OGH 12Os64/86

OGH12Os64/866.6.1986

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. Juni 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kral, Hon.Prof.Dr.Steininger, Dr.Hörburger und Dr.Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Krenn als Schriftführer in der Strafsache gegen Wilhelm Robert L*** wegen des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 6.März 1986, GZ 12 Vr 283/86-45, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Wilhelm Robert L*** wurde mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 "erster und zweiter Deliktsfall" StGB schuldig erkannt und hiefür nach dem zweiten Strafsatz des § 297 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er in Graz die nachgenannten Personen dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, daß er sie durch die vor Beamten erhobenen Behauptungen der im folgenden bezeichneten, von Amts wegen zu verfolgenden und zum Teil mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlungen falsch verdächtigte, wobei er wußte, daß die Verdächtigungen falsch waren, und zwar 1. am 20. und 21. September 1985 Werner D*** und Heinrich K*** sowie (in weiterer Folge) Werner S*** und Herbert G*** durch die im Zuge seiner Vernehmung durch Beamte der Bundespolizeidirektion Graz erhobene Behauptung, die Genannten seien seine Mittäter beim schweren Raub gewesen, den er zum Nachteil der Internationalen Schlafwagen- und Touristik-Gesellschaft an deren Geschäftsführer Gerhard W*** am 15.September 1985 in Graz unternommen habe, des Verbrechens des (versuchten) schweren (weil in Gesellschaft Beteiligter unter Verwendung eines Messers begangenen) Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 erster und zweiter Fall StGB;

2. die Polizeibeamten Franz B***, Werner H*** und Franz K*** der Bundespolizeidirektion Graz durch nachstehende Behauptungen der Vergehen der Nötigung (zur Ablegung "eines falschen Geständnisses") nach § 105 Abs 1 StGB und der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB, jeweils begangen unter Ausnützung der Amtsstellung nach § 313 StGB, und zwar a) am 22. September 1985 durch die an die Ratskammer des Landesgerichts für Strafsachen Graz gerichtete Haftbeschwerde des Inhalts, daß er nach seiner Festnahme von der Kriminalpolizei (6 Beamten) schwer mißhandelt worden sei und daher große Angst gehabt habe, weswegen er alles, was die Polizei wollte, unterschrieben habe, b) am 26. September 1985 durch die vor dem Untersuchungsrichter gemachten Äußerungen: "Bezirksinspektor K*** ist einer der Beamten, der mich mißhandelt hat. Er ist besonders jener, der mich an den Ohrläppchen gerissen hat. Dieser Beamte hat mich auch mehrmals gegen die Mauer gestoßen, sodaß ich nicht nur die vom Sachverständigen festgestellten Verletzungen an den Schulterblättern, sondern auch Kopfschmerzen verspürt habe. Auch Inspektor H*** war an den Mißhandlungen insoferne beteiligt, daß ich von ihm Ohrfeigen bekommen habe. Durch diese Ohrfeigen wurde ich nicht sichtbar verletzt. B*** hat sich auch an den Mißhandlungen beteiligt.

Er hat mich unter anderem an den nach rückwärts gebogenen Armen hochgehoben. K*** hat mich beim Kinn angehoben und so haben mich die beiden im Raum herumgetragen" und "Nach der Gegenüberstellung mit S*** wurde ich auf den Boden hingeworfen und bekam ich dann einen Tritt in die Rippengegend", c) am 1.Oktober 1985 vor dem Abteilungsinspektor Erich S***

des landesgerichtlichen Gefangenenhauses Graz (als dem Leiter der Amtshandlung) durch die Behauptungen: "Zu den in der anstaltsärztlichen Verletzungsanzeige vom 23.September 1985 bzw. im anstaltsärztlichen Bericht vom 25.September 1985 angeführten Verletzungen gebe ich an, daß mir diese in der Zeit vom 19.September bis 22.September 1985 im Polizeigefangenenhaus Graz im Zuge meiner Einvernahme von den vernehmenden Beamten B***, H***, K*** sowie drei weiteren, mir namentlich nicht bekannten Beamten zugefügt wurden .... Da ich leugnete, wurde ich von den Beamten geschlagen".

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer allein auf die Z 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die zur Gänze offenbar unbegründet ist.

Soweit der Beschwerdeführer zunächst einwendet, das Urteil sei deshalb "undeutlich, widerspruchsvoll und mit der Aktenlage in Widerspruch", weil das Gericht davon ausgehe, er sei am 20.September 1985 festgenommen worden, wiewohl die Festnahme bereits am 19. September 1985 erfolgt und er schon an diesem Tag von 15.40 Uhr bis 4.30 Uhr (des nächsten Tages) pausenlos verhört worden sei, und nicht erörtert habe, daß sich Werner S*** zur Zeit des Raubversuchs am Bahnhofsgelände in Graz (dem Tatort) aufgehalten habe und auf seiner Hose Blutspuren gefunden worden seien, die mit der Blutgruppe des Raubopfers übereinstimmten, woraus folge, daß S*** nicht durch die Angaben des Beschwerdeführers in den Tatverdacht geraten sei, so übersieht er, daß zum einen seine Festnahme nach der Aktenlage (S 11, 31/Bd I) am 20.September 1985 um 4.00 Uhr erfolgte, die bekämpfte Konstatierung mithin keineswegs aktenwidrig ist, und daß zum anderen für die Verwirklichung des Tatbestands der Verleumdung die Verstärkung eines (gegen den Verleumdeten) bereits bestehenden Verdachts durch eine falsche Tatsachenmitteilung genügt (Leukauf-Steininger Kommentar 2 § 297

RN 4 mwN), sodaß es mangels Relevanz für die Beurteilung des Verhaltens des Angeklagten keiner gesonderten Erörterung jener Umstände bedurfte, auf welche die Beschwerde abstellt. Worin die von der Beschwerde reklamierte Undeutlichkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) gelegen sein soll, kann den bezüglichen Beschwerdeausführungen überhaupt nicht entnommen werden, sodaß die Beschwerde insoweit einer sachbezogenen Erwiderung nicht zugänglich ist.

Dem weiteren Beschwerdevorbringen zuwider mußte sich das Gericht aber auch nicht damit auseinandersetzen, auf welche Weise die beim Angeklagten festgestellten Verletzungen entstanden sind; genug daran, daß das Gericht auf Grund des Gutachtens des beigezogenen medizinischen Sachverständigen (S 180/Bd II in Verbindung mit S 9 ff/Bd II) zur Überzeugung gelangte, daß die Verletzungen jedenfalls nicht auf jene Art und Weise entstanden sind, wie dies der Angeklagte bei seinen Angaben gegenüber der Ratskammer, dem Untersuchungsrichter und im landesgerichtlichen Gefangenenhaus behauptet hat. Diese - allein entscheidungswesentliche - Konstatierung steht aber auch mit den Bekundungen der vernommenen Polizeibeamten, insbesondere des Zeugen K***, im Einklang. Was die Beschwerde dagegen einwendet, läuft in Wahrheit lediglich auf eine unzulässige und damit unbeachtliche Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung hinaus, ohne daß formale Begründungsmängel in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes dargetan werden. Die Nichtigkeitsbeschwerde war darum als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Über die Berufung des Angeklagten wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden (§ 296 Abs 3 StPO).

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