OGH 12Os24/86

OGH12Os24/8624.4.1986

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.April 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger sowie Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Enzenhofer als Schriftführer in der Strafsache gegen Herta P*** wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 2. Dezember 1985, GZ 23 Vr 470/85-36, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das in seinem freisprechenden Teil unberührt bleibt, im übrigen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Herta P*** - deren Geburtsjahr im Urteilskopf unrichtig mit 1954 (anstatt richtig: 1951) angegeben ist - des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB schuldig erkannt. Darnach hat sie in der Zeit von Ende 1980 bis August 1983 in Linz mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, Beamte des Magistrates der Landeshauptstadt Linz durch Täuschung über Tatsachen, nämlich ihre Vermögenslosigkeit (gemeint: durch die Vorgabe, vermögenslos zu sein), zu Handlungen, nämlich zur Auszahlung von Sozialhilfe (nach dem oberösterreichischen SozialhilfeG oöLGBl. 1973/66) im Ausmaß von 90.000 S verleitet, wodurch der Sozialhilfeträger um diesen Betrag am Vermögen geschädigt wurde.

Dieser Schuldspruch gründet sich auf die Annahme, daß die Angeklagte, die seit dem Jahre 1978 monatliche Sozialhilfeleistungen seitens des Wohlfahrtsamtes der Stadt Linz bezog, zwischen dem 5. Dezember 1980 und dem 12.Feber 1982 nach einem erlittenen Verkehrsunfall von einem Haftpflichtversicherer in Teilbeträgen Schmerzengeldzahlungen von insgesamt 107.029 S erhalten und die Veränderung ihrer Vermögensverhältnisse pflichtwidrig dem Wohlfahrtsamt nicht angezeigt hat, wodurch sie unberechtigt Sozialhilfe im Betrag von 90.000 S kassierte und den Sozialversicherungsträger um diesen Betrag schädigte. Vom weiteren Anklagevorwurf, durch Vortäuschen einer Vermögenslosigkeit, insbesondere durch Verschweigen des Besitzes von Pretiosen im Gesamtwert von ungefähr 105.000 S, den Sozialhilfeträger der Landeshauptstadt Linz um (weitere) 284.796,55 S geschädigt zu haben, wurde Herta P*** gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Während der Freispruch in Rechtskraft erwachsen ist, bekämpft die Angeklagte den gegen die ergangenen Schuldspruch mit einer auf die Z 5, 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Der aus dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund erhobenen Mängelrüge kommt Berechtigung zu, soweit die Beschwerdeführerin das Fehlen einer Begründung für die Urteilsfeststellung reklamiert, daß die vorgeschriebene Meldung der erhaltenen Schmerzengeldzahlung zum Entfall von Sozialhilfeleistungen im Umfang des erlangten Gesamtbetrages geführt haben würde. Dieser Ausspruch über den entscheidungswesentlichen Kausalzusammenhang (siehe hiezu Kienapfel, BT II RN 106 ff zu § 146; Leukauf-Steininger, Kommentar 2 RN 23 zu § 146; Mayerhofer-Rieder, StGB 2 ENr. 1 zu § 146) zwischen der angenommenen Täuschung durch Unterlassung der pflichtgemäßen Bekanntgabe einer Änderung ihrer Verhältnisse seitens der Angeklagten und der weiteren Auszahlung von Sozialhilfe wird nämlich vom Erstgericht weder ausdrücklich begründet noch findet er in den als Konstatierungsgrundlage bezeichneten Aktenvorgängen des Wohlfahrtsamts der Landeshauptstadt Linz Deckung.

Nach der Aktenlage erblickte das Wohlfahrtsamt zwar in der Negierung verwertbaren Vermögens trotz des Schmuckbesitzes der Angeklagten eine (den Gegenstand des Freispruches bildende) Herauslockung von Sozialhilfe (S 73, 75 und 89 f), doch wurde die Verschweigung der Schmerzengeldleistungen bisher nicht eindeutig als gleichartiges Verhalten dargestellt, sondern zunächst vom Magistratsbeamten Karl S*** eher nur illustrativ erwähnt (S 105 f, siehe auch S 117 f). Auch die nicht näher konkretisierten Angaben dieses Zeugen in der Hauptverhandlung am 25.Oktober 1985, wonach die spätere Aufdeckung des Schmerzengelderhalts der Angeklagten wegen des zwischenzeitig erfolgten Verbrauches der Mittel zu keiner "Kürzung" der Sozialhilfe geführt habe (S 154), ließen nicht klar erkennen, ob und in welchem Umfang bei rechtzeitiger Mitteilung die Sozialhilfezahlungen eingestellt worden wären. Somit kann der aktenmäßige Standpunkt des Wohlfahrtsamts über die Herbeiführung eines Schadens durch die Angeklagte mittels Vortäuschung ihrer Vermögenslosigkeit trotz Besitzes wertvoller Schmuckstücke nicht ohne weiters auch als Beweisergebnis über die Konsequenzen der unterbliebenen Bekanntgabe des Schmerzengeldbezuges verstanden werden. Vielmehr geht die Landeshauptstadt Linz als Privatbeteiligte ersichtlich von einer differenzierten Betrachtung der beiden Sachverhalte aus, weil aus der Verheimlichung des Schmerzengeldbezuges ausdrücklich keine privatrechtlichen Ansprüche abgeleitet worden sind (S 185).

Der dem angefochtenen Urteil somit anhaftende, von der Angeklagten zutreffend reklamierte Begründungsmangel in Ansehung des Ausspruchs über entscheidungswesentliche Tatsachen zwingt zur Kassierung des Schuldspruchs, ohne daß es erforderlich ist, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen. Da sich somit zeigt, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst aber noch nicht einzutreten hat, war der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort Folge zu geben (§ 285 e StPO) und spruchgemäß zu erkennen.

Mit ihrer Berufung war die Angeklagte auf die getroffene, auch den Strafausspruch erfassende kassatorische Entscheidung zu verweisen.

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