Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und es wird gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Josef J*** ist schuldig, Ende September 1983 in Nauders mit dem Vorsatz, sich eine Versicherungsleistung zu verschaffen, eine gegen Beschädigung versicherte Sache, nämlich das Rasthaus "R***", durch Inbrandsetzen beschädigt zu haben.
Josef J*** hat hiedurch das Vergehen des Versicherungsmißbrauches nach dem § 151 Abs. 1 StGB begangen und wird hiefür nach dieser Gesetzesstelle zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 4 (vier) Monaten verurteilt.
Die Aussprüche über die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens, über die Anrechnung der Vorhaft und über die Zahlung eines Betrages von 2,461.097 S an die Privatbeteiligte wurden aus dem Ersturteil übernommen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 16.Mai 1939 geborene Hotelier Josef J*** (richtig: J***) des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3 StGB schuldig erkannt, weil er Ende September 1983 in Nauders mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der A***-E***-Versicherungs AG durch Verschweigen des Umstandes, daß er den am 27.September 1983 in Nauders im Rasthaus "R***" ausgebrochenen Brand selbst gelegt hatte, "um in den Genuß einer Versicherungsleistung zu kommen", zur Auszahlung von Instandsetzungskosten verleitete, wodurch die Versicherung an ihrem Vermögen um 2,461.480,97 S geschädigt wurde.
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 4 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. (Die unausgeführt gebliebene Berufung wurde im Gerichtstag zurückgezogen.)
Unter Anrufung des erstgenannten Nichtigkeitsgrundes (Z 4) rügt der Beschwerdeführer die Ablehnung der von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung vom 6.November 1985 gestellten Beweisanträge auf Einvernahme der Zeugin Martina N*** zum Beweis dafür, daß das Personal" durch das Fenster eingestiegen ist und daß sie selbst das Fenster geöffnet hat und daß an diesem Fenster Reparaturarbeiten vorgenommen wurden", und "auf Durchführung eines Ortsaugenscheines zum Beweis dafür, daß man sich dem Rasthaus von Landeck her unbemerkt annähern kann, daß es möglich ist, ins Innere des Rasthauses zu gelangen und daß es am 27.September (1983) für einen Dritten möglich war, durch das, wie von der Gendarmerie festgestellt, an der Westseite geöffnete Fenster ein- und auszusteigen" (S. 334 d.A).
Rechtliche Beurteilung
Durch das bekämpfte Zwischenerkenntnis kann sich indes der Angeklagte in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt finden.
Der Schöffensenat ging nämlich, wie den Urteilsgründen zu entnehmen ist (S 357 f d.A), ohnedies beschwerdekonform davon aus, daß die Zeugin Martina N*** in ihrer - in der Hauptverhandlung vom 6.November 1985 verlesenen (S 334 d.A) - Aussage (S 256 d.A) bestätigt, man habe früher - sie war nur bis 28.August 1983 im Restaurant "R***" als Küchenmädchen beschäftigt - durch die Kellerfenster in die Kellerräumlichkeiten des Objektes gelangen können. Die vom Beschwerdeführer bekämpfte, im übrigen nicht entscheidungswesentliche Feststellung, wonach am 27.September 1983 bzw am Tag "vor dem Brand" ein Eindringen durch die Kellerfenster nicht möglich war, stützte der Schöffensenat demgegenüber (unbekämpft) auf die Erhebungen der Gendarmerie (S 33, 101 d.A) und konstatierte (wieder in Übereinstimmung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers), daß am 27.September 1983 bzw am Tag davor "die Möglichkeit" bestand, - ersichtlich nach unbemerkter Annäherung (vgl hiezu auch S 351 d.A) - durch das (nicht verriegelte) "in Aktenseite 108 dargestellte" Fenster in das Rasthaus "R***" einzusteigen (S 358 d.A).
Damit brachte das Erstgericht ohnedies im Sinn des Angeklagten zum Ausdruck, daß zur Tatzeit - theoretisch - auch dritte Personen die Möglichkeit gehabt hätten, durch ein Fenster unbemerkt in das Restaurant einzusteigen.
Die behauptete formelle Urteilsnichtigkeit liegt also nicht vor, weswegen die Nichtigkeitsbeschwerde insoweit zu verwerfen war. Hingegen ist dem Beschwerdeführer beizupflichten, wenn er unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO einwendet, die Beurteilung des ihm zur Last gelegten Tatverhaltens als Verbrechen des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3 StGB sei mangels einer von ihm nach dem Brand gesetzten, auf Täuschung der Angestellten der A***-E***-Versicherungs AG abzielenden Handlung verfehlt; richtigerweise erfülle sein Verhalten das Vergehen des Versicherungsmißbrauches nach dem § 151 Abs. 1 Z 1 StGB, weil er nach den Urteilskonstatierungen wohl mit dem Vorsatz, sich eine Versicherungsleistung zu verschaffen, sein bei der A***-E***-Versicherungs AG gegen Feuer versichertes Rasthaus "R***" durch Brandlegung beschädigt, in der Folge aber die Versicherungsleistung nicht angesprochen habe, zumal die Versicherungsanstalt auf Grund der Vinkulierungen zugunsten der Hypothekargläubiger von sich aus die Behebung der Schäden veranlaßte. Den Tatbestand des Versicherungsmißbrauches nach dem § 151 StGB verwirklicht u a, wer mit dem Vorsatz, sich oder einem anderen eine Versicherungsleistung zu verschaffen, eine gegen Zerstörung, Beschädigung, Verlust oder Diebstahl versicherte Sache zerstört, beschädigt oder beiseite schafft, soferne die Tat nicht nach den §§ 146, 147 und 148 StGB mit Strafe bedroht ist. Zufolge dieser ausdrücklichen Subsidiaritätsklausel kommt eine Beurteilung als Versicherungsmißbrauch dann nicht in Betracht, wenn bereits (zumindest versuchter) Betrug vorliegt. Das Wesen des § 151 StGB besteht also darin, daß ansonsten straflose Vorbereitungshandlungen im Vorfeld eines Betruges, mit denen ein Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt wird, aus rechtspolitischen Erwägungen bereits als selbständig strafbare Handlungen pönalisiert sind (SSt 46/51 ua).
Mittel des Betruges ist die Täuschung über Tatsachen. Sie besteht darin, daß der Täter beim Getäuschten einen Irrtum hervorruft oder einen schon vorhandenen Irrtum ausnützt. Der Irrtum oder die Unwissenheit müssen - sofern nicht eine Rechtspflicht zur Aufklärung besteht - in ihrer Fortdauer auf aktives Verhalten des Täters zurückgeführt werden können; rein passives Verhalten genügt nicht (Leukauf-Steininger, StGB 2 , RN 18 zu § 146; SSt 42/50; Kienapfel BT II, RN 69 ff; Liebscher im WK RN 13 je zu § 146). Für die deliktsspezifische Abgrenzung des Betruges vom Versicherungsmißbrauch nach dem Abs. 1 Z 1 des § 151 StGB kommt es also entscheidend darauf an, ob der Täter tatplangemäß nach der Zerstörung, der Beschädigung oder dem Beiseiteschaffen der versicherten Sache jemand über Vorgänge in der Außenwelt in Irrtum führt oder von der Kenntnis des tatsächlichen Sachverhaltes abhält, um der Versicherungsanstalt eine ihm als Versicherungsnehmer von Rechts wegen nicht zustehende Versicherungssumme herauszulocken. Gerade das tat aber der Angeklagte - wie er in seiner Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt - nicht. Nach den insoweit maßgebenden Urteilskonstatierungen errichtete er mit dem Vorsatz, sich durch Zerstörung seines Rasthauses "R***" eine Versicherungsleistung zu verschaffen (S 347, 352 d.A), im Gebäude Zündfallen, die am 27.September 1983 gegen 21,30 Uhr - während sich der Angeklagte in Italien aufhielt - einen Brand auslösten, der - den Tatplan durchkreuzend - zufällig frühzeitig entdeckt und erfolgreich bekämpft wurde (AS 346). Infolge Auffindens der Zündfallen stand als Brandursache von Anfang an Brandstiftung fest (AS 346 f, 350). Auf Grund der weiteren Erhebungsergebnisse geriet der Angeklagte in den Verdacht, den Brand selbst gelegt zu haben; er wurde deswegen nach seiner Rückkehr aus Italien in sicherheitsbehördliche Verwahrungshaft genommen (S 45, 341 d.A). In Kenntnis dieser Umstände veranlaßte die A***-E***-Versicherungs AG - ersichtlich auf Verlangen des (gutgläubigen) Vinkulargläubigers - mit Rücksicht auf den schlechten Bauzustand des Rasthauses (S 348 d.A) und in Erfüllung ihrer Verpflichtung aus der Vinkulierung des Versicherungsvertrages (S 343 d.A) ohne weiteres Zutun des Angeklagten (der nach der Aktenlage keine Schadensmeldung erstattet hatte) die Behebung der Schäden, wofür ein Betrag von 2,461.480,97 S aufgewendet wurde (S 348, 362 d.A).
Demnach beging aber der Angeklagte nach dem Fehlschlagen seines Planes einer totalen Zerstörung des Objektes (AS 347, 362) Angestellten der Versicherungsanstalt gegenüber keine Täuschungshandlung im Sinn des § 146 StGB, um sich - wie das Erstgericht annahm - "wenigstens die Wiederherstellung seines Rasthauses mit Mitteln der Versicherung zu verschaffen" (AS 362; sinngemäß wohl gemeint: um Regreßansprüche der Versicherungsanstalt zu vereiteln; vgl AS 343 unten). Für eine Beurteilung seines Verhaltens als Verbrechen des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3 StGB bleibt sohin nach Lage des Falls kein Raum (vgl hiezu auch Kienapfel, BT II RN 250 zu § 146 sowie Liebscher in WK RN 6 und 8 zu § 151 mit weiteren Nachweisen).
Somit war der Nichtigkeitsbeschwerde teilweise Folge zu geben, das angefochtene Urteil im Schuld- und Strafausspruch aufzuheben, gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO Josef J*** sogleich des Vergehens des Versicherungsmißbrauches nach dem § 151 Abs. 1 Z 1 StGB schuldig zu erkennen und unter Übernahme des Ausspruches über die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens, die Anrechnung der Vorhaft sowie den Zuspruch an den Privatbeteiligten aus dem Ersturteil nach dem § 151 Abs. 1 StGB mit Strafneubemessung vorzugehen.
Bei dieser Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend den sehr hohen Schaden, als mildernd den bisher ordentlichen Wandel und das Geständnis des Angeklagten. Die ausgesprochene Freiheitsstrafe erscheint daher schuldangemessen.
Ihrer bedingten Nachsicht standen nicht nur general- sondern auch spezialpräventive Aspekte entgegen, zumal die sorgfältige Planung und Ausführung der Tat den Rückschluß auf eine Beharrlichkeit bei der Verfolgung des kriminellen Zieles zuläßt. Mithin war spruchgemäß zu erkennen.
Die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.
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