OGH 5Ob534/85

OGH5Ob534/8518.3.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes HONProf.Dr.Griehsler, Dr.Jensik, Dr.Zehetner und Dr.Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** B***, Rathausstraße 29, vertreten durch Dr.Eugen Amann, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die beklagte Partei Guntram M***, Kaufmann, Buchen Nr.544, 6867 Schwarzenberg, vertreten durch Dr.Norbert Margreiter, Rechtsanwalt in Bezau, wegen S 488.240,-- s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 18. Dezember 1984, GZ1 R 301/84-38, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 23. Juli 1984, GZ4 Cg 2170/83-33, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidung wird dahin abgeändert, daß das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen S 488.240,-- samt 10 % Zinsen vom 1.11.1979 bis 22.3.1981, 13 % Zinsen vom 23.3.1981 bis 30.6.1981, und 14 % Zinsen ab 1.7.1981 zu bezahlen, abgewiesen wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit S 225.079,73 (einschließlich S 17.162,83 Umsatzsteuer und S 13.752,40 Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte vereinbarte mit dem Maschinenhersteller Oskar R*** am 6.6.1979, daß dieser ihm bis 30.9.1979 eine Maschine zur Herstellung von Kleiderbügelschutzstreifen samt dem dazugehörigen Stanzwerkzeug zum Preis von S 718.000,-- liefere; zusätzlich wurde vereinbart, daß Oskar R*** ab 1.10.1979 bis zum Zeitpunkt der Betriebsbereitschaft und Funktionstüchtigkeit der Maschine pro Tag Verzögerung S 5.000,-- an Pönale zahlen müsse. Am 30.6.1979 leistete der Beklagte eine Anzahlung von S 359.000,--, am 29.11.1979 lieferte Oskar R*** die einzelnen Bestandteile der Maschine. Ein erster Probelauf der Maschine fand zu Weihnachten 1979 statt und bis zum 26.3.1980 konnte die Maschine keine konkurrenzfähige Ware ausstoßen; eine störungsfreie und betriebsbereite Verwendung der Maschine war bis zu diesem Zeitpunkt nicht möglich, die bis dahin erzeugten Kleiderbügelschutzstreifen wiesen nicht die Qualität der vereinbarten Musterstreifen auf. Nach einer Betriebsdauer von ca.6 - 7 Monaten erreichte die Maschine erst eine Hubzahl von Ca.c0.000 und auch dies nur bei schlechter Schnittfolge. Etwa im Feber 1981 war das Stanzwerkzeug der Maschine bereits in einem zur Auswechslung reifen Abnützungszustand, obwohl Oskar R*** die Garantie für eine Million Stanzvorgänge - das entspricht 10 Millionen Stück Papierstreifen - übernommen hatte. Auf Grund der geringen Schnittgeschwindigkeit der Maschine liegt ihre Austoßleistung immer noch ca.30 bis 40 % hinter der einer vergleichbaren Konkurrenzmaschine.

Zur Sicherstellung seiner Kreditverbindlichkeiten vereinbarte Oskar R*** mit der nun klagenden Sparkasse durch Anbot vom 25.10.1979 und Annahmeerklärung vom 25.10.1979 die Abtretung seiner Forderung aus dem Vertrag mit dem Beklagten vom 6.6.1979 über die Lieferung einer Maschine zur Herstellung von Kleiderbügelschutzstreifen in der Höhe von S 488.420,--. Die klagende Sparkasse verständigte den Beklagten von dieser Forderungsabtretung mit Schreiben vom 29.10.1979. Der Beklagte zahlte per Scheck zum 21.12.1979 Oskar R*** S 450.000,-- in der Absicht, damit den Restkaufpreis der Maschine zu begleichen. Über das Vermögen des Maschinenherstellers Oskar R*** wurde im Sommer des Jahres 1980 der Konkurs eröffnet.

Mit der am 14.4.1980 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte die klagende Sparkasse die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von S 488.420,-- samt Zinsen unter Berufung auf die oben dargestellte Forderungsabtretung.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er wendete ein, daß es sich bei der Zahlung von S 450.000,-- per Scheck zum 21.12.1979 um ein Darlehen gehandelt habe und nicht umd die Zahlung der Restkaufpreisforderung für die Maschine zur Herstellung von Kleiderbügelschutzstreifen, und daß im übrigen die Forderung aus der Maschinenlieferung nicht fällig sei, weil die Maschine trotz rechtzeitiger und wiederholter Rüge und mehrfacher Verbesserungsversuche bis heute nicht fertiggestellt und nach wie vor nur in beschränktem Umfange einsetzbar sei. Am 13.12.1979 habe er gegenüber R*** seine Gegenforderung an Pönale von S 424.800,-- aufgerechnet.

Das Erstgericht verurteilte (im zweiten Rechtsgang) den Beklagten zur Zahlung von S 488.240,-- samt 10 % Zinsen vom 1.11.1979 bis 22.3.1981, 13 % Zinsen vom 23.3.1981 bis 30.6.1981 und 14 % Zinsen seit 1.7.1981 und wies das Zinsenmehrbegehren von 1,5 % vom 1.4.1980 bis 9.9.1980 und von 3 % vom 10.9.1980 bis 22.3.1981, jeweils vom Betrage von S 488.240,--, ab.

Der Ausspruch über die Abweisung des Zinsenmehrbegehrens blieb unangefochten und wurde damit rechtskräftig.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes im verurteilenden Ausspruch.

Beide Vorinstanzen begründeten ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß der Beklagte durch die Zahlung des restlichen Kaufpreises von S 450.000,-- per Scheck zum 21.12.1979 auf seine Forderung aus der Konventionalstrafevereinbarung mit Oskar R*** schlüssig verzichtet habe.

Der Beklagte bekämpft die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz mit Revision wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache. Er beantragt, in Abänderung des angefochtenen Urteiles das Klagebegehren abzuweisen. Die Klägerin begehrt, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Es steht fest, daß die Maschine zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz noch immer insoferne mangelhaft war, als auf Grund der geringen Schnittgeschwindigkeit ihre Ausstoßleistung noch immer ca.30 bis 40 % hinter der einer vergleichbaren Konkurrenzmaschine lag.

Da überdies feststeht, daß Oskar R*** wiederholt

Einstellungs- und Reparaturarbeiten an der Maschine in Eigenregie vornahm, muß darin jedenfalls ein schlüssiger Verzicht auf die Geltendmachung des Einwandes der etwaigen verspäteten Mängelrüge im Sinne des § 377 HGB erblickt werden, so daß es nicht darauf ankommt, zu prüfen, ob der Beklagte den Mangel fristgerecht im Sinne dieser Gesetzesstelle gerügt hat (EvBl1981/125 S 389 mwN). Es muß jedoch bemerkt werden, daß die Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen es offen lassen, ob der Beklagte überhaupt - und zwar im Hinblick auf den vertraglich vorgesehenen Gutbefund des Beklagten über die bedungene Betriebsbereitschaft und Funktionstüchtigkeit der Maschine - die Maschine in dem Sinne übernommen hat, daß er den Vertrag als durch den Verkäufer erfüllt ansah, so daß ihm dann Gewährleistungsansprüche aus der Mangelhaftigkeit entstanden, oder ob die Vertragserfüllung noch immer aussteht. Dies ist jedoch im Ergebnis bedeutungslos, weil in beiden Fällen der Beklagte solange, als der Mangel nicht behoben ist - und dies hat er mit Erfolg eingewendeten -, seinerseits die Zahlung des restlichen Kaufpreises verweigern darf (vgl. Koziol-Welser, Grundriß I 7 208 mwN in FN 4 und 5). Daran kann auch der Umstand nichts ändern, daß nicht festgestellt wurde, zu welchem genauen Zeitpunkt der Maschinenverkäufer Oskar R*** in Konkurs verfiel und ob der Masseverwalter vom Vertrag zurücktrat oder auf Vertragserfüllung bestand (§ 21 KO), denn es wäre auch im Falle seiner Rücktrittserklärung der Vertrag nicht aufgehoben worden, sondern lediglich die weitere Erfüllung - und der Gewährungsleistungs-Verbesserungsanspruch ist herrschender Meinung zufolge der im Gewährleistungsrecht verbliebene Resterfüllungsanspruch (vgl. Koziol-Welser aaO 234 mwN in FN 26) - unterblieben (SZ 54/168), so daß jedenfalls die Zahlung des noch aushaftenden Restkaufpreises nicht verlangt werden kann; sollte der Masseverwalter auf Vertragserfüllung bestanden haben, so ist die Forderung auf Zahlung des restlichen Kaufpreises solange nicht fällig, als der Anspruch des Beklagten auf gehörige Vertragserfüllung bzw.Verbesserung unberichtigt blieb. Die Ableitung schlüssiger Willenserklärungen des Beklagten aus der von ihm - aus welchen Gründen auch immer - vorgenommenen Zahlung von S 450.000,-- an den Maschinenlieferanten Oskar R*** (per Scheck mit Wert 21.12.1979) ist aber nicht statthaft: gegenüber Oskar R*** nicht, weil die Forderung, auf die diese Zahlung vorgenommen wurde, zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in seiner Rechtszuständigkeit war, und gegenüber der klagende Sparkasse nicht, weil sie nicht Erklärungsadressatin war, d.h. ihr gegenüber kein Erklärungstatbestand gesetzt wurde; der Nachlieferungs- oder Verbesserungsanspruch des Käufers wird aber ohnedies nicht durch eine Zahlung, die auf Kaufpreistilgung gerichtet ist, beeinflußt, so daß auch in dieser Beziehung Schlüssigkeitserwägungen nicht in Betracht kommen können.

Abschließend ist zu bemerken, daß es dem objektiven Erklärungswert einer auf Schuldtilgung gerichteten Zahlung des Käufers, der aus dem Lieferungsverzug des Verkäufers Ansprüche auf Vertragsstrafezahlungen besitzt, entspricht, daß er damit auf Forderungsaufrechnung verzichtet, nicht aber, daß er damit auch seine Ansprüche auf Zahlung der Vertragsstrafe aufgibt (in diesem Sinne schon 6 Ob 820/81 vom 23.12.1981).

Aus diesen Erwägungen ist in Stattgebung der im Ergebnis berechtigten Revision des Beklagten die angefochtene Entscheidung im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern.

Der Kostenausspruch beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte