Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit S 2.719,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 247,20 Umsatzsteuer), der zweitbeklagten Partei die mit S 2.815,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 247,20 Umsatzsteuer und S 96,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Erstbeklagte (als Rechtsnachfolger seines Vaters Ing. Karl D***) und der Zweitbeklagte sind Mieter der Räumlichkeiten 1 b und 2 im Hause Wien 1., Blumenstockgasse 2. In diesen Räumen betrieb die Firma B*** R*** mbH (im folgenden: Firma B***),
deren geschäftsführende Gesellschafter ursprünglich Ing. Karl D*** und der Zweitbeklagte waren, einen Restaurationsbetrieb. Davon hatte die Vermieterin bereits im Jahre 1955 Kenntnis. Im Jahre 1965 trat der Zweitbeklagte seine Geschäftsanteile an Ing. Karl D*** ab. Seit dem Jahre 1973 war der Erstbeklagte alleiniger geschäftsführender Gesellschafter der Firma B***. Seit 6.6.1983 ist Doris P*** Geschäftsführerin der Firma B***, der Erstbeklagte aber weiterhin deren alleiniger Gesellschafter. Zwischen 1970 und 1975 war das Restaurant an verschiedene Pächter verpachtet. Von 1975 bis 1979 wurde es von der Firma B*** selbst betrieben. Noch im Jahre 1978 hatte die Firma B*** ein positives Geschäftsergebnis. Ab Juli 1980 war das Unternehmen erneut verpachtet, zuletzt von Oktober 1982 bis Ende 1984 an die Firma N*** M*** G*** mbH (im folgenden: Firma N*** M***). Seit dem Ende der Pachtzeit ist das Lokal geschlossen. Der Erstbeklagte bemüht sich derzeit, eine wirtschaftlich tragbare Verwertung des Unternehmens zu erreichen. Die klagende Partei macht den Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 4 MRG geltend. In seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Firma B*** habe der Erstbeklagte das Unternehmen an die Firma N*** M*** um einen monatlichen Pachtschilling von S 22.000 zuzüglich Betriebskosten verpachtet. Da die Beklagten nur einen Mietzins einschließlich Erhaltungsbeitrag von monatlich S 3.877,13 bezahlten, verwerteten sie das Bestandobjekt gegen eine im Vergleich zu dem von ihnen zu bezahlenden Mietzins unverhältnismäßig hohe Gegenleistung. Die Beklagten benützten das Bestandobjekt seit August 1979 nicht mehr selbst, sie hätten dieses ganz an Dritte weitergegeben. Sie benötigten das Bestandobjekt offenbar nicht für sich oder eintrittsberechtigte Personen.
Die Beklagten wendeten ein, daß die Bestandräumlichkeiten einen Teil des Restaurationsunternehmens der Firma B*** bildeten, das verpachtet worden sei.
Das Erstgericht erkannte die Aufkündigung für wirksam. Die Verpachtung des von der Firma B*** geführten Restaurationsunternehmens an die Firma N*** M*** sowie die Einbringung von Mietrechten in eine Gesellschaft, an der der Mieter wirtschaftlich beteiligt sei und tatsächlich mitarbeite, stellten zwar keine Weitergabe oder Überlassung im Sinne des § 30 Abs 2 Z 4 MRG dar, mit der Bestellung von Doris P*** zur alleinigen Geschäftsführerin der Firma B*** seien diese Voraussetzungen aber weggefallen, da der Erstbeklagte nach seiner Abberufung als Geschäftsführer nicht mehr in der Gesellschaft mitarbeite. Mit diesem Zeitpunkt läge eine gänzliche Weitergabe des Mietobjektes durch die Beklagten vor.
Das Berufungsgericht änderte über Berufung der Beklagten die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es die Aufkündigung aufhob. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteige. Die Beklagten machten zutreffend geltend, daß das Erstgericht einen Sachverhalt als Kündigungsgrund beurteilt habe, der von der Klägerin gar nicht geltend gemacht worden sei. Die Klägerin habe nur die Verpachtung des Unternehmens der Firma B*** an die Firma N*** M*** unter dem Gesichtspunkt der gänzlichen Weitergabe und der Verwertung des Bestandgegenstandes durch Überlassung an Dritte gegen eine unverhältnismäßig hohe Gegenleistung, nicht aber die angeblich weggefallene wirtschaftliche Beteiligung des Erstbeklagten an dem in den Bestandräumlichkeiten betriebenen Unternehmen als Kündigungsgrund geltend gemacht. Im übrigen träfe auch die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes nicht zu. Wenn die Rechtsprechung schon in dem Fall, daß ein Mieter von Betriebsräumlichkeiten aus der Gesellschaft mbH, die in diesen Räumen ein Unternehmen betreibe, ausscheide, den Kündigungsgrund der Weitergabe der Bestandräume verneine, dann könne dieser Kündigungsgrund umso weniger dann verwirklicht sein, wenn der Mieter Alleingesellschafter der das Unternehmen betreibenden Gesellschaft bleibe. Einer Mittätigkeit des Mieters in diesem Unternehmen bedürfe es dann nicht.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Klägerin ist nicht berechtigt.
In der Revision wird vorgebracht, die Entscheidung des Berufungsgerichtes sei nichtig, weil die Berufungsschriften nur Ausführungen zu einem nicht in Betracht kommenden und überdies nicht vorliegenden Verzicht der Klägerin auf ihr Kündigungsrecht enthalten hätten, die Berufungen wären daher als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Diese Behauptungen sind aktenwidrig. Der Erstbeklagte machte in seiner Berufung als Verfahrensmangel geltend, daß das Erstgericht in seiner Entscheidung dem in der Aufkündigung dargelegten und als Kündigungsgrund geltend gemachten Sachverhalt nicht gefolgt sei. Die Tätigkeit des Erstbeklagten im Rahmen der Firma B*** sei kein Prozeßthema gewesen; beide Beklagten führten in ihrer Rechtsrüge aus, daß der Erstbeklagte als alleiniger Gesellschafter der Firma B*** noch immer wirtschaftlichen und organisatorischen Einfluß auf die Geschicke der Gesellschaft ausübe, so daß das Naheverhältnis zwischen ihm und der Firma B*** weiterhin aufrecht bestehe. Die Klägerin hätte nach den Feststellungen des Erstgerichtes vom Betrieb der Firma B*** in den gemieteten Räumlichkeiten schon seit 1955 bzw. 1974 gewußt. Es kann demnach keine Rede davon sein, daß die Berufungsschriften nicht dem Erfordernis des § 467 ZPO, welche Mängel in erster Linie zur Einleitung eines Verbesserungsverfahrens nach § 84 Abs 3 ZPO zu führen gehabt hätten, entsprochen hätten.
In der Sache selbst bekämpft die Revisionswerberin die zutreffende Ansicht der Vorinstanzen, die Verpachtung des Restaurationsunternehmens der Firma B*** unter Einschluß der Mietrechte der Beklagten als Unternehmensbestandteil an die Firma N*** M*** sei keine Weitergabe nach § 30 Abs 2 Z 4 MRG (vgl. MietSlg. 33.362, 33.363, 30.399, SZ 23/54 ua; Würth in Rummel, ABGB, Rdz 23 zu § 30 MRG), nicht.
Nach § 33 Abs 1 MRG hat der Vermieter in der Kündigung die Kündigungsgründe kurz anzuführen, andere Kündigungsgründe kann er in diesem Verfahren nicht mehr geltend machen. Enthält ein gesetzlicher Kündigungsgrund wie die Vorschrift des § 30 Abs 2 Z 4 MRG mehrere Tatbestände, muß der geltend gemachte Tatbestand in der Aufkündigung individualisiert werden. Geschah dies, kommt es bei der Entscheidung darüber, was als Kündigungstatbestand geltend gemacht wurde, nur auf diese Tatsachenbehauptungen an (MietSlg. 36.456, 32.418/26, 31.452, 30.461 ua; Würth aaO Rdz 3 zu § 33 MRG). Die durch die Klägerin vorgenommene Individualisierung des Kündigungsgrundes erschöpfte sich darin, daß in der Verpachtung des Unternehmens an die Firma N*** M*** eine Weitergabe und Verwertung des Bestandobjektes gelegen sei. Daß durch die Abberufung des Erstbeklagten als Geschäftsführer der Firma B*** dieser Kündigungsgrund hergestellt worden sei, wurde nicht behauptet. Im übrigen liegt der Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 4 MRG dann nicht vor, wenn der Bestandnehmer an dem im Bestandobjekt geführten Unternehmen wirtschaftlich beteiligt bleibt (MietSlg. 31.394, 29.339; Würth aaO Rdz 23 zu § 30 MRG). Daß diese Beteiligung die Grundlage für die wirtschaftliche Existenz des Mieters bildet, ist nicht Voraussetzung (MietSlg. 31.394), weshalb es irrelevant wäre, wenn die Firma B*** seit einigen Jahren keine Gewinne mehr abwirft. Da der Erstbeklagte weiterhin einziger Gesellschafter der Firma B*** ist, liegt seine wirtschaftliche Beteiligung ohne Rücksicht darauf, ob er für diese Gesellschaft auch vertretungsbefugt ist, auf der Hand; es genügt, daß diese Voraussetzungen nur in der Person eines Mitmieters zutreffen (MietSlg. 29.338). Selbst eine Veräußerung der Geschäftsanteile durch den Mieter an einen Dritten wurde von der Rechtsprechung, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, nicht als den Kündigungsgrund darstellende Weitergabe der Mietrechte, sondern als Veräußerung des Unternehmens angesehen (MietSlg. 23.393). Die gerügte Aktenwidrigkeit liegt, wie der Oberste Gerichtshof prüfte (§ 510 Abs 3 ZPO), nicht vor.
Der Revision ist der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)