Unter diesen Umständen entspricht es der Sach- und Rechtslage, wenn die Vorinstanzen zu der Rechtsansicht gelangten, daß die Klägerin - wenn sie sich neben dem Schneewall, außerhalb des Bereiches der Lücke befunden hätte, als der PKW herankam und sie diesen überhaupt als Gefahr hätte erkennen müssen, was aber gar nicht festgestellt werden konnte - nicht gehalten gewesen wäre, in den Schneewall hinein auszuweichen.
Die Revisionsausführungen in ihrer Gesamtheit sind somit nicht geeignet, Bedenken gegen die Ablehnung der Vorinstanzen, der Klägerin ein Mitverschulden anzulasten, aufzuzeigen. Der Revision mußte daher ein Erfolg versagt werden. Der Vorbehalt der Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 393 Abs 4, 52 Abs 2 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)