OGH 12Os98/86

OGH12Os98/8614.8.1986

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.August 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Krenn als Schriftführer in der Strafsache gegen Ernst W*** wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1, Abs. 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14.Februar 1986, GZ 2 e Vr 2841/83-117, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ernst W*** des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1, Abs. 2 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in Wien (zu ergänzen: mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern) Nachgenannte durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die diese an ihrem Vermögen um einen 5.000 S übersteigenden Betrag schädigten, und zwar:

I. dadurch, daß er Schecks, lautend auf das Konto 0756011722 der Dragica W*** bei der Z*** und K*** W***, auf

denen er insbesondere die Ausstellerunterschrift der Kontoinhaberin Dragica W*** "nachgeahmt" hatte, jeweils zur Einlösung vorlegte, Angestellte der Z*** und K*** W*** durch

Täuschung über Tatsachen unter Benützung falscher Urkunden, und zwar

1.) am 13.April 1982 zur Honorierung eines Schecks mit 2.485,60 S und

2.) am 14.April 1982 zur Honorierung eins Schecks mit 2.500 S, sowie

II. Nachgenannte unter dem Vorwand, ihnen eine Hausbesorgerwohnung bzw. eine Arbeit vermitteln zu können, und zwar

1.) Ebazel B*** (im Urteil auch B*** - S 457, B*** - S 459 und B*** - S 463)

  1. a) am 9.September 1982 zur Ausfolgung von 5.000 S und
  2. b) eine Woche nach dem 9.September 1982 zur Ausfolgung eines Betrages von 1.500 S, sowie

    2.) zu einem nicht mehr näher festzustellenden Zeitpunkt Ende 1982 Kadir C*** zur Ausfolgung eines Betrage von 1.500 S. Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf Z 4 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. In der Verfahrensrüge (Z 4) behauptet der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Verteidigungsrechte durch die Unterlassung der Einvernahme der Zeugen Dragica W***, Ebazel B*** und Kadir C*** durch das Erstgericht; dies jedoch zu Unrecht. Die gesetzmäßige Ausführung des Nichtigkeitsgrundes der Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO hat zur Voraussetzung, daß während der Hauptverhandlung über einen Antrag des Beschwerdeführers nicht in dessen Sinn entschieden wurde. In Ansehung der Zeugin Dragica W*** hat der Verteidiger des Angeklagten nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls auf die Vernehmung der Genannten nicht verzichtet (S 445). Er hat aber, was die gehörige Geltendmachung der genannten Nichtigkeit erfordern würde, die Vernehmung dieser Zeugin auch nach Verlesung ihrer Aussage vor dem Untersuchungsrichter - S 449 nicht beantragt, sodaß er zur Relevierung dieser Verfahrensrüge nicht legitimiert ist.

Rechtliche Beurteilung

Wer einen Beweis führen will, hat die Beweismittel, derer er sich bedienen und die Tatsachen, die er beweisen will, anzugeben (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO 2 , ENr 1 zu § 281 Z 4). Nun hat zwar der Angeklagte in der Hauptverhandlung (S 449) die Einvernahme der Zeugen B*** und C*** beantragt, es jedoch gänzlich

verabsäumt, jene Umstände anzuführen, die durch die beantragten Vernehmungen erwiesen werden sollen. Diese Unterlassung schließt die Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes der Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO von vornherein aus (EvBl 1951/349; 12 Os 161/79).

Die Verfahrensrüge läßt daher insgesamt eine prozeßordnungsgemäße Ausführung vermissen.

In der Rechtsrüge (Z 9 lit a) hinwieder wird das Vorliegen von Feststellungsmängeln behauptet. Zum Faktum I vermißt der Beschwerdeführer dem Sinne nach die Feststellung, daß er mit Einwilligung seiner geschiedenen Gattin die Schecks in deren Namen (und damit zu ihren Lasten) ausgestellt habe. Hätte das Erstgericht diese Feststellung getroffen, wäre mangels Bereicherungs- und Schädigungsvorsatzes beim Angeklagten ein gerichtlich strafbarer Tatbestand nicht gegeben. Zum Faktum II. wird das Fehlen von Feststellungen dahin, daß der Angeklagte den Erhalt des Betrages von 8.000 S quittiert und er sich den Zeugen B*** und C*** gegenüber bereiterklärt habe, ihnen das Geld zurückzubezahlen, reklamiert. Auch hieraus würde sich mangelnder Bereicherungs- und Schädigungsvorsatz beim Angeklagten ergeben.

Wenn der Beschwerdeführer in der Nichtigkeitsbeschwerde erstmals das Vorliegen von Umständen behauptet, die im Beweisverfahren gar nicht vorgekommen sind, verstößt er dadurch gegen das im schöffengrichtlichen Rechtsmittelverfahren geltende Neuerungsverbot (§ 288 Abs. 2 Z 3 StPO); auf solches Vorbringen ist im Nichtigkeitsverfahren keine Rücksicht zu nehmen (EvBl 1955/205). Für die vom Beschwerdeführer in der Nichtigkeitsbeschwerde erstmals behauptete Einwilligung seiner geschiedenen Gattin zur Ausstellung von Schecks durch ihn auf ihren Namen und zu ihren Lasten, sowie für seine Behauptung, er habe sich bereit erklärt, den Betrag von 8.000 S an die Zeugen B*** und C***

zurückzuzahlen, findet sich im gesamten Akt keine Stütze; nach dem vorher Gesagten gelangt die Rechtsrüge daher in diesem Umfang nicht zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung.

In der Nichtfeststellung der Tatsache der Quittierung des Erhaltes der 8.000 S durch den Angeklagten im Faktum II. ist eine Urteilsnichtigkeit gleichfalls nicht zu erblicken. Der Angeklagte hat den Erhalt dieses Geldbetrages nie bestritten; indem er daraus sowie aus der Tatsache, daß er anläßlich seiner Vernehmung durch die Polizei (S 44) versprochen hat, den geschädigten B*** und C*** die den Genannten herausgelockten Geldbeträge zurückzubezahlen, aber seinen mangelnden Bereicherungs- und Schädigungsvorsatz ableiten will, unternimmt er in Wahrheit nach Art und Zielsetzung einer im Verfahren über Nichtigkeitsbeschwerden gegen schöffengerichtliche Urteile nicht vorgesehenen Schuldberufung einen ihm verwehrten Angriff auf die tatrichterliche Beweiswürdigung. Nach der Annahme des Erstgerichtes lag das Motiv für die Tathandlung des Angeklagten in beiden Urteilsfakten in seiner schuldenbedingten Geldknappheit (S 466), er hat somit ersichtlich (siehe den Hinweis auf die subjektive Tatbestandserfüllung) mit Bereicherungs- und Schädigungsvorsatz gehandelt. Nur am Rande sei erwähnt, daß der Beschwerdeführer eine mangelhafte Begründung des vom Erstgericht angenommenen Bereicherungs- und Schädigungsvorsatzes nicht behauptete, das amtswegige Wahrnehmen eines formellen Nichtigkeitsgrundes (Z 5) dem Obersten Gerichtshof aber verwehrt ist (§ 290 Abs. 1 StPO). Die sohin zur Gänze nicht dem Gesetz gemäß ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO).

In sinngemäßer Anwendung des § 285 b Abs. 6 StPO waren die Akten dem Oberlandesgericht Wien zur zuständigen Entscheidung über die Berufung des Angeklagten zuzuleiten.

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