Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 12.Juni 1953 geborene Ernst S*** wurde des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB. (1) und des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105, 106 Abs 1 Z. 1 StGB. schuldig erkannt. Darnach hat er am 18.Jänner 1986 in Andorf seine Lebensgefährtin Waltraud L*** durch Faustschläge und Fußtritte vorsätzlich verletzt (Schwellungen am Kopf und am Oberkörper, Blutunterlaufungen am linken Ohr und Brustkorbprellungen: 1) und durch gefährliche Bedrohung mit einem Messer und mit dem Umbringen, sohin durch Drohung mit dem Tod, zur sofortigen Rückkehr in seine Wohnung zu nötigen getrachtet (2). Den Schuldspruch wegen des Verbrechens (2) bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 5 und 9 lit a StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
In der Mängelrüge (Z. 5) wendet er sich unter dem Gesichtspunkt einer Unvollständigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen zufolge Übergehens seiner Verantwortung gegen die Urteilsfeststellung, daß er der Zeugin L*** vor dem Haus ihrer Mutter das in der Jackentasche mitgeführte Messer gezeigt und sie mit dem Umbringen bedroht habe, wenn sie nicht sofort wieder zu ihm zurückkomme. In seiner Verantwortung habe er darauf hingewiesen, daß er der Zeugin zwar das Messer gezeigt, sie aber nicht mit dem Umbringen bedroht habe und schon gar nicht habe zwingen wollen, wieder aus dem Haus ihrer Mutter zu ihm zurückzukommen. Diese Verantwortung ist aber vom Erstgericht keineswegs übergangen, sondern beweiswürdigend erörtert und ausdrücklich als unglaubwürdig abgelehnt worden (S 82 ff.). Die vom Gericht dabei verwertete Aussage der Zeugin L***, die sich als Lebensgefährtin des Angeklagten in der Hauptverhandlung der Aussage entschlagen hat, vor der Gendarmerie (S. 13 f.) bildet eine zureichende Grundlage dieser Feststellung. Ist doch die gesamte Gendarmerieanzeige nach ständiger Rechtsprechung als "Schriftstück anderer Art, das für die Sache von Bedeutung ist", gemäß § 252 Abs 2 StPO. zwingend und somit auch insoweit zu verlesen, als sie Protokolle über die Vernehmung von Zeugen enthält, die sich sodann in der Hauptverhandlung zulässigerweise der Aussage entschlagen haben, sodaß allfällige gerichtliche Vernehmungsprotokolle des Vorverfahrens nicht verlesen werden dürften (§ 252 Abs 1 StPO.). Die Verlesung und Verwertung besagter Gendarmerieaussage bewirkt daher weder den behaupteten noch einen anderen Nichtigkeitsgrund (zuletzt 13 Os 3/86; siehe auch den Bericht der Europäischen Kommission für Menschenrechte vom 11. Oktober 1984 in der Sache Alois U*** gegen Österreich, Beschwerde Nr. 9120/80).
Die hypothetische Erörterung des Beschwerdeführers, daß er schon früher andere Möglichkeiten gehabt hätte, Waltraud L*** an der Rückkehr zu ihrer Mutter zu hindern, woraus zu folgern sei, daß er dies auch nicht bei der vom Gericht angenommenen Gelegenheit getan habe, zeigt keinen formalen Begründungsmangel auf. Desgleichen wird mit dem Hinweis, daß die "dumme und naive" Zeugin ihre Aussage vor der Gendarmerie gewiß nicht mit dem protokollierten Wortlaut abgelegt habe, in einer im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Weise lediglich die Beweiswürdigung des Erstgerichts bekämpft, das im Einklang mit der forensischen Erfahrung der Zeugin L*** eben wegen ihrer Naivität die Erfindung einer falschen Beschuldigung nicht zugetraut hat (S. 83). Im übrigen ist der Verfasser der Beschwerdeschrift mit Nachdruck darauf hinzuweisen, daß das Erstgericht keineswegs die Zeugin L*** "als dumm und naiv bezeichnet", sondern nur diese - beleidigende - Behauptung des Angeklagten wiedergegeben hat (S. 83 mit Beziehung auf S. 18 des Hauptverhandlungsprotokolls).
In der Rechtsrüge (Z. 9 lit a) negiert der Nichtigkeitswerber die Erfüllung des Tatbestands des § 105 StGB. deshalb, weil seine Drohung weder ernst gemeint gewesen noch von der Bedrohten so aufgefaßt worden sei. Bei der Feststellung, wie eine drohende Äußerung gemeint war, handelt es sich in Wahrheit um eine Tatfrage, die das Gericht in dem Sinn gelöst hat, daß der Angeklagte der Zeugin das Messer zeigte, weil er sie "wissentlich" davon abhalten wollte, die Nacht bei ihrer Mutter zu verbringen (S. 82). Die Eignung der Drohung, der Genötigten begründete Besorgnisse einzuflößen, ist vom Schöffengericht in seiner rechtlichen Beurteilung bejaht worden (S. 85). Ob aber die Zeugin die Drohung ernst genommen hat, ist für die Erfüllug des Tatbestands nicht entscheidend. Daß nach den Urteilskonstatierungen der Angeklagte mit seiner Drohung nicht vermochte, den entgegenstehenden Willen der Zeugin zu brechen und sie zu dem von ihm gewünschten Verhalten zu nötigen, führt richtigerweise zur Beurteilung seiner Tat als versuchte Nötigung, kann sie aber keineswegs straflos machen. Auch die weiteren Einlassungen des Beschwerdeführers, es könne nicht davon ausgegangen werden, daß er die Zeugin durch sein Verhalten "zu einer Willensentschließung oder Betätigung veranlaßt habe" (S. 94; gemeint wohl: veranlassen wollte), entfernen sich vom Urteilssachverhalt und stellen die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig dar. Die vom Beschwerdeführer abschließend aufgeworfene Frage, ob das Herzeigen des Messers als gefährliche Drohung nach § 107 Abs 1 StGB. zu qualifizieren wäre, womit der Sache nach der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z. 10 StPO. geltend gemacht wird, stellt sich daher gar nicht. Sofern die Beschwerde ein "Ermächtigungsdelikt" annehmen will (S. 94), ist zu erwidern, daß eine Ermächtigung im § 105 StGB. nicht vorgesehen ist. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach den §§ 28, 106 Abs 1 StGB. eine Freiheitsstrafe von einem Jahr. Dabei waren erschwerend die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, der rasche Rückfall und die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen verschiedener Art, mildernd hingegen das Teilgeständnis des Angeklagten und der Umstand, daß es im Fall der Nötigung beim Versuch blieb.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Gewährung der bedingten Strafnachsicht, allenfalls die Herabsetzung der Freiheitsstrafe an.
Rechtliche Beurteilung
Auch dieses Rechtsmittel schlägt fehl.
Der Berufungswerber vermag konkrete Gründe für sein Anliegen nicht vorzubringen, sondern beschränkt sich auf die lapidare Behauptung, der Kriminalunwert der versuchten Nötigung sei sicherlich zu hoch eingestuft worden. Demgegenüber ist auf die die sichtlich ablehnende und gleichgültige Haltung des Angeklagten gegenüber rechtlich geschützten Werten betonenden, zutreffenden Darlegungen des Erstgerichts zu verweisen, wonach bei einem von sechs Monaten bis zu fünf Jahren reichenden, gemäß § 39 StGB. auf siebeneinhalb Jahre erweiterbaren Strafrahmen eine einjährige Freiheitsstrafe angesichts eines Rückfalls schon nach einem Monat angemessen ist (S. 86).
Gegen die bedingte Strafnachsicht aber spricht mit dem ganzen Gewicht des unübersehbaren Nacherziehungsbedürfnisses (§§ 20, 56 u.a. StVG.) das auch durch einschlägige Straftaten äußerst getrübte Vorleben des Angeklagten.
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