OGH 2Ob536/86 (2Ob537/86)

OGH2Ob536/86 (2Ob537/86)22.4.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei V*** T***-G***, registrierte Genossenschaft

m. b.H., 4284 Tragwein 37, vertreten durch Dr. Hubert Schauer, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagten Parteien 1.) H*** + PARTNER, Immobilien- und Anlagen-Gesellschaft m.b.H., Weingartshofstraße 20, 4020 Linz, 2.) Mag. Hubert H***, Geschäftsführer, Weingartshofstraße 20, 4020 Linz, beide vertreten durch Dr. Johannes Grund, Dr. Wolf D. Polte, Rechtsanwälte in Linz, wegen S 310.342,76 s.A. und S 502.232,53 s.A., infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 26. November 1985, GZ. 3 R 215,216/85-20, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 8. Mai 1985, GZ. 10 Cg 117,118/84-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

  1. 1.) Die Revisionsbeantwortung wird zurückgewiesen.
  2. 2.) Der Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen, das auf die Kosten der Revision gleich weiteren Verfahrenskosten erster Instanz Bedacht zu nehmen haben wird.

Text

Begründung

Die Klägerin gewährte der Firma P*** B*** GesmbH mit Vertrag vom 1.4.1982 ein Darlehen von 2,5 Mill S; mit Vertrag vom 8.7.1982 wurde der Kredit um S 500.000,-- auf 3 Mill. S aufgestockt. Die Verträge wurden vom Zweitbeklagten persönlich als Pfandgeber und auch für die Fa. P*** B*** GesmbH unterfertigt. Er war nämlich bei dieser Firma ebenso wie bei der Erstbeklagten Geschäftsführer. Die Darlehen dienten der Errichtung eines Doppelhauses. Als Sicherstellung der Darlehen dienten unter anderem zwei Wechsel, die anläßlich der Errichtung der beiden Verträge jeweils von beiden Beklagten unterfertigt wurden. Der Zweitbeklagte unterfertigte sowohl als Geschäftsführer der Firma P*** B*** GesmbH und der Erstbeklagten als auch persönlich eine Wechselerklärung, wonach die Klägerin bei Eintritt der Fälligkeit zur Ausfüllung ermächtigt wird. In der Folge geriet die Firma P*** B*** GesmbH in wirtschaftliche Schwierigkeiten, die im Jahr 1983 zur Eröffnung des Konkurses führten.

Die Klägerin setzte in die beiden Wechsel Beträge von S 310.342,76 und S 502.232,53 je s.A. ein und beantragte die Erlassung von Wechselzahlungsaufträgen.

Die Beklagten wendeten - soweit dies im Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist - ein, bei Unterfertigung der Blankowechsel sei mündlich vereinbart worden, daß diese erst dann vollständig ausgefüllt werden könnten, wenn nach (bisher nicht erfolgter) endgültiger Abwicklung der Projekte ein offener Saldo auf dem Konto verblieben sei; die Salden seien auch unrichtig ermittelt worden. Das Erstgericht hielt die Wechselzahlungsaufträge aufrecht. Es stellte fest, daß auf den beiden Konten Salden in der Höhe der in die Blankowechsel eingesetzten Beträge bestünden. Für die Behauptung, erst nach endgültiger Abwicklung des Projektes sollte ein offener Saldo mit den Wechseln abgedeckt werden, sei den Beklagten jeglicher Beweis mißlungen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Zur Rüge der Beklagten, der Zweitbeklagte sei zur Behauptung einer mündlichen Vereinbarung, daß die Blankowechesl erst dann vervollständigt werden dürfen, wenn nach endgültiger Abrechnung des Projektes ein offener Saldo auf dem Konto verblieben sei, nicht vernommen worden, führte es aus, abgesehen davon, daß eine derartige mündliche Vereinbarung sehr zweifelhaft erscheine, weil in den entsprechenden Verträgen ausdrücklich Schriftlichkeit nach § 884 ABGB vereinbart worden sei und bezweifelt werden müßte, ob eine derartige Zusage bindend wäre, wäre durch die behauptete Vereinbarung für die Beklagten nichts gewonnen. Den Darlehensverträgen lägen nämlich die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Österreichischen Kreditunternehmungen als vereinbart zugrunde, nach welchen die Klägerin die Darlehen unabhängig von allfälligen früheren Vereinbarungen aus wichtigen Gründen jederzeit fällig stellen könne. Dasselbe ergebe sich auch aus Punkt 8 der Darlehensverträge. Über das Vermögen der P*** B*** GesmbH sei der Konkurs eröffnet worden und schon aus diesem Grund sei die Fälligstellung möglich gewesen. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abweisung des Klagebegehrens, hilfsweise Zurückverweisung der Sache an die erste oder zweite Instanz.

Die Klägerin, der die Revision am 21.1.1986 zugestellt wurde, erstattete am 19.2.1986, also nach Ablauf der 4-wöchigen Frist, eine Revisionsbeantwortung, die als verspätet zurückgewiesen werden mußte. Auf die Revisionsausführungen über angebliche Widersprüche zwischen einzelnen Beweisergebnissen zur Höhe des Saldos ist nicht einzugehen, weil hier in unzulässiger Weise versucht wird, die Beweiswürdigung zu bekämpfen.

Rechtliche Beurteilung

Soweit sich die Revision gegen die Ausführungen des Berufungsgerichtes über die von den Beklagten behauptete mündliche Vereinbarung wendet, kann ihr aber Berechtigung nicht abgesprochen werden. Die Beklagten behaupteten eine mündliche Vereinbarung, daß die Wechsel erst dann vollständig ausgefüllt werden dürfen, wenn nach endgültiger Abrechnung der Projekte ein offener Saldo auf dem Konto verblieben sei. Zum Beweis hiefür boten sie Parteienvernehmung an. Das Erstgericht führte die Parteienvernehmung des Zweitbeklagten auch durch, dieser Aussage ist jedoch über die behauptete Vereinbarung nichts zu entnehmen, obwohl auch die behauptete Vereinbarung laut Beweisbeschluß Gegenstand der Beweisaufnahme hätte sein sollen. Die Beklagten hielten den Ausführungen des Erstgerichtes, ihnen sei jeglicher Beweis für die behauptete Vereinbarung mißlungen, in der Berufung entgegen, der Zweitbeklagte sei zu diesem Thema nicht befragt worden. Dem Urteil des Berufungsgerichtes kann nicht entnommen werden, daß es die Ansicht des Erstgerichtes über das Mißlingen dieses Beweises teilt, vielmehr vertrat das Berufungsgericht die Ansicht, eine Beweisaufnahme über die behauptete Vereinbarung sei nicht erforderlich gewesen. Dem kann jedoch nicht beigepflichtet werden. Von einer Vereinbarung der Schriftlichkeit können die Parteien jederzeit einverständlich abgehen (MietSlg. 26.064, 26.085 uva). Der Umstand, daß nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Österreichischen Kreditunternehmungen die Klägerin die Darlehen aus wichtigen Gründen unabhängig von allfälligen früheren Vereinbarungen fällig stellen konnte, reicht nicht aus, um von vornherein sagen zu können, daß die behauptete Vereinbarung ohne Bedeutung ist. Darlehensnehmerin war die Firma P*** B*** GesmbH, nicht aber die Beklagten, die lediglich Wechsel zur Sicherstellung des Darlehens unterfertigten. Nach der von den Beklagten behaupteten Vereinbarung hätten die Wechsel erst dann ausgefüllt werden dürfen, wenn nach endgültiger Abrechnung der Projekte ein offener Saldo verblieben wäre. Es wird also behauptet, daß die Fälligkeit der Darlehensschuld die Klägerin noch nicht berechtigte, die Wechsel auszufüllen. Umstände, die nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Österreichischen Kreditunternehmungen oder nach dem Inhalt der Kreditverträge die Klägerin berechtigten, die Darlehen fällig zu stellen, hatten nach der Behauptung der Beklagten daher nicht zur Folge, daß auch die Wechsel ausgefüllt werden dürfen.

Es ist daher erforderlich, über die behauptete Vereinbarung Feststellungen zu treffen. Erst dann kann beurteilt werden, ob das Ausfüllen der Wechsel durch die Klägerin der getroffenen Vereinbarung entspricht. Dazu, ob es wahrscheinlich ist, daß die von den Beklagten behauptete Vereinbarung getroffen wurde und ob eine derartige Vereinbarung, wie die Klägerin in der Berufungsbeantwortung ausführte, "bar jeden kaufmännischen Denkens wäre", kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht Stellung nehmen.

Aus diesen Gründen mußten die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

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