OGH 12Nds32/86

OGH12Nds32/8624.4.1986

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. April 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger sowie Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Enzenhofer als Schriftführer in der Strafsache gegen Anton B*** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 3 FinStrG, AZ. 32 Vr 5174/85 des Landesgerichtes Innsbruck, über den Zuständigkeitsstreit zwischen diesem Gericht und dem Kreisgericht Wels nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Für die weitere Amtshandlung ist das Kreisgericht Wels zuständig.

Text

Begründung

Das Zollamt Linz als Finanzstrafbehörde erste Instanz erstattete am 22. Oktober 1985 bei der Staatsanwaltschaft Wels im Nachhang zu dem beim Kreisgericht Wels zum AZ 8 Vr 686/84 gegen Leopold O***, Rudolf K*** und andere wegen des Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs 1 FinStrG anhängigen Strafverfahren Anzeige gegen Anton B*** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 3 FinStrG. Darnach steht der Genannte im Verdacht, im Jahre 1983 in Kirchdorf in Tirol fahrlässig einen Goldring mit sechs Saphiren und dreizehn Brillanten im Schätzwert von S 12.860,-, hinsichtlich dessen von Wilhelm H*** das Finanzvergehen des Schmuggels nach § 35 Abs 1 FinStrG begangen worden sei, von Rudolf K*** übernommen zu haben; die gerichtliche Zuständigkeit zur Ahndung des dem Anton B*** angelasteten Finanzvergehens ergebe sich aus der Bestimmung des § 53 Abs 4 FinStrG (S 7 f).

Mit Beschluß vom 16. Dezember 1985 (S 1) verfügte der Untersuchungsrichter des Kreisgerichtes Wels auf Antrag der Staatsanwaltschaft Wels die Abtretung des Verfahrens gemäß § 51 StPO an das Landesgericht Innsbruck. Das Landesgericht Innsbruck erkannte seine Zuständigkeit nicht an und legte deshalb den Akt gemäß § 64 Abs 1 StPO dem Oberlandesgericht Innsbruck vor. Das Oberlandesgericht Innsbruck entschied mit Beschluß vom 14. Jänner 1986, 3 Ns 1200/86, dahin, daß das Landesgericht Innsbruck zur Führung des gegenständlichen Strafverfahrens nicht zuständig sei (ON 4). Denn für das Strafverfahren gegen Anton B***

könne nur die Zuständigkeit gemäß § 53 Abs 4 FinStrG in Anspruch genommen werden, wobei diese Bestimmung die Führung eines einheitlichen gerichtlichen Verfahrens vorsehe und sich die Zuständigkeit für dieses einheitliche Verfahren nach der "Haupttat" richte, weshalb das Kreisgericht Wels zuständig sei. Das hierauf gemäß § 64 Abs 1 StPO angerufene Oberlandesgericht Linz verneinte mit Beschluß vom 12. Feber 1986, 11 Ns 74/86, die Zuständigkeit des Kreisgerichtes Wels mit der Begründung, daß eine auf § 53 Abs 4 FinStrG beruhende gerichtliche Strafbarkeit eines bestimmten Sachverhalts nicht von einer gemeinsamen Führung des Verfahrens mit dem gegen jenen Straftäter abhängig sei, der den Konnex nach § 53 Abs 4 FinStrG bewirkt, sondern lediglich von der materiellrechtlichen Frage, ob dem "Verbindungsmann" seinerseits nach § 53 Abs 1 bis 3 FinStrG ein gerichtlich strafbares Verhalten zur Last fällt; § 53 Abs 4 FinStrG regle die Frage der Kompetenzabgrenzung zwischen Gerichten und Finanz(straf)behörden, nicht jedoch die Frage der örtlichen Zuständigkeit hinsichtlich einer im Sinn dieser Kompetenzabgrenzung den Gerichten zugewiesenen Finanzstrafsache; diese richte sich vielmehr, weil zwischen dem Abgabenhehler nach § 37 FinStrG und dem Schmuggler nach § 35 FinStrG - ebenso wie zwischen dem Hehler und dem Dieb - keine objektive Konnexität im Sinn des § 55 StPO besteht, nach § 51 StPO, weshalb in Ansehung des Anton B***, der den geschmuggelten Schmuck in Kirchdorf in Tirol übernommen hat, das Landesgericht Innsbruck als Tatortgericht örtlich zuständig sei.

Rechtliche Beurteilung

Im Hinblick auf die Nichteinigung der in Betracht kommenden Gerichtshöfe zweiter Instanz über die Zuständigkeit zur Führung des gegenständlichen Strafverfahrens gegen Anton B*** ist gemäß § 64 Abs 1 StPO der Oberste Gerichtshof zur Entscheidung über den Kompetenzkonflikt berufen.

Der Oberste Gerichtshof hat hiebei erwogen:

§ 53 Abs 4 FinStrG regelt zwar primär die Frage der gerichtlichen Zuständigkeit und deren Abgrenzung von der verwaltungsbehördlichen Kompetenz zur Ahndung von Finanzvergehen.

Aus dem Hinweis des - auch für den Fall der objektiven Konnexität nach Abs 4 geltenden (vgl 13 Os 104/79, 13 Os 10/81) - § 53 Abs 3 FinStrG auf das Zusammentreffen von Finanzvergehen, die alle in die ö r t l i c h e und s a c h l i c h e Zuständigkeit derselben Finanzstrafbehörde fallen, ergibt sich jedoch, daß in gleicher Weise wie gemäß § 59 Abs 2 FinStrG im Bereich der finanzstrafbehördlichen Kompetenz die Zuständigkeit des Gerichtes zur Durchführung des Strafverfahrens gegen einen Täter gegebenenfalls seine Zuständigkeit auch gegenüber anderen an der Tat Beteiligten sowie gegenüber jenen Personen begründen soll, welche sich mit Beziehung auf das betreffende Finanzvergehen einer Abgabenhehlerei schuldig gemacht haben. Daher ist die Vorschrift des § 53 Abs 4 FinStrG dahin zu verstehen, daß darnach - über die Regelung des § 55 StPO hinaus und diese insoweit für den Bereich des gerichtlichen Finanzstrafverfahrens verdrängend - über alle in sachlichem Zusammenhang stehenden Finanzvergehen aus Gründen der Verfahrenskonzentration und Verfahrensökonomie - sinnvollerweise - in e i n e m einheitlichen (gerichtlichen) Strafverfahren abgesprochen werden soll. Dieses Verständnis der in Rede stehenden Vorschrift des Finanzstrafgesetzes wird auch durch die Ausführungen im Bericht des Finanz- und Budgetausschusses anläßlich der Beratung der FinStrG-Nov 1975 über die Möglichkeit der Verfahrensausscheidung gemäß § 57 StPO in Ansehung einzelner Beschuldigter, wenn das Verfahren gegen die "Haupttäter" umfangreich und langwierig ist, bestätigt (vgl BerF***ov 1975, 5 sowie Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, FinStrG, Anm 7 zu § 53).

Daraus folgt, daß - wie auch die Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme ausgeführt hat - das Kreisgericht Wels zur Führung des Strafverfahrens gegen Anton B*** wegen § 37 Abs 3 FinStrG zuständig ist, weshalb über den Kompetenzkonflikt spruchgemäß zu erkennen war.

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