Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 20.944,-- bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten S 1.904,-- Umsatzsteuer) sowie die mit S 20.766,25 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 978,75 Umsatzsteuer und S 10.000,- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte hat am 18.12.1984 in ihrem Reformhaus am Trauntor in Gmunden eine Packung Ginsengkapseln extrastark an einen privaten Käufer verkauft. Am gleichen Tag hat sie auf dem Wochenmarkt in Gmunden, Sailergasse, auf ihrem mobilen Stand eine Packung Original Korea Ginseng-Kapseln extrastark und eine Packung Teufelskralle Extrakt-Kapseln an einen privaten Käufer verkauft. Im Revisionsverfahren ist unbestritten, daß es sich dabei um Arzneimittel im Sinne des § 1 Abs.1 ArzneimittelG handelt, die zumindest nicht von der Beklagten abgegeben werden durften. Die Vorinstanzen gingen sogar davon aus, daß es sich dabei um zulassungspflichte Arzneispezialitäten handle, die vom Bundesministerium für Gesundheit und Umweltschutz nicht zugelassen wurden, weshalb ihre Abgabe auch in Apotheken unzulässig sei. Mit der vorliegenden Klage begehrt der Ö***
A***, der Beklagten das Beliefern von Letztverbrauchern mit Drogen, deren Abgabe im Kleinverkauf ausschließlich Apotheken vorbehalten ist, insbesondere Original Korea Ginseng-Kapseln extrastark und Teufelskralle Extrakt-Kapseln zu verbieten. Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen und wendete ein, sie habe die erwähnten Produkte im guten Glauben, dazu berechtigt zu sein, verkauft. Weder auf der Verpackung noch im Beipacktext der Kapseln befinde sich ein entsprechender Hinweis auf die Apothekenpflicht. Der klagende Verband habe sie nicht abgemahnt, sondern sogleich die KLage eingebracht. Die Beklagte habe sofort nach Erhalt der Klage ihre restlichen Bestände an Original Korea Ginseng-Kapseln extrastark und Teufelskralle Extrakt-Kapseln aus dem Verkehr gezogen und an die Lieferfirma, die S*** Handelsgesellschaft mbH in Wien, zurückgeschickt. Im übrigen habe die Beklagte nunmehr aus Branchenkreisen erfahren, daß es strittig sei, ob die erwähnten Kapseln überhaupt apothekenpflichtig seien. Sie sei jedoch nicht gewillt, den diesbezüglichen Streit auf ihrem Rücken austragen zu lassen. Aus diesem Grund habe sie auch nach Zustellung der Klage ohne nähere Prüfung die Kapseln sofort aus dem Verkehr gezogen, diese nicht mehr verkauft und der Firma S*** retourniert. Der klagende Verband sei nicht aktiv legitimiert, weil er nicht zu den im § 14 UWG angeführten Körperschaften gehöre. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte folgenden, für das Revisionsverfahren noch wesentlichen Sachverhalt fest:
Die Beklagte führt seit mehreren Jahren in Gmunden ein Reformhaus und seit 2.5.1985 auch eine Drogerie. Vor etwa zwei bis drei Jahren erschien erstmals ein Vertreter der Firma S*** Handelsgesellschaft aus Wien im Geschäft der Beklagten und bot ihr unter anderem die inkriminierten Produkte an. Er bezeichnete diese als "diätetische Lebensmittel". Die Beklagte wurde nicht darauf hingewiesen, daß der Verkauf dieser beiden Mittel den Apotheken (oder Drogerien) vorbehalten sei. Sie maß den Beschreibungen der Verpackung und dem Beipacktext keine Bedeutung bei, zumal sie sich auf die Erklärungen des Vertreters verließ. Insbesonders maß sie der Formulierung "die Arzneiwirkung der Teufelskralle Extrakt-Kapseln" keine weitere Bedeutung bei. Nach dem Verkauf wurde die Beklagte ohne Ankündigung mit der vorliegenden Klage belangt. Sie schickte daraufhin sofort die Restbestände dieser Produkte an ihren Lieferanten zurück. Anläßlich eines Telefonates mit dem Geschäftsführer ihres Lieferanten wurde ihr auf ihre Frage, ob dieses Mittel apothekenpflichtig sei oder nicht, mitgeteilt, man wisse dies noch nicht genau, zumal die Abgrenzungskommission diesbezüglich noch nicht entschieden habe.
Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, nach den Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes dürften derzeit weder Original Korea Ginseng-Kapseln extrastark noch Teufelskralle Extrakt-Kapseln in Apotheken oder sonst irgendwie an Verbraucher abgegeben werden. Daher könne ein Apotheker oder eine Vereinigung zur Förderung wirtschaflicher Interessen von Apotheken im vorliegenden Fall schon begrifflich nicht als Mitbewerber im Sinn des § 14 UWG angesehen werden. Die Beklagte habe sich auch auf die Erklärung des diesbezüglich geschulten Vertreters des Generalimporteurs verlassen dürfen, dies jedenfalls solange, als ihr nicht aus anderen Umständen, etwa Veröffentlichungen, Bedenken erwachsen mußten. Da gerichtsbekannterweise derartige Präparate jahrelang unbeanstandet auf Wochenmärkten und dergleichen vertrieben worden seien, könne der Beklagten nicht vorgeworfen werden, daß sie keine Bedenken gegen den Verkauf dieser Präparate gehabt habe. Sie habe zudem nach Erhalt der Klage den Verkauf der beiden Produkte sofort gestopt und die Restbestände an den Lieferanten zurückgesendet.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei teilweise Folge und erkannte die Beklagte schuldig, das Beliefern von Letztverbrauchern mit "Original Korea Ginseng-Kapseln extrastark" und "Teufelskralle Extrakt-Kapseln" bei sonstiger Exekution zu unterlassen, und wies das Mehrbegehren ab. Es sprach ferner aus, daß der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 60.000 übersteigt, der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 15.000 übersteigt und der Wert des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht insgesamt entschieden hat, S 300.000 übersteigt. Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, es sei nicht von wesentlicher Bedeutung, ob sich die Beklagte in bezug auf die Erlaubtheit des Verkaufes der Kapseln in einem Rechtsirrtum befunden habe. Der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch setze regelmäßig kein Verschulden des Handelnden voraus. Es genüge, daß sein Verhalten objektiv gegen das Gesetz verstoße. Nur dort, wo der gesetzliche Tatbestand selbst ein subjektives Element enthalte und sich die Sittenwidrigkeit der Handlung erst nach einer bestimmten subjektiven Einstellung des Handelnden ergebe, müßten auch diese subjektiven Momente nachgewiesen werden. Die Verletzung von Vorschriften zum Schutz der Volksgesundheit sei ohne Rücksicht darauf, ob sie planmäßig zur Erlangung eines Wettbewerbsvorteiles erfolge, sittenwidrig im Sinn des § 1 UWG, weil solche Vorschriften nicht als wertneutral angesehen werden könnten. Wenn die Beklagte Arzneimittel verkaufe, deren Verkauf verboten sei, so seien davon auch die Interessen der in erster Linie mit dem Verkauf von Arzneimitteln befaßten Apotheken berührt, sodaß diesbezüglich ein Wettbewerbsverhältnis zwischen der Beklagten und den Apotheken nicht verneint werden könne, wenngleich auch in Apotheken der Verkauf dieser Kapseln verboten sei. Es liege auch Wiederholungsgefahr vor, weil die Beklagte die Prozeßführung nicht auf die Frage der Wiederholungsgefahr durch vorbehaltslose Anerkennung des Rechtsstandpunktes der Gegenseite beschränkt habe. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit den Anträgen, es im Sinne einer Klagsabweisung abzuändern oder es aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen. Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Die Beklagte hat zwar im Verfahren erster Instanz nicht ausdrücklich die Abweisung des Klagebegehrens mangels Wiederholungsgefahr beantragt, ihr tatsächliches Vorbringen ging jedoch von Anfang an dahin, daß sie die beanstandeten Kapseln unverzüglich nach Zustellung der Klage aus dem Verkehr gezogen und der Lieferfirma zurückgestellt habe und sie nicht gewillt sei, einen Streit über die Frage, ob die Kapseln nur von Apotheken abgegeben werden dürften, auf ihrem Rücken austragen zu lassen. Sie hat damit ein Tatsachenvorbringen in der Richtung mangelnder Wiederholungsgefahr erstattet.
Eine solche liegt auch nicht vor.
Bei Beurteilung der Wiederholungsgefahr kommt es nicht nur auf die Art des bereits erfolgten Eingriffs, sondern auch auf die Willensrichtung des Täters an, für die insbesondere sein Verhalten nach der Beanstandung oder während des Rechtsstreites wichtige Anhaltspunkte bieten kann (SZ 38/86; SZ 45/14 ua). Es ist davon auszugehen, daß die Beklagte im Verfahren nicht etwa behauptet hat, sie sei zum Vertrieb dieser Kapseln berechtigt, sondern sich dahin verantwortete, ihr sei nicht bekannt gewesen, daß diese Produkte apothekenpflichtig seien. Wenn sie in der Folge ausführte, sie habe erfahren, daß es strittig sei, ob die Kapseln apothekenpflichtig seien, bedeutet dies kein Beharren auf dem weiteren Verkauf dieser Kapseln, führte sie doch in diesem Zusammenhang aus, daß sie nicht gewillt sei, den diesbezüglichen Streit auf ihrem Rücken austragen zu lassen und deshalb nach Zustellung der Klage ohne nähere Prüfung die Kapseln sofort aus dem Verkehr gezogen und der Lieferfirma zurückgestellt habe. Dies wurde von den Vorinstanzen auch als erwiesen angenommen. Da die Beklagte seitens der klagenden Partei vor Einbringung der Klage nicht abgemahnt wurde, der Vertreter der Lieferfirma ihr gegenüber die Produkte als "diätetische Lebensmittel" bezeichnet hatte und sie auf die Klage unmittelbar nach deren Zustellung nicht nur mit der Einstellung des Verkaufes der beanstandeten Produkte reagierte, sondern auch die noch vorhandenen Vorräte an die Lieferfirma zurückstellte, hat sie damit ein Verhalten gesetzt, aus dem eindeutig zu schließen ist, daß sie in Zukunft derartige Arzneimittel nicht mehr vertreiben wird. Ihr ist daher der ihr obliegende Beweis des Mangels der Wiederholungsgefahr gelungen, weshalb das Klagebegehren schon aus diesem Grund abzuweisen war, ohne daß die weiteren Einwendungen geprüft werden mußten.
In Stattgebung der Revision war daher das Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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