OGH 1Ob19/86

OGH1Ob19/8628.5.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Gamerith, Dr.Hofmann und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P. K*** & CO., Graz, Raiffeisenstraße 61, vertreten durch Dr. Reinhard Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei G*** S*** AG, Graz, Andreas Hofer-Platz 15, vertreten durch Dr.Hannes Stampfer und Dr.Elmar Wenger, Rechtsanwälte in Graz, wegen 5,000.000 S und Feststellung (Gesamtstreitwert S 6 Mio.), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 29.Jänner 1986, GZ 6 R 15/86-11, womit der Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 5.Dezember 1985, GZ 6 Cg 157/85-7, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluß des Erstgerichtes vom 5. Dezember 1985 zurückgewiesen wird.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmanns von Steiermark vom 10.Juli 1970, GZ 3-348 Ga 12/29-1970, wurde dem Antrag der beklagten Partei auf Neufestsetzung der Schutzgebiete für das Wasserwerk Andritz Folge gegeben und zum Schutze der Wasserversorgungsanlage gegen Verunreinigungen sowie gegen eine Beeinträchtigung ihrer Ergiebigkeit ein weiteres Schutzgebiet bestimmt, das die Bezeichnung "Schutzgebiet III" führt. Im Bereiche dieses Schutzgebietes III befand sich im Jahre 1970 und befindet sich heute eine Betriebsanlage der klagenden Partei, in der bis 1970 im Rahmen behördlicher Bewilligung der Handel mit Altmetallen aller Art ausgeübt wurde. Gegenstand dieses Handels waren auch solche Materialien, welche noch mit Öl bzw. Ölresten behaftet waren, wie zB Behälter, Rohre, Schieber, Werkzeugmaschinenteile, Getriebekästen etc. Im Bescheid des Landeshauptmanns von Steiermark vom 10.Juli 1970 wurden ua folgende, die Betriebsanlage der klagenden Partei betreffende Anordnungen getroffen:

"14.) Die Einstellungsplätze für Kraftfahrzeuge im Lagerplatz der Fa. P. K*** & Co, früher W*** & Co ..., sind mit betonierten Abstellplatten zu versehen.

15.) Im Bereiche des Lagerplatzes der Fa. P.K*** & Co., früher W*** & Co., sind Gegenstände, die mit Ölresten behaftet sind, und Gebinde, in denen sich noch Öle, Teere und andere schwer abbaubare Stoffe befinden, nur unter Dach und auf ölundurchlässigen Abstellplatten, die wannenförmig ausgebildet sind, zu lagern."

Die klagende Partei hatte gegen die Einbeziehung ihrer Grundstücke in den Bereich des Schutzgebietes III Einwendungen erhoben und in eventu Entschädigungsansprüche angemeldet. Die Einwendungen wurden mit dem Bescheid des Landeshauptmanns von Steiermark vom 10.Juli 1970 zurückgewiesen; weiters wurde ausgesprochen, daß über die etwaige Pflicht zur Leistung einer Entschädigung in einem gesonderten Verfahren entschieden werde. Infolge Berufung der klagenden Partei wurde dieser Bescheid vom Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft mit dem Bescheid vom 28.Dezember 1971, Zl. 83.778-I/1/71, dahin abgeändert, daß die Einwendungen der klagenden Partei gegen die Einbeziehung in das Schutzgebiet III nicht zurück- sondern abgewiesen werden. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, daß die (hier) beklagte Partei in der Berufungsverhandlung ohnehin zugestanden habe, daß die Kosten der baulichen Maßnahmen laut den Punkten 14 und 15 des Bescheides nur sie belasten; dies könne an sich bereits dem Wortlaut und dem Sinn dieser Vorschreibungen entnommen werden. Grundsätzlich richteten sich Schutzanordnungen nur mit Unterlassungen und Duldungen an Dritte, während aktive Handlungen dem geschützten Wasserberechtigten oblägen. Im Hinblick darauf sei augenblicklich auch kein aktueller Entschädigungstitel gegeben. Im übrigen seien im erstinstanzlichen Bescheid allfällige spätere Entschädigungsfragen - von der beklagten Partei unbekämpft - ohnehin einem eigenen Verfahren vorbehalten worden. Die beklagte Partei hat die baulichen Schutzmaßnahmen im Sinne der Punkte 14 und 15 des Bescheides des Landeshauptmanns von Steiermark nicht durchgeführt. Die klagende Partei begehrt von der beklagten Partei die Zahlung des Betrages von S 5 Mio. s.A. sowie die Feststellung, daß sie für weitere Schäden aus der Unterlassung der Herstellung der baulichen Maßnahmen gemäß den Punkten 14 und 15 des Bescheides des Landeshauptmanns von Steiermark vom 10.Juli 1970 dem Grunde nach hafte. Die klagende Partei brachte vor, die beklagte Partei habe es vorsätzlich unterlassen, die behördlichen Auflagen laut Punkt 14 und 15 des genannten Bescheides zu erfüllen, obwohl seit zwei Jahren ein Verwaltungsvollstreckungsverfahren gegen sie laufe. Die klagende Partei habe dadurch einen wirtschaftlichen Schaden erlitten, weil es ihr ab dem Jahre 1980 nicht mehr möglich gewesen sei, den Handel mit solchen Materialien durchzuführen, welchen Öle, Teere oder sonst schwer abbaubare Stoffe anhaften. Der Verdienstentgang der klagenden Partei in den letzten drei Jahren betrage S 5 Mio. Darüber hinaus erwachse ihr auch in Hinkunft ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden, so daß auch das Feststellungsbegehren berechtigt sei. Im Rahmen ihrer Schadensminderungspflicht habe sie ohnehin Teile der Auflagenpunkte selbst erfüllt und die Kraftfahrzeugabstellflächen teilweise betoniert. Eine vollständige Erfüllung der Auflagen sei ihr nicht möglich, weil hiezu ein finanzieller Aufwand von rund S 18 Mio. erforderlich sei.

Die beklagte Partei erhob die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges, weil zur Entscheidung über den erhobenen Entschädigungsanspruch die Wasserrechtsbehörde zuständig sei. Im übrigen wurde das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach bestritten und beantragt, es abzuweisen.

Das Erstgericht beraumte für den 19.November 1985 eine Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung sowie zur Verhandlung über die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges an. In dieser Tagsatzung wurde zunächst zur Hauptsache verhandelt und ein Beweisbeschluß gefaßt. Sodann wurde "wie bisher mit der Sache gemeinsam" über die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges verhandelt. Der Richter schloß die Verhandlung über die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges und erstreckte die Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung auf unbestimmte Zeit. Mit dem gesondert ausgefertigten Beschluß vom 5.Dezember 1985, ON 7 d.A., wies der Erstrichter die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges als unbegründet zurück. Der geltend gemachte Schadenersatzanspruch sei dem § 26 WRG zu unterstellen, so daß der Rechtsweg für den erhobenen Anspruch zulässig sei.

Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs der beklagten Partei Folge und änderte den angefochtenen Beschluß dahin ab, daß es die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückwies. Über den geltend gemachten Entschädigungsanspruch habe gemäß § 117 WRG die Wasserrechtsbehörde zu entscheiden.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs der klagenden Partei ist im Ergebnis gerechtfertigt. Gemäß § 261 Abs. 1 ZPO ist über die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges nach vorgängiger mündlicher Verhandlung mittels Beschlusses zu entscheiden; wurde jedoch über diese Einrede in Verbindung mit der Hauptsache verhandelt, so ist die Entscheidung, womit dieselbe abgewiesen wurde, nicht besonders auszufertigen, sondern in die über die Hauptsache ergehende Entscheidung aufzunehmen. Die Entscheidung über die Einrede ist dann nur mit der Entscheidung über die Hauptsache nach Maßgabe der Vorschriften des § 261 Abs. 3 ZPO anfechtbar. Gleiches gilt nach § 261 Abs. 2 ZPO, wenn die Einrede zwar auf Grund abgesonderter Verhandlung verworfen wird, das Gericht jedoch anordnet, daß die Verhandlung zur Hauptsache sogleich aufgenommen werde. Wird in derartigen Fällen den Vorschriften des § 261 Abs. 1 oder 2 ZPO zuwider die Entscheidung über die Einrede vom Gericht schriftlich ausgefertigt und den Parteien zugestellt, so bleibt sie trotzdem durch abgesondertes Rechtsmittel unanfechtbar (EvBl. 1967/408; JBl. 1956, 530 u.a.; Fasching Komm. III 209; Pichler, Ein Problem des § 261 ZPO, ÖJZ 1967, 37). Da das Erstgericht, wie der Verfahrensgang erweist, über die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges in Verbindung mit der Hauptsache verhandelt hat, war die Entscheidung, mit der die Einrede abgewiesen wurde, richtigerweise nicht besonders auszufertigen, sondern in die über die Hauptsache ergehende Entscheidung aufzunehmen. Die dennoch erfolgte Ausfertigung des Beschlusses eröffnet, wie dargelegt, kein abgesondertes Rechtsmittel. Hat das Rekursgericht über einen Rekurs gegen einen Beschluß, gegen den ein abgesondertes Rechtsmittel nicht stattfindet, meritorisch entschieden, ist auf Grund eines zulässigen Revisionsrekurses in Abänderung des rekursgerichtlichen Beschlusses das Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Erstgerichtes zurückzuweisen (1 Ob 599/82; 5 Ob 619/81; NZ 1970, 70; SZ 23/278). Demzufolge ist spruchgemäß zu entscheiden. Da die Unzulässigkeit des Rechtsmittels auch von der klagenden Partei nicht erkannt wurde, sind die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gegeneinander aufzuheben. Demzufolge ist spruchgemäß zu entscheiden.

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