Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Erhebung der Klage der minderjährigen Beatrice B*** GZ 18 Cg 36/86-1 des Landesgerichtes Klagenfurt gegen Herbert B*** gerichtlich genehmigt wird.
Text
Begründung
Der eheliche Vater der Minderjährigen hat letztwillig ihren Bruder Herbert B*** zum Alleinerben berufen und verfügt, daß die Noterben den Pflichtteil erhalten. Er starb am 31. Jänner 1983. Die bedingte Erbserklärung des Alleinerben wurde angenommen; die Minderjährige nahm den Pflichtteil in Anspruch, der nach dem Inventar mit S 352.356,22 ermittelt wurde. Die Minderjährige, ihre Mutter und ihre Schwestern haben mit dem Erben vor dem Gerichtskommissär im Verlassenschaftsverfahren am 19. Jänner 1984 ein Pflichtteilsübereinkommen geschlossen, das unter anderem vorsah, daß der Erbe aus dem Gutsbestand der am Wörtherseeufer gelegenen Nachlaßliegenschaft EZ 130 KG Sallach ein nach der Vermessungsurkunde GZ 3243/83 vom 10. Jänner 1984 neugebildetes Grundstück mit einer Fläche von 2.386 m 2 samt einem neuen Wohnhaus und einer Holzhütte je zur Hälfte in das Eigentum der Minderjährigen und ihrer Mutter übertrage, doch wurde, als das Übereinkommen schließlich am 20. Jänner 1984 zustandekam, die Wirksamkeit des Pflichtteilsübereinkommens in seinem gesamten Inhalt davon abhängig gemacht, daß die Teilung des Grundstücks von der Verwaltungsbehörde genehmigt werde. Das Übereinkommen wurde pflegschaftsbehördlich genehmigt und der Nachlaß am 5. März 1984 dem Erben eingeantwortet. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt vom 26. März 1985, Zl 45.961/83-III, wurde die vom Erben beantragte Genehmigung der Teilung des Grundstücks unter Hinweis auf Anliegen des Natur- und Landschaftsschutzes nach § 2 Abs.4
lit.c Grundstücksteilungsgesetz Kärnten, LGBl 1985/3, vor allem wegen der Unterteilung des Uferstreifens versagt. Die nur von der Minderjährigen und ihrer Mutter gegen diesen Bescheid erhobene Berufung - Herbert B*** unterließ die Einbringung einer solchen - hat die Kärntner Landesregierung mangels Parteistellung zurückgewiesen, ihre dagegen beim Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde blieb erfolglos.
Die Minderjährige beantragte nun, die Erhebung der Klage gegen den Erben zu genehmigen (§ 154 Abs.3 ABGB), die sie auf Verschaffung des Hälfteeigentums an einem Grundstück aus der Liegenschaft EZ 130 KG Sallach mit dem Haus Seeuferstraße 78, 9210 Pörtschach, im Sinne des Pflichtteilsübereinkommens durch Durchführung der Teilung des Grundstücks Nr.16, Erwirkung der Genehmigung der Grundstücksteilung und Abgabe der Aufsandungserklärung zur Bewirkung der Einverleibung des Eigentums an einer Hälfte der neu zu schaffenden Liegenschaft, in eventu auf Zahlung von S 2.477.850,-
Schadenersatz, in eventu Zahlung von S 685.986,44,- samt Zinsen als Pflichtteil beim Landesgericht Klagenfurt einbringen wolle. Der Beklagte sei aus dem Pflichtteilsübereinkommen zur Einholung der Genehmigung der Grundstücksteilung verpflichtet gewesen, habe aber gegen den die Genehmigung der Teilung versagenden Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde kein Rechtsmittel erhoben, so daß dieser "objektiv rechtswidrige" Bescheid in Rechtskraft erwachsen sei. Die vereinbarte Überlassung von Teilflächen der Nachlaßliegenschaft mit dem Wohnhaus sei aber rechtlich möglich, wenn die neue Grenze in einem neuen Teilungsplan geringfügig geändert gezogen und neuerlich um die behördliche Genehmigung der Teilung eingekommen werde. Dazu sei der Erbe verpflichtet, jedenfalls hafte er aber wegen Unterlassung der Bekämpfung des Versagungsbescheides der Minderjährigen auf Ersatz des ihr durch Unterbleiben der Eigentumsverschaffung entstandenen Schadens von S 2.477.850,-, weil das nach der Vermessungsurkunde geschaffene und der Minderjährigen und ihrer Mutter zu übereignende Grundstück mit Haus am Ufer des Wörthersees S 4.955.700,- wert sei. Die Bewertung der Liegenschaft im Nachlaßverfahren sei unrichtig erfolgt, der Reinnachlaß betrage S 8.231.837,28 und das Zwölftel, das der Minderjährigen als Pflichtteil gebühre, S 685.986,44. Die Mutter übernehme die volle Haftung für das Kind treffende Prozeßkosten in dem einzuleitenden Rechtsstreit.
Das Erstgericht wies den Antrag auf Genehmigung der Klagsführung ab.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der Minderjährigen nicht Folge und bestätigte diesen Beschluß.
Die Vorinstanzen gingen im wesentlichen davon aus, daß infolge rechtskräftiger Versagung der Genehmigung der Grundstücksteilung das Pflichtteilsübereinkommen, das ausdrücklich nur für den Fall der behördlichen Genehmigung der Teilung wirksam sein sollte, nicht gelte und daß bei der Prüfung der Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klagsführung der Minderjährigen nicht von den allgemein gehaltenen Behauptungen ausgegangen werden könne, der Wert des Verlassenschaftsvermögens sei bedeutend höher als der im Inventar ermittelte Betrag. Das Rekursgericht meinte auch, der beabsichtigten Klagsführung stehe der Mangel der Bestimmtheit des Begehrens und der Schlüssigkeit der Klage entgegen, weil im Hauptbegehren nicht festgelegt sei, welche konkrete Grundfläche zur Neuschaffung eines in das Hälfteeigentum der Minderjährigen zu übertragenden Grundstückes heranzuziehen sei, und daher die vom Gegner zu erbringende Leistung nicht zweifelsfrei und einer Exekutionsführung zugänglich umschrieben sei. Auch sei nicht dargetan, daß eine Berufung des Erben gegen die Versagung der Teilungsgenehmigung erfolgreich gewesen wäre, und der Erbe wider Treu und Glauben durch die Unterlassung der Rechtsmittelerhebung den Eintritt der gesetzten Rechtsbedingung und damit die Wirksamkeit des Pflichtteilsübereinkommens vereitelt habe. Nur in diesem Fall könnten Schadenersatzansprüche bestehen. Die Kostenhaftung der Mutter, aber auch die erst im Zuge des Rechtsmittelverfahrens vorgelegten Erklärungen der beiden Schwestern könnten daran nichts ändern. Diese Personen hätten in den von ihnen angestrengten Prozessen gegen den Erben um die Bewilligung der Verfahrenshilfe angesucht. Die Erhebung der Klage der Minderjährigen sei nach dem Ergebnis der Prüfung der Aussichten, in dem Prozeß zu obsiegen, abzulehnen.
Gegen den bestätigenden Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Minderjährigen mit dem Antrag, die Entscheidung der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß die Erhebung der Klage der Minderjährigen zu 18 Cg 36/86 des Landesgerichtes Klagenfurt genehmigt werde.
In ihrem Rechtsmittel führt die Minderjährige aus, die Schlüssigkeit der innerhalb der Verjährungsfrist einzubringenden Klage sei gegeben, das Schadenersatzbegehren sei jedenfalls aussichtsreich und der Tatsachenbehauptung, daß der Wert des Nachlaßvermögens höher sei, liege die vom Rechtsvertreter der Minderjährigen eingeholte Auskunft von Immobilienmaklern zugrunde. Für den Fall der Versagung der Genehmigung der Erhebung der Klage drohe der Minderjährigen unwiederbringlicher Schade, weil ihre Pflichtteilsansprüche verjährten.
Nach § 16 Abs.1 AußStrG findet gegen den bestätigenden Beschluß des Rekursgerichtes in Gegenständen außer Streitsachen nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nullität der Rekurs an den Obersten Gerichtshof statt.
Rechtliche Beurteilung
Eine Nichtigkeit wurde weder behauptet, noch ist eine solche nach der Aktenlage erkennbar.
Dasselbe gilt für den Anfechtungsgrund der Aktenwidrigkeit. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nur in jenen Fällen einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung vor, in denen ein Fall im Gesetz selbst ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und dennoch eine damit in Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde, aber auch dann, wenn ein Grundprinzip des Rechts (Wohl des Kindes) verletzt oder willkürlich vorgegangen wurde (EFSlg. 47.208 uva.). Wann die Erhebung der Klage zu genehmigen oder die Genehmigung zu versagen ist, regelt das Gesetz nicht ausdrücklich. Zweifellos ist dabei auf den Einzelfall abzustellen, eine grobe Vorprüfung der Erfolgsaussichten anzustellen und vor allem das Wohl des Kindes bestimmend. Gerade der Umstand, daß das Gesetz bestimmte Vertretungshandlungen in wichtigen Angelegenheiten auch noch der Prüfung durch das Pflegschaftsgericht unterwirft und ihre Wirksamkeit von der Genehmigung abhängig macht (§ 154 Abs.3 ABGB), zeigt, daß eine eingehende Prüfung geboten ist, ob die beabsichtigte Klagsführung im wohlverstandenen Interesse des Kindes liegt oder daraus mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Vermögensnachteil droht, etwa durch Belastung mit Prozeßkosten.
Die Vorinstanzen haben zwar das Wohl des Kindes in ihre Überlegungen einbezogen. Ein nach § 16 Abs.1 AußStrG als Voraussetzung für ein gegen den bestätigenden Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz im außerstreitigen Verfahren zulässig erhobenes Rechtsmittel tauglicher Anfechtungsgrund kann aber auch darin liegen, daß das Ergebnis der bestätigenden Entscheidung trotz der vom Gericht zweiter Instanz angestellten Überlegungen dem vor allem maßgebenden Wohl des minderjährigen Kindes (vgl. § 178 a ABGB) grob widerspricht. Dies trifft im vorliegenden Fall zu:
Da jedenfalls die Mutter, deren Pflichtteilsforderung allein Sicherheit bietet, die Haftung für alle die Minderjährige aus der Prozeßführung drohenden Belastungen mit Prozeßkosten auf sich genommen hat und der dem Kind drohende Nachteil im Falle eines Unterliegens im Rechtsstreit dadurch abgewendet erscheint, widerspricht die Verwehrung der Klagsführung auf Erfüllung, die bei dem Verlangen der Behörde Rechnung tragender geringfügiger Anpassung des Teilungsplanes noch möglich erscheint, aber auch auf Schadenersatz durch Naturalrestitition oder Geldersatz, letztlich aber auch auf Erhöhung des Pflichtteilsbetrages eindeutig dem Wohl des Kindes.
Bei der Entscheidung über die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der Erhebung der Klage kann das Ergebnis der beabsichtigten Prozeßführung nicht vorweg genommen werden. Die Abwägung der erreichbaren Vorteile und der drohenden Nachteile wird nach dem derzeit erkennbaren aber der Änderung im Zuge des Verfahrensablaufes und nach den Beweisergebnissen unterworfenen Sachverhalt zu erfolgen haben. Daß noch eine Präzisierung des Begehrens auf Erfüllung (oder Naturalrestitition) und ein ergänzendes Vorbringen geboten ist, etwa, daß der beklagte Erbe eine ihm zumutbare Abwendung des Vermögensnachteiles für seine minderjährige Schwester dadurch unterlassen hat, daß er gegen die Versagung der verwaltungsbehördlichen Genehmigung trotz Erfolgsaussicht kein Rechtsmittel ergriff oder aber eine mittels Vertragsanpassung oder Vertragsergänzung mögliche Änderung des Teilungsplanes (vgl. Schlußsatz des Bescheides vom 26. März 1985) verweigerte, steht der Genehmigung der Klagsführung nicht im Wege. Die Befürchtung des Rekursgerichtes, nach einer dem Erfordernis der Bestimmtheit entsprechenden Formulierung des ersten Hauptbegehrens könne der Beklagte mit Kostenfolgen anerkennen, ist wegen des dann dem Kind zukommenden überwiegenden Vorteils und der Kostenhaftung der Mutter kein Hindernis gegen die Genehmigung der Klagsführung. In Stattgebung des Rechtsmittels ist die Genehmigung der Klagsführung zu erteilen.
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