OGH 5Ob310/86

OGH5Ob310/8627.5.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik, Dr.Kropfitsch, Dr.Zehetner und Dr.Klinger als Richter im Konkurs über das Vermögen des Walter S***, Gastwirt, Ehrwald, Müllerhofweg 8, Restaurant "Holzerstuben", infolge der außerordentlichen Revisionsrekurse der BANK FÜR TIROL UND V*** A***, Innsbruck,

Erlerstraße 9, vertreten durch Dr.Gert Kastner und Dr.Hermann Tscharre, Rechtsanwälte in Innsbruck, und des Masseverwalters Dr.Oswald K***, Rechtsanwalt in Reutte, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 3.März 1986, GZ 1 R 75/86-52, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 29.Jänner 1986, GZ S 96/84-47, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Den Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Am 12.September 1984 wurde auf Antrag des Walter S*** über dessen Vermögen der Konkurs eröffnet und Rechtsanwalt Dr.Oswald K*** zum Masseverwalter bestellt.

Am 19.Dezember 1985 erstattete der Masseverwalter nach Verwertung des wesentlichsten Teils des Vermögens des Gemeinschuldners nachstehenden Abschlußbericht samt Schlußrechnung:

Bei Berücksichtigung der in diesem Bericht enthaltenen Änderungen ergäben die Forderungsanmeldungen laut Anmeldungsverzeichnis die Gesamtsumme von S 3,321.838,63. An Eingängen im Konkursverfahren sei nur der Erlös aus dem Verkauf der Liegenschaft des Gemeinschuldners EZ 127 II KG.Ehrwald zu verzeichnen gewesen. Dieser habe für die Liegenschaft selbst S 1,357.094,--, für das Zubehör S 442.906,-- zuzüglich 20 % Umsatzsteuer aus dem Kaufpreis für das Zubehör in Höhe von S 88.581,20, insgesamt also S 1,888.581,20 betragen. Vom Verkaufserlös sei der Absonderungsgläubigerin R***

E*** UND U*** REG.GENMBH ein Betrag von S 929.930,-- und der Absonderungsgläubigerin BANK FÜR TIROL UND V*** AG ein Betrag von S 870.070,-- überwiesen worden, sodaß als Eingang im Konkursverfahren nur noch ein Betrag von S 88.581,20 zur Verfügung stehe, der als Umsatzsteuer aus dem Verkauf des Zubehörs der Liegenschaft entrichtet worden sei.

An Masseforderungen verzeichnete der Masseverwalter Barauslagen in der Höhe von S 12.144,90 und als Belohnung für seine Tätigkeit in diesem Konkurs einen Betrag von S 69.487,55 zuzüglich 10 % Umsatzsteuer in der Höhe von S 6.948,75, insgesamt sohin S 88.581,20, sodaß der noch zur Verfügung stehende Betrag erschöpft sei.

Der Masseverwalter berichtete ferner, daß auch die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft Masseforderungen im Gesamtbetrag von S 1.395,93 geltend gemacht habe, welche berechtigt seien. Das Finanzamt Reutte habe die Umsatzsteuer aus dem Verkauf des Zubehörs der Liegenschaft in Höhe von S 88.581,20 und aus dem Titel einer Vorsteuerberichtigung laut Bescheid vom 3.September 1985 einen Betrag von S 125.020,82 als Masseforderungen geltend gemacht, die ebenfalls berechtigt seien. Diese Masseforderungen in der Gesamthöhe von S 214.997,95 kämen aber wegen Erschöpfung der Masse nicht mehr zum Zug.

In der aufgrund dieser Schlußrechnung angeordneten Tagsatzung brachte der Vertreter des Finanzamtes Reutte in Bemängelung der Schlußrechnung vor, daß die Umsatzsteuer aus dem Verkauf des Zubehörs der Liegenschaft in Höhe von S 88.581,20 sowie die Vorsteuerberichtigung laut Bescheid vom 3.September 1985 in der Höhe von S 125.020,82 bei der Verteilung des Verkaufserlöses nicht vor der Befriedigung der Absonderungsgläubiger berücksichtigt worden seien.

Das Erstgericht genehmigte die Schlußrechnung gemäß § 122 KO, weil nach § 47 Abs 3 KO im Zweifelsfalle anzunehmen sei, daß sich eine Masseforderung (hier die Umsatzsteuerforderungen des Finanzamtes Reutte) auf die gemeinschaftliche und nicht auf eine besondere Masse beziehe, weshalb das Finanzamt Reutte erst nach den Absonderungsberechtigten zum Zuge komme.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Finanzprokuratur Folge, änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß der Schlußrechnung des Masseverwalters die Genehmigung versagt und dem Masseverwalter die Erstellung einer neuen Schlußrechnung aufgetragen werde, und sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes, über den es entschieden hat, S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteigt und der Revisionsrekurs nicht nach § 528 Abs 2 in Verbindung mit § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei.

Es führte aus:

Die Behandlung der Absonderungsansprüche im Konkurs sei in den §§ 48, 49 KO geregelt. Gemäß § 48 Abs 1 KO schlössen Gläubiger, die Ansprüche auf abgesonderte Befriedigung aus bestimmten Sachen des Gemeinschuldners hätten (Absonderungsgläubiger), soweit ihre Forderungen reichten, die Konkursgläubiger von der Zahlung aus diesen Sachen (Sondermassen) aus. Was nach Befriedigung der Absonderungsgläubiger von den Sondermassen übrig bleibe, fließe in die gemeinschaftliche Konkursmasse (§ 48 Abs 2 KO). Aus der Konkursmasse seien vor allem die Masseforderungen zu berichtigen, und zwar aus der Masse, auf die sie sich bezögen (§ 47 Abs 1 KO). Masseforderungen seien gemäß § 46 Abs 1 Z 2 KO unter anderem auch die die Masse treffenden Steuern, Gebühren, Zölle, Beiträge zur Sozialversicherung und anderen öffentlichen Abgaben, wenn und soweit der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt während des Konkursverfahrens verwirklicht werde.

Wende man diese Rechtsgrundsätze auf den vorliegenden Fall an, so stehe unstrittig fest, daß der Verkauf des Inventars der in Rede stehenden Liegenschaft einen steuerbaren Umsatz im Sinne des § 1 UStG 1972 darstelle. Die Steuerschuld selbst sei mit Ablauf des Kalendermonats entstanden, in dem die Übergabe des Inventars an den Käufer erfolgt sei (§ 19 Abs 2 Z 1 lit a UStG 1972). Das bedeute, daß der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt während des Konkursverfahrens verwirklicht worden sei. Die vom Finanzamt Reutte aus dem Verkauf des Liegenschaftszubehörs geltend gemachte Umsatzsteuer stelle daher eine Masseforderung im Sinne des § 46 Abs 1 Z 2 KO dar. Da sie sich ausschließlich auf den Verkauf des Inventars der Liegenschaft beziehe, sei sie vorweg aus der Sondermasse (dem Verkaufserlös) ohne irgendeinen Abzug zu tilgen. Erst dann kämen die Absonderungsgläubiger zum Zug. Es könne also die Ansicht des Erstgerichtes nicht geteilt werden, daß die Forderung des Finanzamtes Reutte auf Bezahlung dieser Umsatzsteuer wegen Erschöpfung der Masse nicht mehr zum Zug komme.

Nicht klargestellt sei allerdings, welchem steuerbaren Umsatz die Forderung des Finanzamtes Reutte gemäß der Vorsteuerberichtigung laut Bescheid vom 3.September 1985 im Betrag von S 125.020,82 zuzuordnen sei. In diesem Punkt habe das Verfahren noch keine Klarheit gebracht. Es sei dies auch nicht näher erörtert worden. Deshalb könne in dieser Beziehung auch noch keine rechtliche Aussage darüber gemacht werden, ob es sich dabei um eine Masseforderung im Sinne des § 46 Abs 1 Z 2 KO handle. Der Masseverwalter werde diese Frage noch zu untersuchen und dem Erstgericht in seiner neuen, der in dieser Rekursentscheidung dargelegten Rechtsauffassung entsprechenden Schlußrechnung zu berichten haben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil die hier zu beurteilende Rechtsfrage klar aus den einschlägigen und in der Begründung im einzelnen zitierten gesetzlichen Bestimmungen zu lösen sei und daher keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne der §§ 528 Abs 2, 502 Abs 4 Z 1 ZPO darstelle.

Gegen den abändernden Beschluß des Rekursgerichtes richten sich die außerordentlichen Revisionsrekurse der BANK FÜR TIROL UND V*** A*** und des Masseverwalters mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Beschluß wiederherzustellen. Die Revisionsrekurse sind zwar, wie sich aus den nachstehenden Ausführungen ergeben wird, nach § 528 Abs 2 in Verbindung mit § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig; sie sind aber nicht berechtigt. Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Bestimmung des § 47 Abs 3 Satz 2 KO, wonach das Konkursgericht nach Vornahme der erforderlichen Erhebungen (§ 173 Abs 5 KO) unter Ausschluß des Rechtsweges darüber entscheidet, ob sich eine Masseforderung auf die gemeinschaftliche oder auf eine besondere Masse bezieht, einer Anfechtung dieser Entscheidung mit Rekurs im Konkursverfahren und einer Abänderung dieser Entscheidung im Rechtsmittelweg nicht entgegensteht; die genannte Bestimmung schließt - im Gegensatz zur Ansicht der beiden Revisionsrekurswerber - lediglich die Überprüfung dieser Entscheidung im streitigen Rechtsweg aus (vgl. dazu Bartsch-Pollak 3 I 284; Petschek-Reimer-Schiemer 556). Was sodann die gleichfalls von beiden Revisionsrekurswerbern relevierte Frage anlangt, ob bei der Verteilung des Verkaufserlöses die durch den Verkauf des Liegenschaftszubehörs ausgelöste Umsatzsteuerpflicht (vgl. dazu Werndl in ÖStZ 1976, 190; Gessler, Steuern bei Konkurs und Ausgleich 2 , 110 und 120; SZ 52/101;

s. auch Petschek-Reimer-Schiemer 512 unter Berufung auf VwSlg.1734 F) in Höhe von S 88.581,20 vor den Ansprüchen der Absonderungsberechtigten zu berücksichtigen ist, so ist bei deren Beantwortung von § 49 Abs 1 KO auszugehen. Nach dieser Bestimmung sind (aus den Nutzungen sowie) aus dem Erlös einer zur Sondermasse gehörigen Sache vor den Absonderungsgläubigern die Kosten der besonderen Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Sondermasse zu berichtigen, während sich der Rang der Absonderungsgläubiger untereinander nach den Bestimmungen der Exekutionsordnung richtet (§ 49 Abs 2 KO; Bartsch-Pollak 3 I 287, 291 und 294; vgl. auch Petschek-Reimer-Schiemer 511 und540 sowie Wegan 49 und Heller-Berger-Stix 141). Zu den Kosten der Verwertung der Sondermasse, die vor den Ansprüchen der Absonderungsberechtigten zu berichtigen sind (vgl. dazu im allgemeinen Bartsch-Pollak 3 I 283 f. und Petschek-Reimer-Schiemer 555 f.), gehört auch die Umsatzsteuer, die bei der Versilberung einer Sondermasse, die dem Betrieb des Gemeinschuldners gedient hat, anfällt (vgl. Kuhn-Uhlenbruck, dKO 10 , 927). Der Oberste Gerichtshof pflichtet daher dem Rekursgericht darin bei, daß die vom Finanzamt Reutte in Ansehung des Verkaufes des Liegenschaftszubehörs geltend gemachte (und vom Masseverwalter auch anerkannte) Umsatzsteuerforderung aus dem Verkaufserlös vor den Ansprüchen der Absonderungsgläubiger zu tilgen ist.

Auf die von der BANK FÜR TIROL UND V*** AG weiter angeschnittene Frage, wie die vom Finanzamt Reutte aufgrund des Bescheides vom 3.September 1985 geltend gemachte Forderung von S 125.020,82 zu behandeln ist, kann derzeit aus den vom Rekursgericht zutreffend angeführten Gründen noch nicht eingegangen werden.

Es war daher beiden Revisionsrekursen ein Erfolg zu versagen.

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