OGH 14Ob109/86

OGH14Ob109/8615.7.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuderna und Dr. Gamerith sowie die Beisitzer Dr. Rupert Dollinger und Dr. Willibald Aistleitner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef H***, Kaufmann, Wiener Neustadt, Julius Willerthgasse 20/7, vertreten durch Dr. Ingo Schreiber, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wider die beklagte Partei Franz G***, Gastwirt, Wiener Neustadt, Alfred Neubauergasse 1/5, vertreten durch Dr. Johannes Ehrenhöfer, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wegen S 218.820,51 sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 12. Dezember 1985, GZ 4 Cg 19/85-28, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Wiener Neustadt vom 16. Mai 1985, GZ Cr 62/84-23, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt vom Beklagten, seinem ehemaligen Arbeitgeber, die Zahlung eines Betrages von S 218.820,51 sA an rückständigem Arbeitsentgelt und Provisionen. Er stützt dieses Begehren sowohl auf die erbrachten Arbeitsleistungen als auch auf ein Anerkenntnis des Beklagten.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er bestritt offene Entgeltansprüche des Klägers sowie die Abgabe eines Anerkenntnisses und wendete Verjährung ein.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf folgende für die Entscheidung über den Rekurs wesentliche Feststellungen:

Der Kläger war in der Zeit vom 1. Mai 1979 bis 31. Jänner 1981 beim Beklagten als angestellter Geschäftsführer der Discothek "Alfa" in Bad Fischau-Brunn neben seinem Hauptberuf als Beamter des Arbeitsamtes Wiener Neustadt beschäftigt. Nachdem es wegen behaupteter Entgeltrückstände zwischen den Parteien zu Auseinandersetzungen gekommen war, errechnete der Steuerberater des Beklagten über Ersuchen des Klägers fällige Lohnansprüche in der Höhe von S 218.820,51. Der Kläger fertigte einen handschriftlichen Entwurf eines Schreibens an, der folgenden Wortlaut hatte:

"Ich, G*** Franz, bestätige hiemit, daß ich Herrn Josef H***, der in der Zeit vom 1. Mai 1979 bis 31. Jänner 1981 in meinem Disco-Club "Alfa" in Bad Fischau-Brunn, Blumentalstraße, angestellt war, den ihm zustehenden Gehalt von netto S 66.137,66 und die Provisionszahlungen von S 140.025,75 netto sowie das Weihnachtsgeld und Urlaubsentschädigung von S 12.657,10, das sind zusammen insgesamt S 218.820,51, bis zum heutigen Tag schulde. Herr H*** erklärte sich seinerzeit bereit, mir meine fälligen Monatsbezüge zu stunden, damit ich mit den Kreditrückzahlungen an diverse Banken nicht in Rückstand gerate. Es ist mir jedoch bis zu diesem Datum nicht gelungen, meine Verbindlichkeiten soweit zu reduzieren, daß ich die noch ausständigen Gehaltsforderungen von Herrn H*** hätte abdecken können. Es ist mir bewußt, daß ich im Falle einer arbeitsgerichtlichen Klage durch Herrn H*** sämtliche noch anfallenden Kosten zu tragen habe".

Nachdem der Kläger dem Beklagten diesen Entwurf übergeben hatte, erklärte der Beklagte, er müsse sich die Sache noch überlegen. Er fügte diesen Worten die Bemerkung bei: "Willst Du einem Toten etwas wegnehmen?" Der Beklagte (richtig: der Kläger) ließ damals den Entwurf beim Kläger (richtig: beim Beklagten) zurück, sodaß dieser die Möglichkeit hatte, vom Inhalt Kenntnis zu nehmen. Ende Feber 1981 sprach der Kläger wieder beim Beklagten vor und ersuchte ihn, das Anerkenntnis zu unterfertigen. Nun übergab der Beklagte dem Kläger ein (ansonsten) leeres Blatt Papier, welches links oben und rechts unten die Firmenstampiglie des Beklagten aufwies und das rechts unten die Unterschrift des Beklagten enthielt. Der Beklagte sagte hiebei zum Kläger: "Mach, was Du willst." Der Kläger setzte in der Folge den oben wiedergegebenen Text des Entwurfs in das ihm vom Beklagten übergebene leere Papier ein.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, der Klagsanspruch bestehe auf Grund des Anerkenntnisses des Beklagten zu Recht. Das Berufungsgericht hob dieses Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und wies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es führte das Verfahren gemäß dem § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG neu durch und traf, wie der angefochtenen Entscheidung gerade noch entnommen werden kann, die gleichen Feststellungen wie das Erstgericht. Abweichend von diesem vertrat es aber die Rechtsauffassung, ein konstitutives Anerkenntnis liege nicht vor, weil der Beklagte weder den Entwurf des ihm vom Kläger übergebenen Schreibens unterfertigt noch mündlich eine auf ein Anerkenntnis gerichtete Willenserklärung abgegeben habe. Da der Beklagte die Übergabe des mit seiner Unterschrift versehenen leeren Blatt Papiers mit den Worten "Mach, was Du willst" begleitet und damit zum Ausdruck gebracht habe, daß es ihm gleichgültig sei, welche Forderungen der Kläger gegen ihn erhebe, liege auch unter diesem Gesichtspunkt kein konstitutives Anerkenntnis vor. Die Feststellungen des Erstgerichts reichten jedoch nicht aus, um vor allem über die Höhe der dem Kläger (allenfalls) zustehenden Forderung entscheiden zu können, zumal die Parteienvorbringen und die bisherigen Verfahrensergebnisse widersprüchlich seien. Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, allenfalls in der Sache selbst zu entscheiden und das erstgerichtliche Urteil zu bestätigen. Der Beklagte hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Vorauszuschicken ist, daß der Beklagte in der Klage und im erstgerichtlichen Urteil als Hans Peter G***, hingegen im späteren Verlauf des Verfahrens in der Berufungsentscheidung und in den Urkunden stets als Franz G*** bezeichnet wurde. Da beide Parteienvertreter einer formlosen Richtigstellung auf "Franz G***" telephonisch zugestimmt haben, war der Beklagte mit diesem Namen zu bezeichnen.

Der Auffassung des Klägers, nach seinem Verlangen auf Unterfertigung des von ihm verfaßten Entwurfs sei in der Übergabe eines mit einer Blankounterschrift des Beklagten versehenen Papiers an den Kläger mit den begleitenden Worten "Mach, was Du willst" ein Anerkenntnis zu erblicken, kann nicht gefolgt werden. Der Beklagte hat den ihm vom Kläger übergebenen Entwurf einer auf ein Anerkenntnis gerichteten damit im Zusammenhang stehenden mündlichen Erklärung nicht unterschrieben, sondern nur übernommen. Daß in diesem Verhalten des Beklagten mangels irgendeiner Erklärung, die auf eine bestimmte Parteiabsicht mit Grund schließen ließe, ein Anerkenntnis nicht abgeleitet werden kann, bedarf keiner weiteren Begründung. Aber auch die Übergabe des mit einer Blankounterschrift versehenen Papiers an den Kläger, die nur von den oben wiedergegebenen Worten begleitet war und nicht etwa mit irgendeiner weiteren, eine Parteiabsicht im Sinne der Auffassung des Rekurswerbers ausdrückenden Erklärung, rechtfertigt trotz des weiteren Andringens des Klägers gegen den Beklagten, ein schriftliches Anerkenntnis abzugeben, nicht die Annahme einer derartigen Erklärung oder einer solchen Parteiabsicht. Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß mangels jeglicher anderer mündlicher Erklärungen in der Äußerung "Mach, was Du willst" nur die Gleichgültigkeit des Beklagten gegenüber der Verwendung dieser Blankounterschrift durch den Kläger zum Ausdruck kommt, nicht aber ein konstitutives Anerkenntnis. Auch unter Berücksichtigung des festgestellten Gesamtverhaltens des Beklagten liegt keine Erklärung des Beklagten vor, daß er als Schuldner die Zweifel an dem Bestand der vom Kläger behaupteten Forderung durch sein Anerkenntnis wie bei einem Vergleich beseitigen und die Rechtslage konstitutiv gestalten wollte. Ob ein bloß als Wissenserklärung zu wertendes deklaratives Anerkenntnis vorliegt, kann hier auf sich beruhen, weil es eine rechtliche Verpflichtung des Beklagten nicht zu begründen vermöchte. Da die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes somit richtig ist und seiner weiteren, dem Tatsachenbereich zuzuordnenden Auffassung, die bisherigen Verfahrensergebnisse reichten nicht aus, um den Bestand der vom Kläger behaupteten Entgeltforderungen verläßlich beurteilen zu können, vom Obersten Gerichtshof nicht entgegengetreten werden kann, muß der Rekurs erfolglos bleiben. Die Kostenentscheidung ist in den §§ 40 und 50 ZPO begründet.

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