OGH 7Ob561/86

OGH7Ob561/8619.6.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann W*** & S***, Kammgarnspinnerei Gesellschaft mbH, Remscheid 11, BRD, vertreten durch DDr. Walter Barfuß, DDr. Helwig Torggler, Dr. Christian Hauer, Dr. Lothar Wiltschek und Dr. Guido Kucsko, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Ö*** L*** Aktiengesellschaft, Wien 1., Am Hof 2, vertreten durch Dr. Wilhelm Grünauer und Dr. Wolfgang Putz, Rechtsanwälte in Wien, wegen DM 243.748,87 s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 16. Jänner 1986, GZ 2 R 233/85-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 8. Juli 1985, GZ 15 Cg 40/84-14, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zur neuen Entscheidung zurückverwiesen. Auf die Kosten des Revisionsverfahrens wird gleich weiteren Kosten des Berufungsverfahrens Bedacht zu nehmen sein.

Text

Begründung

Die Klägerin erhielt im Juli 1980 von einem iranischen Unternehmen einen Auftrag zur Lieferung von Kammgarn im Werte von rund DM

252.600. Damals bestand für Waren aus der Bundesrepublik Deutschland ein Handelsembargo gegenüber dem Iran. In der Folge ging der Filiale der Beklagten in Feldkirch ein im Auftrag der iranischen Gesellschaft bei der M***-BANK in Teheran eröffnetes Akkreditiv bis zu einem Betrag von DM 252.600, lautend auf die österreichische Firma P*** Bekleidungsindustrie Gesellschaft mbH, die schon vorher mit dieser Filiale zusammengearbeitet hatte, zu, das nach Vorlage der entsprechenden Akkreditivdokumente auch ausgenützt wurde. Nach Eingang des Kaufpreises in der Höhe von DM 247.335,65 aus dem Iran wurde dieser Betrag dem DM-Konto der Fa. P*** bei der Ö*** L*** Filiale Feldkirch gutgeschrieben und kam der Klägerin niemals zu. Die Beklagte verwendete ihn vielmehr zur teilweisen Deckung ihrer die Klagsforderung schon bei Einlangen des strittigen Betrages deutlich übersteigenden Kreditforderung auf dem Schillingkonto der Fa. P***. Am 15.6.1981 wurde über das Vermögen der Fa. P*** der Konkurs eröffnet. Die Klägerin erlangte als Gläubigerin der dritten Klasse mit ihrer Forderung keine Befriedigung.

Die Klägerin begehrt die Zahlung von DM 243.748,87 s.A. und bringt vor, sie habe die vom iranischen Unternehmen bestellte Ware wegen des Embargos nicht direkt liefern können und habe deshalb die österreichische Fa. P*** eingeschaltet, die das Geschäft im eigenen Namen, aber auf Rechnung der Klägerin gegen eine Provision von 1,5 % durchzuführen übernommen habe. Das ursprünglich auf den Namen der Klägerin lautende Akkreditiv der M***-BANK in Teheran sei zu diesem Zweck auf die Fa. P*** umgeschrieben und der Beklagten zugeleitet worden. Die Beklagte habe über die Zusammenhänge des Geschäftes Bescheid gewußt, insbesondere Kenntnis davon gehabt, daß die Fa. P*** zwar im eigenen Namen, aber auf Rechnung der Klägerin gehandelt und somit nur Treuhandfunktion innegehabt habe. Entgegen dem Auftrag der Fa. P*** habe die Beklagte den eingegangenen Kaufpreis nicht an die Klägerin überwiesen, sondern zur Deckung ihrer Kreditforderung gegen die Fa. P*** verwendet.

Die Beklagte beantragt die Abweisung der Klage und wendet ein, sie habe von einem Treuhandverhältnis zwischen der Fa. P*** und der Klägerin keine Kenntnis gehabt. Sie habe insbesondere niemals einen Auftrag der P*** erhalten, den Akkreditiverlös unmittelbar der Klägerin zukommen zu lassen. Sie sei daher berechtigt gewesen, den eingegangenen Akkreditiverlös mit der Fa. P*** zu verrechnen.

Das Erstgericht wies die Klage ab und traf folgende Feststellungen:

Die Klägerin hatte Geschäftsverbindungen mit dem Iran und suchte wegen des bestehenden Embargos für Warenlieferungen aus der BRD in den Iran einen Weg, den von dem iranischen Unternehmen erhaltenen Auftrag über ein Drittland abzuwickeln. Es wurde ihr die österreichische Firma P*** in Göfis empfohlen, die sich auch bereit erklärte, das Geschäft mit dem iranischen Unternehmen im eigenen Namen, aber auf Rechnung der Klägerin durchzuführen. Die mit der Abwicklung solcher Exportgeschäfte nicht vertraute P*** nahm Kontakt mit ihrer Hausbank, der Filiale der Beklagten in Feldkirch, auf. Der damalige Geschäftsführer der P***, G***, informierte den Leiter dieser Zweigstelle, H***, von der Möglichkeit, Geschäfte mit dem Iran über die P*** abzuwickeln. Er erkundigte sich über die möglichen Vorgangsweisen und ließ sich insbesondere die Abwicklung eines Akkreditivs mit dem Iran erklären. Der Gegenstand des strittigen und eines vorangegangenen Irangeschäftes (Garnlieferungen) wich von der sonst von der P*** betriebenen Hosenkonfektion nach Art und Umfang (die Garngeschäfte hatten ein weit größeres Volumen) deutlich ab. G*** hielt im Laufe der Konkretisierung des abzuwickelnden Geschäftes mit H*** wiederholt Rücksprache. So wurde ihm und P***, dem Handlungsbevollmächtigten einer Schweizer Gesellschaft, die an der P*** beteiligt war, anläßlich einer weiteren Besprechung die Bestätigung iranischer Akkreditive seitens der Beklagten zugesichert und ihnen erklärt, daß österreichische Devisenbestimmungen einer Überweisung von Geldbeträgen in die Bundesrepublik Deutschland nicht entgegenstehen. Allen Beteiligten war von Anfang an klar, daß so das deutsche Embargo gegen den Iran umgangen werden sollte. Ein Ergebnis dieser Gespräche war, daß man zur Vermeidung von Kursschwankungen bei der Zweigstelle der Beklagten in Feldkirch für die Irangeschäfte der P*** neben deren schon seit 1979 bestehendem Schillingkonto ein eigenes DM-Konto einrichtete.

Anläßlich der Eröffnung des Schillingkontos hatte die P*** die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen schriftlich akzeptiert, deren Punkt 7 wie folgt lautet: "Unterhält der Kunde mehrere Konten, so kann die Kreditunternehmung in allen Fällen Forderungen gegen Verbindlichkeiten aufrechnen." Die Ware (Kammgarn) wurde von der Klägerin an die P*** in Form eines Warenverkaufes übertragen, wobei sich die P***

verpflichtete, den Kaufpreis der iranischen Abnehmerfirma abzüglich ihrer 1,5 %-igen Provision an die Klägerin überweisen zu lassen. Die Beklagte überwies auftragsgemäß im Jänner 1981 den aus dem ersten über die P*** abgewickelten Irangeschäft auf deren DM-Konto eingegangenen Akkreditiverlös an die Klägerin.

Parallel zu diesem Geschäft lief ein gleichartiges (deutsche Lieferfirma V*** B***, über die P*** an einen iranischen Abnehmer), bei welchem die Beklagte am 15.12.1980

an die V*** B*** geschrieben hatte, daß Zahlung an diese erfolge. Das geschah bei diesem Geschäft auch.

Das ursprünglich auf die Klägerin lautende, nun aber auf die P*** umgeschriebene zweite Akkreditiv mit der endgültigen Ablauffrist 28.2.1981 ging Ende des Jahres 1980 bei der Beklagten ein. Die Akkreditivdokumente für das zweite, hier gegenständliche Geschäft, wurden am 27.2.1981 bei der Zweigstelle der Beklagten in Feldkirch eingereicht, und zwar überbrachte sie P*** H*** persönlich. Zu diesem Zeitpunkt war allen Beteiligten klar, daß der Akkreditiverlös nach Eingang bei der Beklagten der nicht eigens genannten deutschen Lieferfirma zukommen sollte. Diese schien auch in den Dokumenten nicht auf.

Als am 26.3.1981 die Gutschrift in der Höhe von DM 247.335,65 auf dem DM-Konto der P*** erfolgte, befand sich die P*** bereits in finanziellen Schwierigkeiten; allerdings wies das DM-Konto ein Guthaben von DM 610.315 auf. Die Beklagte hatte aufgrund der finanziellen Engpässe den der P*** eingeräumten Kreditrahmen bereits beträchtlich eingeschränkt und sich außerdem schon längere Zeit hindurch alle ihre Forderungen aus Warenlieferungen übertragen lassen.

P*** konnte wegen ihrer finanziellen Schwierigkeiten nicht an die Klägerin überweisen und hielt diese unter anderem durch ein Fernschreiben vom 8.5.1981, Beilage A, hin: "Nach Rücksprache mit unserer Hausbank ist diese der Ansicht, daß wir Ihnen ein 90-Tage-Akzept übersenden sollen, das wir dann pünktlich einlösen werden". Tatsächlich handelte es sich nicht um einen Vorschlag der Beklagten, sondern um eine eigene Idee der P***.

Die Klägerin antwortete mit einem Fernschreiben vom gleichen Tag, Beilage B, stimmte dem Vorschlag zu und begehre Avalierung durch die Hausbank für P***, alternativ ein Akzept der Bank selbst. H***, ein Mitarbeiter der Klägerin, telefonierte knapp vor dem 12.5.1981 mit M***, einem Mitarbeiter der Ö***

L***-Filiale Feldkirch. Letzterer nahm zur Kenntnis, daß ein Wechsel der P*** gewünscht werde, stimmte aber einer Avalierung durch die Beklagte nicht zu. Bankaval ist bei der Beklagten nicht üblich. Dieser Intervention H*** brachte der Filiale Feldkirch erste genaue Kenntnis von der Klägerin als Forderungsberechtigter. Mit Schreiben vom 12.5.1981 Beilage 4, ersuchte die Klägerin die Ö*** L***, Filiale Feldkirch, um Übersendung eines von ihr avalierten Wechsels. Der Filialleiter H*** lehnte dies in einem Telefonat vom 25.5.1981 mit dem Mitarbeiter B*** der Klägerin ab. Letzterer war schließlich mit der bloßen Diskontierung durch die Beklagte einverstanden, welche auch erfolgte.

Zwischen Diskontierung und Verfallstag des Wechsels kam der Konkurs über das Vermögen der Fa. P*** am 15.6.1981. Die Beklagte verwendete deshalb letztlich den Akkreditiverlös von DM 243.748,87 zur teilweisen Abdeckung ihrer weit höheren Forderungen gegen die P*** aus deren Schillingkonto.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, Bankgeschäfte seien nach dem (materiellen) Recht des Staates zu beurteilen, in dem das Kreditunternehmen seine Niederlassung habe (§ 38 Abs 1 IPRG). Es sei daher österreichisches Recht anzuwenden. Zum selben Ergebnis komme man auch bei Anwendung von Bereicherungsnormen (§ 46 IPRG) oder von Normen außervertraglichen Schadenersatzrechtes (§ 48 IPRG). Es hätten keine Feststellungen darüber getroffen werden können, wonach die P*** damit, daß der strittige Akkreditiverlös nicht an die Klägerin ausbezahlt worden sei, nicht einverstanden gewesen wäre. Der Beklagten sei andererseits sicher klar gewesen, daß Eingänge auf dem DM-Konto der P*** im Ergebnis wirtschaftlich für deutsche Lieferfirmen bestimmt waren. Die wirtschaftliche Bestimmung allein reiche jedoch zur Aufhebung der Aufrechenbarkeit nicht aus. Mangels Erkennbarkeit des wirtschaftlichen Destinatars habe für die Beklagte auch dessen behauptete Stellung als Kommittent der P*** nicht von Bedeutung sein können. Dazu komme, daß unter § 392 Abs 2 HGB nur Forderungen fielen, nicht aber das Kommissionsgut selbst und auch nicht der bereits erlangte Kaufpreis. Die genaue wirtschaftliche Konstruktion zwischen der Klägerin und der P*** zur Umgehung des Iranembargos habe der Beklagten nicht geläufig sein können. Die Beklagte habe deshalb ihre Forderungen aus dem Schillingkonto der P*** gegen den strittigen Akkreditiverlös auf dem DM-Konto mit Recht kompensiert. Das Berufungsgericht gab der Klage statt. Es ging auf die in der Berufung enthaltene Bekämpfung der Feststellung, ein Überweisungsauftrag der P*** an die Beklagte sei nicht erwiesen, nicht ein und vertrat den Standpunkt, diese Feststellung sei jedenfalls deshalb unrichtig, weil sie gegen den gesetzlichen Befehl verstoße, daß zugestandene Tatsachen aus dem Kreis der zu beweisenden Tatsachen auszuscheiden und ungeprüft dem Urteil zugrunde zu legen seien. Die Beklagte habe nämlich die Behauptung der Klägerin, die P*** habe einen Überweisungsauftrag erteilt, nicht bestritten, sondern die Nichtdurchführung des ihr von der P*** erteilten Auftrages, im Zuge ihrer (der P***) Verrechnungspflichten mit der Klägerin zu Lasten ihres Kontokorrentkontos bei der Beklagten einen bestimmten Betrag an die Klägerin zu überweisen, mit der fehlenden Deckung auf dem Konto der P*** gerechtfertigt. Gehe man von diesem Umstand "sowie von den ungerügt gebliebenen Feststellungen" aus, erweise sich die Rechtsrüge als berechtigt. Die Beklagte habe gewußt, daß der aus dem Iran eingegangene Geldbetrag den Kaufpreis für Waren darstelle, die ein deutscher Produzent geliefert habe, der die P*** nur wegen des bestandenen Handelsembargos eingeschaltet habe. Es sei ihr daher klar gewesen, daß ein solcher Eingang für die Lieferfirma bestimmt gewesen sei. Die Vorgangsweise der Beklagten, diesen Betrag entgegenzunehmen und zur teilweisen Tilgung ihrer Forderung gegen die P*** zu verwenden, verstoße somit gegen Treu und Glauben und sei deshalb rechtswidrig. Die Klägerin sei zwar in keiner Vertragsbeziehung zur Beklagten gestanden und habe als Überweisungsempfängerin keinen unmittelbaren Rechtsanspruch gegen die Kreditunternehmung, die die Überweisung durchzuführen habe. Es stehe ihr jedoch ein Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte zu.

Komme auch dem Vermögen an sich kein umfassender Schutz zu, da es kein absolutes Recht sei, sei doch von dieser Regel unter anderem dann eine Ausnahme zu machen, wenn die Hauptleistung gerade einem Dritten zukommen solle, wie im Fall der mittelbaren Stellvertretung. Die P*** sei mittelbarer Stellvertreter gewesen; die Hauptleistung habe der Klägerin zukommen sollen. Durch die Vorgangsweise der P*** sei nur der Klägerin, nicht auch der P*** ein Schaden entstanden. Der Anspruch der Klägerin sei daher berechtigt.

Die Beklagte bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision aus den Revisionsgründen des § 503 Abs 1 Z 3 und 4 ZPO mit dem Antrag, es dahin abzuändern, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt werde.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Unter dem Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit wendet sich die Beklagte dagegen, daß das Berufungsgericht seiner Entscheidung die Auffassung zugrundelege, die Beklagte habe zugestanden, die von der P*** getroffene Disposition bezüglich ihres Kontokorrentkontos wegen fehlender Deckung nicht durchgeführt zu haben.

Die - auftragsgemäß erfolgte - Gutbringung des Akkreditivbetrages auf dem Konto der P*** und die weitere (zwangsläufig spätere) Disposition der P*** seien verschiedene, voneinander völlig getrennte Vorgänge. Bei der "weiteren" Disposition der P*** über ihr Konto handle es sich nicht um eine Verfügung über den "Akkreditiverlös", sondern um eine solche über das bei der Beklagten bestehende, allerdings keine Deckung aufweisende Konto. Die Beklagte habe deshalb nie zugestanden, von der P*** beauftragt worden zu sein, an die Klägerin den ihr zustehenden Kaufpreis aus dem auf dem DM-Konto eingegangenen Akkreditiverlös zu überweisen. Der Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 3 ZPO liegt allerdings nur vor, wenn das Berufungsgericht in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt den Inhalt einer Beweisurkunde, eines Protokolls oder eines sonstigen Aktenstückes unrichtig wiedergegeben hat und infolgedessen bei seiner rechtlichen Beurteilung von einem fehlerhaften Sachverhaltsbild ausgegangen ist. Ob ein Tatsachengeständnis gemäß § 266 ZPO vom Berufungsgericht verwertet werden durfte und ob ein solches Tatsachengeständnis vorlag, ist vielmehr unter dem Gesichtspunkt des § 503 Abs 1 Z 2 ZPO zu prüfen (EvBl 1974/29). Ein Geständnis nach § 266 ZPO liegt nur vor, wenn der Erklärung einwandfrei zu entnehmen ist, daß bestimmte Tatsachenbehauptungen des Gegners als richtig zugegeben werden. Ein solches Geständnis kann der Klagebeantwortung (ON 2) entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes nicht entnommen werden. Die Beklagte hat dem Klagsvorbringen, sie habe in Kenntnis der Treuhandfunktion der P*** den bei ihr eingegangenen Kaufpreis entgegen dem Auftrag der P*** nicht an die Klägerin überwiesen, sondern zur Deckung ihrer Kreditforderungen verwendet, entgegengehalten, sie habe von einem Kommissionsverhältnis zwischen der Klägerin und P*** oder einer anderen Rechtsbeziehung derart, daß sie nicht berechtigt gewesen wäre, den Akkreditiverlös mit der P*** zu verrechnen, nichts gewußt. Sie habe deshalb den eingelangten Betrag - vereinbarungsgemäß - in das für die P*** im Kontokorrentverkehr geführte DM-Konto eingestellt. Die "des weiteren" von der P*** getroffene Disposition, im Zuge ihrer Verrechnungspflichten mit der Klägerin die Beklagte anzuweisen, zu Lasten ihres Kontokorrentkontos einen bestimmten Betrag an die Klägerin zu überweisen, sei vom tatsächlichen und vom rechtlichen her ein zweiter, vom ersten Vorgang vollständig zu trennender Vorgang. Daß die Beklagte diesen Auftrag nicht durchgeführt habe, stehe nur im Zusammenhang mit der fehlenden Deckung auf dem Konto der P***. Die Beklagte hat damit das wiedergegebene Klagsvorbringen, insbesondere die Nichtbefolgung einer Weisung der P*** hinsichtlich eines bei der Beklagten eingegangenen Kaufpreises in Kenntnis eines Treuhandverhältnisses zwischen der P*** und der Klägerin, keineswegs zugestanden. Sie hat vielmehr behauptet, von Rechtsbeziehungen zwischen der P*** und der Klägerin nichts gewußt zu haben, die Gutschrift auf dem Konto der P*** vereinbarungsgemäß durchgeführt zu haben und nur eine "des weiteren", also in weiterer Folge getroffene Disposition der P*** nicht durchgeführt zu haben. Die besondere Hervorhebung der Trennung der beiden Vorgänge durch die Beklagte läßt es nicht zu, eine Verbindung, eine Einheitlichkeit, von der die Klägerin ausgeht, anzunehmen. Mit Recht haben deshalb auch der Erstrichter und offensichtlich auch die Klägerin ein Zugeständnis der Beklagten in diesem Vorbringen (S 8 unten der Klagebeantwortung) nicht erblickt, da das gesamte Beweisverfahren sich auf die Frage konzentriert hat, ob die Beklagte im Zeitpunkt des Einlangens des Geldbetrages durch die P*** angewiesen worden war, diesen Betrag an die Klägerin weiter zu überweisen.

Der Oberste Gerichtshof vermag allerdings dem Umstand, ob zum Zeitpunkt des Einlangens des Geldbetrages eine Weisung der P*** an die Beklagte vorlag, einen Betrag in gleicher Höhe (oder einen um 1,5 % - die Provision der P*** - verringerten Betrag) an die Klägerin weiter zu überweisen, nicht die vom Berufungsgericht angenommene entscheidende Bedeutung beizumessen. Wesentlich ist vielmehr, ob für die Beklagte bei banküblicher Prüfung erkennbar war, daß der Verwendungszweck des bestimmten, bei ihr eingegangenen Betrages darin lag, an die Klägerin (allenfalls nach Abzug einer Provision) weiter überwiesen zu werden. Bei Vorliegen dieser Voraussetzung durfte die Beklagte den Betrag dem Konto der P*** nicht gutschreiben, auch dann nicht, wenn diese im Debet war (Schinnerer-Avancini, Bankverträge I 3 101). Die Vornahme einer Aufrechnung widerspräche unter diesen Voraussetzungen den Grundsätzen von Treu und Glauben (vgl. hiezu SZ 47/9, SZ 50/127, EvBl 1976/79, 7 Ob 584/79 ua).

Das Erstgericht hat nun zwar nicht das Vorliegen eines Überweisungsauftrages festgestellt, wohl aber, daß zum Zeitpunkt der Einreichung der Akkreditivdokumente bei der Zweigstelle der Beklagten in Feldkirch "allen Beteiligten klar war, daß der Akkreditiverlös nach Eingang bei der Beklagten der .... nicht eigens genannten deutschen Lieferfirma zukommen sollte" (AS 81). Dies beinhaltet aber unmißverständlich, daß der Verwendungszweck des Akkreditiverlöses - Weiterüberweisung an die deutsche Lieferfirma - für die Beklagte nicht nur bei banküblicher Prüfung erkennbar war, sondern daß die Beklagte diesen Zweck sogar tatsächlich gekannt hat. Ausgehend von dieser Feststellung durfte die Beklagte den eingegangenen Betrag dem Konto der P*** daher nicht gutschreiben und dementsprechend auch eine Aufrechnung nicht vornehmen. Die Beklagte hat allerdings in ihren Rechtsmittelschriften ausdrücklich bestritten, gewußt zu haben, daß ein "Kommissionsgeschäft" vorliege und daß der bei ihr eingegangene Geldbetrag den Kaufpreis für Waren darstelle, die ein deutscher Produzent geliefert habe; das Geschäft habe sich der Beklagten vielmehr als Eigengeschäft der P*** dargestellt. Das Berufungsgericht hat - ausgehend von der Annahme, die Beklagte habe ausdrücklich zugestanden, von der P*** beauftragt worden zu sein, den Akkreditiverlös an die Klägerin zu überweisen, da er dieser zustehe - diese wesentliche Feststellung nicht geprüft. Das Verfahren des Berufungsgerichtes erweist sich daher aus den dargelegten Umständen als mangelhaft.

Auszugehen ist davon, daß die P*** als mittelbarer Stellvertreter der Klägerin tätig wurde und den Verkauf des Kammgarns im eigenen Namen, aber aufgrund einer besonderen obligatorischen Bindung (Koziol-Welser, Grundriß I 7 164) zur Klägerin durchführte (allenfalls im Rahmen eines Treuhandverhältnisses). Die P*** war aufgrund dieser Bindung verpflichtet, den erhaltenen Kaufpreis an die Klägerin auszufolgen.

Der mittelbare Stellvertreter wird aus dem für die Rechnung des Auftraggebers geschlossenen Geschäft selbst berechtigt und verpflichtet. Der Auftraggeber kann die daraus entspringenden Forderungen erst nach Abtretung geltend machen (Stanzl in Klang 2 IV/1, 790; Ehrenzweig 2 I/1, 281). In diesem Sinn bestimmt auch § 392 Abs 1 HGB, daß der Kommittent Forderungen aus einem Geschäft, das der Kommissionär abgeschlossen hat, dem Schuldner gegenüber erst nach der Abtretung geltend machen kann. § 392 Abs 2 HGB bestimmt jedoch weiter, daß solche Forderungen, auch wenn sie nicht abgetreten sind, im Verhältnis zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär oder dessen Gläubigern als Forderungen des Kommittenten gelten. Die Frage, ob diese Regelung nur für den Kommissionär oder auch für andere mittelbare Stellvertreter gilt, wird von Lehre und Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet (für eine Verallgemeinerung Ehrenzweig aaO 282; SZ 16/146; dagegen Strasser in Rummel, ABGB, Rdz 42 zu § 1002; Schlegelberger-Hefermehl HGB VI 5 Anm.1 zu § 392 mwN; SZ 14/121, EvBl 1958/222). Sie ist nach Ansicht des erkennenden Senates nach denselben Erwägungen zu lösen wie die weitere Frage, ob und inwieweit § 392 Abs 2 HGB eine Verdinglichung der Rechtsstellung des Kommittenten bewirkt. Die ratio dieser Verdinglichung - zu der noch Stellung genommen werden wird - beruht zum einen darauf, daß der Kommissionär das Ausführungsgeschäft auf Rechnung des Kommittenten abschließt und auch sonst auf Rechnung des Kommittenten tätig wird. Chancen und Risken, Vorteile und Lasten des Geschäfts sollen sich in der Person des Kommittenten niederschlagen. Ferner aber spielt der Umstand eine entscheidende Rolle, daß die Gläubiger eines gewerbsmäßigen Kommissionärs typischerweise wissen, daß dieser auf fremde Rechnung handelt ("Offenkundigkeit kraft Gewerbes"). Die in § 406 Abs 1, zweiter Satz HGB enthaltene Verweisung auf den Gelegenheitskommissionär ist im Wege der Restriktion enger zu fassen (Koller in Großkomm.z.HGB 3 Anm.2 zu § 392 und Anm.3 zu § 406; Canaris in Festschrift Flume 407 f). § 392 Abs 2 HGB wird daher auf andere mittelbare Stellvertreter dann anzuwenden sein, wenn deren Stellung als mittelbare Stellvertreter offenkundig oder doch jedenfalls dem anderen bekannt ist. War es deshalb der Beklagten, wie das Erstgericht festgestellt hat, "klar", daß der Akkreditiverlös einer deutschen Lieferfirma zukommen sollte, wäre der Klägerin dieselbe Rechtsstellung zuzubilligen wie dem Kommittenten in der genannten Bestimmung.

Die dargestellten Erwägungen haben zur weiteren Konsequenz, daß die Vorschrift des § 392 Abs 2 HGB analog auch auf Gegenstände anzuwenden ist, die in Erfüllung der im § 392 Abs 2 HGB genannten Forderungen geleistet worden sind (Koller aaO, Avancini in FS Kastner 5 ff; vgl. auch Strasser in Rummel, ABGB, Rdz 42 zu § 1002 und Stanzl in Klang 2 IV/1, 792, zweiter Absatz; aA Schlegelberger-Hefermehl aaO Anm.2 mwN, Baumbach-Duden-Hopt, HGB 26 752). Es ist nämlich nicht einzusehen, warum zwar die Forderung als solche dem Vermögen des Kommittenten beigezählt werden sollte, nicht aber auch das, was in ihrer Geltendmachung geleistet wird (SZ 12/160). Der Revision war deshalb Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Der Kostenvorbehalt erfolgte nach § 52 ZPO.

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