OGH 13Os88/86

OGH13Os88/8617.7.1986

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Juli 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider (Berichterstatter), Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Steinberger als Schriftführers in der Strafsache gegen Josef Matthias T*** wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 129 Z. 1 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengerichts vom 31. Jänner 1986, GZ. 15 Vr 3703/84-26, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Kodek, und des Verteidigers Dr. Weiser, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB. (I) und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben; die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht verwiesen.

Text

Gründe:

Der am 21. Oktober 1962 geborene Josef Matthias T*** wurde mit dem angefochtenen Urteil neben dem Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 129 Z. 1 StGB. (II) zu (I) - abweichend von der Anklage, die ihm insoweit das Verbrechen des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1 StGB. zur Last gelegt hatte - des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt. Dem Inhalt dieses Schuldspruchs nach hat er am 31. Oktober 1984 in Untertauern dadurch, daß er Katharina S*** an der Oberkleidung im Bereich der Brust bzw. des Halses erfaßte und dabei äußerte: "Geld her oder ich bring dich um" und dabei mit einem vorne abgerundeten Besteck oder Buttermesser gegen sie aufzielte, die Genannte gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Der Angeklagte hat auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichtet. Die Anklagebehörde hingegen bekämpft den Schuldspruch wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB. mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 5 und 9 lit. a (richtig: Z. 10) StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Zu Recht wirft sie in der Mängelrüge (Z. 5) dem Ersturteil Unvollständigkeit wegen unterbliebener Erörterung der im Vorverfahren abgelegten und in der Hauptverhandlung verlesenen (S. 156) Aussage des Zeugen Gottfried K*** bei der Gendarmerie (S. 23 ff.) vor. In dieser, in der Beschwerdeschrift aktengetreu wiedergegebenen Aussage hat der Zeuge nämlich u.a. deponiert, der Angeklagte habe ihm vor dem Angriff auf Katharina T*** gesagt, diese habe in ihrer Börse "zwei grüne Fetzen" (zwei Hundertschillingscheine). Vor dem Untersuchungsrichter sagt er sogar aus, T*** habe 1.000 S in der Geldbörse vermutet (S. 64). Aus der Darstellung des Zeugen ergibt sich darüber hinaus insgesamt das eindeutige Bild einer Bedrohung der 82jährigen Frau durch den Angeklagten mit dem Vorsatz, von ihr Geld zu erhalten ("Dann holen wir uns das auf andere Art", nachdem die Bitte des Zeugen um Geld abgelehnt worden war). Das Gericht ist aber in seiner sonst sehr ausführlichen Urteilsbegründung nur auf die Aussage des ebenfalls bei der Tat anwesenden Zeugen Feriz S*** eingegangen, der auch noch in der Hauptverhandlung angab, es sei "ihnen" (dem Angeklagten und Gottfried K***) nur um Geld gegangen (S. 146). Dieser Aussage hat es trotz Anerkennung der Glaubwürdigkeit des Zeugen die objektive Verläßlichkeit abgesprochen, weil er des Deutschen nur unzulänglich kundig sei. Die Aussage des Gottfried K*** in der Hauptverhandlung (S. 151 ff.), der Angeklagte habe sich nur eine "Gaudi" gemacht, hat es ungeachtet der Beurteilung dieser "Gaudi" als gefährlicher Drohung insoweit ohne weitere Erörterung akzeptiert, als es sie ersichtlich zur Stützung seiner schon mit dem Wortlaut der "gefährlichen Drohung" (Geld oder Leben) kaum in Einklang zu bringenden Verneinung des Bereicherungsvorsatzes heranzog. Auf die wesentlich präzisere Darstellung der Geschehnisse dieses Zeugen vor der Gendarmerie ist es aber mit keinem Wort eingegangen, obwohl der Zeuge dort zwar abschließend (S. 29) seine Passivität angesichts der Gewalttat seines Freundes damit entschuldigte, er habe geglaubt, es sei lediglich ein Spaß, vorher aber ganz im Gegensatz zu dieser Deutung, wie schon erwähnt, die auf Geldwegnahme gerichtete Vorgangsweise des Angeklagten ausführlich schilderte.

Gegenüber dem vom Erstgericht selbst festgestellten objektiven Sachverhalt, der aller Lebenserfahrung nach zu dem Schluß auf einen hinter der Bedrohung mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben stehenden Bereicherungsvorsatz geradezu zwingt, reichen die dessen Verneinung erklärenden Argumente des angefochtenen Urteils nicht aus, zumal das Erstgericht überdies den Zweck des Besuches, von der alten Frau Geld zu erhalten, wenn auch zunächst durch Bettelei, zwar erwähnt (S. 167), aber nicht würdigt. Ob die Geldbörse der alten Frau wegen ihres "altersbedingten, durch Furcht noch verstärkten" Zitterns zu Boden fiel oder ihr entrissen wurde, ist nicht entscheidend. Kennzeichnend ist in diesem Zusammenhang vielmehr, daß die Börse immerhin (von Gottfried K***) sodann nach Geld durchsucht wurde, und erst nach der Feststellung, daß sie nur einen geringen Betrag enthalte, zurückgegeben wurde, zu welchem Zeitpunkt überdies der Zeuge S*** bereits zu Gunsten der Greisin interveniert hatte. Daß der Angeklagte zur Tatzeit 300 S bei sich hatte, wird vom Erstgericht lediglich auf Grund dessen eigener Aussage (S. 39, 135) angenommen und ist auch im Falle der Richtigkeit dieser Behauptung des Angeklagten kein denkrichtiges Argument gegen einen Bereicherungsvorsatz. Die von ihm der Zeugin angebotene Bezahlung des ihr abverlangten Biers mit einer Hundertschillingnote wurde vom Zeugen S*** der Lebenserfahrung entsprechend mit dem Bestreben erklärt, die Barschaft der Frau bei Herausgabe des Wechselgeldes kennenzulernen (S. 144 oben). Das Erstgericht läßt auch diese Angaben unbeachtet und leitet aus dem bloßen, dann rückgängig gemachten Anbieten eines Geldscheines (trotz des Konsums des also unbezahlt gebliebenen Biers und des späteren Diebstahls weiterer Flaschen Bier) ein Indiz gegen den Bereicherungsvorsatz ab. Schließlich wird das Unterbleiben einer Durchsuchung der Wohnung nach Bargeld abermals unter Übergehung der Aussage des Zeugen K*** vor der Gendarmerie (S. 27) festgestellt, wobei überdies unberücksichtigt bleibt, daß eine solche Durchsuchung auch deshalb unterblieben sein kann, weil der Zeuge S*** bereits gezeigt hatte, daß er mit dem Vorgehen gegenüber der Katharina S*** nicht einverstanden ist.

Da eine Erneuerung des Verfahrens schon wegen der aufgezeigten, die Urteilsfeststellungen zur subjektiven Tatseite betreffenden Begründungsmängel unumgänglich erscheint, erübrigt es sich, auch noch auf die weiteren Beschwerdeausführungen einzugehen. Der Nichtigkeitsbeschwerde war daher Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Die Abwesenheit des zum Gerichtstag ordnungsgemäß geladenen, für die Postzusteller jedoch unerreichbaren Angeklagten hinderte den Obersten Gerichtshof nicht an der Entscheidung über das (einzige vorliegende) Rechtsmittel der - ohnehin dem Neuerungsverbot unterworfenen - Nichtigkeitsbeschwerde (EvBl. 1982/181, letzter Absatz).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte