OGH 13Os9/86

OGH13Os9/8613.3.1986

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.März 1986 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Jagschitz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Erna T*** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG. über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengerichts vom 19. November 1985, GZ. 8 Vr 1624/84-32, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Erna T*** wurde des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG. schuldig erkannt, weil die (im zweiten Rechtsgang allein zu prüfende) Frage der Verjährung (§ 31 FinStrG.) verneint wurde.

Diese Annahme des Erstgerichts bekämpft die Angeklagte zu Recht als unzureichend begründet (§ 281 Abs. 1 Z. 5 StPO.) und macht diesbezüglich auch Feststellungsmängel (§ 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b StPO.) geltend.

Die vom Beamten des Finanzamts Klagenfurt Friedrich G*** geäußerte und vom Schöffensenat unkritisch übernommene Ansicht, daß am 3.September 1979 auch gegen Erna T*** eine (Betriebs-) Prüfung gemäß § 99 FinStrG. eingeleitet und die Angeklagte einen Tag später hievon informiert worden sei und überdies wegen des Verdachts eines Finanzvergehens am 29. November 1979 vernommen worden sei, findet in den übrigen Beweismitteln keine ausreichende Deckung. Die über die Vernehmung aufgenommene Niederschrift (S. 455 I. Bd.) läßt nämlich nicht erkennen, daß Erna T*** vom Finanzamt Klagenfurt als Finanzstrafbehörde vernommen worden ist (so auch Beilagen 1 und 2 des Hauptverhandlungsprotokolls ON. 31) und daß die Genannte wegen einer bestimmten Tat verfolgt wurde (vgl. auch S. 470 ff. I. Bd.). Auch die Angeklagte (S. 487 I. Bd.) und ihr Steuerberater (S. 490 f. I. Bd.) haben vor dem erkennenden Gericht stets behauptet, daß Erna T*** bloß als Auskunftsperson im Rahmen einer nur gegen Franz T*** laufenden finanzbehördlichen Betriebsprüfung befragt worden ist. Auch die beiden Prüfungsberichte des Finanzamts Klagenfurt vom 17.März 1980 (S. 13 ff. und 85 ff. I. Bd.) weisen ausschließlich Franz T*** als davon Betroffenen aus.

Rechtliche Beurteilung

Da all diese Beweismittel ungewürdigt blieben, ist das Urteil mit einem formellen Begründungsmangel belastet; es war daher schon in nichtöffentlicher Beratung zu kassieren und die Verfahrenserneuerung anzuordnen (§ 285 e StPO.). In diesem Verfahren werden mängelfreie Feststellungen zu treffen sein, wann im vorliegenden Fall die entscheidende (§ 31 Abs. 4 lit. b FinStrG.), nach außen erkennbare und als solche zu wertende Verfolgungshandlung einer Finanzstrafbehörde oder eines in § 89 Abs. 2 FinStrG. genannten Organs (§ 14 Abs. 3 FinStrG.) gegen Erna T*** als die eines bestimmten (Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch Finanzstrafrecht E. 18 zu § 31 FinStrG.) Finanzvergehens Verdächtige vorgenommen wurde.

Da die Angeklagte bei der Anmeldung ihrer Berufung keine Punkte des Erkenntnisses, durch die sie sich beschwert findet, bezeichnet hat und eine Berufungsausführung unterblieben ist, war die Berufung gleichfalls in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§§ 294 Abs. 4, 296 Abs. 2 StPO.).

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