OGH 2Ob577/86

OGH2Ob577/8617.6.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Maria HAT, geboren am 26. Juli 1968, infolge Revisionsrekurses des B*** FÜR DEN 3.BEZIRK, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 16. Jänner 1986, GZ 43 R 868/85-153, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 4. November 1985, GZ 3 P 73/75-149, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Beschluß vom 29.1.1985 stellte das Erstgericht die der minderjährigen Maria HAT gewährten Unterhaltsvorschüsse rückwirkend mit 30.8.1984 ein. Der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien beantragte, das Kind, den gesetzlichen Vertreter des Kindes, die Mutter des Kindes und hilfsweise den Unterhaltsschuldner zur Zahlung der in der Zeit vom 1.9.1984 bis 31.1.1985 zu Unrecht ausgezahlten Beträge von S 3.000,-- zu verpflichten.

Das Erstgericht wies diesen Antrag ab.

Aufgrund des Rekurses des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien bestätigte das Rekursgericht den Beschluß des Erstgerichtes, soweit der Ersatzanspruch gegen die Minderjährige abgewiesen wurde und änderte den Beschluß im übrigen dahin ab, daß "die Stadt Wien (Bezirksjugendamt für den 3.Bezirk)" und die Mutter zur ungeteilten Hand schuldig seien, der Republik Österreich den Betrag von S 3.000,-- binnen drei Monaten ab Rechtskraft des Beschlusses zu bezahlen.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des B*** FÜR DEN 3.BEZIRK mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß der Rekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien, die Stadt Wien habe der Republik Österreich zu Handen des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien den Betrag von S 3.000,-- zu bezahlen, abgewiesen werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Gemäß § 9 Abs 2 UVG wird die Bezirksverwaltungsbehörde - soweit sie das Kind nicht ohnehin als Amtsvormund (§ 16 JWG) oder als besonderer Sachwalter (§ 22 JWG, § 198 Abs 3 ABGB) vertritt - mit der Zustellung des Beschlusses, mit dem Vorschüsse gewährt werden, an sie von gesetzeswegen besonderer Sachwalter des Kindes zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche. Die Bezirksverwaltungsbehörde ist daher in einem solchen Verfahren Vertreter des Kindes. Eine sich aus dieser Eigenschaft ergebende Haftung trifft jedoch nicht die Bezirksverwaltungsbehörde, sondern jene Gebietskörperschaft, der diese funktionell zuzurechnen ist. Wenn daher, wie hier, die Zahlungspflicht des Bundeslandes wegen Verletzung der Meldepflicht des Jugendamtes geltend gemacht wird, ist das Bundesland als Rechtsträger und Haftungspflichtiger Partei (6 Ob 533/86 mwN). Rechtsmittelberechtigt ist somit die Stadt Wien. Diese wird - als juristische Person - gemäß § 90 Abs 3 der Wiener Stadtverfassung nach außen vom Bürgermeister vertreten oder von den nach der Geschäftseinteilung zuständigen Leitenden Bediensteten jeweils innerhalb ihres Aufgabenkreises. Nach der Geschäftseinteilung des Magistrates der Stadt Wien ist die Magistratsabteilung 11 (Jugendamt) unter anderem zur Führung der Sachwalterschaften nach § 9 des Unterhaltsvorschußgesetzes berufen. Daraus ergibt sich, daß das Jugendamt zwar Sachwalter im Sinne des § 9 UVG ist, doch kann eine Legitimation der Leitenden Bediensteten des Jugendamtes, die Stadt Wien in einem Verfahren zu vertreten, das deren Haftung für zu Unrecht ausgezahlte Unterhaltsvorschüsse zum Gegenstand hat, daraus nicht abgeleitet werden. Derartiges ergibt sich auch nicht aus einer anderen Bestimmung der Geschäftseinteilung. Das Jugendamt, das den Revisionsrekurs erhoben hat, ist daher weder im eigenen Namen rechtsmittelberechtigt, noch ist es dazu legitimiert, im Namen der Stadt Wien ein Rechtsmittel zu ergreifen, weil es diese in einer Angelegenheit wie der gegenständlichen nicht nach außen zu vertreten berufen ist.

Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

Das Erstgericht wird allerdings dem Bundesland Wien, welches bisher am Verfahren nicht beteiligt war, die Beschlüsse erster und zweiter Instanz zuzustellen haben.

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