Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen (Schuldspruch zu A 1, 2 und 3, sowie Freispruch gemäß dem § 259 Z 3 StPO) unberührt bleibt, im Schuldspruch zu A 4 sowie zu B, ferner in der rechtlichen Beurteilung aller Schuldspruchfakten, im Strafausspruch und im Adhäsionserkenntnis aufgehoben, und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 16.Februar 1932 geborene Albert S*** (früher: E***) des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2, 148 zweiter Fall StGB (Punkt A des Urteilssatzes) und des Vergehens der Urkundenfälschung nach dem § 223 Abs. 2 StGB (Punkt B des Urteilssatzes) schuldig erkannt.
Ihm liegt zur Last
A/ mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, sowie in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung von Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch Verbergen hinter dem falschen Schein eines zahlungsfähigen und zahlungswilligen Kunden, die nachstehend genannten Personen zu Handlungen verleitet zu haben, welche sie an ihrem Vermögen schädigten, wobei in zwei Fällen der jeweilige Schaden 5.000 S überstieg; nämlich
1. am 27.Juni 1984 in Längenfeld die Anna N*** zum Verkauf einer Sonnenbrille, Schaden: 2.080 S,
2. am 6.Juli 1984 in Lienz den Josef K*** zum Verkauf eines Autoradios, Schaden: 4.800 S,
3. am 25.Februar 1985 in Salzburg den Rudolf L*** zum Verkauf eines Personenkraftwagens Peugeot 104, Schaden: 31.000 S,
4. am 22.April 1985 in Hallein den Helmut B*** zum Verkauf eines Personenkraftwagens Talbot Solara, Schaden: 48.000 S; B/ im Februar 1985 eine verfälschte Urkunde, nämlich die von ihm auf die angebliche Käuferin Annemarie B*** ausgestellte Verkaufsbestätigung der Firma Rudolf L*** durch Vorlage an die Bundespolizeidirektion Salzburg, Verkehrsamt, im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache, nämlich daß Annemarie B*** die Käuferin des Personenkraftwagens Peugeot 104 sei, gebraucht zu haben. Von weiteren Anklagepunkten erging ein in Rechtskraft erwachsener Freispruch.
Der Angeklagte ficht den Schuldspruch mit einer auf den § 281 Abs. 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an; den Strafausspruch bekämpft er mit Berufung.
Die das Betrugsfaktum A 1 betreffende Verantwortung des Angeklagten, ohnehin "einmal" den Kaufpreis für die am 27.Juni 1984 erworbene Sonnenbrille überwiesen, das Geld jedoch wegen falscher Adressierung zurückerhalten zu haben (S 66), war mangels terminmäßiger Konkretisierung des behaupteten Zahlungsversuches nicht geeignet, die erstgerichtliche Annahme in Frage zu stellen, daß der Zahlungsentschluß erst unter dem Druck der am 6.August 1984 erstatteten Strafanzeige gefaßt wurde. Die Darstellung des Angeklagten enthielt nämlich keinen Hinweis auf eine Überweisung vor Anzeigeerstattung, sondern vielmehr die auf einen längeren Verzug hindeutende Erklärung, zunächst die Sache einfach "verschlampt" und später den Erlagschein nicht gefunden zu haben. Auch in der Hauptverhandlung am 8.Juli 1985 kamen dem Beschwerdevorbringen zuwider keine einen Zahlungsversuch vor Anzeigeerstattung indizierenden Umstände hervor, weil ein derartiger Zeitpunkt nicht behauptet wurde und die Zeugin N*** einen vor diesem Termin liegenden Schritt zur Begleichung der Schuld nicht bestätigte (S 128 und 131). Aus der Bekundung der Zeugin, erst später, nach Befassung der Gendarmerie, erfahren zu haben, daß der Angeklagte sie erreichen wollte, ergab sich kein Aufschluß über den Zeitpunkt dieses Geschehens. Daher sprachen die aufgezeigten Verfahrensergebnisse nicht gegen die Konstatierung, daß der Angeklagte beim Kauf der Sonnenbrille das Unterbleiben der Zahlung des Kaufpreises bedachte und sich mit einer derartigen Konsequenz abfand.
Auch die zum Betrugsfaktum A 2 getroffene Feststellung, daß der Angeklagte sofortige Überweisung des Kaufpreises zusagte, ist durch die in der Beschwerde relevierten Beweisumstände nicht in Frage gestellt. Die niederschriftlichen Angaben des Josef K*** vor dem Gendarmerieposten Lienz (ON 10, S 17), wonach der Angeklagte vor dem Einbau des Autoradios sofortige Bezahlung ankündigte und nach diesem Arbeitsgang mangels ausreichender Barmittel Begleichung mit Erlagschein versprach, indizieren nicht die gewünschte Konstatierung, daß ihm der Verkäufer eine nennenswerte Zahlungsfrist einräumte. Die vom Beschwerdeführer behauptete Abweichung der Aussage des genannten Zeugen in der Hauptverhandlung am 28. Oktober 1985 (S 211, 212) von seinen Schilderungen vor dem Gendarmerieposten Lienz ist nicht ersichtlich. Die vom Erstgericht als Feststellungsgrundlagen bezeichneten Angaben des Zeugen Josef K*** boten daher eine ausreichende beweismäßige Deckung für die Urteilsannahme, daß der Angeklagte entgegen seiner Verantwortung prompte Bezahlung und nicht die Leistung unbestimmter Teilzahlungen zusagte. Unter den gegebenen Umständen durfte sich das Erstgericht darauf beschränken, die Annahme der Unrichtigkeit der Darstellung des Angeklagten durch bloße Bezugnahme auf die Angaben des Josef K*** zu begründen, weil hier kein Fall einer kombinierend Verwertung mehrerer Verfahrensergebnisse vorlag, bei dem die gewählte Methode einer kumulativen Anführung der Beweismittel nicht ausreichen würde (siehe Mayerhofer-Rieder, StPO 2 , ENr 159 zu § 281 Z 5).
Rechtliche Beurteilung
Soweit der Beschwerdeführer aus einer gestrichenen und durch einen anderen Wortlaut ersetzten Passage im Hauptverhandlungsprotokoll vom 28.Oktober 1985 (S 212) einen Begründungsmangel des Urteils ableiten will, genügt der Hinweis, daß er die Richtigkeit jener Korrektur nicht bestritt und eine Berichtigung auch nicht begehrte. Im Rechtsmittelverfahren ist aber allein die vom Vorsitzenden und vom Schriftführer unterfertigte und gegebenenfalls berichtigte Fassung eines Hauptverhandlungsprotokolles maßgebend, nicht jedoch der Inhalt noch unkorrigierter Aufzeichnungen (siehe Mayerhofer-Rieder, StPO 2 , ENr 49 und 53 a zu § 271).
Der das Betrugsfaktum A 3 betreffende Einwand, das Erstgericht hätte sich ausführlich damit auseinandersetzen müssen, aus welchen Gründen es die Verantwortung des Angeklagten über erfolglose Aufforderungen an Rudolf L*** zur Reparatur des Personenkraftwagens Peugeot 104 für unglaubwürdig und demgegenüber die derartige Gespräche negierende Aussage des Rudolf L*** für glaubwürdig befand, verkennt den Umfang der Begründungspflicht. Schon im Hinblick auf die für die Einführung der freien Beweiswürdigung maßgebende Erkenntnis, daß sich die Gesamtheit aller Umstände, die dem Gericht die Überzeugung von der Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit einer Aussage vermitteln, nicht restlos analysieren und in Worte fassen läßt, ist im Rahmen der gebotenen "gedrängten Darstellung" der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) eine solche argumentative Untermauerung eines gewonnenen Eindrucks nicht erforderlich.
Mit dem zu den Urteilsfakten A 1 und 2 auf die Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Beschwerdevorbringen wird der angerufene materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund nicht gesetzmäßig ausgeführt:
Der gegen den Schuldspruch im Betrugsfaktum A 1 erhobene Vorwurf eines Feststellungsmangels enthält der Sache nach eine Wiederholung der Mängelrüge, weshalb es genügt, den Beschwerdeführer auf die Erledigung jenes Einwandes zu verweisen.
Die zum Betrugsfaktum A 2 angestellte überlegung des Beschwerdeführers, daß er im Zeitpunkt der Kaufvereinbarung ohnehin zahlungsfähig gewesen sei, seine späteren Täuschungsakte bei Ausfolgung des Autoradios aber schuldspruchgemäß gar nicht erfaßt und demzufolge irrelevant seien, erweist sich schon von der Prämisse her als nicht stichhältig. Bei Berücksichtigung von Spruch und Gründen (S 291, 297) des angefochtenen Urteils kann es nämlich keinem Zweifel unterliegen, daß durch Umschreibung der durch betrügerische Täuschung bewirkten Handlungen der Geschädigten mit "Verkauf" der jeweiligen Sachen nicht nur das Verpflichtungs-, sondern auch das Verfügungsgeschäft - nämlich die Übergabe der herausgelockten Kaufgegenstände - bezeichnet wird.
Zum Betrugsfaktum A 3 wurde die Einlassung des Angeklagten, daß der von ihm gekaufte Personenkraftwagen Peugeot 104 beträchtliche Mängel aufgewiesen habe, vom Erstgericht als widerlegte Schutzbehauptung gewertet (S 304). Demgemäß handelt es sich beim Beschwerdeeinwand, es hätte dennoch eine beeinträchtigte Funktionstüchtigkeit des Personenkraftwagens konstatiert werden müssen, um keine prozeßordnungsmäßige Darstellung eines dem Erstgericht unterlaufenen Feststellungsmangels, sondern um eine unbeachtliche Kritik an der im Nichtigkeitsverfahren unanfechtbaren Lösung der Beweisfrage.
Insoweit war daher die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen. Dagegen erweist sich das Beschwerdevorbringen zu den Urteilsfakten A 4 und B aus folgenden Erwägungen als begründet:
Zutreffend reklamiert der Beschwerdeführer zum Urteilsfaktum A 4 eine Unvollständigkeit der Urteilsbegründung. Das Schöffengericht stellte nämlich dazu fest, daß der Angeklagte am 22.April 1985 bei der Firma B*** in Hallein einen PKW Talbot Solara zum Preis von 48.000 S kaufte, wobei der Kaufpreis "binnen 3 Tagen zu bezahlen gewesen" wäre (S 293 d.A). Tatsächlich seien aber erst am 1. Juli 1985 5.000 S, am 26.Juli 1985 3.000 S und am 10.Jänner 1986 weitere 5.000 S von ihm auf den Kaufpreis gezahlt worden, nachdem die Firma B*** "am 25.Juni 1985 mangels Zahlung Anzeige erstattet" habe (S 294 d.A).Diese Feststellungen sind für die subjektive Tatseite zumindest insoweit bedeutsam, als das Erstgericht ersichtlich den Betrugsvorsatz auch aus der Erwägung ableitete, daß die erwähnten Teilzahlungen auf den Kaufpreis verspätet und unter dem Druck der Anzeigeerstattung (vgl S 291 unten d.A) geleistet wurden.
Dem steht jedoch die Verantwortung des Angeklagten gegenüber, wonach schon bei Abschluß des Kaufvertrages ein 3-monatiges Zahlungsziel vereinbart wurde, der Kaufpreis daher erst am 22. Juli 1985 zur Zahlung fällig war (S 192 iVm S 275 d.A). Mit dieser Behauptung einer Zahlungsstundung setzte sich das Schöffengericht nicht ausdrücklich auseinander. Dies wäre aber umsomehr geboten gewesen, als das Erstgericht einesteils selbst als erwiesen annahm, der Angeklagte habe seinen Vertragspartner ersucht, den PKW "bis zur Flüssigmachung des Geldes für den Kaufpreis benützen zu können" (S 293 d.A) und versucht, einen Kredit zu erlangen (S 299 d.A). Dazu kommt, daß auch der Zeuge Helmut B*** bekundete, der Angeklagte habe zu wissen getan, er müsse sich erst unter seinem neuen Namen um einen Kredit bemühen (S 278 d.A). Nach Aussage dieses Zeugen war überdies Anlaß für die Anzeigeerstattung die Mitteilung des Rudolf L***, daß der vom Angeklagten bei der Firma B*** zurückgelassene PKW
Peugeot 104 ihm (L***) gehöre (S 278 d.A).
Die eingehendere Befassung mit diesen unerörtert gebliebenen Verfahrensergebnissen wäre zur Vermeidung eines Begründungsmangels in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO jedenfalls erforderlich gewesen, weil diese Verfahrensergebnisse auch als gegen das Handeln mit Täuschungs- bzw. Schädigungsvorsatz sprechende Umstände interpretiert werden könnten.
Ähnliches hat auch für das Urteilsfaktum B zu gelten:
Hier leitet der erkennende Senat seine für die Tatbestandsmäßigkeit wesentliche (siehe Leukauf-Steininger 2 RN 27, 28 zu § 223 StGB) Feststellung einer - vom Angeklagten bestrittenen - vereinbarungswidrigen Ergänzung der in Rede stehenden Verkaufsbestätigung vor allem aus der Erwägung ab, daß nur im Fall der polizeilichen Zulassung des PKW für den Angeklagten der mit ihm vereinbarte Eigentumsvorbehalt wirksam bleiben konnte (S 302 unten d.A).
Diese Erwägung gibt aber - worauf der Beschwerdeführer zutreffend hinweist - für die bekämpfte Urteilsfeststellung keine tragfähige Grundlage ab. Denn durch die polizeiliche Anmeldung eines Fahrzeuges werden die Eigentumsverhältnisse daran nicht berührt. Daß aber der Angeklagte etwa das Fahrzeug - vertragswidrig - weiterveräußert hätte, nahm das Erstgericht gar nicht an. (Es fänden sich dafür in den Verfahrensergebnissen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte.) Vielmehr geht es implicite davon aus, daß sich das Fahrzeug weiterhin in der Verfügungsmacht des Angeklagten befand, wenn es sich eingehend mit der Frage auseinandersetzt, aus welchen Gründen der Wagen (vom Angeklagten) anläßlich des Erwerbes des PKW Talbot Solara bei der Firma B*** zurückgelassen wurde (S 301 d.A). Zudem sieht es das Motiv für die "Urkundenfälschung" in der Absicht des Angeklagten "im Besitz des Fahrzeuges bleiben zu können" (S 300 d.A).
Damit leidet das Urteil aber auch insoweit an einer Nichtigkeit im Sinn der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO. Demgemäß waren die Schuldsprüche zu Punkt A 4 und zu B des Urteilssatzes aufzuheben. Die Aufhebung auch des Ausspruches über die rechtliche Unterstellung des davon nicht betroffenen Schuldspruchteiles war wegen der mangelnden Trennbarkeit (§ 289 StPO) infolge des rechtlichen Zusammenhanges geboten, zumal nicht ausgeschlossen werden kann, daß eine Beschränkung des Schuldspruches auf die unberührt gebliebenen Fakten auch zu einer anderen Beurteilung des Falles in der Frage der Gewerbsmäßigkeit geführt haben könnte.
In diesem Zusammenhang soll auch nicht unerwähnt bleiben, daß für die rechtliche Annahme der tatsächlichen Gegebenheit einer qualifizierten Gewerbsmäßigkeit im Sinn des 2. Falles des § 148 StGB die Feststellung, der Täter habe auch daran gedacht, "schwerere" Betrügereien zu begehen (S 303 d.A), einerseits nicht genügt (vgl Leukauf-Steininger 2 , RN 3 zu § 70, RN 4 zu § 148 StGB; Bertel im WK, RN 10 zu § 131 StGB) und anderseits mit dem Wort "natürlich" (S 303 d.A) auch nicht ausreichend begründet wird.
Mithin war spruchgemäß zu erkennen, wobei auf das übrige Beschwerdevorbringen nicht mehr eingegangen zu werden brauchte und der Angeklagte mit seiner durch die teilweise Urteilsaufhebung gegenstandslos gewordenen Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen war.
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