Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit S 2.357,85 (darin S 214,35 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung ON 10 und die mit S 2.829,75 (darin S 257,25 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses ON 14 binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Beide Parteien erzeugen und vertreiben Büro- und Kopierpapier. Die Klägerin stellt es aus Altpapier her.
Der Produktmanager der Beklagten, Ing. Peter A***, verfaßte am 12.9.1985 ein Schriftstück, in welchem er unter der Überschrift:
"Gefahren im Recyclingpapier - Altpapier nutzt nicht dem Wald" ua nachstehende Behauptungen aufstellte (Beilage A):
"Die Bezeichnung 'umweltfreundliches Papier' für Schreib-, Druck- und Kopierpapiere, die durch Recycling von Altpapier hergestellt werden, ist falsch und irreführend, und zwar mit fatalen Folgen.
Durch die Verwendung von Recyclingpapier für Schreib-, Druck- und Kopierzwecke wird nämlich unsere Umwelt wesentlich stärker belastet als mit holzfreien Papieren.
Mit dem Recyclingpapier werden auf Kosten unserer Gesundheit und vor allem der unserer Kinder Geschäfte gemacht.
Recyclingpapier ist stark angereichert mit Bioziden und Bakteriziden.
......
Hautärzte haben sowohl bei Arbeitern in solchen Papierfabriken
als auch beim Personal, welches Recyclingpapiere manuell bearbeitet
(zB Handling von Computerformularen aus Recyclingpapier),
hartnäckige Hautschäden (Ausschläge), die von Bioziden verursacht
werden, festgestellt.
......
Sowohl die Abwässer der Papierfabriken, die "De-Inken", als auch
die Recyclingpapiere selbst, sind in höchstem Maße mit Schadstoffen
(Giften) belastet.
......
Im sogenannten 'Umweltschutzpapier' stecken Millionen Keime und
deren Sporen, die im Nährboden 'Recyclingpapier' ihre ideale
Brutstätte haben, wenn nicht genügend Biozide (Gift!) im Papier
enthalten sind.
Deutsche Gewerkschaften fordern massiv, die Verwendung von
Recyclingpapieren in Schulen zu verbieten.
......".
Mit der Behauptung, daß die Verbreitung dieses Textes - welcher nicht den Tatsachen entspreche - gegen § 1, 2 und 7 UWG verstoße, weil sie in den beteiligten Verkehrskreisen den Eindruck erwecke, Recyclingpapier gefährde die Gesundheit seiner Benützer und müsse daher umgehend aus dem Verkehr gezogen werden, beantragt die Klägerin, zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, das von ihr hergestellte Schriftstück Beilage A in Verkehr zu bringen oder die darin enthaltenen Aussagen über wiederverwendetes Altpapier in sonstiger Form bekanntzumachen.
Die Beklagte stellt jeden Gesetzesverstoß in Abrede. Als rein betriebsinterne Notiz sei die beanstandete Abhandlung nie im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs verwendet worden. Die in ihr enthaltenen Behauptungen entsprächen im übrigen den Tatsachen.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab und nahm folgenden weiteren Sachverhalt als bescheinigt an:
Ing. Peter A*** hat das beanstandete Schriftstück im Auftrag der Geschäftsleitung der Beklagten als Entwurf für eine Argumentesammlung verfaßt, welche den ausschließlichen Zweck hatte, der Beklagten intern für die spätere Entwicklung einer Strategie zum Konkurrenzprodukt "Umweltschutzpapier" zu dienen. Der Sohn Ing. Peter A***s, Leo A***, wird als Schüler des Gymnasiums Waidhofen an der Ybbs wegen der Beschäftigung seines Vaters in der Papierfabrik der Beklagten als Sohn eines "Baummörders", "Umweltverbrechers" udgl. beschimpft. Er ersuchte deshalb seinen Vater, den beanstandeten Entwurf, welchen er zu Hause gesehen hatte, im Biologieunterricht vorzeigen zu dürfen; Ing. Peter A*** war damit einverstanden. In der Schule bat der Biologieprofessor um die Erlaubnis, sich davon eine Kopie machen zu dürfen; Leo A*** gestattete es ihm. Die Beklagte hatte von der Weitergabe des Papiers weder etwas gewußt noch sie gebilligt; sie selbst hat auch das Papier nicht weitergegeben. Der Biologieprofessor übermittelte das Schriftstück dem Direktor des Gymnasiums, welcher es an Karl V*** - welcher mit Umweltschutzpapier handelt - weiterleitete. Karl V*** erhielt später von einer Lehrerin der Hauptschule Waidhofen an der Ybbs eine weitere Kopie des beanstandeten Textes. Er hält dessen Aussagen für unrichtig.
Rechtlich meinte das Erstgericht, daß ein Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb schon deshalb zu verneinen sei, weil die Beklagte nicht im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gehandelt habe und insbesondere § 7 UWG ein Handeln "nach außen hin" erfordern würde, welches hier nicht vorliege. Weder Ing. Peter A*** noch sein Sohn hätten beabsichtigt, den Absatz der Beklagten auf Kosten ihrer Mitbewerber zu fördern; das Schriftstück Beilage A sollte vielmehr von Leo A*** lediglich im Biologieunterricht verwendet werden.
Das Rekursgericht erließ die einstweilige Verfügung in der Form, daß es der Beklagten untersagte, das beanstandete Schriftstück in Verkehr zu bringen oder die in ihm enthaltenen, eingangs wiedergegebenen Aussagen über wiederverwendetes Altpapier in sonstiger Form bekanntzumachen; zugleich sprach es aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes S 15.000,-, nicht aber S 300.000,-
übersteigt und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. die Eignung der in Beilage A enthaltenen Tatsachenbehauptungen, den Betrieb oder den Kredit jedes Unternehmers zu schädigen, der Recyclingpapier erzeugt und vertreibt, könne ebensowenig bezweifelt werden wie die Berechtigung der Klägerin zu einer Klageführung nach § 7 UWG. Ing. Peter A*** habe es zugelassen, daß seine Abhandlung anderen Personen zur Kenntnis gebracht wurde. Da er insbesondere erlaubt habe, daß der Biologieprofessor seines Sohnes das Papier zu Gesicht bekam, habe er damit rechnen müssen, daß die darin gesammelten Argumente weiteren Personen, insbesondere auch den anderen Schülern, zur Kenntnis kommen würden. Ob er seinem Sohn die Erlaubnis zur Weitergabe des Schriftstücks in den Betriebsräumen der Beklagten oder in seiner Wohnung gegeben habe, sei gleichgültig; da sein Verhalten unzweifelhaft mit dem Unternehmensgegenstand der Beklagten im Zusammenhang gestanden und die Weitergabe der in Rede stehenden "Information" an dritte Personen im geschäftlichen Interesse der Beklagten gelegen sei, habe er nicht als Privatmann, sondern "in Betrieb" der Beklagten im Sinne des § 18 UWG gehandelt. Sei damit aber die Weitergabe von Beilage A der Beklagten zuzurechnen, dann liege auch eine Handlung "zu Zwecken des Wettbewerbs" vor, weil angesichts des Wettbewerbsverhältnisses zwischen den Parteien schon die Vermutung dafür spreche, daß durch die beanstandete Vorgangsweise der Beklagten deren Wettbewerb gefördert werden sollte. Auch Ing. Peter A*** selbst sei im übrigen als leitender Angestellter der Beklagten daran interessiert, daß nicht durch einen größeren Absatz von Recyclingpapier der Umsatz seiner Arbeitgeberin zurückgehe.
Gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag auf Wiederherstellung des abweisenden Beschlusses der ersten Instanz.
Die Klägerin beantragt, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil der - bisher noch nicht an den Obersten Gerichtshof herangetragenen - Frage, ob mit einer Handlungsweise, wie sie hier bescheinigt ist, "Zwecke des Wettbewerbs" verfolgt werden, über den konkreten Fall hinaus erhebliche Bedeutung zur Wahrung der Rechtseinheit und der Rechtssicherheit zukommt (§ 502 Abs 4 Z 1, § 528 Abs 2 Satz 1ZPO); er ist aber auch berechtigt.
Ebenso wie § 1 und § 2 UWG, verlangt auch § 7 Abs 1 UWG ein
Handeln "zu Zwecken des Wettbewerbs". Die beanstandete Handlung muß
also nicht nur objektiv geeignet sein, den Absatz eines - meist des
eigenen - Unternehmens auf Kosten der Mitbewerber zu fördern,
sondern darüber hinaus auch subjektiv von der entsprechenden
Wettbewerbsabsicht getragen werden
(SZ 50/86 = EvBl 1978/38 = ÖBl 1978, 3 uva). Dem Rekursgericht ist
ohne weiteres zuzugeben, daß bei abfälligen Äußerungen über einen
Mitbewerber die Vermutung von vornherein für eine derartige
Wettbewerbsabsicht spricht (ÖBl. 1974, 137; ÖBl. 1984, 102 mwN); der
von den Vorinstanzen hier als bescheinigt angenommene Sachverhalt
schließt aber nach Ansicht des erkennenden Senates die Annahme eines
solchen "Handelns zu Zwecken des Wettbewerbs" aus: Ing. Peter A***
hatte das von ihm verfaßte, ausschließlich zum internen Gebrauch der
Beklagten bestimmte Schriftstück Beilage A seinem Sohn nur deshalb
in die Schule mitgegeben, weil Leo A*** es im Biologieunterricht
vorzeigen wollte; seiner Handlungeweise lag somit kein
geschäftliches Interesse, sondern ausschließlich ein privates
Motiv - nämlich das Bestreben, seinem Sohn in der Schule zu
helfen - zugrunde. Daß er damit (auch) den Zweck verfolgt hätte, der
Beklagten neue Kunden zu gewinnen und damit den Geschäftsbetrieb
seiner Arbeitgeberin auf Kosten anderer Papiererzeuger zu fördern,
ist unter diesen Umständen wenig wahrscheinlich; tatsächlich hat
auch das Erstgericht eine solche Wettbewerbsabsicht auf Grund der
Ergebnisse des Bescheinigungsverfahrens ausdrücklich verneint
(ON 7 S 27). Das Rekursgericht hat diese tatsächliche Annahme
(ÖBl. 1984, 102 mwN) der ersten Instanz zwar nicht ausdrücklich
übernommen, aber auch keine gegenteilige Feststellung getroffen und
sich zur Begründung seiner Annahme, Ing. Peter A*** habe in
Wettbewerbsabsicht gehandelt, allein auf die schon erwähnte Vermutung berufen. Daß Ing. Peter A*** als leitender Angestellter der Beklagten ganz allgemein daran interessiert sein muß, einen Rückgang des Umsatzes seiner Arbeitgeberin zu verhindern, ist im vorliegenden Fall ohne entscheidungswesentliche Bedeutung; maßgebend ist allein, daß er bei der Weitergabe des beanstandeten Schriftstücks ausschließlich in der Absicht, seinem Sohn bei der Abwehr der in der Schule gegen ihn erhobenen Angriffe zu helfen, und damit aus einem rein privaten Motiv gehandelt hat.
Fehlt es damit schon am Erfordernis einer "zu Zwecken des Wettbewerbs" vorgenommenen Handlung, dann bedarf die Frage, ob Ing. Peter A*** "im Betrieb des Untenehmens" der Beklagten gehandelt hat (§ 18 UWG), keiner weiteren Erörterung. Dem berechtigten Revisionsrekurs der Beklagten war vielmehr Folge zu geben und in Abänderung der angefochtenen Entscheidung der den Sicherungsantrag der Klägerin abweisende Beschluß der ersten Instanz wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50, 52 ZPO iVm §§ 78, 402 Abs 2 EO.
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