Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Gemäß § 290 Abs 1 StPO wird auch die Vorhaft vom 27.Juni 1982,
4.30 Uhr, bis 28.Juni 1982, 15.00 Uhr, gemäß § 38 Abs 1 StGB auf die Strafe angerechnet.
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 8 (acht) Monate herabgesetzt. Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Hans Christian L*** wurde des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z. 4, 129 Z. 1 StGB (A I und II; Beute: 8.000 S) sowie des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB (B I und II; Betrugsschaden: 20.000 S) schuldig erkannt. Er wurde hiefür sowie unter Festsetzung gemäß § 46 Abs 4 JGG. der Strafen für die in den Urteilen des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 16. Dezember 1982, GZ 4 Vr 2920/82-68, (Verbrechen des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1 und 2 Z. 1, 129 Z. 1 und 130, zweiter Satz, StGB sowie Vergehen des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 StGB) und des Jugendgerichtshofs Wien vom 19.(richtig: 13.)Feber 1985, GZ 23 U 32/85-20, (Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 StGB) enthaltenen Schuldsprüche unter Bedachtnahme auf § 28 (Abs 1) StGB und in Anwendung des § 11 (Z. 1) JGG., nach § 130 (zweiter Strafsatz) StGB zu eineinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte als rechtsirrig (§ 281 Abs 1 Z. 9 lit a, 10 und 11 StPO). Die Rechtsrüge nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO wendet sich gegen jenen Schuldspruch (B II), demzufolge der Angeklagte das Vergehen des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB (auch) dadurch begangen hat, daß er am 31. Juli 1985 in Graz mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Andrea K*** durch die Vorspiegelung, eine Geldstrafe von 15.000 S zahlen zu müssen, zur Übergabe dieses Betrags verleitete, um welchen K*** an ihrem Vermögen geschädigt wurde.
Rechtliche Beurteilung
Der Ansicht des Beschwerdeführers zuwider bedarf es zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Täuschung nicht der Anwendung von "List" oder (besonderer) "unlauterer Mittel"; es genügt vielmehr ein grundsätzlich zur Irreführung geeignetes Verhalten (Foregger-Serini 3 , Erläuterungen II 3 zu § 146 StGB). Gerade ein solch irreführendes Verhalten hat aber der Angeklagte gezeigt, indem er wahrheitswidrig behauptete, den in Rede stehenden Betrag zur Bezahlung einer Geldstrafe wegen eines Verkehrsunfalls und damit zur Abwendung des Vollzugs der Ersatzfreiheitsstrafe zu benötigen. Angesichts dieser Täuschung kommt es nicht darauf an, ob der Angeklagte unter diesem Prätext den Betrag als Geschenk erbat oder dessen Erstattung in Aussicht stellte (womit er allenfalls auch seinen Willen und seine Fähigkeit zur Rückzahlung vorgetäuscht haben könnte).
Der Schwerpunkt der Rechtsrüge liegt allerdings auf dem Einwand, die Hingabe des Geldbetrags sei einer Schenkung gleichgekommen und habe daher keinen Vermögensschaden herbeiführen können. Dem ist entgegenzuhalten, daß ein Wertaustausch weder wesentliches Begriffsmerkmal noch notwendige Voraussetzung eines Vermögensschadens ist. Eine Schädigung am Vermögen ist vielmehr dann eingetreten, wenn die gesamte Vermögenslage (des Opfers) nach der Tat ungünstiger ist als vorher, durch die Tat sohin ein effektiver Verlust an Vermögenssubstanz herbeigeführt worden ist (jeweils zu § 146 StGB: Kienapfel in BT. II, RN. 145; Leukauf-Steininger 2 , RN. 33, Liebscher in WK., Rz. 21). Ob für die durch Irreführung erwirkte Leistung überhaupt ein Äquivalent gegeben werden sollte, ist nicht entscheidend; vielmehr kommt es darauf an, daß der Getäuschte nur infolge der Irreführung zur vermögensmindernden Verfügung veranlaßt worden ist (SSt 39/35). Vorliegend ergibt sich dies aus der Urteilsfeststellung, daß der Angeklagte den Betrag von 15.000 S nur deshalb bekommen hat, weil er der Andrea K*** vorgespiegelt hatte, eine Geldstrafe in dieser Höhe bezahlen zu müssen. Da nach dem Urteilssachverhalt auch feststeht, daß die Täuschungshandlung mit dem dadurch hervorgerufenen Irrtum und in weiterer Folge mit der auf diesem Irrtum beruhenden Verfügung der Getäuschten sowie mit der hiedurch herbeigeführten Vermögensverschiebung vom Täterwillen erfaßt war, ist die Tat B II rechtlich zutreffend als Vergehen des schweren Betrugs beurteilt worden.
Der vom Angeklagten insoweit relevierte Rechtsirrtum (§ 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO) ist sohin nicht unterlaufen. Im übrigen (§ 281 Abs 1 Z. 10 und 11 StPO) führt der Angeklagte die Nichtigkeitsbeschwerde nicht gesetzmäßig aus: Mit der angesichts des Zuvorkommens des Landesgerichts für Strafsachen Graz (§ 56 Abs 2, erster Satz, StPO) an sich zutreffenden Behauptung örtlicher Unzuständigkeit des Jugendgerichtshofs Wien macht er weder eine Überschreitung der materiellen Strafbefugnis (§ 281 Abs 1 Z. 11 StPO) noch einen formellen Nichtigkeitsgrund geltend (vgl. § 219 StPO). Seinem weiteren Beschwerdevorbringen ist zu erwidern, daß auch die dem § 56 StPO entsprechende (Mayerhofer-Rieder 2 , ENr. 15 zu § 56 StPO) Vereinigung des die nachträgliche Straffestsetzung betreffenden Verfahrens (§ 46 Abs 4 JGG.) mit dem Verfahren wegen neuer Straftaten keine neuerliche Anfechtung des seinerzeit nach § 13 Abs 1 JGG. ergangenen Urteils ermöglicht (§ 46 Abs 5 JGG.). Gerade darauf zielt aber der Beschwerdeführer ab, wenn er sich nunmehr gegen die Subsumtion seiner damals abgeurteilten Diebstaten unter § 130 StGB (zweiter Strafsatz) und gegen das Unterbleiben der - im Schuldspruch begrifflich noch gar nicht möglich gewesenen - Vorhaftanrechnung anläßlich der seinerzeitigen bedingten Verurteilung wendet, wobei er übersieht, daß die in seiner Beschwerde angeführte Vorhaftzeit im nunmehr angefochtenen "Ergänzungsurteil" ohnehin auf die Strafe angerechnet wurde. Die Nichtigkeitsbeschwerde war zu verwerfen.
Von Amts wegen (§§ 281 Abs 1 Z. 11; 290 Abs 1 StPO) war jedoch auch jene aus dem Spruch ersichtliche, vom Angeklagten weiters erlittene Vorhaft (S. 5 in ON 34 des einbezogenen Akts 4 Vr 2920/82 des Landesgerichts für Strafsachen Graz) gemäß § 38 Abs 1 StGB auf die Strafe anzurechnen.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Strafherabsetzung und (unter Abweisung des Straffestsetzungsantrags) die Gewährung bedingter Strafnachsicht an.
Das Schöffengericht wertete bei Ausmessung der eingangs genannten Strafe als erschwerend die einschlägige Vorstrafe, die Wiederholung der strafbaren Handlungen, die mehrfache Qualifikation des Diebstahls und das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen; mildernd fielen hingegen das Geständnis, die ungünstigen häuslichen Verhältnisse, die teilweise objektive Schadensgutmachung und das längere Zurückliegen der einschlägigen Vorstrafen ins Gewicht.
Der letztgenannte Umstand ist kein Milderungsumstand, lediglich als erschwerend zu wertende einschlägige Vorstrafen (§ 33 Z. 2 StGB) können durch Zeitablauf an Bedeutung verlieren (vgl. auch § 39 StGB). Es liegt allerdings auch nicht der Erschwerungsgrund der einschlägigen Vorverurteilung vor, weil die Strafe für jene Taten erst jetzt festgesetzt wurde, die dabei (§ 130 StGB) die Strafdrohung bestimmten (§ 32 Abs 2 StGB). Berücksichtigt man eine nunmehr vollständige Schadensgutmachung gegenüber K*** (s. Ausfolgungsbeschluß des Erstgerichts vom 24. Jänner 1986, S. 101) und den Umstand, daß bei den durch das Landesgericht für Strafsachen Graz abgeurteilten Diebstählen die Beute einen ermittelten Gesamtwert von bloß knapp über 3.400 S hatte, dann erscheint die vom Erstgericht verhängte Strafe zu hoch. Sie war in teilweiser Stattgebung der Berufung schuldangemessen zu reduzieren.
Allerdings bedarf es nunmehr des Strafvollzugs, weil der Berufungswerber in offener Probezeit wiederholt und in zweifacher Richtung straffällig geworden ist. Dem Berufungsbegehren nach bedingter Strafnachsicht war daher ein Erfolg zu versagen.
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