Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben.
Dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung über die vom Beklagten erhobene Einrede nach Verfahrensergänzung aufgetragen. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Mit dem Pachtvertrag vom 16.Mai 1978 pachtete der Beklagte für die Zeit vom 1.5.1978 auf die Dauer von 5 Jahren die landwirtschaftliche Nutzflächen des dem Kläger gehörigen sogenannten Steinergutes in Taxenbach/Taxberg Nr.17. In Punkt XII. dieses Pachtvertrages unterwarfen sich beide Teile "dem Schiedsspruch der Bezirksbauernkammer Zell am See" für den Fall, daß sich "aus diesem Pachtvertrag Differenzen ergeben".
Mit der am 18.Mai 1984 erhobenen Klage begehrte der Kläger vom Beklagten die Bezahlung von 15.728,45 S samt Anhang an rückständigem Pachtzins.
Der Beklagte wendete in erster Linie die Unzulässigkeit des Rechtsweges "und/oder" die sachliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes ein und beantragte die Zurückweisung der Klage. Im Pachtvertrag sei vereinbart worden, daß sich die Parteien im Falle von Differenzen dem Schiedsspruch der Bezirksbauernkammer Zell am See unterwerfen; das angerufene Gericht sei deshalb zur Entscheidung des Rechtsstreites nicht berufen.
Demgegenüber erwiderte der Kläger, daß sich die Schiedsgerichtsklausel nicht auf Streitigkeiten über den Pachtzins, sondern nur auf landwirtschaftliche Belange beziehe. Außerdem sei ein gültiger Schiedsvertrag niemals zustandegekommen; es seien die Anzahl der Schiedsrichter nicht festgesetzt worden und auch die übrigen Voraussetzungen der §§ 577 ff ZPO nicht erfüllt. Schließlich vertrat der Kläger den Standpunkt, daß Vereinbarungen einer schiedsrichterlichen Entscheidung nach § 2 Abs 2 LPG als unzulässig anzusehen seien.
Das Erstgericht erachtete die Einrede des Beklagten als begründet und wies die Klage zurück. Gegenstand des Pachtvertrages seien landwirtschaftliche Nutzflächen, sodaß auch das Landpachtgesetz anzuwenden sei. § 2 Abs 2 LPG erkläre zwar die Vereinbarung schiedsrichterlicher Entscheidungen als unzulässig, diese Bestimmung sei allerdings nur im Zusammenhang mit § 2 Abs 1 LPG zu verstehen, wonach auf die im Landpachtgesetz bestimmten Rechte nicht wirksam verzichtet werden könne. Diese unabdingbaren Rechte seien im Bezug auf den Inhalt des Landpachtvertrages Regelungen über angemessenen Pachtzins, Richtpachtzeiten und Verlängerung der Dauer des Landpachtvertrages, also Sonderbestimmungen, die über die bestandrechtlichen Bestimmungen des ABGB hinausgingen, wobei derartige Anträge gemäß § 12 LPG im außerstreitigen Verfahren zu behandeln seien. Diese unabdingbaren Sonderrechte seien nicht Streitgegenstand, sondern behauptete Pachtzinsrückstände, die auch im streitigen Verfahren geltend gemacht worden seien. Für derartige Streitigkeiten bleibe jedoch die Möglichkeit einer Schiedsvereinbarung bestehen. Da somit durch einen Willensakt der Parteien die Kompetenz der Bezirksbauernkammer Zell am See als Schiedsgericht rechtswirksam vereinbart sei, liege eine prorogable Unzuständigkeit des Erstgerichtes vor und sei daher die Klage zurückzuweisen gewesen.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs des Klägers Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß es die Einrede des Beklagten wegen "Unzulässigkeit des Rechtsweges und/oder der sachlichen Unzuständigkeit" verwarf und dem Erstgericht die Durchführung des Verfahrens auftrug, wobei es einen Rekurs an den Obersten Gerichtshof zuließ (§ 528 Abs 2 ZPO). Das Rekursgericht billigte grundsätzlich die Anwendung der Bestimmungen des Landpachtgesetzes auf den vorliegenden Sachverhalt durch das Erstgericht, weil der Pachtgegenstand zur landwirtschaftlichen Nutzung im Sinne des § 1 Abs 1 LPG verpachtet worden sei. Gemäß § 2 Abs 2 LPG sei die Vereinbarung schiedsrichterlicher Entscheidungen unzulässig. Ungeachtet der Ausführungen des Erstgerichtes, inwieweit einzelne Bestimmungen eines Pachtvertrages, auf die die Schutzbestimmungen des Landpachtgesetzes nicht speziell abzielten, nicht doch von einer Schiedsvereinbarungsklausel umfaßt sein könnten, ergebe sich aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 2 Abs 2 LGP, daß diese Bestimmungen schlechthin jegliche schiedsrichterliche Entscheidung unzulässig mache (vgl.Stohanzl, ZPO 4 , Anm. zu § 577 ZPO). Die weniger strenge Auffassung von Würth in Rummel (ABGB, Rdz 3 zu § 2 LGP) übersehe neben dem entgegenstehenden Gesetzeswortlaut auch, daß es der Gesetzgeber in der Hand gehabt hätte, eine derartige Durchbrechung seines im § 2 Abs 1 LPG zum Ausdruck gebrachten Grundsatzes zuzulassen, wenn dies beabsichtigt und gewollt gewesen wäre. Damit erweise sich jedoch der Rekurs als berechtigt und sei dem Erstgericht die Verfahrensdurchführung aufzutragen gewesen; es könne daher dahingestellt bleiben, was die Parteien mit ihrer Formulierung "Differenzen" in Punkt XII des Pachtvertrages gemeint hätten. Den Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses gründete das Rekursgericht auf die §§ 528 Abs 2, 502 Abs 4 Z 1 ZPO. Ein weiterer Rechtszug an den Obersten Gerichtshof sei zuzulassen, weil es - soweit überblickbar - eine höchstgerichtliche Judikatur zur hier anstehenden Frage einer teilweisen Vereinbarung schiedsrichterlicher Entscheidungen in Landpachtsachen nicht gäbe. Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs des Beklagten mit dem Antrag, den Beschluß des Rekursgerichtes im Sinne der Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung abzuändern.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht angeführten Gründen zulässig und im Sinne des im Rekursantrag enthaltenen Aufhebungsantrages auch berechtigt.
In seinem Revisionsrekurs wendet sich der Beklagte mit Recht gegen die vom Rekursgericht vertretene Ansicht, daß § 2 Abs 2 LPG schlechthin jegliche schiedsrichterliche Entscheidung unzulässig mache. Die Vorinstanzen haben richtig erkannt, daß der von den Parteien abgeschlossene Pachtvertrag im Hinblick darauf, daß er die "Bewirtschaftung und Nutzung" (vgl.Punkt IV. des Pachtvertrages) der gesamten "landwirtschaftlichen Nutzflächen" des "Steinergutes" betrifft, in den Anwendungsbereich des Landpachtgesetzes fällt (§ 1 Abs 1 und 2 LPG; vgl. Ryschawy, Das neue LPG, ImmZ 1970, 166 f; Würth in Rummel, ABGB, Rdz 2 und 3 zu § 1 LPG). § 2 LPG normiert unter der Überschrift: "Unabdingbarkeit" die Unverzichtbarkeit der im Landpachtgesetz bestimmten Rechte und die Unwirksamkeit von Vereinbarungen über die Benachteiligung oder die Belohnung eines Vertragsteiles für die Ausübung der im Landpachtgesetz bestimmten Rechte oder die Unterlassung einer solchen Rechtsausübung (Abs 1) und spricht in seinem zweiten Absatz die Unzulässigkeit der Vereinbarung schiedsgerichtlicher Entscheidungen aus. Als unverzichtbar bestimmt das Gesetz den Anspruch auf Minderung oder Erhöhung des Pachtzinses durch gerichtliche Festsetzung des nach § 4 LPG angemessenen Pachtzinses bei Vorliegen bestimmter Umstände (§ 11 Abs 2 LPG) und den Anspruch des Pächters auf (Gesamt-)Verlängerung der Dauer des Landpachtvertrages (§ 6 LPG). Ausgehend von den rechtspolitischen Zielen des Landpachtgesetzes (1216 BlgStProtNR XI.GP), wonach die Regelung des Verhältnisses der Pächter landwirtschaftlich genutzter Grundstücke in einer Art erfolgen sollte, die sowohl in materiell- als auch in formellrechtlicher Hinsicht den Grundsätzen der österreichischen Rechtsordnung und der Rechtstradition entspricht, und der das österreichische Vertragsrecht beherrschende Grundsatz der Vertragsfreiheit gegenüber der bis dahin geltenden Reichspachtschutzordnung verstärkt und nur mehr insoweit beschränkt werden sollte, als es zur Sicherung des Arbeitserfolges des Pächters und der Förderung rationeller und fortschrittlicher Bewirtschaftungsmethoden notwendig ist, darf die Auslegung des im Gesetz normierten Verbotes der Vereinbarung von schiedsrichterlichen Entscheidungen nicht aus dem Zusammenhang der Regelung des § 2 LPG losgelöst erfolgen, sie ist vielmehr ausgehend vom Schutzzweck des Gesetzes vorzunehmen. Der Oberste Gerichtshof billigt daher die vom Erstgericht unter Berufung auf Würth in Rummel vertretene Ansicht, daß Schiedsklauseln für Streitigkeiten aus dem Landpachtverhältnis nur insoweit unzulässig sind, als das im Landpachtgesetz geschaffene richterliche Gestaltungsrecht reicht, also nur hinsichtlich der Höhe des Pachtzinses und der Dauer des Landpachtvertrages (vgl.Würth, aaO, Rdz 3 zu § 2 LPG). Dieser Ansicht steht aber auch nicht die vom Rekursgericht seiner Entscheidung zugrundegelegte Anmerkung Stohanzls (in der Manzschen Taschenausgabe der ZPO 4 zu § 577 ZPO) entgegen, weil darin nur zum Ausdruck kommt, daß die Vereinbarung einer schiedsrichterlichen Entscheidung in "Landpachtsachen" unzulässig ist, nicht aber auch, daß darunter nicht bloß außerstreitige Verfahren nach dem LPG, sondern auch im streitigen Verfahren zu erledigende Rechtssachen betreffend Landpachtverträge zu verstehen sind.
Zutreffend ist das Erstgericht bei Beurteilung der hier zu entscheidenden Frage davon ausgegangen, daß der Kläger eine Pachtzinsklage erhoben, also eine in das streitige Verfahren gehörige Angelegenheit anhängig gemacht und nicht die Entscheidung über eine nach den Bestimmungen des Landpachtgesetzes im außerstreitigen Verfahren zu beurteilende Frage begehrt hat. Da bei einer Entscheidung über eine Pachtzinsklage das dem Außerstreitrichter im Landpachtgesetz eingeräumte Gestaltungsrecht (§§ 11, 4 LPG und § 6 LPG) nicht zum Tragen kommt, und über die Frage des Pachtzinsrückstandes gültig ein Vergleich geschlossen werden kann, ist die objektive Schiedsfähigkeit der gegenständlichen Rechtssache gegeben (Fasching IV 717; Fasching, Lehrbuch, RZ 2173, 2175 f). Die vom Rekursgericht ausgesprochene Verwerfung der vom Beklagten erhobenen Prozeßeinrede erfolgte somit rechtsirrig. Damit ist die Rechtssache allerdings - wie das Gericht zweiter Instanz auch richtig erkannte - noch nicht spruchreif. Der Kläger brachte nämlich vor, daß die im Pachtvertrag vereinbarte Schiedsgerichtsklausel sich nicht auf Streitigkeiten über den Pachtzins, sondern nur auf landwirtschaftliche Belange beziehe (AS 17). Das Erstgericht hat es jedoch unterlassen, Feststellungen über den Willen der Parteien bezüglich der Auslegung der Schiedsgerichtsvereinbarung zu treffen. Für den Wirkungsbereich einer Schiedsvereinbarung ist aber in erster Linie der Inhalt dieser Vereinbarung maßgebend (SZ 55/89 ua). Die von dem im Revisionsrekurs gestellten Abänderungsantrag umfaßte Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und Rückverweisung der Rechtssache über die vom Beklagten erhobenen Prozeßeinrede durch das Erstgericht ist daher unumgänglich.
Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren über den Inhalt des von den Parteien hinsichtlich der Unterwerfung unter den Schiedsspruch der Bezirksbauernkammer Zell am See getroffenen Vereinbarung zu verhandeln und dazu Feststellungen zu treffen haben. Erst dann wird eine abschließende Beurteilung dahin möglich sein, ob die für den Fall von "Differenzen" aus dem von ihnen abgeschlossenen Pachtvertrag vorgesehene Vereinbarung des Schiedsspruches der Bezirksbauernkammer Zell am See Gültigkeit hat oder die geltend gemachte Rechtssache doch von dem vom Kläger angerufenen Gericht zu entscheiden ist.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf § 52 ZPO.
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